Der Evolutionsirrtum - II

Evolution vs. Schöpfung Debatte, Alter der Erde
Geologie, Plattentektonik, Archäologie, Anthropologie
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Janina
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#1171 Re: Der Evolutionsirrtum - II

Beitrag von Janina » Mo 5. Dez 2016, 09:55

Kingdom hat geschrieben:Ob die Wissenschaft aber echt ein Interesse daran hätte sich selber zu widerlegen, das glaube ich weniger.
Was für ein passendes Beispiel für eine "gefühlte Wahrheit". :lol:

Kingdom hat geschrieben:ob man aber aus dem was man findet die rechten Schlüsse zieht, da würde ich als Laie so meine Zweifel anbringen.
Das heißt nicht Zweifel, sondern Unverstand.

Roland hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Ist nur dann nicht "wissenschaftlich", wenn man "Wissenschaft" als ein ausgrenzendes, unfreies System betrachtet, das nur den Naturalismus zulässt.
So ist es. Wenn du es dir nur endlich mal merken würdest...
Immerhin gibst du es zu: für dich ist Wissenschaft ein unfreies, ausgrenzendes, ideologiebehaftetes System. So eine Art Stalinismus sozusagen… :silent:
Vielleicht wenn man nichts davon versteht. :roll:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ideologie ... ssenschaft

Roland hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Anything goes! Methodenanarchismus!
Viel Spaß beim Beliebigkeitsblubbern.
Vielfalt und Freiheit ist besser als Einseitigkeit und Scheuklappen.
Nö.

Flavius hat geschrieben:ich fand die Aussage von Paul Feyerabend gut:
"Eine Wissenschaft, die behauptet, über die einzig richtige Methode und die einzig brauchbaren Ergebnisse zu verfügen, ist Ideologie und muss vom Staat und insbesondere vom Bildungswesen getrennt werden." Wider den Methodenzwang S. 395
Wieder so eine "gefühlte Wahrheit"... :roll:
Ganz im Gegenteil ist es hilfreich, eine methodische Geisteshygiene walten zu lassen, auch wenn Unbedarfte dies mit Stalinismus verwechseln. Das was du da nämlich so verächtlich abtust ist nur: Gucken ob es denn stimmt. Das ist Wissenschaft. Und das ist in der Tat die einzig richtige Methode, zu einzig brauchbaren Ergebnisse zu gelangen. Dies wird natürlich nicht "Ideologie" genannt. Es ist ein Paradigma. Der Unterschied ist nämlich, dass man sich darauf einigen kann, es zu ändern (ohne dafür getötet zu werden), wenn sich dies als nützlich erweist.

Novalis hat geschrieben: :D :thumbup:
Du beherrscht die hohe Kunst der Bibelauslegung.
Was war das denn nochmal? Die Kunst, etwas aus einem Text heraus zu lesen, was nicht drinsteht? :devil:

ThomasM
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#1172 Re: Der Evolutionsirrtum - II

Beitrag von ThomasM » Mo 5. Dez 2016, 12:51

Kingdom hat geschrieben: Die Grundsatzfrage ist doch hier: Muss ich Gott der Wissenchaft anpassen oder die Wissenschaft Gott.
Das ist die falsche Grundsatzfrage.

Die Grundsatzfrage ist:
Muss ich mein eigenes Denken und meine eigenen Bilder von Gott durch die Wissenschaft prüfen lassen oder muss ich fordern, dass die Wissenschaft das herausbekommt, was ich glaube?

Du hast, wie so viele Christen, deine Vorstellung von Gott an Äußerlichkeiten festgemacht. Früher war es die Stellung der Erde im Universum, bei dir ist es die Vorstellung, wie Gott geschaffen hat.
Solange du solchen Hang zu Äußerlichkeiten hast, betest du einen Götzen an, nämlich das Bild, das du dir von Gott gemacht hast.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Anton B.
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#1173 Re: Der Evolutionsirrtum - II

Beitrag von Anton B. » Mo 5. Dez 2016, 18:52

Ah, ja. Roland "nochmal":
Roland hat geschrieben:Nochmal: Die Selektion kann nach Gould nicht für allmählichen Fortschritt im Sinne des Gradualismus sorgen, denn sie ist immer lokal begrenzt, beruht auf dem Zufall und ist somit keine Stufe in einer Abfolge des allgemeinen Fortschritts oder der zunehmenden Komplexität. (Illusion Fortschritt S.172)
Hier geht es gar nicht um "Gradualismus", sondern generell um "natürliche Selektion". Das ganze Kapitel 12 handelt von Darwin und seinen Überlegungen zu "natürlichen Selektion". Dass die Selektion "... nach Gould nicht für allmählichen Fortschritt im Sinne des Gradualismus sorgen" kann, ist einfach nur Rolands Eindruck. Den hat er ganz gewitzt Gould unterjubeln wollen.

Schade nur, dass hier Gould "mal wieder" nur die Gedankengänge Darwins aufzeigt. Das geht im Umfeld des Rolandschen Zitatraubes so:

Der der Zitatstelle vorangehende Absatz endet mit Darwins Feststellung zu seinen (des Darwins!) zuvor angestellten Überlegungen:

"Wenn die Lebewesen sich durch natürliche Selektion auf die Umwelt einstellen, sollte ihre Entwicklungsgeschichte ebenfalls im wesentlichen vom Zufall geprägt sein."

