Artbildung - eine weite Grauzone

Evolution vs. Schöpfung Debatte, Alter der Erde
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Pluto
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#81 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von Pluto » Di 3. Jan 2017, 14:44

Janina hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Am Ursprung des Lebens arbeiten weltweit zurzeit etwa 40 Forschergruppen.
Sie haben rund ein Dutzend Hypothesen vorgebracht, von denen bisher Keine den Status einer Theorie verdient.
Echt? Was ist dazu aktuell eigentlich bekannt?
Ein halbes Dutzend wäre wohl angebrachter.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Pluto
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#82 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von Pluto » Di 3. Jan 2017, 14:48

lovetrail hat geschrieben:In dem Buch (Geist und Kosmos; Thomas Nagel) gehts nicht so sehr um den Ursprung des Lebens.
Warum steht es dann im Titel?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Janina
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#83 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von Janina » Di 3. Jan 2017, 15:47

Pluto hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Am Ursprung des Lebens arbeiten weltweit zurzeit etwa 40 Forschergruppen.
Sie haben rund ein Dutzend Hypothesen vorgebracht, von denen bisher Keine den Status einer Theorie verdient.
Echt? Was ist dazu aktuell eigentlich bekannt?
Ein halbes Dutzend wäre wohl angebrachter.
War die RNA-Welt Hypothese mit Spiegelmans Monster da schon bei?

ThomasM
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#84 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von ThomasM » Di 3. Jan 2017, 15:53

lovetrail hat geschrieben:
Und der in den USA bekannte und renommierte atheistische Philosoph Thomas Nagel veröffentlichte im Jahr 2012 das Buch „Mind and Cosmos“, in Deutsch 2013 veröffentlicht mit dem Untertitel „Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist“. Darin thematisiert Nagel u. a. die „immensen Schwierigkeiten, die Entstehung des Lebens und der Arten allein durch nichtgerichtete Prozesse verständlich zu machen“ (Widenmeyer 2013).
http://www.genesisnet.info/index.php?News=243

Dieses Buch kann ich allen wärmstens empfehlen. Hast du es schon gelesen, Roland? (Gibt es mittlerweile als erschwingliches Suhrkamp-Taschenbuch)
Ich habe es wegen des interessanten deutschen Untertitels gelesen und war schwer enttäuscht. Statt gehaltvoller Argumentation nur schwache, allgemein gehaltene Vermutungen und Geschwafel.
Ich hatte mehr erwartet und meine auch, dass das Thema sorgfältiger behandelt werden muss.

Aber vielleicht ist es bei einem Philosophen auch nicht richtig aufgehoben.

Aber hier geht es ja eigentlich um die Mechanismen der Artbildung.
Und da sollten Leute wie Roland ja schweigen, denn für die ist das eh uninteressante Mikroevolution und damit nicht relevant.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#85 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von Pluto » Di 3. Jan 2017, 16:38

Janina hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:Echt? Was ist dazu aktuell eigentlich bekannt?
Ein halbes Dutzend wäre wohl angebrachter.
War die RNA-Welt Hypothese mit Spiegelmans Monster da schon bei?
Mein "halbes Dutzend" beruht auf solchen Veröffentlichungen:
http://www.livescience.com/13363-7-theo ... -life.html
http://www.biology-questions-and-answer ... -life.html
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

ThomasM
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#86 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von ThomasM » Di 3. Jan 2017, 16:44

Tyrion hat geschrieben: Würde man aber diesen alten Lexikoneintrag in der modernen Taxonomie so anwenden, gäbe es keine Birkenarten, keine Weidenarten, vermutlich auch keine Pappelarten. Seit 1999 hat sich extrem viel getan (und der Stand des Artikels ist älter als 1999) - gerade auch durch die Genetik und die Möglichkeit, Stammbäume mit bayesscher Statistik anzugehen. Der Begriff "kryptische Arten" war 1999 z. B. auch noch kaum in Gebrauch.
Hast du eine modernere, kompakte Charakterisierung, was man heute unter einer Art versteht?
Vielleicht kannst du mit deiner Fachkenntnis auch sagen, wie man die verschiedenen Elemente misst.

Allgemein möchte ich hier noch einen wichtigen Punkt zur Diskussion einbringen, den es zu beachten gilt:

- Die Definition dessen, was man z.B. unter einer Art versteht, ist etwas Statisches
Statisch heißt, dass es für eine Einordnung - Schubladen - verwendet wird. Solche Einordnungen dienen der Klassifizierung und Ordnung.
Sie sind eine Momentaufnahme, wie ein Foto

Die Frage, wie sich Arten ändern, ist dagegen eine andere Frage, weil eine dynamische, wie ein Film.
Dabei ist es wichtig, sich zuerst auf das erste zu einigen, sonst kann das zweite nicht widerspruchsfrei diskutiert werden.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#87 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von Pluto » Di 3. Jan 2017, 17:22

ThomasM hat geschrieben:Hast du eine modernere, kompakte Charakterisierung, was man heute unter einer Art versteht?
Vielleicht kannst du mit deiner Fachkenntnis auch sagen, wie man die verschiedenen Elemente misst.
Es gibt keine allgemein anerkannte Definition einer Art.
Der Wiki-Artikel beschreibt dies (wie ich meine) recht gut.

