Hola FlaviusThaddäus hat geschrieben:Gegen diese Unwahrscheinlichkeits-Argumentationsform von Evolutionsgegenern gibt es allerdings eine wissenschfatstheoretische Gegenargumentation, die das Unwahrscheinlichkeitsargument endgültig widerlegt. Leider hat die sich offenbar noch nicht sehr herumgesprochen.
Es geht mir hier auschließlich um dieses wissenschaftstheoretische Gegenargument.
Flavius hat geschrieben: Nun, Thaddäus bringe ich auch ein Beispiel.
[...]
Etwa sieht das dann wohl so aus : 1 zu 100.000.000.000.000.000.000. 000.000.000.000 - nur mal annähernd.
( Ich investiere gerne Geld für eine korrekte, ernst-zunehmende, genauere Berechnung. )
dein Beispiel mit den Autos (übrigens habe ich es mehr mit Flugzeugen als mit Autos) zeigt mir, dass du mein wissenschaftstheoretisches Argument noch nicht verstanden hast. Leider ist dein Auto-Beispiel zudem unglücklich gewählt. Ich möchte dir kurz erläutern warum.
Autos (wie Flugzeuge) fahren nicht rein zufällig herum. Normalerweise werden sie von Fahrern gefahren (und Flugzeuge von Piloten geflogen), die bewusst zu einem bestimmten Ziel fahren/fliegen. Zusammenstöße erfolgen meist nicht rein zufällig, sondern aus menschlichem Versagen. Wenn du dieses obige Beispiel wählst, dann geht es nicht nur um den Zufall der Unwahrscheinlichkeit eines Zusammenstoßes (von 25 Autos an einer Kreuzung). Der Umstand, dass man sich bei Autos und Flugzeugen einen Fahrer/Piloten unwillkürlich dazudenkt, erhöht das subjektive Empfinden, es handele sich um eine noch viel höhere Unwahrscheinlichkeit des Ereignisses, denn man muss sich die Dummheit der Fahrer aller 25 Autos mit dazudenken, die offenbar zu blöd sind, ihren Unfall zu vermeiden. (Das heißt, du packst einen lenkenden Geist schon gleich mit in dein Beispiel hinein.)
Man kann dein Szenario aber so modifizieren, dass es besser passt. Indem man sich vorstellt, alle 25 Autos würden tatsächlich rein zufällig fahren und rein zufällige Richtungen auf den ihnen vorgegebenen Straßen fahren. Man kann dein Szenario auch noch weiter verschärfen, indem man annimmt, es gäbe nur 25 Autos auf der ganzen Welt, aber das zur Zeit tatsächlich bestehende Straßennetz auf der Erde. Wie hoch ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass diese 25 Autos, die durch Zufallsgenerator gesteuert fahren, tatsächlich an einer bestimmten Kreuzung alle miteinander kollidieren? Selbstverständlich dürfen diese Autos nicht über einen Kollisionsschutz oder andere technische Vorkehrungen verfügen, die Kollisionen vermeiden sollen.
Ein Versicherungsmathematiker könnte sicherlich ausrechnen, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich eine solche Karambolage aller 25 Autos auf der Welt ereignet. Die Wahrscheinlichkeit hiefür ist auf jeden Fall extrem gering, so dass eine Versicherungspolice gegen ein solches Ereignis ganz sicher sehr billig zu haben ist. In diesem Falle wird das Ereignis fiktiv! angenommen und dann berechnet, mit welcher Wahrscheinlichkeit es (dann real) eintritt. Das funktioniert wahrscheinlichkeitsmathematisch natürlich sehr gut.
Der Versicherungsmathematiker schließt aus seinen Berechnungen der unglaublichen Unwahrscheinlichkeit allerdings gerade nicht, dass diese Karambolage aller 25 Autos auf einmal nur von einem bösen Gott herbeigeführt sein kann, falls dieses Ereignis tatsächlich eintritt!
Er berechnet lediglich die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses.
Du jedoch schließt eben genau hierauf: dass ein lenkender Geist, eine Teleologie, eine Entelechie vorhanden sein muss, damit so etwas (wegen seiner Unwahrscheinlichkeit) geschehen kann. Und genau das ist die fehlerhafte Anwendung des Likelihoodschlusses. Der Versicherungsmathematiker schließt das Ereignis nicht aus, egal wie unwahrscheinlich es sein mag (oder versucht daraus Entitäten abzuleiten), er berechnet lediglich die (Un-)Wahrscheinlichkeit des Ereignisses.
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Man kann dein Beispiel auch auf mein Beispiel mit den Würfeln übertragen. Dann wird deutlicher, wo der Fehler liegt.
Stellen wir uns vor, in einem Raum sitzt also unser Proband, der munter vor sich hinwürfelt mit einem Würfel 10 000mal und er notiert die Augenzahlen akribisch. Im Raum gleich nebenan sitzt der christliche Apologet und Mathematiker John Lennox mit einem Würfel, Papier und Bleistift und langweilt sich zu Tode. Vor lauter Langeweile denkt er sich: "So, jetzt rechne ich zum Spaß einmal aus, wie wahrscheinlich es ist, eine Liste mit ganz bestimmten Augenzahlen zu erwürfeln, wenn ich 10 000mal würfle und die Augenzahlen ganz akribisch untereinander notiere." Er muss das nicht real tun (also eine reale Liste erwürfeln), sondern er kann gleich loslegen mit Rechnen und rechnet: 1/6 hoch 10 000 = 3,0725... hoch -7782. "Mensch", denkt er sich, "das ist ja eine superastronomisch geringe Wahrscheinlichkeit! Das muss ich unbedingt dem Typen im Raum nebenan erzählen, der wird aber sowas von staunen!"
John Lennox macht also die Tür auf und betritt den Nebenraum mit dem merkwürdigen Typen und der ist im Augenblick gerade fertig geworden mit seiner 10 000 Augenzahlen umfassenden Liste, streckt die John Lennox stolz entgegen und ruft: "Mensch John, du bist doch Mathematiker. Rechne mir doch einmal aus, mit welcher Wahrscheinlichkeit man genau diese Liste mit genau diesen 10 000 Augenzahlen erwürfeln kann!"
"Das habe ich bereits", wird John Lennox sagen, "und es ist unendlich unwahrscheinlich, dass du genau deine Liste mit 10 000 Augenzahlen erwürfelt hast." Und Lennox wird sehr traurig werden, weil er gerade gemerkt hat, dass sein Unwahrscheinlichkeitsargument für Gott und gegen den Zufall nicht funktioniert!
Was ist geschehen? Was ist der wissenschaftstheoretische Knackpunkt der Sache?
John Lennox hat a priori (also rein fiktiv) korrekt ausgerechnet, wie hoch die Unwahrscheinlichkeit ist, eine Liste von 10 000 ganz bestimmten gereihten Augenzahlen zu erwürfeln. Die Wahrscheinlichkeit ist astronomisch gering. Der andere Typ im Nebenraum hat aber empirisch genau das getan: nämlich eine faktische Liste erwürfelt, die zu erwürfeln unendlich unwahrscheinlich ist. Trotzdem ist seine Liste einfach ein fact in the world, weil er sie ja gerade real erwürfelt hat.
Darum funktioniert dein Argument (mit den Autos) nicht.