Der neue Absatz treibt die Analyse der Darwinschen Gedankengänge weiter und wird eröffnet mit:

"Solche Überlegungen veranlassten Darwin, den Fortschritt nicht als Folge des "nackten Gerippes" der natürlichen Selektion zu betrachten -- denn dieser Vorgang führt nur zu lokaler Anpassung, die zwar sicher sehr raffiniert ist, aber keinen allgemeinen Fortschritt darstellt."

Er endet mit:

"Natürliche Selektion kann nur für lokale Anpassung sorgen -- und die ist zwar in manchen Fällen höchst ausgefeilt, aber sie bleibt immer lokal und ist keine Stufe in einer Abfolge des allgemeinen Fortschritts oder der zunehmende Komplexität."

Das ist die Textbeute von Roland, die er flugs mit der Nicht-Fähigkeit des "Gradualismus" verknüpft.

Gould dagegen, um jedermann klar zu machen, dass dies wirklich die Gedanken Darwins sind, findet zur Einleitung des unmittelbar folgenden neuen Absatzes diese fast prosaischen Worte:

"Darwin schwelgte in diesem ungewöhnlichen Aspekt seiner Theorie, in diesem Mechanismus der unmittelbaren Eignung, der keinen Hintergrund für eine allgemeine Zunahme des Fortschritts oder der Komplexität bot."

Gould beschäftigt sich dann noch ganz genüsslich viele weitere Bucheiten mit Darwins "Innenleben", fragt sich, warum sagt Darwin dies und das und nicht dieses und jenes. Und kristallisiert dabei übrigens ein etwas widersprüchliches Bild Darwins hinsichtlich seiner Position zur Höherentwicklung des Lebens heraus.

Kurzum, Roland hat uns zitatmäßig um die Ohren geschlagen, was Gould Darwin zugeschreibt. Und Goulds eigene Vorstellungen, warum es zu einer "Zunahme der Komplexität" kam, legt er später im Kapitel 14 in seinen 7 Punkten dar. Und auch hier spricht Gould nur von den "Mechanismen der natürlichen Selektion". Mikoevolution, Makroevolution, "Hopefull Monsters", Gradualismus oder Nicht-Gradualismus kommen da gar nicht vor und werden auch gar nicht benötigt.

Danke Roland, dass ich mir wieder die ganze Arbeit machen durfte.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

Novas
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#1174 Re: Der Evolutionsirrtum - II

Beitrag von Novas » Di 6. Dez 2016, 06:35

Janina hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: :D :thumbup:
Du beherrscht die hohe Kunst der Bibelauslegung.
Was war das denn nochmal? Die Kunst, etwas aus einem Text heraus zu lesen, was nicht drinsteht? :devil:

Ja, das kann passieren. Vorallem wenn man nicht begreift, um welche literarische Gattung es sich handelt: Genesis ist ein Schöpfungsmythos. Die Autoren hatten gar nicht die Absicht eine wissenschaftliche Wahrheit zu vermitteln. Um die spirituelle Wahrheit geht es. So interpretiert ein echter Könner:

Genesis Kapitel eins – nicht Schöpfungsmythos, sondern therapeutisches Handbuch
12.10.2007
Zusammenfassung am Ende



Der große Hymnus, mit dem die Bibel beginnt, wird gewöhnlich als ein „Schöpfungsmythos“ verstanden – und damit von vielen eingereiht in eine lange Reihe von als „primitiv“ eingestuften antiken Vorstellungen über die Entstehung der Welt. Dadurch aber entgeht dem Leser genau das, was mit diesem Hymnus intendiert ist und was ihm bis heute einen eminent praktischen Wert verleiht.
Dabei muss man nicht einmal besonders genau hinschauen, um schon in der ersten Zeile etwas zu entdecken, was der üblichen Interpretation zutiefst widerspricht – und bei etwas genauerem Hinsehen wird klar, dass die Vorstellung der alten Hebräer, die hier präsentiert wird, keineswegs primitiv ist. Bereits in Vers eins zeigt sich nämlich, dass die Ebene der äußeren Realität, die bei der Interpretation als Schöpfungsbericht gewöhnlich als die Alleinige gesehen wird, gar nicht die ist, um die es eigentlich geht, sondern dass sie nur das symbolische Werkzeug liefert, mithilfe dessen die Leser oder Hörer des Texts die Abläufe ihrer eigenen inneren Wirklichkeit verstehen und beherrschen lernen können. In diesem Verständnis kann Genesis eins auch für Menschen von heute noch die Funktion erfüllen, die ursprünglich intendiert war. – Es ist in etwa die gleiche Funktion, die auch der berühmte mittelalterliche jüdische Gelehrte Moses Maimonides in seinem „Ratgeber für die Ratlosen“ beabsichtigt hat – nämlich die eines therapeutischen Handbuchs.

Vor dem ersten Schritt die Ausgangssituation: Alles ist schon da, aber die Lage erscheint aussichtslos – was ist zu tun?

