Wieso bringt die Evolution so viel Leid hervor?

Evolution vs. Schöpfung Debatte, Alter der Erde
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sven23
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#21 Re: Wieso bringt die Evolution so viel Leid hervor?

Beitrag von sven23 » Fr 14. Jun 2013, 20:00

Andreas hat geschrieben:Hunger ist wohl weder die einzige noch die häufigste Ursache dafür, dass wir Menschen uns gegenseitig so viel Leid zufügen. Wie ist das aus Sicht der Evolution erklärbar?

Das hat nicht unbedingt was mit Evolution zu tun. Hier gibt es kulturelle und zivilisatorische Überlagerungen.

Ich empfehle dir den Thread "Warum läßt Gott so viel Leid zu?", weil die Frage wirklich ans Fundament des Glaubens geht.
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Andreas
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#22 Re: Wieso bringt die Evolution so viel Leid hervor?

Beitrag von Andreas » Fr 14. Jun 2013, 22:25

sven23 hat geschrieben:Ich empfehle dir den Thread "Warum läßt Gott so viel Leid zu?", weil die Frage wirklich ans Fundament des Glaubens geht.
Dort wird die Sache aus religiöser, christlicher Sicht diskutiert. Da kann ich viele interessante Dinge lesen.

Ich habe diese "Replike" aufgemacht, weil mich auch die wissenschaftliche Sichtweise dazu interessiert. Wie gehen Menschen mit dem Thema Leid um, die nicht an Gott glauben? Der einzige Unterschied der beiden Fragen nach dem Leid ist doch nur, dass einmal Gott als allmächtiger Schöpfer dafür verantwortlich gemacht wird und das andere mal von einer ganz natürlich entstandenen Welt, für die niemand verantwortlich zeichnet, ausgegangen wird. So oder so: Das Leid existiert - und niemand leidet gerne.

Der christliche Standpunkt beschreibt, wie das Leid entstanden ist, welchen Sinn es hat, wie man sich ihm stellen kann. Ich verstehe, dass diese Antworten sehr unbefriedigend sind, für Menschen die nicht an Gott glauben. Wie sehen ihre Antworten auf das Problem des Leides aus? Was wissen sie über das Leid, welche Ursachen liegen ihm zugrunde, welche Lösungsansätze schlagen sie vor?

sven23 hat geschrieben:Das hat nicht unbedingt was mit Evolution zu tun. Hier gibt es kulturelle und zivilisatorische Überlagerungen.
Wenn man den Menschen mit anderen Arten vergleicht, gibt es in mancherlei Hinsicht große Unterschiede. Da der Mensch ein Produkt der Evolution ist, muss es genetische Grundlagen für Kultur und Zivilisation geben. Wieso fügt die Art Mensch seinen eigenen Artgenossen in diesen unvergleichlichen Ausmaßen Leid zu (Auschwitz)? Das scheint mir einzigartig in der Evolutionsgeschichte zu sein. Was weiß man darüber? Worin liegt der evolutionäre Vorteil? Oder sind wir eine Mutation, die sich an die bestehenden Ökosysteme nicht anpassen kann und deswegen aussterben wird?

Pluto
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#23 Re: Wieso bringt die Evolution so viel Leid hervor?

Beitrag von Pluto » Sa 15. Jun 2013, 21:35

Andreas hat geschrieben:Eine der bewegendsten Fragen der Wissenschaft.
Ich bin hier voll mit Janina, die diese Frage auch recht banal findet.
Janina hat geschrieben:Die Frage ist wissenschaftlich völlig uninteressant. Und banal. Leid ist Selbsterhaltung. Motivation, da wegzugehen wo es gefährlich ist.
Leid ist eine Kraft, die alle Lebewesen dazu bwegt, es irgendwie (meist durch Flucht) abzuweden.

Schmerz ist der eigentliche Mechanismus den Lebewesen entwickelt haben, um Leid zu empfinden. Da sich Pflanzen nicht wehren können, ist Schemrzempfinden sinnlos. Deshalb besitzt ein Salatkopf keine Scherzerezeptoren, ein Regenwurm hingegen schon.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#24 Re: Wieso bringt die Evolution so viel Leid hervor?

