Anton B. hat geschrieben:Halman hat geschrieben:Zitat von Prof. Dr. Paul Hoyningen-Huene (Zeitindex 12:20 - 13:00):
Dann gibt es in manchen Disziplinen Vorhesagen, durchaus nicht in allen, aber in manchen Gebieten gibt es Vorhhersagen. Manche Wissenschafter. Naturwissenschaftler, experimentierende Naturwissenschaftler meinen, das etwas nur dann eine anständige Wissenschaft ist, wenn es auch zu Vorhersagen fähig ist. Das ist eine sehr engstirnige und falsche Meinung, weil es viele Disziplinen gibt, die nicht vorhersagen und deren Wissenschaftsstatus aber unbestritten ist. Selbst wenn man mit Naturwissenschaftlern redet, wird man natürlich sagen: Schau Dir doch mal die Paläontolöogie an. Und als Paläontologe kann man nichts vorhesagen.
Ok, ok. Dann nehme ich die Behauptung, "Hoyningen-Huene ist seriös", eben wieder zurück.
Das aufgrund einer einzigen schnellen Bemerkung zu folgern, ohne die gesamte Vorlesung zu kennen, ist schon sehr gewagt - wenn nicht sogar schon eine unverschämte Frechheit.
Anton B. hat geschrieben:Die ET ist nun mal auch eine Theorie der Paläontologie. Die Paläontologie steuert einiges an Theorien zur Paläogeographie und Paläoökologie bei. Sie erstellt Theorien in Form von konkreten Evolutionsreihen. Aus all diesen Theorien lassen sich falsifizierbare Beobachtungsvorhersagen ableiten. Wenn er sagt, die Paläontologie mache keine Beobachtungsvorhersagen, hat er sich nicht mit der Paläontologie beschäftigt und sich das Beispiel nach seinem Vorstellungsvermögen ausgedacht. Das finde ich als Geologe und Paläontologe jetzt nicht so prickelnd.
Okay, ein Beispiel hierfür nennt Martin Bäker in
Scienceblogs. Doch stehen diesen wissencshaftlichen Arbeiten, aus denen sich falsifizierbare Beobachtungsvorhersagen ableiten lassen, nicht eine Menge von wissenschaftlichen Arbeiten in der Paläontologie gegenüber, die auch unbestritten als Wissenschaft anerannt sind, in denen nichts vorhergesagt wird, sondern schlicht die biologische Geschichte anhand von Fossilien rekonstruiert wird?
Könnte man sagen, Paläontologen verhalten sich zu Biologen so, wie Archäologen zu Historikern?
Anton B. hat geschrieben:Daneben wird in der Paläontologie viel geleistet, was als "vorwissenschaftlich".bezeichnet wird. Das ist Aufsammeln, Beschreiben usw., die vor jeder Theoriegenerierung stehen. "Vorwissenschaft" ist jedoch arbeitsmäßiger Teil einer jeden Naturwissenschaft.
Ist denn diese "Vorwissenschaft" nicht auch bereits Teil der Wissenschaft? Die Abgrenzung scheint mir unscharf zu sein.
Anton B. hat geschrieben:Halman hat geschrieben:Prof. Hoyningen-Huene führt insgesamt neun "Dimensionen", auf, die Wissenschaft kennzeichnen. die Vorhersagen sind hier die "3, Dimension". Besonders hebt der Professor ...
Sind die "9 Dimensionen" Konsens in der Wissenschaftstheorie, werden vielleicht in der Wissenschaftstheorie gerade als Erklärungskandidat für für die Entwicklung der Wissenschaft diskutiert? Oder ist es des Professors eigene Sicht?
Dazu müsstest Du Prof. Hoyningen-Huene selbst fragen. Soweit ich ihn verstanden habe, hat er diese neun "Dimensionen" selbst entwickelt. Wie auf dem Gebiet der Wissenschaftsphilosophie über die Fragestellung (was ist Wissenschaft?), von Konsens bis Kontroverse, derzeit diskutiert wird, entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls wurde diese Hoyningen-Huene-Systematik, welche die neun "Dimensionen" entfaltet, 2013 an der Leibniz Universität Hannover gelehrt und ist somit Teil der akademischen Fachwelt.