„Am Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde“, heißt es in V 1 – lange vor „Tag eins“. Bevor die angebliche Schöpfungsgeschichte beginnt, wird erzählt, dass alles schon da ist. Offenbar geht es in dem Hymnus gar nicht um die Erschaffung der Welt, sondern um etwas ganz anderes.
Wir könnten natürlich versuchen, die Idee zu retten, dass es sich um einen Schöpfungsbericht handelt, und diesen ersten Satz als eine Art Überschrift zu dem Hymnus zu betrachten – aber dann dürfte in V 2a+b nicht fortgesetzt werden: „Die Erde aber war wüst und chaotisch. Finsternis über dem Abgrund“, denn damit werden Himmel und Erde schon näher beschrieben, die nach der üblichen Interpretation an diesem Punkt noch gar nicht existieren. Was beabsichtigt der Autor damit?
Im folgenden Hauptteil des Hymnus steht zwar etwas im Vordergrund, das aussieht wie ein nicht ganz logischer, eben „primitiver“, Schöpfungsbericht, aber Vers 2a und b teilen etwas ganz anderes mit, nämlich den Grund, warum diese ganze Geschichte überhaupt erzählt wird. An dieser Stelle zeigt sich, dass dieser Hymnus gar keine Aussage über den Anfang der Welt machen will, sondern dass er für Menschen gedacht ist, die mit ihrer Weisheit am Ende sind, die keinen Ausweg mehr sehen. Wenn wir diese Aussageabsicht in Betracht ziehen, werden die seltsamen Unstimmigkeiten des Folgenden verständlich, denn der ganze Hymnus zeigt sich dann als eine symbolische Antwort auf den verzweifelten Hilferuf eines Menschen, der sich in einer ausweglosen Situation findet, der sich fühlt wie vor einem Abgrund, in den er zu stürzen droht, umgeben von Finsternis, ohne jegliche Orientierung.

In dieser trostlosen Situation wird dem Verzweifelten von einem, der es bereits weiß, etwas Entscheidendes über die Natur der Welt gesagt, und das wirkt jetzt unendlich tröstend: V 2c: [Du brauchst keine Angst haben, denn] „der Geist Gottes ist [schon] da, schwingend über den Wassern“. „Der Geist Gottes“ „schwingt“ über dem Chaos, denn „die Wasser“ bedeuten in der Bibel immer wieder einfach „Chaos“, denn wie das Wasser mit den Händen nicht zu fassen ist, so ist auch das Chaos nicht zu fassen.
Wenn wir das Symbol der „Wasser“ verstanden haben, sehen wir, dass in diesem Satz der Schlüssel zu unserer ganzen Geschichte liegt, denn der göttliche Geist, der über dem abgründigen Chaos schwingt, hat doch von Anfang an alles hervorgebracht. Die Probleme, die wir haben, sind verschwindend im Vergleich zu der gewaltigen Schöpfung. Wenn die ganze Welt sich so wunderbar entwickeln konnte, dass am Ende intelligente Wesen, wie wir, daraus hervorgehen konnten, dann wird der schöpferische Geist auch für unser Problem eine Lösung finden.
Und noch etwas ist in dem Satz enthalten, etwas, das dann in Vers 26, in dem es um das Wesen des Menschen geht, beinahe schon überflüssigerweise wiederholt wird, nämlich dass der schöpferische Geist zu jeder Zeit in allem gegenwärtig ist und dass die hier beschriebene Situation, nämlich Finsternis, abgründiges Chaos und schöpferische Kraft, einfach die archetypische Situation eines jeglichen Ur-Sprungs ist, also die Ursprungssituation jeglicher Schöpfung. – Insofern ist unser Hymnus tatsächlich ein Schöpfungsbericht – aber nicht in dem Sinn, wie das gewöhnlich angenommen wird, nicht als eine Aussage über die Etappen der Erschaffung der Welt, sondern als eine Anleitung zur existentiell-persönlichen Erfahrung der schöpferischen Kraft.

Zusammenfassend könnten wir in heutiger Sprache formulieren: Am Anfang ist alles schon da. Aber der Mensch, der hier angesprochen wird, kann nicht einfach, wie bisher, fraglos weiterleben, denn er befindet sich in einer ausweglosen Lage, die seine Existenz bedroht. Er steht vor einem Abgrund, umgeben von Finsternis.
Oft haben Menschen niemand, der ihnen in dieser Lage etwas Tröstliches sagen kann. Deshalb verzweifeln viele, geben die Hoffnung auf und werden von dem sie bedrohenden Chaos tatsächlich hinweggerafft.
Einige Menschen aber haben das Geheimnis der Schöpfung bereits entdeckt. Es ist ihnen „geoffenbart“ worden. – Nicht dass diese Offenbarung irgendjemand verweigert werden würde, aber viele sind randvoll mit Vorstellungen, in denen es für ihre Situation keine Lösung gibt, und daher haben sie keinen Raum mehr für die Offenbarung der Lösung. Dadurch aber, dass einige Menschen das Geheimnis der Schöpfung bereits entdeckt haben, haben sie dennoch eine Chance. Sie können auf die Mitteilung der Erfahrenen hören und in sich Platz schaffen für die Lösung. Sie können einen Bund mit der großen Schöpferkraft schließen und sich in einer eventuell auftauchenden, ausweglos erscheinenden Situation daran erinnern, dass gerade da die schöpferische Kraft schon am Werk ist. Und dass sie deshalb keine Angst haben müssen.

