Ja, natürlich. - Aus Sicht der Gesellschaft ist Religion eine Weltanschauung - diese hat Schönborn vertreten.Pluto hat geschrieben:Er hat das ganz offiziell als Kardinal und Erzbischof gesagt.
Um Gottes Willen. - Das ist keine Haarspalterei, sondern der entscheidende Punkt. - Machen wir es einmal konkret:Pluto hat geschrieben:Ich sehe da keinen Unterschied. Das ist Haarspalterei.
Pluto ist a) Wissenschaftler und meint b), dass Yorkshire Pudding besser schmeckt als Weißwürste. - Die persönliche Aussage b) dürfte er NICHT als a) (Wissenschaftler) treffen - er dürfte NICHT sagen "Aus wissenschaftlicher Sicht schmeckt Yorkshire Pudding besser als Weißwürste". - Im Prinzip geht es in diesem Disput um diesen Unterschied zwischen a) und b).
Natürlich ist das dasselbe. - Genauso wie es dasselbe wäre, wenn Du mir im Labor oder auf der Straße ein kompliziertes Molekül erklären würdest - das ist nicht der Punkt. - Denn das, was Du erklären würdest, wäre ein naturwissenschaftliches Sujet.Pluto hat geschrieben:Traust du einem Arzt mehr, wenn er in seiner Praxis, oder auf der Straße, eine Diagnose stellt?
Es ist aber KEIN naturwissenschaftliches Sujet, ob es hinter der Evolution eine lenkende Kraft gibt oder nicht - das ist pure geistige (und eben NICHT naturwissenschaftliche) Weltanschauung. - Und geistige Weltanschauungen haben in der Naturwissenschaft nichts zu suchen.
Insofern sagt Schönborn in meinen Worten folgendes: "Liebe Naturwissenschaftler - forscht und tut, was ihr innerhalb Eurer Wissenschaft erreichen könnt. Äußerst Euch auch privat über Eure eigenen Weltanschauungen - egal ob Ihr Christen, Buddhisten, Agnostiker oder Atheisten seid. - Aber lasst bitte die Wissenschaft frei von geistigen Weltanschauungen - denn damit würdet Ihr die Wissenschaft ideologisch kontaminieren". - Kann ich voll unterschreiben.
Wenn das klar ist, kann ich auch Schönborn kritisieren - meine Kritik an ihm: Er hätte sagen müssen: "Egal, ob Ihr hinter der Vielfalt des Lebens einen Plan sehr oder nicht - solche Sachen haben in Eurer Forschung nichts zu suchen. - Ein christlicher Forscher ("Plan") und ein atheistischer Forscher ("kein Plan") müssen wissenschaftlich zum selben Ergebnis kommen, weil private Weltanschauungen ("Plan"/"Nicht-Plan") in der Wissenschaft irrelevant sind". - Das hat er aber nicht gesagt.
Was er sagt, klingt so, als sei Wissenschaft, die einen Plan hinter der Schöpfung sieht, KEINE Ideologie - das wäre sie aber GENAUSO, als wenn man keinen Plan dahinter sieht. - Insofern ist Schönborns Aussage schon verunglückt, weil er damit genau das tut, was er angreift: Er verurteilt (zu Recht) die Ver-Weltanschaulichung der Wissenschaft und macht dabei indirekt dasselbe.
Allerdings ist das nur unter Vorbehalt gesagt, denn: Deine angegebene Quelle zititert ja auch nur Wortfetzen von Schönborns Aussage - da ist es erfahrungsgemäß eher wahrscheinlich, dass er falsch interpretiert wird. - Der Verweis auf den Originaltext in Deiner Quelle führt auf "Die Presse.com" - da konnte ich den Originaltext aber nicht finden.
Diese Diskussion ist eminent wichtig, weil sie ein Defizit auch hier auf dem Forum betrifft: Die mangelnde Unterscheidung zwischen naturwissenschaftlichen und weltanschaulichen Aussagen. - "Wir können keinen Planer hinter der Evolution erkennen", ist eine wissenschaftliche Aussage. - "Es gibt daher keinen Planer hinter der Evolution", ist eine weltanschauliche/ideologische Aussage. - Das sind zwei komplett unterschiedliche Kategorien, die man nicht vermischen darf.