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Wenn der Mensch für die Natur ein kleiner Gott ist, vor allem als Gruppe und mit Technik, hat dann der Mensch auch ein Über-Ihm-Sein?
Warum meinst du, dass es so sein sollte?
Ich versuche hier mal agnostisch zu argumentieren. Also, ich kann nicht wissen ob es einen Gott gibt und kann mir auch vorstellen daß es keinen Gott gibt. Dann würde es sich aber für mich so darstellen daß der Mensch sich geradezu einen Gott suchen müßte um eine Orientierung zu haben bzw eine Bestimmung für sich zu finden. Der Mensch bzw sein Geist in ihm gibt ja allen Dingen eine Bestimmung. Ein Apfel muß als Nahrung für den Menschen dienen. Ein schöner Strand muß ein Badeort werden. Bodenschätze müssen für menschliche Belange genutzt werden. Das sind aber alles so Herrenallüren, wenn man es genau bedenkt. Der Mensch bezieht sich nicht in Liebe auf seine Schöpfung sondern nur um seine eigenen Interessen zu befriedigen. Da nun das ganze Universum dem Menschen dienstbar ist, teilweise heute schon und bestimmt noch viel mehr in der Zukunft, muß meiner Ansicht nach auch der Mensch einer Sache oder einem "Jemand" dienen. Da aber Gott keine Diener braucht weil er ja schon alles hat, muß der Mensch der Schöpfung dienen und wird wieder als Ebenbild Gottes erkenntlich, wir sehen ja auch daß Gott dem Menschen dient (Beschenkung), zumindest in der Glaubenstheorie (ich bin noch halb im agnostischen Modus). Es fehlt das was über dem Menschen ist. Kann das der Tod sein? Da wehrt sich mein Herz und sagt der Tod ist nicht mein Gott. Kann es das Böse sein? Da wehrt sich mein Gewissen und meine menschliche Erfahrung und meine Erinnerungen an mir teure Menschen und sagt, nein, das kann es nicht sein. Also steht das Gute über mir und ich hänge als Mensch vom Guten ab. Stimmt ja auch. Gibt es aber auch ein Gutes als Person die mich konkret ansieht? Das wäre dann Gott wie er, so meine ich, vonnöten ist. Ob es ihn gibt kann ich nur in einem Leben erfahren. Ich denke ich bin von der Vernunft her zu 90% überzeugt. Und weil es gut so ist, kümmere ich mich nicht weiter um die 10% Zweifel die ich noch habe / haben könnte, und entscheide mich dafür dem Glauben zu vertrauen. Und weil ich mich nicht als strengen Christen sehe sondern auch hinduistische, islamische, atheistische, agnostische und vielerlei andere Gedanken als gottgewollt/geistgewollt ansehe und oft auch Gott im Menschen sehe, bin ich eigentlich so zufrieden. Da ist etwas über mir, aber es ist eine Vernünftige, gute Macht, vielleicht primitiv gesehen vergleichbar mit Ökobauern (Gott) und Freilandhühnern (Menschen).
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Was ist über dem Menschen und verhält sich zum Menschen so wie sich der Mensch zur Natur verhält?
Das eissen wir nicht. Vielleicht ist es auch nur Vorstellung?
Es gibt sicherlich das Schicksal. Uns ereilt der Tod. Wir erleben überraschend Gutes als auch überraschend Schlechtes. Wir leiden daran daß die Welt leiden muß und in Unordnung ist, daß es Kriege und Terror und Habgier und Bosheiten gibt. Ist nun das was dieses regiert eine Macht wie ein böser Mensch dem anderes Leid egal ist? Oder ist es eine Macht wie ein guter Mensch der dagegen handelt? Da finde ich dann persönlich zu einer Vorstellung einer guten Macht die sich immer wieder äußert und auf sich aufmerksam macht bzw eine Macht die sich finden läßt wenn man sucht, und dann ist es so als ob man selbst gefunden worden wäre. Es gibt ja in der Bibel den Ausdruck kennen für Liebe und Sex. "Kain kannte seine Frau" Gott sucht uns zu erkennen, und in der Liebe glaubt man ja nicht nur seiner eigenen Selbsterkenntnis sondern auch der des Partners.
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Ich weiß schon, ihr wollt darauf hinaus daß selbst Subjektivität nur ein Evolutionsprodukt ist und rein auf dem Gehirn basiert.
Was ist Subjektivität in diesem Zusammenhang?
Subjektivität wäre ein Grad an Selbstbewußtsein das dazu noch so intelligent organisiert ist daß das Selbstwissen im Normalfall korrekt ist. Bei einem Hund wäre das ein "ich bin hungrig", oder "das Futter schmeckt mir nicht". Dort sind es auch schon nicht mehr nur Impulse und reine Zellaktivitäten wie etwa bei einem Baum der im Frühling Blätter wächst, sondern da kommt BEWUßTER Geist, Logos dazu. Ich bin hungrig heißt nicht mehr nur losjagen und fressen sondern ich koche mir etwas das auch schmeckt oder ich frage einen Menschen ob er etwas für mich hat oder ich gehe einkaufen oder ich gehe zum Türken oder ich bestelle mir den Service oder ich warte bis zum Abend usw. Der Mensch ist nur intelligenter als Tiere, Selbstbewußtsein haben meiner Ansicht nach sogar Tiere, nur ist es nicht so hoch organisiert und ist nicht so direkt und denkend mit dem Logos, mit dem Sinn des Menschen und mit der Bedeutungszumessung durch das Subjekt, verknüpft.
