Hi Anton!
Anton B. hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Gould sagt, er und Eldredge glauben, dass Huxley mit seiner Warnung richtig gelegen hat. Und zwar zum Zeitpunkt Goulds und zum Zeitpunkt Huxleys. Darwin proklamierte graduellen Wandel, Huxley und Gould nicht, wie aus den folgenden Sätzen deutlich abzulesen ist.
Eben nicht. Da differieren wir in der Textinterpretation. Ich sage doch einfach nur, Gould sieht "graduellen" Wandel, thematisiert aber die allgemeine Beobachtung von plötzlichem Auftreten und Verschwinden von Morphotypen im Fossilbericht. Mein Anstoß war Deine Aussage, Gould kenne überhaupt gar keine graduellen Änderungen. Ich sage, das hat er so nicht gesagt.
Natürlich nicht und ich habe das auch nicht so gesagt. Graduelle Änderungen kann man empirisch belegen und beobachten, es wäre völlig absurd zu behaupten Gould kenne keine. Wenn er sagt, dass nirgendwo eine neue Art
auftaucht durch langsame Umgestaltung seiner Vorfahren, dann ist mit diesem "Auftauchen" nicht eine Artbildung gemeint, von der Sorte wie sich etwa Grau- und Grünspecht aus einer gemeinsamen Eltern-Spechtart entwickelt haben, sondern da meint er wirkliche Neuerungen. Alles andere würde überhaupt keinen Sinn machen, denn die Aussage "überhaupt gar keine graduelle Änderungen" macht überhaupt niemand.
Anton B. hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Anton B. hat geschrieben: Die meisten "Formen" treten plötzlich auf und verschwinden plötzlich. Was von "... of most fossil species includes ..." verstehst Du nicht?
Auch hier liest du nur den halben Satz. Hier geht es um Stasis. Und natürlich gibt es nicht nur Stasis sondern auch den Wandel, der ist aber "limited and directionless" begrenzt und richtungslos. Sprich mikroevolutiv, so wie es die Beobachtung bei rezenten Formen und ebenso bei riesigen Langzeit-Mutationsexperimenten auch zeigen.
Und "der Rest der meisten" fossilen Arten" tritt nicht plötzlich auf, dass ist die erlaubte Umkehrung.
Weil Gould einen Satz danach genau das Gegenteil sagt, nämlich dass nirgendwo eine fossile Art "nicht plötzlich" auftaucht, ist diese Umkehrung eben nicht erlaubt.
Anton B. hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Anton B. hat geschrieben: Habe ich keine Einwände und sehe ich konform mit "Wissenschaft", wenn ein anderes natürliches Wesen, z.B. Du, ich, ein Alien (Gott?) die Lebewesenwelt geschaffen haben soll. Aber klar ist doch, dass wir uns dann anschließend mit der natürlichen Entstehung dieses Wesens beschäftigen müssen.
Das ist eins zu eins die Übernahme der Argumentation von Naturalisten.
Es sind aber nicht die "Naturalisten", die bestimmen, was Wissenschaft ist und was nicht. Der methodische Naturalismus für die Naturwissenschaften kam durch philosophische Reflektionen über das Wesen von "Wissen" zustande, und ist -- wenn ich das mal so despektierlich sagen darf -- nicht einfach so vom Himmel gefallen.
Lieber Anton, zur Erinnerung, du redest von der Erschaffung der Welt: "…wenn ein anderes natürliches Wesen, z.B. Du, ich, ein Alien (Gott?) die Lebewesenwelt geschaffen haben soll…"
Wer sagt denn, dass in der Frage nach der Ursache für unsere Existenz der "methodische Naturalismus" gelten muss? Das wäre gleichbedeutend mit der Festlegung auf den Naturalismus als Weltanschauung per se!
