sven23 hat geschrieben:Kanoniker, die nicht mal historische Forschung betreiben wollen, haben logischerweise keine Kompetenz in historischen Fragen mitzureden. Ist das so schwer zu verstehen?
Das ist gar nicht schwer zu verstehen, weil es längst verstanden ist - im Klartext: Es geht der Kanonik natürlich NICHT darum, das Leben Jesu in seinen irdischen Gepflogenheiten und dem Rumedum zu durchleuchten ("War Jesus im Tempel eher 13 oder 17 Jahre alt?"/"Waren die 'drei Könige aus dem Morgenland' wirkliche Könige oder nicht?"/"Gab es in Israel damals OChsen und Esel?"/etc.).
Der Kanonik (stellvertretend für theologische Exegesen) geht es um die geistige Wirklichkeit Jesus, die sie über alle Zeiten erforscht - zusammengefasst in: "Was hat Jesus gedacht und gemeint?"/"Wie ist er geistig zu verstehen?"/"Was bedeutet das?". - Und jetzt kommt der Punkt: Das, was Jesus gedacht und gemeint hat, fand damals statt, ist also ontologisch-historisch.
Nun kann aber die HKM nicht DEN Teil der Beantwortung zu diesen Fragen liefern (gibt ihre Methodik nicht her), den theologische Exegesen/Hermeneutiken (ich bin unsicher, wo das eine aufhört und das andere anfängt) liefern können. - Sie ziehen also beide an unterschiedlichen Stellen am selben Strang. - Wenn Du meinst, dass die Theologie nicht historisch-kritisch mitreden können, hast Du natürlich recht - aber das will sie doch gar nicht - dafür kann sie doch für ihre Bibel-Deutung die HKM heranziehen ("Welches Futter habt Ihr zum Punkt x?")
sven23 hat geschrieben:Ist doch längst geklärt. Nach Bultmann ist unabdingbare Voraussetzung die Anwendung der historisch-kritischen Methode. Punkt!
Ultra-flach - da könntest Du auch sagen, dass für den Stuhlgang notwendig ist, vorher den Klodeckel aufzumachen.
Nein - es ist NICHT geklärt: Wenn hier von "Setzungen" die Rede ist, dann geht es um die für spätere Interpretationen präjudizierenden methodischen Setzungen, die einen interpretativen Ergebnis-Korridor vorgeben. - Also dasselbe, nur von anderer Seite wie etwa bei der grammatisch-historischen Exegese.
sven23 hat geschrieben:Auch hier kommt wieder der Dunning-Kruger durch, wenn man sich anmaßt, Theißen und Kollegen seien nicht in der Lage, die Apogryphen und die damit verbundenen theologischen Aspekte zu beurteilen.
Es geht hier nicht um die historisch-kritische Beurteilung, sondern um die Frage, wie geistig zu beurteilen ist - das ist etwas anderes.
sven23 hat geschrieben:Mit wissenschtlicher Methodik kommt man selbstverständlich zu anderen Ergebnissen als mit glaubendogmatischer Ideologie. Ist das so schwer zu verstehen?
Du wiederholst unendlich oft dieselbe falsche Gegenüberstellung und meinst, damit ein Problem gelöst zu haben - NEIN.
sven23 hat geschrieben:. Man hat sachlich festgestellt, dass der historische Jesus nicht identisch ist mit dem posthum verklärten Jesus
Siehst Du - schon wieder letztlich ein Nullsatz, weil Du nicht offenlegst, ob Du mit "historisch" "historisch-kritisch" meinst, es also epistemologisch meinst, oder ob Du damit "wirklich" meinst (also ontologisch). - Machen wir es doch praktisch:
Dein Satz kann zweierlei bedeuten:
(1) Es gab historisch-wirklich keine Auferstehung, die danach erfunden wurde - das klingt nach HKM.
(2) Es gibt keine historisch-epistemologisch nachweisbare Auferstehung, die per HKM begründbar ist, deren Gegenteil aber theologisch begründbar ist - das klingt wissenschaftlich sehr sauber formuliert.
(1) ist eine Behauptung, die nur unter Setzungen aufrechterhaltbar ist (dazu gehört auch der "historischer Wirkungszusammenhang", der ja eigentlich "naturalistischer Wirkungszusammenhang" heißen müsste). - In anderen Worten: Wenn folgende ... Setzungen zutreffen, ist INNERHALB der HKM sachlich richtig, dass der historische Jesus nicht identisch ist mit dem posthum verklärten Jesus.
(2) ist eigentlich problemlos, weil das Ergebnis von vorneherein als epistemologisch im Sinne der HKM-Möglichkeiten und der theologischen Hermeneutik definiert wird, also erst gar nicht auf ideologisches Glatteis gerät.
Du formulierst so, dass man sich (1) oder (2) aussuchen kann - wie meinst Du es?
sven23 hat geschrieben:Nun sagen Kerygmatiker: dann nehmen wir halt den verklärten der Kirche und lassen den historischen beiseite. (Paulus läßt grüßen)
Gleich wieder zwei Bollen:
1) Du hast nicht verstanden, was Kerygma ist - nämlich NICHT eine Absage an historische Realität, wenn auch an epistemologisch postulierte Realität.
2) Du hast nicht verstanden, was Paulus mit "leiblich" und "geistig" meint - ich glaube, es war Rem, der dazu gelegentlich alles Nötige gesagt hat.