Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Evolution vs. Schöpfung Debatte, Alter der Erde
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JackSparrow
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#191 Re: Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von JackSparrow » So 2. Aug 2020, 10:54

SilverBullet hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 09:40
Man hat es also mit Umständen zu tun, die man als Anlass zum Aufstellen der Evolutionstheorie bezeichnen kann.
Wenn neben einem Apfelbaum ein Apfel liegt, der Apfel mit dem Rest des Baums genetisch übereinstimmt und dann noch ein Mechanismus bekannt ist, der herunterfallende Äpfel erklärt (beispielsweise Gravitation), dann ist das durchaus ein geeigneter Anlass zum Aufstellen der Theorie, dass der Apfel vom Baum gefallen ist.

Die einzelnen Lebewesen verhalten sich in Bezug zu dem vermuteten Entwicklungsprozess wie "fixe Zeitpunkte", d.h. sie stellen "statische Momente" dar, während es beim vermuteten dahinterliegenden Prozess um eine "Dynamik" geht, eine "dynamische Veränderung".
Richtig. Aber selbst Kreationisten räumen ein, dass die Dynamik hinreichend nachgewiesen ist. Kreationisten führen lediglich zusätzliche Hypothesen ein, indem sie behaupten, die Dynamik könne willkürlich festgelegte "Artgrenzen" nicht überschreiten. Was Kreationisten anstreben ist demnach nicht eine Abschaffung, sondern eine Erweiterung der Evolutionstheorie.
Zuletzt geändert von JackSparrow am So 2. Aug 2020, 12:18, insgesamt 1-mal geändert.

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sven23
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#192 Re: Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von sven23 » So 2. Aug 2020, 11:03

Claymore hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 02:18
Dass es umstritten ist, ob es "die Evolutionstheorie" im Sinne einer einheitlichen wissenschaftlichen Theorie überhaupt gibt (und darum ging es ja an dieser Stelle -- stand direkt darunter), ist sicher nicht bloß eine persönliche Behauptung von mir. Siehe hier.
Na ja, so gesehen ist es auch umstritten, dass die Erde eine Kugelgestalt hat, denn Lovetrail und Co behaupten ja schließlich, dass die Erde eine Scheibe ist.
Die entscheidende Frage ist doch, ob es eine alternative Theorie gibt, die alle Beobachtungen und Funde besser erklären kann, als die etablierte Theorie.
Von Kreationisten und ID-Vertretern kommt da aber nichts. Und dass einige Vertreter der Zunft sogar vor Fälschungen nicht zurückschrecken, ist ja bekannt.


 
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JackSparrow
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#193 Re: Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von JackSparrow » So 2. Aug 2020, 13:21

Claymore hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 02:18
Dass es umstritten ist, ob es "die Evolutionstheorie" im Sinne einer einheitlichen wissenschaftlichen Theorie überhaupt gibt
Der Unterschied zwischen Dogma und wissenschaftlicher Theorie liegt vielleicht darin, dass eine Theorie durch neue Beobachtungen ständig erweitert und modifiziert werden kann, während das Dogma auf ewig unveränderlich den Stand der Wissenschaft in der Antike widerspiegelt.

Darwin kannte weder die Mendelschen Gesetze noch DNA noch Elektronenmikroskop. Und Lamarcks Hypothese, dass erworbene Eigenschaften vererbt werden können, galt lange Zeit als widerlegt, bis man die Epigenetik entdeckte. Deshalb fasst man die verschiedenen uneinheitlichen Evolutionstheorien heute als "synthetische Evolutionstheorie" zusammen und das Problem ist gelöst.

Claymore
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#194 Re: Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von Claymore » So 2. Aug 2020, 13:36

sven23 hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 11:03
Claymore hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 02:18
Dass es umstritten ist, ob es "die Evolutionstheorie" im Sinne einer einheitlichen wissenschaftlichen Theorie überhaupt gibt (und darum ging es ja an dieser Stelle -- stand direkt darunter), ist sicher nicht bloß eine persönliche Behauptung von mir. Siehe hier.
Na ja, so gesehen ist es auch umstritten, dass die Erde eine Kugelgestalt hat, denn Lovetrail und Co behaupten ja schließlich, dass die Erde eine Scheibe ist.
Die entscheidende Frage ist doch, ob es eine alternative Theorie gibt, die alle Beobachtungen und Funde besser erklären kann, als die etablierte Theorie.
Von Kreationisten und ID-Vertretern kommt da aber nichts. Und dass einige Vertreter der Zunft sogar vor Fälschungen nicht zurückschrecken, ist ja bekannt.
Dass es die Evolutionstheorie nicht gibt, war hier nicht als aufregendes Statement gemeint, sondern einfach nur so:
Wikipedia: Evolutionsbiologie hat geschrieben:Früher sprachen Biologen von „der Evolutionstheorie“; seit der Etablierung der modernen Evolutionsbiologie ist aber deutlich, dass es keine einheitliche und alle Teilaspekte der Evolution erklärende „Generaltheorie“ gibt, sondern dass unterschiedliche Ansätze und Forschungszweige gemeinsam die wissenschaftlichen Bausteine für die komplexen Einzelprozesse erarbeiten müssen. Die Evolutionsbiologie ist somit ein vielgestaltiges Theoriensystem, das Konzepte, Erkenntnisse und Methoden von der Paläontologie bis zur Molekularbiologie integriert.
JackSparrow hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 13:21
Der Unterschied zwischen Dogma und wissenschaftlicher Theorie liegt vielleicht darin, dass eine Theorie durch neue Beobachtungen ständig erweitert und modifiziert werden kann, während das Dogma auf ewig unveränderlich den Stand der Wissenschaft in der Antike widerspiegelt.