Als Stützen für seine Argumentation verweist er auf Thomas Kuhn und sein Buch
„Die strukturwissenschaftliche Revolution“ (1962) und Paul Feyerabend.
Zitat aus
Zeitindex 41:50 min:
Schlage mir eine wissenschaftliche Methode vor. Also sagt mal irgendwas, zum Beispiel: Irgendwelche Ansprüche müssen immer experimentell überprüft werden, oder soweit du ein Gegenbeispiel hast, muss du aufgeben – schlag mir irgendwas vor, was du meinst, es sei die wissenschaftliche Methode, und ich bringe dir Beispiele von anerkannten wissenschaftlichen Fortschritt, der nur durch Verletzung dieser Methode möglich war. … Es gibt einfach keine substantiellen Regeln für die Wissenschaftsausübung, die nicht aus guten Gründen und mit gutem Erfolg in den Wissenschaften nicht schon verletzt worden wären.
Prof. Dr. Paul Hoyningen-Huene bezieht sich mit seiner Fragestellung (Was ist Wissenschaft?) allerdings nicht nur auf Naturwissenschaften, sondern er meint alles, was im deutschen Sprachgebrauch mit dem Begriff
Wissenschaft gemeint ist.
Zitat von Prof. Dr. Paul Hoyningen-Huene:
Also, von der Theologie bis zur Mathematik und Elementarteilchenphysik und Germanistik und Ethnologie, Informatik – alles. Also alles, was Sie an so einer Volluniversität finden … an dem, was da irgendwie daherkommt als Wissenschaften soll hier subsumiert sein, also in der größtmöglichen disziplinären Breite. ... Selbst die Theologie wird an Hochschulen gelehrt und sollte irgendwie Wissenschaft sein, mal sehen, ob sie das ist.
Zitatquelle:
Zeitindex 03:05 min
Im geht es um die Abgrenzung zum Alltagswissen, er deutet allerings schon an, dass
Pseudowissenschaft und
Metaphysik keine Wissenschaften sind.
Besonders ernst ist die Diskussion über Abgrenzung von Wissenschaft zur Pseudowissenschaft in den USA, was mit dem Anspruch des Kreationismus zusammenhängt, wissenschaftlich sein zu wollen.
Allerdings weiß der Professor auch darauf hin, dass Wissenschaft nicht immer scharf abgrenzbar ist. Als Analogie nennt er die Farbe Rot. Wie wissen natürlich was
rot ist, doch wir können sie nicht vollkommen scharf von
gelb abgrenzen.
Zitat von Prof. Dr. Paul Hoyningen-Huene:
Es gibt zum Beispiel Tätigkeiten, wissenschaftliche Tätigkeiten der Forschung, die können sie, wenn sie nur die Tätigkeit anschauen, nicht von der Anwendung von Wissenschaft zu praktischen Zwecken unterscheiden.
Zitatquelle:
Zeitindex 21:02 min
Die Abgrenzung von
Forschung und
Entwicklung in Unternehmen ist nicht immer scharf bestimmbar, z.B. bei der Fusionsforschung. So führt er die Plasmaforschung an, die aus dem Entwicklungsprozess heraus entstanden ist. - Also, Entwicklungsschritte sind nicht immer scharf von Grundalgenforschung abgrenzbar.
Wenn also die Methodik nicht immer kennzeichnend für das ist, was wir als
Wissenschaft bezeichnen und nur die Fallibilität beibt, was macht sie denn so besonders? In der Vorlesung wird eine These (Zeitindex 36:00 min.) aufgestellt, die im weiteren untersucht wird (dazu morgen o. nächste Woche).
Wissenschaftliches Wissen unterscheidet sich vom Alltagswissen von anderen Wissensarten, besonders dem Alltagswissen, primär durch seinen höheren Grad an Systematizität.