http://www.salvation.de/Schoepfungshymn ... _02_12.htm


Der Heilige Paulus sagte, dass die Kunst der Hermeneutik eine Gabe des Heiligen Geistes ist. Schon mal ganz praktisch deshalb, weil eine gute Auslegung heilsam ist, sie führt vom Chaos, vom existenziellen Abgrund der Angst und des Todes ins Heil, in Gottvertrauen und dadurch wahres Leben. In dem Wort Hermeneutik steckt außerdem "Hermes" drin, das war bei den Griechen der himmlische Götterbote. Wer die Bibel auf eine heilsame, hilf- und sinnreiche Weise auslegt, wird also gewissermaßen zu einem Götterboten, so will uns Paulus sagen.

Nur eines ist die Bibel garantiert nicht: ein naturwissenschaftliches Werk. Wenn die Wissenschaft sagt, dass sich eine Evolution ereignet hat, dann kann die Theologie eben beifügen: Schöpfung durch Evolution. Charles Darwin selbst hat die Idee einer Schöpfung nicht verneint:

Im allerletzten Satz seines Werkes On the Origin of Species (1859) deutet er dann aber kurz eine andere Auffassung von Gott und von Schöpfung an: „Es liegt etwas wirklich Erhabenes in der Auffassung, dass der Schöpfer den Keim allen Lebens, das uns umgibt, nur wenigen oder gar nur einer einzigen Form eingehaucht hat und dass, während sich unsere Erde nach den Gesetzen der Schwer­ kraft im Kreise bewegt, aus einem so schlichten Anfang eine unendliche Zahl der schönsten und wunderbarsten Formen entstand und noch weiter entsteht.“
http://www.tabvlarasa.de/39/Kessler.php

Daraus können wir schlussfolgern, dass Darwin der Idee einer Schöpfung keineswegs abgeneigt war.

Roland
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#1175 Re: Der Evolutionsirrtum - II

Beitrag von Roland » Di 6. Dez 2016, 10:32

Hi Anton!

Anton B. hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Gould sagt, er und Eldredge glauben, dass Huxley mit seiner Warnung richtig gelegen hat. Und zwar zum Zeitpunkt Goulds und zum Zeitpunkt Huxleys. Darwin proklamierte graduellen Wandel, Huxley und Gould nicht, wie aus den folgenden Sätzen deutlich abzulesen ist.
Eben nicht. Da differieren wir in der Textinterpretation. Ich sage doch einfach nur, Gould sieht "graduellen" Wandel, thematisiert aber die allgemeine Beobachtung von plötzlichem Auftreten und Verschwinden von Morphotypen im Fossilbericht. Mein Anstoß war Deine Aussage, Gould kenne überhaupt gar keine graduellen Änderungen. Ich sage, das hat er so nicht gesagt.
Natürlich nicht und ich habe das auch nicht so gesagt. Graduelle Änderungen kann man empirisch belegen und beobachten, es wäre völlig absurd zu behaupten Gould kenne keine. Wenn er sagt, dass nirgendwo eine neue Art auftaucht durch langsame Umgestaltung seiner Vorfahren, dann ist mit diesem "Auftauchen" nicht eine Artbildung gemeint, von der Sorte wie sich etwa Grau- und Grünspecht aus einer gemeinsamen Eltern-Spechtart entwickelt haben, sondern da meint er wirkliche Neuerungen. Alles andere würde überhaupt keinen Sinn machen, denn die Aussage "überhaupt gar keine graduelle Änderungen" macht überhaupt niemand.

Anton B. hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Die meisten "Formen" treten plötzlich auf und verschwinden plötzlich. Was von "... of most fossil species includes ..." verstehst Du nicht?
Auch hier liest du nur den halben Satz. Hier geht es um Stasis. Und natürlich gibt es nicht nur Stasis sondern auch den Wandel, der ist aber "limited and directionless" begrenzt und richtungslos. Sprich mikroevolutiv, so wie es die Beobachtung bei rezenten Formen und ebenso bei riesigen Langzeit-Mutationsexperimenten auch zeigen.
Und "der Rest der meisten" fossilen Arten" tritt nicht plötzlich auf, dass ist die erlaubte Umkehrung.
Weil Gould einen Satz danach genau das Gegenteil sagt, nämlich dass nirgendwo eine fossile Art "nicht plötzlich" auftaucht, ist diese Umkehrung eben nicht erlaubt.