Darwin kannte weder die Mendelschen Gesetze noch DNA noch Elektronenmikroskop. Und Lamarcks Hypothese, dass erworbene Eigenschaften vererbt werden können, galt lange Zeit als widerlegt, bis man die Epigenetik entdeckte. Deshalb fasst man die verschiedenen uneinheitlichen Evolutionstheorien heute als "synthetische Evolutionstheorie" zusammen und das Problem ist gelöst.
Das Problem ist doch nicht, dass hier eine Theorie modifiziert wurde. Denn trotz der Modifikationen und Erweiterungen könnte es eine einheitliche Theorie bleiben. Sondern dass eine Sammlung von uneinheitlichen Theorien nicht eine wissenschaftliche Theorie im Sinne eines großen einheitlichen Theoriegebäudes ergibt.

Claymore
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#195 Re: Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von Claymore » So 2. Aug 2020, 13:46

Anton B. hat geschrieben:
Sa 25. Jul 2020, 21:43
Claymore hat geschrieben:
Mi 22. Jul 2020, 23:35
Welcher Beitrag beschäftigt sich i. Ü. mit dem Status der ET als wissenschaftlicher Theorie? Am ehesten noch Nr. 5 und 27. Aber auch nicht head-on.
Die "Wissenschaftlichkeit" der ET wird doch im Companion gar nicht in Frage gestellt. Was für ein Handbuch, welches das wissenchaftsphilosophische Wissen über eine naturwissenschaftliche Disziplin mit der ET als Flagschiff darstellen möchte, wohl nicht bedeutet, hier wurde etwas ganz Wichtiges einfach vergessen. Und Lennox (Beitrag #5) beschäftigt sich mit Darwinism/Neo-Darwinism als wissenschaftliche Theorie. Weil die Synthese nach seiner Erkenntnis auch eine Antwort auf erkannte philosophische Probleme bezüglich der ursprünglichen Theorie Darwins darstellt, werden diese Probleme von ihm auch in die "Synthese" hinein verfolgt. Er benennt explizit die durch die Wissenschaftsphilosophie erkannten "Challenges" der Synthese. Nirgendwo aber wird angedeutet, die Wissenschaftlichkeit der ET sei nicht gegeben.

Mit Verlaub: Dein Vorwurf nicht gegebener Falsifizierbarkeit und damit der Nicht-Wissenschaftlichkeit als Theorie natürlicher Phänomene ist diesem wissenschaftsphilosophischen Handbuch fremd. Deine Behauptung der Nicht-Falsifizierbarkeit muss weiterhin als Privatmeinung und allenfalls als Minoritätenmeinung innerhalb der Wissenschaftstheorie gesehen werden.
Ich kann mich nicht erinnern, dass ich was anderes behauptet hätte. Du hast hier doch damit angefangen, dass ich mit von dir ausgewählten (!) Büchern belegen soll, dass meine Meinung in der Biologie weit verbreitet ist. Warum auch immer? Was bezweckst du denn damit?
Claymore hat geschrieben:
Mi 22. Jul 2020, 23:35
Anton B. hat geschrieben:
Di 21. Jul 2020, 23:02
Hättest Du im Futuyma nachlesen können.
Bis jetzt hast du nur gezeigt, dass die Begriffe in dem Buch abgehandelt werden. Dafür muss man gar nichts lesen -- außer den Index.

Waddington => seine empirischen Ergebnisse sind ok. Aber doch nicht seine Interpretation. Es folgt die von Futuyma präferierte Interpretation.
Fachliche Probleme damit? Gibt Futuyma nicht den Konsens wieder?

Claymore hat geschrieben:
Mi 22. Jul 2020, 23:35
Kimura => Kimura's Behauptungen, dass positive Selektion nur einen trivialen Anteil zu den Unterschieden zwischen den Arten beiträgt, wurden ein wenig übertrieben.
Und ich dachte beim Lesen, er feiert Kimuras Arbeit: "We first explore the theory and then we see how it explains data from real organisms." -- Futuyma 2009 (:256).