Beitrag von closs » Sa 15. Jun 2013, 21:54

Pluto hat geschrieben:Leid ist eine Kraft, die alle Lebewesen dazu bwegt, es irgendwie (meist durch Flucht) abzuweden.
Ihr seid halt die Beschreiber. - Die andere Fragestellung fragt danach, warum es überhaupt eine Welt gibt, dass sie nicht ohne Leid funktioniert. - VOLLKOMMEN unterschiedliche Fragestellung - GANZ andere Kategorie.

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sven23
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#25 Re: Wieso bringt die Evolution so viel Leid hervor?

Beitrag von sven23 » So 16. Jun 2013, 07:48

Andreas hat geschrieben:Da der Mensch ein Produkt der Evolution ist, muss es genetische Grundlagen für Kultur und Zivilisation geben.

So etwas wie ein "Kultur-Gen" gibt es natürlich nicht. Auch kennt die Evolution keine Kategorien wie Leid oder Mitleid. Der Mechanismus der Evolution sorgt für die Erhaltung der Art und das funktioniert seit Millionen von Jahren recht gut.
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#26 Re: Wieso bringt die Evolution so viel Leid hervor?

Beitrag von Pluto » So 16. Jun 2013, 12:26

closs hat geschrieben:Die andere Fragestellung fragt danach, warum es überhaupt eine Welt gibt, dass sie nicht ohne Leid funktioniert. - VOLLKOMMEN unterschiedliche Fragestellung - GANZ andere Kategorie.
Andere Fragestellung? Nicht wirklich, lieber Freund.
Wenn dass Ziel der Debatte sein soll, den Urpsrung von Leid zu erklären, dann hat die Biologie zumindest eine Antwort.
Der Theologie hingegen fehlt dazu jedgliche Grundlage.
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#27 Re: Wieso bringt die Evolution so viel Leid hervor?

Beitrag von Pluto » So 16. Jun 2013, 12:43

sven23 hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Da der Mensch ein Produkt der Evolution ist, muss es genetische Grundlagen für Kultur und Zivilisation geben.
So etwas wie ein "Kultur-Gen" gibt es natürlich nicht.
Stimmt, Sven!
Was es gibt, sind Gene die der Entwicklung von Zivilistation und Kultur (in der Reiehenfolge) förderlich waren.

Da hätten wir zunächst die Entwicklung von Höchstleistungen in der sozialen Kompeternz (kein Tier kommt auch nur annähernd an uns ran), verbunden mit einer schier unersättlichen natürlichen Neugierde.
Hinzu kamen notwendige Veränderungen im Gehrin um mögliche Alternativen zur Problemlösung gedanklich, also symbolisch durchzuspielen.
Damit einhergehend, Veränderungen im Kehlkopfbereich, die artikulierte Sprache ermöglichten, um die so gewonnene Beherrschung der Symbolik untereinander auszutauschen.

Wenn man das so betrachtet, dann ist der heutige Mensch eine Folge schier unglaublicher Zusammentreffen von Eigenschaften.
Ich sehe schon, wie die Theisten hier wieder sofort Gedanken an eine göttliche gelenkte Evolution hegen. Dagegen spricht, dass solche Interventionen eines Schöpers, Spuren in der Erbsubstanz und im fossilbericht hinterlassen hätten, was aber nicht der Fall ist.
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#28 Re: Wieso bringt die Evolution so viel Leid hervor?

Beitrag von Lamarck » Sa 22. Jun 2013, 12:33

Hi closs!

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Leid ist eine Kraft, die alle Lebewesen dazu bwegt, es irgendwie (meist durch Flucht) abzuweden.
Ihr seid halt die Beschreiber. - Die andere Fragestellung fragt danach, warum es überhaupt eine Welt gibt, dass sie nicht ohne Leid funktioniert. - VOLLKOMMEN unterschiedliche Fragestellung - GANZ andere Kategorie.