Anton B. hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Habe ich keine Einwände und sehe ich konform mit "Wissenschaft", wenn ein anderes natürliches Wesen, z.B. Du, ich, ein Alien (Gott?) die Lebewesenwelt geschaffen haben soll. Aber klar ist doch, dass wir uns dann anschließend mit der natürlichen Entstehung dieses Wesens beschäftigen müssen.
Das ist eins zu eins die Übernahme der Argumentation von Naturalisten.
Es sind aber nicht die "Naturalisten", die bestimmen, was Wissenschaft ist und was nicht. Der methodische Naturalismus für die Naturwissenschaften kam durch philosophische Reflektionen über das Wesen von "Wissen" zustande, und ist -- wenn ich das mal so despektierlich sagen darf -- nicht einfach so vom Himmel gefallen.
Lieber Anton, zur Erinnerung, du redest von der Erschaffung der Welt: "…wenn ein anderes natürliches Wesen, z.B. Du, ich, ein Alien (Gott?) die Lebewesenwelt geschaffen haben soll…"
Wer sagt denn, dass in der Frage nach der Ursache für unsere Existenz der "methodische Naturalismus" gelten muss? Das wäre gleichbedeutend mit der Festlegung auf den Naturalismus als Weltanschauung per se!
Du und ich, wir glauben dass der ewige, dreieinige Gott die Welt erschaffen hat, dass er die Ursache für unsere Existenz ist. Warum soll es nicht möglich sein diese Grundannahme zu tätigen und zu schauen, wie die Daten zu derselben passen? Da ist mE buchstäblich nichts Unwissenschaftliches daran. Im Gegenteil, es ist befruchtend für den wissenschaftlichen Diskurs, denn "es gibt auch Tatsachen, die nur mit Hilfe von Alternativen zu der zu prüfenden Theorie zutage gefördert werden können und die nicht zur Verfügung stehen, wenn solche Alternativen ausgeschlossen werden. (Feyerabend, S.44)

Anton B. hat geschrieben: Schimpfen auf den "methodischen Naturalismus" hilft da gar nichts.
Ich schimpfe nie auf den methodischen Naturalismus. Er ist ein nützliches methodisches Werkzeug. Verallgemeinert man ihn aber auch auf die Frage nach unserem Ursprung, dann wird Wissenschaft zur Ideologie.

Anton B. hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Wenn man als Christ ausschließt, dass die Ursache für unsere Existenz ein transzendentaler, ewiger Gott sein könnte, der keinen Anfang und keine Ursache hat, was bleibt dann noch vom eigenen Glauben übrig?
Welcher Christ schließt das aus?
Konform mit "Wissenschaft" sei es, so schreibst du, "wenn ein anderes natürliches Wesen, z.B. Du, ich, ein Alien (Gott?) die Lebewesenwelt geschaffen haben soll." Aber klar sei, dass wir uns dann anschließend mit der natürlichen Entstehung dieses Wesens beschäftigen müssten.
Für die Wissenschaft schließt du also den transzendentalen, ewigen Gott aus, der keinen Anfang und keine Ursache hat.
Und im Glaubensbekenntnis bekennst du das Gegenteil…
Wie lebt es sich wohl mit diesem Schisma? Sollte es tatsächlich mehrere Wahrheiten geben und nicht nur eine?

Anton B. hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Entweder ich bin immer Christ oder gar nicht. Wissenschaft hat die Aufgabe mich der Wahrheit näher zu bringen. Da kann ich nicht sagen Wissenschaft ist Wissenschaft, das hat mit Christsein nichts zu tun.
Das ist doch Deine persönliche Position. Insbesondere ist es Deine persönliche Position, Wissenschaft solle uns "der Wahrheit" im closs'schen Sinne näher bringen. Natürlich soll Wissen wahr sein, es ist kann aber nicht in dem Sinne wahr sein, wie Du es einforderst. Tut mir leid Roland, aber es ist Dein Problem, weil Du der Wissenschaft das Liefern von Wahrheiten unterstellst, die dieselbe für Dich in direkte Konkurrenz zu den Glaubenswahrheiten bringt,
Das ist nicht allein mein Problem sondern ein Problem für jeden denkenden Menschen, ein Problem der Logik. Wenn wissenschaftliche Wahrheiten in Konkurrenz zu den Glaubenswahrheiten geraten, von denen ich überzeugt bin, dann kann nur das eine oder das andere stimmen. Und dann muss ich mich entscheiden, welcher Seite ich glauben will.

Anton B. hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Auch ein Beispiel für schlechtes Lesen. Nie habe ich einen Paradigemenwechsel hin zur Schöpfungslehre befürwortet.
Das war nicht gemeint. Der von DIr angekündigte Paradigmenwechsel bezog sich auf die ET. Meine Meinung dazu war, die entwickelt sich einfach immer weiter und zum bisherigen Wissen summiert sich neues Wissen. Und wenn ich mir die Lehrbücher und Lehrveranstaltungen so anschaue, läuft es auch genau in diesem Sinne weiter.
Du meinst der Wechsel weg vom Gradualismus? Es gibt ja die einen, die ihn für essentiell halten (wie Dawkins) weil er allein die ET, nach seiner Ansicht, plausibler macht als Schöpfung. Dagegen gibt es unterschiedliche neuere evolutionstheoretische Ansätze, die alle davon ausgehen, dass der Gradualismus, also die klassische synthetische Theorie das Wasser nicht hält, sie werden im kritischen Lehrbuch im Kap. 6 vorgestellt und bewertet. Punktualismus und Evo-Devo gehören dazu. Ob und was genau den Gradualismus nun ablösen soll ist wohl bisher keineswegs geklärt.
Zuletzt geändert von Roland am Di 6. Dez 2016, 12:38, insgesamt 1-mal geändert.
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"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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#1176 Re: Der Evolutionsirrtum - II

Beitrag von Roland » Di 6. Dez 2016, 10:37

Anton B. hat geschrieben: Hier geht es gar nicht um "Gradualismus", sondern generell um "natürliche Selektion".
Aber AAAnton! Beides hängt gar nicht miteinander zusammen? Und Gould, der Erfinder des Punktualismus, ist eigentlich ein glühender Verfechter des Gradualismus?