Claymore hat geschrieben:
Mi 22. Jul 2020, 23:35
Gould => sehr kontrovers, auf Spekulationen basierend, nix gut.
Nee: Beschreibung des "Phänomens" ("... pattern of change in the fossil record ...") gut, "... hypothesis about evolutionary process" bäh.

Fachliche Probleme damit? Gibt Futuyma nicht den Konsens wieder?

Claymore hat geschrieben:
Mi 22. Jul 2020, 23:35
West-Eberhard => noch eine "kontroverse Hypothese" (zumindest so lange es um neue Anpassungen geht)
Fachliche Probleme damit? Gibt Futuyma nicht den Konsens wieder?
Wirkliche Probleme habe ich mit seinen Behauptungen bzgl. Kimura. Es ist historisch falsch, dass dessen Theorie schlicht die des Gendrifts ist. Es ist die Neutrale Theorie der Molekularen Evolution. Punkt. K. A. was da passiert ist. Das Statement ist allerdings auch in der neuen Auflage von "Evolution" rausgeflogen.

Beim Rest widerspreche ich nicht. Dafür bräuchte es extrem intensive Einarbeitung in die Thematik -- und wofür? Selbst wenn ich belegen könnte, dass Futuyma nicht den "Konsens" wiedergibt, was wäre schon gewonnen? Es ist nur ein Buch, ein Autor.

Anscheinend hast du den Hintergrund des letzten Posts vergessen. Du warst es doch, der behauptet hat, dass die verlinkte Kritik an der Synthese nur aus historischer Sicht interessant ist. Und hast auf Futuyma verwiesen. Offensichtlich ist dem nicht so, wenn wir ihn als Autorität ansehen. Das ist alles, worum es mir ging.
Claymore hat geschrieben:
Mi 22. Jul 2020, 23:35
So, jetzt hast du sicher schon mal zwei Schulen kennengelernt. Und weißt auch zu welcher Futuyma gehört. Macht er ja auch in der Einführung zu seinem Buch klar.
Welcher denn? Einer "Evolutionary Biology since the Synthesis", wie er den Abschnitt benennt? Stellt er sich gegen den Majoritätskonsens?
Ich habe doch zu dem Nature-Artikel verlinkt. Wenn schon eine Debatte mit Stellungnahmen in Nature auftaucht, reicht das für mich von zwei Schulen zu sprechen.

"Majoritätskonsens" ist sehr seltsam. Im üblichen Kontext versteht man unter wissenschaftlichem Konsens mehr als 51%.

Eine andere Schule wird ja in dem Lennox-Artikel des Companion erwähnt, der mit "serve to differentiate a “Darwinian” approach to evolutionary biology from other approaches" schließt.

Entweder hält man den Artikel für Unsinn oder man stellt fest, dass es tatsächlich Schulenbildung in der ET gibt.
Claymore hat geschrieben:
Mi 22. Jul 2020, 23:35
Es ist interessanter, spezifisch zu sagen, dass sich (a) die Evolutionsbiologie durch "erstaunlich" viel Schulenbildung auszeichnet und (b) die Kern-These, d. h. Evolution durch natürliche Selektion, nicht falsifizierbar ist.
Interessanter ist es bestimmt. Für mich auch, weil ich es weder so selber in meinen Fachdisziplinen "erfahre", noch es sich mir aus konkreten Metabetrachtungen der Wissenschaftsphilosophie erschließt. Der ausgeprägte Eindruck von (a) kann auch durch die Komplexität der Theorie bedingt sein, aus der sich zahlreiche Subtheorien ableiten und damit einen weiten Horizont des Wissens bilden.
Kann sein. Aber auch hier ist die Meta-Ebene, d. h. meine Psychologie, uninteressant.

Denn der Unterschied Subtheorie/Schule ist klar: Kompatibilität (ja/nein).

Wie z. B. zwei verschiedene Ansätze bzgl. der Einheit der Selektion kompatibel sein können, erschließt sich mir nicht. Wie soll Multilevel selection mit z. B. Dawkins Ansatz, "die Einheit der Selektion sind die Gene, fertig" kompatibel sein? Es ist ja nicht so, dass Dawkins sagt "manchmal macht es Sinn, Gene als Einheit der Selektion zu betrachten".
Deshalb kann Scrypton auch sagen:

Scrypton hat geschrieben:
Do 23. Jul 2020, 07:42
Die Evolutionstheorie gehört gar zu den am besten bestätigen wissenschaftlichen Theorien überhaupt.
Aber weder ist sie dadurch besonders "wahrscheinlich", sie ist schon gar nicht fertig und ist auch nicht in allen Details ihrer "Entfaltung" besonders stabil.
Was dann? Was hat man durch ihre "wissenschaftliche Bestätigung" gewonnen?

Es ist ja nicht so, dass man mit ihr echte Vorhersagen treffen könnte. Dafür müssten offensichtlich mindestens die strukturellen Eigenschaften des Organismus in die Formulierung der Theorie eingehen. Aber das ist gerade nicht der Fall.