Du und ich, wir glauben dass der ewige, dreieinige Gott die Welt erschaffen hat, dass er die Ursache für unsere Existenz ist. Warum soll es nicht möglich sein diese Grundannahme zu tätigen und zu schauen, wie die Daten zu derselben passen? Da ist mE buchstäblich nichts Unwissenschaftliches daran. Im Gegenteil, es ist befruchtend für den wissenschaftlichen Diskurs, denn "es gibt auch Tatsachen, die nur mit Hilfe von Alternativen zu der zu prüfenden Theorie zutage gefördert werden können und die nicht zur Verfügung stehen, wenn solche Alternativen ausgeschlossen werden. (Feyerabend, S.44)
Anton B. hat geschrieben: Schimpfen auf den "methodischen Naturalismus" hilft da gar nichts.
Ich schimpfe
nie auf den methodischen Naturalismus. Er ist ein nützliches methodisches Werkzeug. Verallgemeinert man ihn aber auch auf die Frage nach unserem
Ursprung, dann wird Wissenschaft zur Ideologie.
Anton B. hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Wenn man als Christ ausschließt, dass die Ursache für unsere Existenz ein transzendentaler, ewiger Gott sein könnte, der keinen Anfang und keine Ursache hat, was bleibt dann noch vom eigenen Glauben übrig?
Welcher Christ schließt das aus?
Konform mit "Wissenschaft" sei es, so schreibst du, "wenn ein anderes
natürliches Wesen, z.B. Du, ich, ein Alien (Gott?) die Lebewesenwelt geschaffen haben soll." Aber klar sei, dass wir uns dann anschließend mit der
natürlichen Entstehung dieses Wesens beschäftigen müssten.
Für die Wissenschaft schließt du also den transzendentalen, ewigen Gott aus, der keinen Anfang und keine Ursache hat.
Und im Glaubensbekenntnis bekennst du das Gegenteil…
Wie lebt es sich wohl mit diesem Schisma? Sollte es tatsächlich mehrere Wahrheiten geben und nicht nur eine?
Anton B. hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Entweder ich bin immer Christ oder gar nicht. Wissenschaft hat die Aufgabe mich der Wahrheit näher zu bringen. Da kann ich nicht sagen Wissenschaft ist Wissenschaft, das hat mit Christsein nichts zu tun.
Das ist doch Deine persönliche Position. Insbesondere ist es Deine persönliche Position, Wissenschaft solle uns "der Wahrheit" im closs'schen Sinne näher bringen. Natürlich soll Wissen wahr sein, es ist kann aber nicht in dem Sinne wahr sein, wie Du es einforderst. Tut mir leid Roland, aber es ist Dein Problem, weil Du der Wissenschaft das Liefern von Wahrheiten unterstellst, die dieselbe für Dich in direkte Konkurrenz zu den Glaubenswahrheiten bringt,
Das ist nicht allein mein Problem sondern ein Problem für jeden denkenden Menschen, ein Problem der Logik. Wenn wissenschaftliche Wahrheiten in Konkurrenz zu den Glaubenswahrheiten geraten, von denen ich überzeugt bin, dann kann nur das eine oder das andere stimmen. Und dann muss ich mich entscheiden, welcher Seite ich glauben will.
Anton B. hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Auch ein Beispiel für schlechtes Lesen. Nie habe ich einen Paradigemenwechsel hin zur Schöpfungslehre befürwortet.
Das war nicht gemeint. Der von DIr angekündigte Paradigmenwechsel bezog sich auf die ET. Meine Meinung dazu war, die entwickelt sich einfach immer weiter und zum bisherigen Wissen summiert sich neues Wissen. Und wenn ich mir die Lehrbücher und Lehrveranstaltungen so anschaue, läuft es auch genau in diesem Sinne weiter.
Du meinst der Wechsel weg vom Gradualismus? Es gibt ja die einen, die ihn für essentiell halten (wie Dawkins) weil er allein die ET, nach seiner Ansicht, plausibler macht als Schöpfung. Dagegen gibt es unterschiedliche neuere evolutionstheoretische Ansätze, die alle davon ausgehen, dass der Gradualismus, also die klassische synthetische Theorie das Wasser nicht hält, sie werden im kritischen Lehrbuch im Kap. 6 vorgestellt und bewertet. Punktualismus und Evo-Devo gehören dazu. Ob und was genau den Gradualismus nun ablösen soll ist wohl bisher keineswegs geklärt.