Anton B hat geschrieben:Das ganze Kapitel 12 handelt von Darwin und seinen Überlegungen zu "natürlichen Selektion". Dass die Selektion "... nach Gould nicht für allmählichen Fortschritt im Sinne des Gradualismus sorgen" kann, ist einfach nur Rolands Eindruck. Den hat er ganz gewitzt Gould unterjubeln wollen.
Das ist doch geradezu hanebüchen, was du da schreibst! Nur mein Eindruck? "Illusion Fortschritt" ist eigentlich ein flammendes Pamphlet für den graduellen Fortschritt aus dem Munde des Punktulaisten Gould? Was nimmst du eigenlich, Anton??

Anton B hat geschrieben:Der der Zitatstelle vorangehende Absatz endet mit Darwins Feststellung zu seinen (des Darwins!) zuvor angestellten Überlegungen:

"Wenn die Lebewesen sich durch natürliche Selektion auf die Umwelt einstellen, sollte ihre Entwicklungsgeschichte ebenfalls im wesentlichen vom Zufall geprägt sein."
Nein! Das ist nicht allein Darwins Feststellung, sondern selbstverständlich auch die von Gould! Natürlich setzt er sich mit Darwins Gedanken auseinander und im Zuge dessen gibt er auch seine Überlegungen wieder. Aber er gibt sie wieder um zu dem Schluss zu kommen, dass diese widersprüchlich sind! Der englische Patrizier, der in einer Gesellschaft lebte, die mehr denn je den Fortschritt pies, schrieb: "Da die natürliche Zuchtwahl nur durch und für das Gute jedes Wesens wirkt, so werden alle körperlichen und geistigen Begabungen der Vollkommenheit zustreben." So zitiert ihn Gould und fragt, wie das mit der Tatsache zusammen passt, dass Selektion nur für lokale Anpassungen sorgt und nicht für Fortschritt.

Auf S. 178 stellt er dann fest, dass es ein Vorurteil Darwins war:
Na gut. Wir können unsere Annahme, Evolution müsse Fortschritt beinhalten, als kulturell bedingtes Vorurteil entlarven, und wir können erkennen, dass es kein handfestes wissenschaftliches Argument für die Fortsschrittserwartung gibt, in unserer Zeit ebensowenig wie in Darwins Tagen. Wir können auch einräumen, dass alle üblichen Versuche einschließlich Darwins eigenem im Sumpf stecken bleiben: Das Motiv ist gesellschaftliche Voreingenommenheit, die Logik der Argumentation ist schwach, und die Tatsachenbelege reichen nicht aus.

Dennoch (und jetzt sage ich es zum fünftenmal): Gould war kein Kreationist. Er hat eine naturalistische Antwort:
Dass es einen "rechten Schwanz" der Komplexität gibt, liegt nach Gould nicht daran, dass sich das Leben kontinuierlich, graduell in Richtung von mehr Komplexiät entwickelt hat, (vielmehr befinden sich die meisten Lebewesen heute immernoch an der linken Wand der geringeren Komplexität) sondern es handelt sich um zufällige Ausreißer nach oben. Links ist die Wand hinter die es kein Zurück gibt (geringstmögliche Komplexität) und rechts fällt der torkelnde Betrunkene eben aufgrund zufälliger Schwankungen immer mal wieder in die Gosse, so die Analogie die Gould verwendet. Und das sind dann die Ausreißer nach oben.

S. 261:
Einen Grund oder ein Übergewicht zugunsten einer von Natur aus guten Komplexitätszunahme, die als Triebkraft der Evolution wirken könnte, gibt es nicht.

Wir sind nach Gould unwahrscheinliche Zufallsprodukte "eine Ausprägungsform unter Hundertmillionen nicht verwirklichter Alternativen".

Diese Zufallserscheinungen, also eine Komplexitätszunahme als passive Folge von Evolutionsprinzipien, erfordert jedoch Neukonstruktionen! Wie die denn nun entstehen, dazu hat Gould letztlich auch keine Antwort. Er sagt nur, dass sie zwangläufig entstehen müssen, weil der Weg nach rechts in die Gosse nunmal offenstehe. Hm. Das darf man natürlich glauben.

Ich glaube was anderes!

Anton B. hat geschrieben: Danke Roland, dass ich mir wieder die ganze Arbeit machen durfte.
Leider sehr oberflächliche Arbeit, Anton. Maximal vier minus!


Gruß Roland
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#1177 Re: Der Evolutionsirrtum - II

Beitrag von ThomasM » Di 6. Dez 2016, 12:39

Roland hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Hier geht es gar nicht um "Gradualismus", sondern generell um "natürliche Selektion".
Aber AAAnton! Beides hängt gar nicht miteinander zusammen?
Übrigens Roland
Bei deinen -Ismen komme ich nicht ganz mit.
Was ist denn nach deiner Meinung "Gradualismus"?