Siehe das Beispiel mit den Strumpfbandnattern und den Rauhaut-Molchen. "Die Theorie" sagt einem nicht, dass die Resistenz der Nattern auch mit einem Nachteil, verminderter Kriechgeschwindigkeit, daherkommt. Dafür müsste Wissen über die Physiologie (Struktur) des Organismus Natter eingehen.

Sie ist auch überhaupt nicht in der Lage Nachteil und Vorteil gegeneinander abzuwägen. Am Ende stellt man nur durch Beobachtung fest: Hier haben die Nattern eine Resistenz entwickelt. Beitrag der Theorie: 0%. Und auf die Folgerung, dass sie diese aufgrund der Giftigkeit der Molche ausgebildet haben, wäre wahrscheinlich auch Aristoteles gekommen.
Und (b) ist weiterhin eine Behauptung von Dir bzw. eine Minderheitenmeinung in der Wissenschaft inkl. der Wissenschaftsphilosophie.
Und? Ich frag mich immer noch, was der Sinn hinter deiner ganzen Meta-Debatte sein soll?

Um wieder on-topic zu kommen: Seite 126, "A Companion to the Philosophy of Biology". Was ist denn deine Meinung dazu? Ist ja nur eine Seite. Zufriedenstellende Erwiderung?

Insbesondere das hier:
Philosophers and biologists have responded to this charge in two ways. First, they point out that even if some component of evolutionary theory were a tautology, this does not mean that evolutionary theory as a whole is “untestable” or “true by definition.” There is a lot more to evolutionary theory besides the definition of fitness. Even if it is true by definition that “bachelors are unmarried” this doesn’t mean there aren’t empirical ways of finding out about other facts concerning bachelors, such as which people are bachelors and whether they eat mac and cheese. Similarly, if a claim about fitness is true by definition, this doesn’t mean there aren’t empirical ways of finding out about fitness (Sober, 1984). So even if some notion of fitness were tautological, this wouldn’t have the dire consequences for evolutionary theory that these critics sometimes suggest.

JackSparrow
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#196 Re: Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von JackSparrow » So 2. Aug 2020, 14:10

Claymore hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 13:46
Wie soll Multilevel selection mit z. B. Dawkins Ansatz, "die Einheit der Selektion sind die Gene, fertig" kompatibel sein?
Kann Herr Dawkins seinen Ansatz belegen?

Ich denke ich kann ihn falsifizieren: Wenn sich ein Weibchen für das auffälligere Männchen entscheidet, dann hat die Selektion am Phänotyp angesetzt, und es nicht plausibel anzunehmen, dass der gleiche Phänotyp mit signifikanter Häufigkeit durch unterschiedliche Genome zustande kommt.

Es ist ja nicht so, dass man mit ihr echte Vorhersagen treffen könnte. Dafür müssten offensichtlich mindestens die strukturellen Eigenschaften des Organismus in die Formulierung der Theorie eingehen.
Die Preisbildungstheorie von Angebot und Nachfrage kann auch dann zutreffend sein, wenn man damit nicht die zukünftigen Kurse der Daimler-Aktie vorhersagen kann. Offenbar ist Vorhersagbarkeit (im Gegensatz zur Falsifizierbarkeit) kein notwendiger Bestandteil wissenschaftlicher Theorien.

Im übrigen handelt es sich hier um ein rein technisches Problem: Würden wir sämtliche Umwelteinflüsse kennen, die sich auf Genom und Phänotyp auswirken (zum Beispiel unter Laborbedingungen oder wenn man zuhause Dackel züchtet), dann könnten wir dank der Evolutionstheorie eben doch den Fortpflanzungserfolg vorhersagen.

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#197 Re: Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von SilverBullet » So 2. Aug 2020, 15:21

JackSparrow hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 10:54
Wenn neben einem Apfelbaum ein Apfel liegt, der Apfel mit dem Rest des Baums genetisch übereinstimmt und dann noch ein Mechanismus bekannt ist, der herunterfallende Äpfel erklärt (beispielsweise Gravitation), dann ist das durchaus ein geeigneter Anlass zum Aufstellen der Theorie, dass der Apfel vom Baum gefallen ist.
Für den Anlass die Evolutionstheorie aufzustellen, sehe ich keinerlei Probleme.
Allein das Konzept „zwei Arme, zwei Beine“, das selbst bei Schlangen vorhanden ist, obwohl es dort nicht gebraucht wird, ist „enorm Anlass“ von einer Fortpflanzungs- und Umweltbedingten Entwicklung auszugehen.

Will man aber über „Anlass“ hinausgehen, dann muss man sich mit dem Vorgang beschäftigen – da reicht „Anlass“ nicht mehr aus.