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Da klammert man aber aus daß der Geist nicht nur Software ist die etwas abspielt sondern daß sich die Software jetzt auch weitgehend selbst programmiert.
Das kommt schon langsam an die Realität ran. Was ist Geist für dich? Wozu dient er denn?
Geist bedeutet eigentlich Verstand und Sinn. Im Theismus, daß man sowohl eigenen Verstand und Sinn hat, als auch daß man nach dem Verstand und Sinn von Gott geordnet ist. Rein physisch und physiologisch sind wir das immer schon von vornherein, weil wir gut und richtig erschaffen bzw geboren wurden (aus Geist und Wasser). Dazu gehören auch Persönlichkeit und unsere Eigenschaften. Aber da muß noch Charakter dazukommen. Also daß man auf seinen Charakter (seine Geist-lichkeit) so einwirkt wie es gut ist, im Theismus, wie es im Sinne Gottes ist, was schlußendlich auf dasselbe hinausläuft solange man das Gute nur konsequent und feinsinnig genug befolgt. Im rein natürlichen Leben wie du es vielleicht gemeint hast (?) bedeutet Geist erst einmal das man Göttlichkeit in sich trägt, also daß man neben seiner normalen Existenz auch eine geistige Existenz für sich selbst hat. Also umgangssprachlich ausgedrückt, ich will nicht nur existieren, ich will auch auf eine glückliche Art existieren, auf eine gute Art. Zumindest gut fühlen will ich mich in meinem Leben. Dieses Maß an Geist haben nicht nur der Mensch sondern viele Kreaturen, vielleicht sogar Pflanzen, nur ist es in denen nicht reflektiert. Aber zumindest als Poesie klingt es gut mal darüber nachzudenken ob ein Baum nicht nur so dastehen will sondern auch aus sich selbst heraus "blühen will" im Frühling. Nicht so aus einer Willenskraft heraus sondern aus dem Sinn seiner Lebenskraft heraus. Daß sich der Geist eigentlich überall SO äußert, nur nicht immer so souverän wie im Menschen organisiert ist und soviele Möglichkeiten hat.
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Wir haben also nicht mehr nur genetische bzw den Körper betreffende Evolution, sondern daneben auch noch eine geistige Evolution.
Das ist aber nur eine Vermutung von dir, gell?
Naja, eigentlich nicht. Beispiel Musik. Musik ist sehr geistig und es gibt Charts und Vorlieben der Menschen, und daher eine Evolution der Musik die bestimmte Musikstücke öfter im Radio spielen läßt als andere. Oder Werkzeuge, da macht der Mensch viel Auslese und bevorzugt die am Besten funktionierenden Werkzeuge die er sich leisten kann. Der Mensch sucht immer nach dem Perfekten im Geist, das was ihm in einer Situation am besten paßt, je nach seinen Möglichkeiten. Das ist wie in der Natur. Die Tiere haben auch nicht die bestmöglichen Augen sondern diejenigen die ihm die Evolution hat zukommen lassen. Die Evolution bringt ja nicht immer das optimale Resultat hervor sonst hätten wir auch fliegende Elefanten oder sowas. Oder Wölfe hätten einen noch besseren Geruchssinn und noch bessere Reflexe als sie sie ohnehin schon haben.
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Die belebte Natur verzichtet auf die Symmetrie um besser voranzukommen.
Das stimmt so nicht. Jedes Lebewesen in der Natur hat eine gewisse Symmetrie.
Das stimmt, aber es gibt immer noch viel Assymmetrie. Das Herz ist links. Der Geist will den Mensch nicht nur fest stehen lassen, er will auch tanzen. Der Mensch ist weniger eine griechische Säule als ein fein ausbalancierter Felsen mit vielen Vorsprüngen und Kanten die unsinnig erscheinen aber gerade erst besonderen Sinn machen. Wenn ich ganz symmetrisch sein wollte wäre es etwa sinnvoll daß ich mich 100% gesund ernähre. Aber ich esse trotzdem gerne mal ein fettiges Brathähnchen oder rauche Zigarillos. Gerade das gibt mir manchmal Lebensmut. In der unbelebten Natur gibt es aber nur Symmetrie und Gleichgewicht. Der Mensch strebt dagegen aus seinem Gleichgewicht heraus. Wir könnten ja zufrieden damit sein zu arbeiten und zu essen und zu schlafen. Aber wir wollen auch unser Vergnügen und dies und das. Wir bringen immerzu etwas Neues in die Welt und sind daher kleine Götter. Ich habe ein Zimmer das so eingerichtet ist wie es das ohne mich nicht wäre. Schon bin ich ein kleiner Gott. Ein Stein auf dem Feld aber schafft nichts Neues.