Ich gebe dir ein (heute übliches) Szenario:
Eine Art ist nach morphologischen Gesichtspunkten als eine Art eingeordnet.
Im Verlauf der Zeit sammeln sich in der Population Mutationen an, meistens neutrale, unsichtbare Mutationen, d.h. Mutationen, die nach außen hin keine Auswirkungen zeigen. Die Art bleibt die Art nach morphologischen Gesichtspunkten.

Nun ändern sich äußere Umstände. Vorher neutrale Mutationen werden plötzlich zu einem selektierenden Faktor.
Nach vergleichsweise kurzer Zeit (auf jeden Fall sehr kurz gegen die Menge an Mutationen, die für die Änderung notwendig sind) werden die neuen Eigenschaften selektiert, was möglich ist, da ja diese Änderung in der Population bereits vorher passiv angelegt war. Die morphologische Einordnung der Art hat sich verändert.

Ist das nach deiner Einschätzung "Gradualismus"?
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#1178 Re: Der Evolutionsirrtum - II

Beitrag von Janina » Di 6. Dez 2016, 14:15

Roland hat geschrieben:Wer sagt denn, dass in der Frage nach der Ursache für unsere Existenz der "methodische Naturalismus" gelten muss?
Das gültige Paradigma.

Roland hat geschrieben:Warum soll es nicht möglich sein diese Grundannahme zu tätigen und zu schauen, wie die Daten zu derselben passen?
Weil du nie wissen wolltest, wie Gott das gemacht hat. Damit hast du gar nichts zum Vergleichen.

Roland hat geschrieben:Im Gegenteil, es ist befruchtend für den wissenschaftlichen Diskurs, denn "es gibt auch Tatsachen, die nur mit Hilfe von Alternativen zu der zu prüfenden Theorie zutage gefördert werden können
Stimmt. Wurde deshalb auch untersucht.
Vielleicht hast du sogar mitbekommen, dass alle irreduzibel komplexen Konstruktionen untersucht wurden. Wenn nicht für jede vermeintliche Irreduzible Komplexität eine Reduktion gefunden worden wäre, gäbe es diese von dir so sehnlichst erhoffte Alternativnotwendigkeit vielleicht. Allerdings würde eine solche Alternative höchstens in einer kleinen Erweiterung der bestehenden weil erfolgreichen Theorie bestehen.
Das bisher Erfolgreiche muss IMMER Untermenge der erweiterten Theorie sein. So wie die Newton'sche Physik als Sonderfall in der ART enthalten ist.

Roland hat geschrieben:Ich schimpfe nie auf den methodischen Naturalismus. Er ist ein nützliches methodisches Werkzeug. Verallgemeinert man ihn aber auch auf die Frage nach unserem Ursprung, dann wird Wissenschaft zur Ideologie.
Leider ist die Anwendung dieses Werkzeugs notwendig, sobald diese "Frage nach dem Ursprung" sich auf ein reales Ereignis bezieht, wie z.B. die spontane Entstehung von Leben. Was in der Natur vorkommt, ist prinzipiell untersuchbar, damit sind die Verhaltensregeln gegeben.

Anton B.
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#1179 Re: Der Evolutionsirrtum - II

Beitrag von Anton B. » Di 6. Dez 2016, 17:07

ThomasM hat geschrieben:Was ist denn nach deiner Meinung "Gradualismus"?

Deshalb auch meine Fragen an ihn:

Anton B. hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Sagt Gould, die Beobachtung plötzlich auftretender und verschwindender Arten und die sei mittels der Evolutionstheorie nicht erklärbar?
Das habe ich nie behauptet. Er sagt, sie sei mit dem Gradualismus nicht erklärbar.
Was ist denn für Dich "Gradualismus"? Ist die homöotische Punktmutation da noch mit drin? Ist Goulds eigene Hypothese der allopatrischen Artbildung und plötzlicher Ausbreitung durch einen Zusammenbruch vorher noch wirksamer Barrieren da noch drin?

Anton B. hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Das heißt, für die Entstehung des Neuen bedarf es anderer Erklärungen, als einfach nur viel Zeit und viel Mikroevolution. Punktualismus, sprunghaft verlaufende Evolution, hopeful monsters und weitere systemtheoretische Ansätze sind im Rahmen der ET in der Diskussion.
Da gehe ich drauf ein, wenn Du die zuvor gestellten Fragen beantwortet hast. Ich will nicht ausschließen, das wir in Bezug auf manche Termini ein Bedeutungs- und Einordnungsroblem haben.
Und "sprunghafte Evolution" heißt unter Umständen einfach nur, der Gradualismus ist nicht in bestimmten fossilen Überlieferungen dokumentiert, hat also gar nichts mit über sprunghafte Ereignisse innerhalb einer überschaubaren Generationenanzahl aus. Hier ginge dann um einen Überlieferungs-Gradualismus versus eine Nicht-Überlieferungs-Gradualismus.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

Anton B.
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#1180 Re: Der Evolutionsirrtum - II

Beitrag von Anton B. » Di 6. Dez 2016, 18:36

Roland hat geschrieben:Das ist doch geradezu hanebüchen, was du da schreibst! Nur mein Eindruck? "Illusion Fortschritt" ist eigentlich ein flammendes Pamphlet für den graduellen Fortschritt aus dem Munde des Punktulaisten Gould? Was nimmst du eigenlich, Anton??
Einen tiefen Schluck aus der Pulle "Gould". Und in "Illusion Fortschritt" -- das und nichts anderes habe ich gesagt -- spricht Gould von "natürlicher Evolution" und nicht mehr. Das ist alles. Und auch "Punktualismus" ist an sich keine Absage an "natürliche Evolution".