Rund um den Vorgang steht man ja auch nicht komplett leer da:
Die Variationsmöglichkeit auf Basis von Fortpflanzung steckt bereits im Zellkonzept drin, denn das Vermehren von Zellen entlang eines biologisch ausgedrückten Bauplanes (der ständig kopiert wird) ist ja bereits ein Entwicklungsprozess, bei dem es „nur“ noch um das Beeinflussen des Blauplanes geht.
Nun ist das Konzept der Paarung bereits ein erheblicher Teil der Beeinflussung, aber auch Umweltfaktoren können auf das Vervielfältigen des Bauplanes einwirken – allein dadurch, dass für die Vervielfältigung Material benötigt wird, das nicht einfach aus dem Nichts gezogen werden kann.

(das Beispiel mit Apfel und Baum ist etwas ungeeignet, weil dort der Vorgang des Fallens beliebig detailliert beobachtbar, erlebbar und schon lange Teil von Techniken ist)

JackSparrow hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 10:54
Richtig. Aber selbst Kreationisten räumen ein, dass die Dynamik hinreichend nachgewiesen ist. Kreationisten führen lediglich zusätzliche Hypothesen ein, indem sie behaupten, die Dynamik könne willkürlich festgelegte "Artgrenzen" nicht überschreiten. Was Kreationisten anstreben ist demnach nicht eine Abschaffung, sondern eine Erweiterung der Evolutionstheorie.
Diese „eingeräumte Dynamik“ scheint dann aber wohl nicht die ganze Dynamik zu sein, sondern nur den nicht abstreitbaren Teil zu umfassen.
Mit der Technik der Züchtung decken wir ja durchaus einen Teil des Weges ab und wie ich geschrieben habe, lässt sich so etwas dann nicht mehr gut abstreiten.

Ich denke, immer wenn philosophisch/religiöse besetzte Themenbereiche tangiert werden, werden diese „Gläubigen“ erst dann mit Akzeptanz reagieren, wenn sie einer Technik gegenüberstehen.

Bei der Evolutionstheorie ist das vermutlich sogar noch harmlos, denn wenn es um das menschliche Bewusstsein bzw. menschliche Funktionsweise geht, dann gehe ich davon aus, dass es sehr lange „Gläubige“ geben wird, die ihre Ablehnung einer „reinen Körpertheorie“ aufrecht halten werden. Vermutlich auch dann noch, wenn es Techniken gibt, um analoge künstliche Wahrnehmungseinheiten zu erschaffen. Erst wenn es Techniken gibt, die ihnen am eigenen Körper helfen und Probleme beseitigen, werden sie langsam verstummen.

Vor diesem Hintergrund würde ich mich freuen, wenn Wissenschaft sauber bei dem bleiben würde, was tatsächlich vorliegt. Bei der Evolutionstheorie haben wir den dynamischen Prozess nicht, können aber auf ganz viel Anlass zum Aufstellen der Theorie zurückgreifen.

Wer also sagt „bei euch fehlt doch etwas“ liegt im Grunde schon richtig, was aber nicht dazu führt, dass es keine Anlässe zum Aufstellen der Theorie gibt.

JackSparrow
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#198 Re: Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von JackSparrow » So 2. Aug 2020, 19:06

SilverBullet hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 15:21
Die Variationsmöglichkeit auf Basis von Fortpflanzung steckt bereits im Zellkonzept drin, denn das Vermehren von Zellen entlang eines biologisch ausgedrückten Bauplanes (der ständig kopiert wird) ist ja bereits ein Entwicklungsprozess, bei dem es „nur“ noch um das Beeinflussen des Blauplanes geht.
Gerade die Embryonalentwicklung belegt ja alles, was Kreationisten ablehnen - nämlich dass sich ein winziger Einzeller innerhalb kürzester Zeit zum kompletten lebensfähigen Organismus entwickeln kann. Und dabei grob vereinfacht alle Entwicklungsstufen von der Qualle bis zum Wirbeltier im Zeitraffer durchläuft.

Denkt man sich jetzt noch Mutation, Selektion und Zeiträume von ein paar Milliarden Jahren hinzu, dann könnte man direkt ohne Fossilien und ohne Abstammungstheorie auf die Idee kommen, dass möglicherweise ein paar unterschiedlich aussehende Spezies zu beobachten sein werden.

Wer also sagt „bei euch fehlt doch etwas“ liegt im Grunde schon richtig, was aber nicht dazu führt, dass es keine Anlässe zum Aufstellen der Theorie gibt.
Die Theorie muss ja nicht perfekt sein - das Bohrsche Atommodell ist oft noch anwendbar, obwohl wir wissen, dass es falsch ist.

Wenn meine Theorie nicht erklären kann, aus welchem Grund eine Art über Milliarden von Jahren konstant bleiben sollte oder warum aus einem Einzeller unter keinen Umständen ein Mehrzeller werden kann, dann fehlt der Theorie vielleicht einfach ein bisschen zu viel...

