Pluto hat geschrieben:
Aber was willst du an die Stelle der Empirie setzen?
Ich setze an diese Stelle "persönliche Erfahrung", das, was ich als meine subjektive Sichtweise erkenne.
Ich bleibe dabei nicht in der reinen Subjektivität stehen, da ich mich darüber austausche. Nicht nur hier im Forum, sondern auch in meiner Gemeinde, mit Freunden, Familie und Bekannten.
Ich bekomme auf diese Weise Feedback und forme dabei meine eigene Erkenntnis. Es ist auch durchaus das, was du in den Diskussionen hier im Forum schätzt. Die Sichtweise anderer Menschen mit der eigenen abgleichen. Da, wo ich diese persönliche Erfahrung mit Empirie ergänzen kann, lande ich bei der Naturwissenschaft, da wo ich das nicht kann, lande ich zwangsläufig bei nicht-allgemeingültigen Aussagen, die ich dann so stehen lassen muss. Aber es gibt durchaus eine größere Gruppe von Menschen, mit denen ich konform gehe.
Beispiel:
Ich hatte Erlebnisse, die mich zu dem Schluss brachten, dass es Gott gibt, dass er persönlich handelt, dass er mich und mein Leben schon im Blick hatte, als ich ihn noch lange nicht anerkannt hatte.
Ich kenne viele, die ähnliches berichten und zu ähnlichen Schlüssen gekommen sind.
Ich kenne aber auch viele, die behaupten, das wäre alles Selbstsuggestion gewesen. Dass ich hier den Wunsch zum Vater des Gedankens gemacht hätten, die ähnliches erlebt, aber vollkommen andere Schlüsse gezogen haben.
Ich kann diese Einwände nicht logisch widerlegen. Ich kann mich an mich selbst erinnern und komme immer wieder zu demselben Ergebnis, aber ich habe keinen empirischen Nachweis, dass meine Schlussfolgerung richtig wäre und deren falsch.
Für mich verlieren damit die Begriffe richtig und falsch ihre absolute Bedeutung. Ich gehe als Naturwissenschaftler zwar von der Eindeutigkeit der Realität aus, aber vielleicht gilt das nur für die empirisch feststellbaren Dinge. Die (eindeutige) empirische Relität wird ergänzt durch ein Multiversum persönlicher Realitäten. Für mich IST Gott real. Ich kann mit ihm reden, ich kann ihn spüren, ich erlebe ihn, ich sehe sein Handeln, ich tausche mich intersubjektiv über ihn aus.
Empirisch nachweisen kann ich ihn trotzdem nicht.
Natürlich sehe ich auch, dass Subjektivität in Gefahr läuft, in Beliebigkeit auszuarten. Was soll ich mit Subjektivitäten wie von RF, von Seeadler oder so machen? Die logische Antwort muss lauten: Methodik.
Auch eine Subjektivität muss einer abgegrenzten Methodik folgen. Ich sehe das an dem Germanistikstudium meines Sohnes. Für eine Textanalyse gibt es klare Regeln. Wer die nicht befolgt, macht eine falsche Textanalyse. Ich sehe das auch in der Theologie. Die historisch-kritische Methode gibt klare Regeln, wie Bibeltexte (unter der Annahme dass es Gott gibt und er gehandelt hat) anzugehen sind.
Der Kreationismus will einer anderen Methode folgen, aber hier kann man zeigen, dass sie ihre eigene Methode nicht konsistent einhält, man muss deren Ergebnisse also ablehnen, weil die Methode inkonsistent ist.
Ich muss deiner Kritik auch insofern Recht geben, als dass Geisteswissenschaftler - und sogar Philosophen - nicht in der Lage sind, ein klares Bild ihrer Methodik zu zeichnen. Auch closs ist dazu nicht in der Lage. Das liegt meines Erachtens darin, dass sie nicht lernen, diese Klarheit hervorzuheben. Die Vielfalt und auch die Breite der Ergebnisse ist hier ungleich höher als in der Naturwissenschaft. Das liegt eben an diesem subjektiven Element.
Mit dem wir leben müssen
Gruß
Thomas
P.S
Um es nochmals klar zu machen. Theologie setzt Gott voraus. Sie versucht dann NICHT, nach Hinweisen für Gott zu suchen, wie du angedeutet hattest. Sondern sie fragt, welche Konsequenzen sich für uns und unserem Textverständnis daraus ergeben.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.