Bei Arten mit geschlechtlicher Fortpflanzung ist die Definition von Ernst Mayr aus meiner Sicht ausreichend definiert:
  • Eine Art ist eine Gruppe natürlicher Populationen, die sich untereinander kreuzen können und von anderen Gruppen reproduktiv isoliert sind.
Problemantisch wird die Definition hingegen bei nicht-geschlechtlicher Fortpflanzung, u.a. bei Einzellern oder bei der Parthenogenese.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#88 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von Anton B. » Di 3. Jan 2017, 18:12

Pluto hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Hast du eine modernere, kompakte Charakterisierung, was man heute unter einer Art versteht?
Vielleicht kannst du mit deiner Fachkenntnis auch sagen, wie man die verschiedenen Elemente misst.
Es gibt keine allgemein anerkannte Definition einer Art.
Es gibt die "taxonomische Art", die für das Typusexemplar "objektiv definiert" ist. Nämlich durch dasselbe. Ob es dagegen vernünftig ist, jedes verfügbare Taxon der Artebene als gültig zu betrachten, ist hinwiederum eine ganz andere Frage. Nach unserem jetzigen Kenntnistand werden wir für sich geschlechtlich fortpflanzende Lebewesen den Mayr'schen "biologischen Artbegriff" als hinreichendes Kriterium anlegen.

Nur sind Beobachtungen hinsichtlich dieses "hinreichenden Kriteriums" -- so wie es bei empirischen Untersuchungen nur allzu häufig der Fall ist -- mehr oder weniger "unvollständig". Häufig genug (Fossilien!) ganz ausgesprochen unvollständig. Wären die Beobachtungen dagegen vollständig, hätten wir wieder ganz andere Probleme. Zum Beispiel bei einer Betrachtung im Zeitverlauf.

Unsere Methodik, nämlich die "vorwissenschaftliche" Schaffung von "objektiven" Referenzen (durch das Typusverfahren definierte Arttaxa) als Spiel- und Auswahlmaterial für wissenschaftliche Begründungszusammenhänge ist gar nicht ein so doofes Verfahren.

Pluto hat geschrieben:Problemantisch wird die Definition hingegen bei nicht-geschlechtlicher Fortpflanzung, u.a. bei Einzellern oder bei der Parthenogenese.
... und -- man sollte es gut in Erinnerung behalten -- sind hinsichtlich der Individuenanzahl und der Biomasse nunmal die Keyplayer des Lebens.
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#89 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von lovetrail » Di 3. Jan 2017, 18:25

Tyrion hat geschrieben:
lovetrail hat geschrieben:Ein Blick in die Tierwelt zeigt, dass es (von ein paar wenigen Ausnahmen abgesehen) von einander abgegrenzte Tierarten gibt und keine Zwischenformen.

Natürlich gibt es Zwischenformen, aber eben meist fossil. Das Problem bei Tieren: sie sind meist beweglich - Hybridpopulationen vermischen sich daher meist wieder mit den Elternpopulationen. Bei einer räumlichen Trennung von Populationen kommt es aber rasch zu Übergangsformen und Veränderungen.

Das Argument, dass diese Zwischenformen fossil sind, ist nicht wirklich überzeugend. Denn erstens könnte man wieder fragen, warum gerade diese ausgestorben sind und zweitens sollte sich eine Theorie der Biologie am lebenden Bestand ablesen lassen.

Zu dem Argument der Artbildung durch räumliche Trennung: Das bedeutet dann also, dass wir kaum Übergangsformen sehen, weil sie räumlich getrennt wurden. Das ist schon cleverer, muss man sagen. Aber der Mensch ist auch beweglich und könnte somit diese Arten wieder vergleichen. :-)
Und dann sind wir wieder dort, dass die Übergänge ausgestorben sind. Irgendwie zirkulär das Ganze. Man mogelt sich um das gestaltende Prinzip herum, bzw um das jeweilige Design.

Es ist ein wenig so wie mit der modernen Sprachtheorie, welche die Semantik über die Semiotik aufrollt und sich dabei als nichtessentialistisch begreift. Naja, sowas geht vorbei, wenn der hype abklingt ;-)

LG
Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, so wird Christus dich erleuchten!

Anton B.
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#90 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von Anton B. » Di 3. Jan 2017, 19:09

lovetrail hat geschrieben:Zu dem Argument der Artbildung durch räumliche Trennung: Das bedeutet dann also, dass wir kaum Übergangsformen sehen, weil sie räumlich getrennt wurden. Das ist schon cleverer, muss man sagen. Aber der Mensch ist auch beweglich und könnte somit diese Arten wieder vergleichen. :-)
Klaro. Aber es gibt halt zwei Arten von Menschen: Die einen nehmen ihr Sammelglas und den Köcher und ziehen in die weite Welt hinaus. Die anderen kriegen ihren Allerwertesten noch nicht einmal zur nächsten Bibliothek geschleppt, um sich dort ein vernünftiges Biologie-Lehrbuch zu besorgen und sich über die Vielfalt des Lebens zu informieren.

lovetrail hat geschrieben:Und dann sind wir wieder dort, dass die Übergänge ausgestorben sind. Irgendwie zirkulär das Ganze.
Wahrscheinlich ähnlich zirkulär, wie der von Janina eingebrachte Begriff "Ringspezies".
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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