SilverBullet
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#199 Re: Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von SilverBullet » Di 4. Aug 2020, 09:29

JackSparrow hat geschrieben:Gerade die Embryonalentwicklung belegt ja alles, was Kreationisten ablehnen - nämlich dass sich ein winziger Einzeller innerhalb kürzester Zeit zum kompletten lebensfähigen Organismus entwickeln kann. Und dabei grob vereinfacht alle Entwicklungsstufen von der Qualle bis zum Wirbeltier im Zeitraffer durchläuft.
Ja, wie ich geschrieben habe, das Zellkonzept an sich ist bereits ein enormer Anlass zum Aufstellen der Evolutionstheorie.
Vor diesem Hintergrund finde ich z.B. die "Uhr und Uhrmacher"-Suggestion eher peinlich, denn Uhren sind nicht aus sich teilenden/vervielfältigenden Zellen aufgebaut - eine Uhr enthält keine Wachstums-basierte Entwicklungsselbstständigkeit.

JackSparrow hat geschrieben:Denkt man sich jetzt noch Mutation, Selektion und Zeiträume von ein paar Milliarden Jahren hinzu,...
OK, jetzt geht es ums Eingemachte, denn nun muss man vom klar vorliegenden Wachstum eines aktuellen Lebewesens zur Möglichkeit der Artenentwicklung kommen.

"Selektion" ist dabei noch halbwegs handfest, denn man kann es mit Funktionalität im Sinne von Überleben, Fortpflanzen und Nischenbesetzung übersetzen.

Mit "Mutation" hingegen beginnt die eigentliche "Magie", denn hier verbirgt sich quasi der gesamte dynamische Prozess, den man in der Evolutionstheorie vermutet ("Selektion" läuft ins Leere wenn nichts zum Selektieren auf dem Tisch liegt).

Probleme habe ich an dieser Stelle wenn das Wort "Zufall" fällt, denn dies suggeriert so eine Art "Freiheit in der Beliebigkeit".
Nun soll sich das Ganze aber in der physikalischen Welt abspielen, was bereits eine Einschränkung dieser "Freiheit" bedeutet und zudem kommen dort Richtungsänderungen/Veränderungen meist mit Energien daher, die nicht einfach "aus dem Nirgendwo" zugeführt sein sollten.

Bei "Mutation" sehe ich die Schwachstelle - hier fehlt die "Erkenntnis-Substanz" und hier hat man (wir) zu wenig vorzulegen.

Da ich aber nun "Zufall" für ungeeignet halte und auch nicht auf "durchsichtige Nachthemden mit Einfluss auf die physikalische Welt" zugreifen möchte, müsste ich entweder die Segel streichen (und rein bei den Anlässen bleiben) oder sagen, was es denn nun sein soll.
OK, meine Vermutung geht in folgende Richtung:
=> Es ist kein Zufall, dass Lebewesen über ihre generationsübergreifende Entwicklung biologische Nischen füllen, um dort zu (über-)leben.

Beim Nachdenken über die menschliche Wahrnehmung landet man früher oder später beim "Lernen", einem höchst erstaunlichen Vorgang, denn ein Zellsystem kommt dabei nach und nach zu brauchbaren Reaktionen ("brauchbar" im Sinne von "Entsprechung gemäss der Aufgabenstellung").
Wenn man einen Schritt zurück macht und etwas abstrahiert, dann liegt hier die Entwicklung eines Zellgefüges vor und zwar zu einem Ergebnis, das nicht im Bauplan der Zellen enthalten sein kann -> "nicht festgelegt, aber auch nicht beliebig" -> eine Entwicklung entsprechend der Körper/Umwelt-Situation.

Damit aber noch nicht genug: es ist wohl so, dass das Lernen in emotional bedeutsamen Situationen besonders intensiv und nachhaltig erfolgt.
Wenn der Körper beim Lernprozess besonders intensiv für zusätzliche Zusammenhänge sorgt (sei es "Belastung" oder "hormoneller Aufschwung"), dann scheint die Zellentwicklung zum "Neuen" hin besonders gut zu funktionieren.

In der Gehirnforschung ist der Lernprozess (noch) ein grosses Rätsel, aber es liegt eindeutig ein dynamischer Zellprozess vor.

Nun sind Gehirnzellen bestimmt sehr stark auf das Ausprägen von Aktivitätsübergängen spezialisiert, aber es sind insgesamt Zellen, die wie alle anderen auch auf die erste Zelle des Lebewesens zurückgehen.

Mein Frage ist nun: kann der gesamte Körper "gerichtet lernen"? (im Sinne von "sich brauchbar anpassen")
(eine Anpassung die über "Anpassung durch Training" hinausgeht)

Angenommen es bilden sich Umweltsituationen heraus, bei denen sich das Lebewesen verändern müsste, um "Disharmonien bei den Überlebenschancen" auszugleichen (um eine Erweiterung in der Nischenbesetzung zu erreichen).
Wie beim "sonstigen Lernen" dürfte das natürlich nicht schlagartig gehen, sonst liegt Überforderung vor.
Wie beim "sonstigen Lernen" muss schon eine neue Situation vorliegen, ansonsten erfolgt keine Entwicklung.
Wie beim "sonstigen Lernen" geht viel schief, aber die Entwicklung geschieht dennoch nicht richtungslos.