Nur bei größter Oberflächlichkeit ließe sich hier zu der Behauptung gelangen, es handele sich dabei um eine andere Kategorie. Schaue Dir etwa den menschlichen Geburtsvorgang an und überlege Dir, warum dies für die Mutter nicht ohne Leid abläuft (Die Natur wäre nicht die Natur, hätte sie nicht zum Ausgleich eine gewisse Chance auf einen Geburtsorgasmus ermöglicht - ohne Leid keine Freud' ...).

Oder wie wäre es mit der Betrachtung der Parasiten? Etwa, wie das Leid der Sichelzellenanämie dazu beiträgt, das Leid der Malaria insgesamt zu minimieren?




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#29 Re: Wieso bringt die Evolution so viel Leid hervor?

Beitrag von Lamarck » Sa 22. Jun 2013, 12:58

Hi Pluto!

Pluto hat geschrieben: Schmerz ist der eigentliche Mechanismus den Lebewesen entwickelt haben, um Leid zu empfinden. Da sich Pflanzen nicht wehren können, ist Schemrzempfinden sinnlos. Deshalb besitzt ein Salatkopf keine Scherzerezeptoren, ein Regenwurm hingegen schon.

Wie gesagt: Schmerz dient dem Lernen. Pflanzen können sich schon wehren - etwa durch Stacheln oder Gift (die meisten Alkaloide wirken in irgendeiner Form 'giftig'; so dient Coffein den entsprechenden Pflanzen als Insektizid). Organismen, die in der Lage sind, Leid zu empfinden, sind damit prinzipiell in der Lage, flexibel zu reagieren (dies eben bedingt den individuellen Lernvorgang.




Cheers,

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#30 Re: Wieso bringt die Evolution so viel Leid hervor?

Beitrag von Lamarck » Sa 22. Jun 2013, 13:38

Hi Andreas!

Andreas hat geschrieben: Wie gehen Menschen mit dem Thema Leid um, die nicht an Gott glauben? Der einzige Unterschied der beiden Fragen nach dem Leid ist doch nur, dass einmal Gott als allmächtiger Schöpfer dafür verantwortlich gemacht wird und das andere mal von einer ganz natürlich entstandenen Welt, für die niemand verantwortlich zeichnet, ausgegangen wird.

Du machst tatsächlich einen persönlichen Gott für Dein persönliches Leid persönlich verantwortlich?! - Wie?




Andreas hat geschrieben: Der christliche Standpunkt beschreibt, wie das Leid entstanden ist, welchen Sinn es hat, wie man sich ihm stellen kann. Ich verstehe, dass diese Antworten sehr unbefriedigend sind, für Menschen die nicht an Gott glauben.

Der säkulare Standpunkt ist der einzige Standpunkt, der hier intellektuell befriedigt! Die christliche Version über eine Heilsgeschichte hingegen ist ein "Ich muss Dich zwar schlagen, aber tröste Dich, es tut mir mehr weh als Dir!"




Andreas hat geschrieben: Wie sehen ihre Antworten auf das Problem des Leides aus? Was wissen sie über das Leid, welche Ursachen liegen ihm zugrunde, welche Lösungsansätze schlagen sie vor?

War doch leicht zu klären, findest Du nicht?




Andreas hat geschrieben: Wenn man den Menschen mit anderen Arten vergleicht, gibt es in mancherlei Hinsicht große Unterschiede. Da der Mensch ein Produkt der Evolution ist, muss es genetische Grundlagen für Kultur und Zivilisation geben. Wieso fügt die Art Mensch seinen eigenen Artgenossen in diesen unvergleichlichen Ausmaßen Leid zu (Auschwitz)? Das scheint mir einzigartig in der Evolutionsgeschichte zu sein. Was weiß man darüber? Worin liegt der evolutionäre Vorteil?

Na gut, dann noch einen: Offenbar besteht ein gewisser Zusammenhang zwischen Leid-Empfindungs- und Intelligenzpotential. Hast Du nicht Leiderfahrung, weil Du mal Deinen Hochzeitstag vergessen oder Deinen Autoschlüssel verlegt hast?




Andreas hat geschrieben: Oder sind wir eine Mutation, die sich an die bestehenden Ökosysteme nicht anpassen kann und deswegen aussterben wird?

Wir werden aussterben - vor der Unendlichkeit nur eine Frage der Zeit.




Cheers,

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