Pluto hat geschrieben:Die Hybris deiner Ironie finde ich geradezu erschreckend! lt.
Erschreckend finde ich, was für ein Betonkopf Du manchmal bist (manchmal auch nicht, das hängt von deiner Tagesform ab). Es genügt schon die Möglichkeit einer anderen Weltanschauung kurz in Worten
anzudeuten und schon ist das ein Problem für Dich. Aufklärung, mein Lieber, ist der Ausgang des Menschen aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit, das freie selbstständige Streben des Menschen nach Wahrheit, der mutige Gebrauch der autonomen Vernunft durch das seiner selbst bewusst gewordene Individuum, welches sich nicht länger der Masse unterwirft
Aufklärung bedeutet mit Sicherheit nicht, dass ich mich im Sinne des heute global (!) vorherrschenden Materialismus ideologisch gleichschalten lassen muss.
Siehe:
Peter Harrison, Der Mythos eines ständigen Kampfes zwischen Wissenschaft und Religion
Während Galileos Schicksal in den Händen der Inquisition das prominenteste Beispiel dieses vermeintlichen Konfliktes darstellt, scheint es zahlreiche weitere Anhaltspunkte geben, die diesen belegen – Darwins Theorie der Evolution durch natürliche Selektion, gegenwärtige Kontroversen, die sich um einen junge Erde Kreationismus und das Lehren von Evolution in der Schule drehen, religiöse Vorbehalte gegen biomedizinische Technologien, und das Anprangern der Religion im Namen von Wissenschaftspopularisierern. All dies trägt zu der allgemeinen Wahrnehmung bei, dass gegenwärtige Konflikte um Wissenschaft und Religion lediglich die zeitgenössische Manifestation eines langanhaltenden historischen Musters darstellen.
Die Komplexität der Geschichte
Was halten Wissenschaftshistoriker von solchen Behauptungen? Leider nicht sehr viel, wie sich zeigen wird. Die historischen Beziehungen zwischen Wissenschaft und Religion waren im Fokus von herausragenden Studien in den letzten dreißig Jahren und das Ergebnis liegt nun vor: es gab einfach keinen andauernden Krieg zwischen Wissenschaft und Religion. Der gegenwärtige Konsens unter Historikern ist, dass es kein beständiges Muster in den historischen Beziehungen zwischen Wissenschaft und Religion gegeben hat. Falls es ein einziges Wort gibt, dass die vergangenen Beziehungen kennzeichnen könnte, ist es „Komplexität“.
Ein Grund für diese Komplexität liegt darin, dass die Disziplinen in der Vergangenheit sehr unterschiedlich angeordnet waren, und es bis in das 19. Jahrhundert hinein keine klaren Grenzen zwischen dem was wir nun ‘Wissenschaft’ und dem, was wir Religion nennen, gab. Mittelalterliche Denker zum Beispiel neigten dazu, Theologie unter die Wissenschaften zu ordnen. Aus ihrer Perspektive könnte die Rede von einem Konflikt zwischen Theologie und Wissenschaft nur aus einer konzeptuellen Unklarheit herrühren, da Theologie ja eine Wissenschaft war. So konnte Isaac Newton (1642-1726/7) im 17. Jahrhundert erklären, dass die Diskussion über Gott eine integrale Aufgabe wissenschaftlicher Untersuchungen sei.
Newtons Haltung war zu seiner Zeit keineswegs ungewöhnlich, da die systematische Untersuchung der Natur oft von religiösen Anliegen motiviert war und als Anhaltspunkt für die Existenz und Weisheit Gottes galt. Johannes Kepler (1571-1630), dessen Pioniertat der Entdeckung der drei Gesetze der Planetenbewegung die Grundlage für Newtons Entdeckungen darstelle, erklärte einmal 'Ich wäre gern ein Theologe geworden; lange hat mir das Kummer bereitet, doch jetzt sehe ich wie Gott durch meine Arbeit in der Astronomie gepriesen wird.’ Robert Boyle (1627-1691), der Boyles Gasgesetz seinen Namen gegeben hat, behauptete, dass die wissenschaftlichen Studien uns einen rationalen und soliden Grund böten, an die Gottheit zu glauben, sie zu bewundern und zu verehren und ihr zu gehorchen.' Newton selbst schrieb in Bezug auf seine Entdeckung der Gesetze der Gravitation, welche die regelmäßigen Bewegungen der himmlischen Körper beherrschten, dass 'dieses wunderschöne System der Sonne, Planeten und Kometen nur aus dem Rat und der Herrschaft eines intelligenten und mächtigen Wesens hervorgegangen sein könne.’
Zusätzlich zur Motivation wissenschaftlicher Forschung zur Darlegung von Gottes Macht, konnten religiöse Erwägungen sogar auch die Grundlagen bestimmter Formen der wissenschaftlichen Untersuchung darstellen. Selbst die Idee der 'Naturgesetze', wie sie im siebzehnten Jahrhundert vorgeschlagen wurde, war keine reine Metapher, sondern wurde als Regel durch göttlicher Autorität verstanden, der natürliche Gegenstände zu gehorchen gezwungen waren. Robert Boyle drückte es auf folgende Weise aus: 'Der höchst weise und mächtige Autor der Natur … handelte im Anfang der Dinge, fasste die körperlichen Dinge in solch ein System und ordnete unter ihnen solche Bewegungsgesetze an, wie er es als für die Zwecke, die er sich selbst aufstellte, angemessen beurteilte, als er die Welt schuf.' Die Entdeckung der Naturgesetze war in diesem Verständnis tatsächlich eine Art und Weise, den Geist Gottes zu verstehen.
Diese Vorkommen positiver Verbindungen zwischen Religion und Wissenschaft wecken ernsthafte Zweifel an der Behauptung, die historische Beziehung zwischen ihnen sei immer feindlich gewesen. Doch wiegen diese positiven Beispiele auch die besser bekannten historischen Fälle Galileos und Darwins auf?
Platon in Diskussion mit Aristoteles (Rafaels "Die Schule von Athen" 1511)
Ein wahrhaft freier Geist lässt sich nicht in ideologische Grenzen einschließen.... dazu zähle ich mich
„Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei, / Und würd' er in Ketten geboren.“
―Friedrich Schiller, Quelle: die Worte des Glaubens