Ich kann leider nicht sagen, wie das genau funktionieren könnte, aber ich möchte darauf hinweisen, dass wir den dynamischen Prozess vielleicht bereits vorliegen haben und nur "den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen"

JackSparrow hat geschrieben:Die Theorie muss ja nicht perfekt sein - das Bohrsche Atommodell ist oft noch anwendbar, obwohl wir wissen, dass es falsch ist.
Wenn etwas anwendbar ist, dann ist es in dieser jeweiligen Situation nicht falsch.
Man könnte es vielleicht als "Abkürzung" charakterisieren, die nicht immer zum gewünschten Zielpunkt führt.
Irgendwie muss die Abkürzung aber schon die Zusammenhänge des "korrekten Modells" enthalten, sonst würde es nicht funktionieren.

Anton B.
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#200 Re: Welche Beweise gibt es für die Evolutionstheorie?

Beitrag von Anton B. » Mi 5. Aug 2020, 00:04

Claymore hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 13:46
Anton B. hat geschrieben:
Sa 25. Jul 2020, 21:43
Deine Behauptung der Nicht-Falsifizierbarkeit muss weiterhin als Privatmeinung und allenfalls als Minoritätenmeinung innerhalb der Wissenschaftstheorie gesehen werden.
Ich kann mich nicht erinnern, dass ich was anderes behauptet hätte. Du hast hier doch damit angefangen, dass ich mit von dir ausgewählten (!) Büchern belegen soll, dass meine Meinung in der Biologie weit verbreitet ist. Warum auch immer? Was bezweckst du denn damit?
Ich möchte Dich und Deine Argumentation verstanden haben, um spezifisch genug auf Dich darauf eingehen zu können. Mir war nicht klar, in wie weit Du mit dem allgemeinen Wissen der Wissenschaftsphilosophie argumentierst oder eine eigene Meinung vertrittst.

Claymore hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 13:46
Beim Rest widerspreche ich nicht. Dafür bräuchte es extrem intensive Einarbeitung in die Thematik -- und wofür? Selbst wenn ich belegen könnte, dass Futuyma nicht den "Konsens" wiedergibt, was wäre schon gewonnen? Es ist nur ein Buch, ein Autor.
Es ist DAS Lehrbuch. Und das nicht, weil es sich selber dazu erklärt, sondern weil genug kritische Instanzen in "Forschung und Lehre" den Inhalt in toto als Wiedergabe des Forschungsstandes für ihre Lehrtätigkeit für geeignet halten.

Claymore hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 13:46
Anscheinend hast du den Hintergrund des letzten Posts vergessen. Du warst es doch, der behauptet hat, dass die verlinkte Kritik an der Synthese nur aus historischer Sicht interessant ist. Und hast auf Futuyma verwiesen. Offensichtlich ist dem nicht so, wenn wir ihn als Autorität ansehen.

Ich hatte folgendes geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:
Di 21. Jul 2020, 23:02
Es scheint ja fast so, Du hättest den Wiki-Artikel als Darstellung der zeitgenössischen Ausprägung der ET gehalten. Dabei beschreibt der Kritikabschnitt aus einer historischen Betrachtung heraus Kritik an einer nicht-zeitgenössischen Ausprägung der ET, die zu einer Darstellung der ET überleitet (siehe Link am Ende des Kritikabschnitts), in der die Kritik inkorporiert ist.

Hättest Du im Futuyma nachlesen können.

Diese Kritik wurde erhoben und auf die Kritik wurde eingegangen. Wesentliche Teile der Kritik wurden in die ET in zeitgenössischer Ausprägung integriert. Wie das geschehen ist, wie die ET da, wo mit nicht kompatiblen Beobachtungen argumentiert wurde, teils mit eigenen Submodellen antwortet, das ist doch im Futuyma beschrieben.

Claymore hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 13:46
Ich habe doch zu dem Nature-Artikel verlinkt. Wenn schon eine Debatte mit Stellungnahmen in Nature auftaucht, reicht das für mich von zwei Schulen zu sprechen.
Ok, dann sind es halt für Dich Schulen. Ich nenne es dann erst einmal "eine Debatte mit Stellungnahmen in Nature".

Claymore hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 13:46
Eine andere Schule wird ja in dem Lennox-Artikel des Companion erwähnt, der mit "serve to differentiate a “Darwinian” approach to evolutionary biology from other approaches" schließt.

Entweder hält man den Artikel für Unsinn oder man stellt fest, dass es tatsächlich Schulenbildung in der ET gibt.