Roland hat geschrieben:
Anton B hat geschrieben:Der der Zitatstelle vorangehende Absatz endet mit Darwins Feststellung zu seinen (des Darwins!) zuvor angestellten Überlegungen:

"Wenn die Lebewesen sich durch natürliche Selektion auf die Umwelt einstellen, sollte ihre Entwicklungsgeschichte ebenfalls im wesentlichen vom Zufall geprägt sein."
Nein! Das ist nicht allein Darwins Feststellung, sondern selbstverständlich auch die von Gould! Natürlich setzt er sich mit Darwins Gedanken auseinander und im Zuge dessen gibt er auch seine Überlegungen wieder.
Nö. Gould sagt zu diesem Satz: "Darwin schwelgte in diesem ungewöhnlichen Aspekt seiner Theorie, in diesem Mechanismus der unmittelbaren Eignung, der keinen Hintergrund für eine allgemeine Zunahme des Fortschritts oder der Komplexität bot." Wo geht aus dem Textkontext hervor, er, der Gould, sehe es genau so?

Roland hat geschrieben:Auf S. 178 stellt er dann fest, dass es ein Vorurteil Darwins war:
Na gut. Wir können unsere Annahme, Evolution müsse Fortschritt beinhalten, als kulturell bedingtes Vorurteil entlarven, und wir können erkennen, dass es kein handfestes wissenschaftliches Argument für die Fortsschrittserwartung gibt, in unserer Zeit ebensowenig wie in Darwins Tagen. Wir können auch einräumen, dass alle üblichen Versuche einschließlich Darwins eigenem im Sumpf stecken bleiben: Das Motiv ist gesellschaftliche Voreingenommenheit, die Logik der Argumentation ist schwach, und die Tatsachenbelege reichen nicht aus.
Richtig. Weil Gould der Meinung ist, die "Komplexität" wäre nicht durch einen inneren Evolutionsmechanismus zielgerichtet in die Welt gekommen. Natürlich steht die eine Seite der Darwin'schen Gedanken ihm nahe. Aber auf Seite 172 zeigt er nur Darwins Gedankengänge auf. Die kannst Du nicht zu Goulds machen. Zu Goulds kannst Du die machen, die Gould als seine eigenen äußert.

Roland hat geschrieben:Dennoch (und jetzt sage ich es zum fünftenmal): Gould war kein Kreationist. Er hat eine naturalistische Antwort:
Dass es einen "rechten Schwanz" der Komplexität gibt, liegt nach Gould nicht daran, dass sich das Leben kontinuierlich, graduell in Richtung von mehr Komplexiät entwickelt hat, (vielmehr befinden sich die meisten Lebewesen heute immernoch an der linken Wand der geringeren Komplexität) sondern es handelt sich um zufällige Ausreißer nach oben. Links ist die Wand hinter die es kein Zurück gibt (geringstmögliche Komplexität) und rechts fällt der torkelnde Betrunkene eben aufgrund zufälliger Schwankungen immer mal wieder in die Gosse, so die Analogie die Gould verwendet. Und das sind dann die Ausreißer nach oben.

S. 261:
Einen Grund oder ein Übergewicht zugunsten einer von Natur aus guten Komplexitätszunahme, die als Triebkraft der Evolution wirken könnte, gibt es nicht.

Wir sind nach Gould unwahrscheinliche Zufallsprodukte "eine Ausprägungsform unter Hundertmillionen nicht verwirklichter Alternativen".
Ja, richtig.

Roland hat geschrieben:Diese Zufallserscheinungen, also eine Komplexitätszunahme als passive Folge von Evolutionsprinzipien, erfordert jedoch Neukonstruktionen! Wie die denn nun entstehen, dazu hat Gould letztlich auch keine Antwort. Er sagt nur, dass sie zwangläufig entstehen müssen, weil der Weg nach rechts in die Gosse nunmal offenstehe. Hm. Das darf man natürlich glauben.

Ich glaube was anderes!
Ja. Du zitierst die Position Goulds richtig, äußerst Dich dazu aber nicht mit vernünftigen Begründungen. Stattdessen wirfst Du uns jetzt den Knochen "Neukonstruktionen" vor. Was soll das heißen? Sind die mineralisierten Ausscheidungen an und auf der Körperoberfläche oder im Gewebe auch "Neukonstruktionen"? Solche Diskussionen machen mit Dir keinen Sinn, denn Du führst allenfalls vernünftig verbrämte Scheindebatten.

Es ist ja auch völlig ok, sich nicht auf die Wissenschaft einzulassen und sich auf den Glauben zu berufen. Stattdessen versch...erst Du hier das Publikum.

Wenn für Dich Dein Glaube und das zeitgenössische Verständnis von Wissenschaft nicht zusammengeht, dann ist das halt so. Warum kannst Du Dich nicht einfach knackig und ehrlich wie z.B. der Kingdom äußern und positionieren, sondern musst Deine Anschauungen in wissenschaftlich aussehende Argumente verpacken?
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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