Ich halte den Beitrag von Lennox für alles andere als Unsinn. Du hast Dein Zitat auch aus dem Zusammenhang gerissen und falsch interpretiert:

Lennox hat geschrieben: I have argued that, despite the radical changes broug about by the fusion of the theory with Mendelism via mathematical population genetics, those core principles survive, and serve to differentiate a "Darwinism" approach to evolutionary biology from other approaches. -- Lennox in Sarkar & Plutynski (: 95)
Mit "... from other approaches" meint Lennox Ansätze außerhalb der ET und nicht Schulen innerhalb der ET.

Claymore hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 13:46
Denn der Unterschied Subtheorie/Schule ist klar: Kompatibilität (ja/nein).
Klar ist für mich, dass "Subtheorie" eine Subtheorie und "Schule" hier eine Denk-, Methodentradition usw. bzw. -Bewegung oder -Strömung darstellt.

Claymore hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 13:46
Wie z. B. zwei verschiedene Ansätze bzgl. der Einheit der Selektion kompatibel sein können, erschließt sich mir nicht. Wie soll Multilevel selection mit z. B. Dawkins Ansatz, "die Einheit der Selektion sind die Gene, fertig" kompatibel sein? Es ist ja nicht so, dass Dawkins sagt "manchmal macht es Sinn, Gene als Einheit der Selektion zu betrachten".
Wenn Du den Futuyma hast, lese doch einfach mal darin!

Claymore hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 13:46
Es ist ja nicht so, dass man mit ihr echte Vorhersagen treffen könnte. Dafür müssten offensichtlich mindestens die strukturellen Eigenschaften des Organismus in die Formulierung der Theorie eingehen. Aber das ist gerade nicht der Fall.

Siehe das Beispiel mit den Strumpfbandnattern und den Rauhaut-Molchen. "Die Theorie" sagt einem nicht, dass die Resistenz der Nattern auch mit einem Nachteil, verminderter Kriechgeschwindigkeit, daherkommt. Dafür müsste Wissen über die Physiologie (Struktur) des Organismus Natter eingehen.
Es ist kein Wissen über die Natter vorhanden? Die Molche, das Räuber-Beute-Verhältnis, die Ökologie sind unbekannt? Was möchtest Du sagen. Ich verstehe es nicht.

Claymore hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 13:46
Sie ist auch überhaupt nicht in der Lage Nachteil und Vorteil gegeneinander abzuwägen. Am Ende stellt man nur durch Beobachtung fest: Hier haben die Nattern eine Resistenz entwickelt. Beitrag der Theorie: 0%. Und auf die Folgerung, dass sie diese aufgrund der Giftigkeit der Molche ausgebildet haben, wäre wahrscheinlich auch Aristoteles gekommen.

Klar. Auf was genau wäre Aristoteles denn gekommen? Gott hat die Nattern als erfolgreiches Steinchen in einem ganzheitlichen System so geschaffen? Die Natternindividuen haben spezifisch bei Kontakten mit den Molchen individuell als Abwehrmechanismus eine Resistenz entwickelt und die auf ihre Sprösslinge vererbt? Eine Selektion findet so gar nicht statt. Na, ja, und dann gibt es da noch die ET.

Dir erscheint die ET so selbstverständlich und trivial, dass Du die Leistung und den Benefit gar nicht mehr erkennen kannst. Vor noch nicht einmal 200 Jahren war die Vorstellung der natürlichen Selektion aber fremd.

Claymore hat geschrieben:
So 2. Aug 2020, 13:46
Um wieder on-topic zu kommen: Seite 126, "A Companion to the Philosophy of Biology". Was ist denn deine Meinung dazu? Ist ja nur eine Seite. Zufriedenstellende Erwiderung?

Insbesondere das hier:
Philosophers and biologists have responded to this charge in two ways. First, they point out that even if some component of evolutionary theory were a tautology, this does not mean that evolutionary theory as a whole is “untestable” or “true by definition.” There is a lot more to evolutionary theory besides the definition of fitness. Even if it is true by definition that “bachelors are unmarried” this doesn’t mean there aren’t empirical ways of finding out about other facts concerning bachelors, such as which people are bachelors and whether they eat mac and cheese. Similarly, if a claim about fitness is true by definition, this doesn’t mean there aren’t empirical ways of finding out about fitness (Sober, 1984). So even if some notion of fitness were tautological, this wouldn’t have the dire consequences for evolutionary theory that these critics sometimes suggest.

Ich habe mir das Kapitel durchgelesen. Probleme habe ich damit keine. Zumal ja hauptsächlich der Ausdruck des "survival of the fittest" (als angenommener Proxy für "natürliche Selektion") betrachtet wird. Die Kongruenz der beiden Wirkprinzipien wurden ja nun eingehend diskutiert. Wir sprechen lieber von "natürlicher Selektion". "Survival of the fittest" ist "flawed". Schaue mal in den Futuyma, wie oft Du dort (und wenn, in welchem Kontext) dieses "survival of the fittest" findest.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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