Pluto hat geschrieben:Noch nie wurden meines Wissens theologische Dogmen hinterfragt.
Du hast meinen Post nicht verstanden: Dogmen sind ERGEBNISSE. - In der Regel entstehen Dogmen nach langen theologischen Studien, Diskussionen, etc. - Das heisst auch: Dogmen sind bestens theologisch begründbar.
Trotzdem kann man sie natürlich hinterfragen. - Aber hier ist es ein Unterschied, ob man sie innerhalb des Bereichs hinterfragt, für den sie gelten, oder ob man sie aus ganz anderen hermeneutischen Positionen aus hinterfragt. - Zudem: Mir ist kein Dogman bekannt, das falsifizierbar wäre - etwa: "Jesus wurde 88 Jahre alt" oder "Jesus wirkte in Kleinasien". - Es sind immer GEISTIGE Äußerungen, die als solche nur von hermeneutischen Positionen verstanden werden können, die geistig-spirituell besetzt sind.
Pluto hat geschrieben:dann mach mal...!
Nee - mache ich nicht. - Erstens habe ich oft genug Ansätze dazu geliefert, die dann aus ANDEREN hermeneutischen Positionen aus verdreht wurden. - Zweitens gibt es innerhalb der Theologie kubikmeterweise Literatur dazu.
Pluto hat geschrieben:Was ist eine authentische Hermeneutik, und wie kann man das belegen?
"Authentisch" ist DIE Hermeneutik, deren Grundlagen mit dem übereinstimmen, was am Ende der Fall ist. - Konkret: Wäre Jesus nur Mensch, wäre die HKM-Hermeneutik authentisch - wenn nicht, dann nicht. - OB Jesus nur Mensch oder auch göttlich ist, ist nicht nachweisbar, sondern nur glaubbar. - Und so glaubt der eine, Jesus sei nur Mensch - der andere glaubt, Jesus ist auch göttlich. - Beides nicht falsifizierbar.
Belegen kann man seine hermeneutische Position jeweils mit Argumentationen/Zitaten/Kontexten/etc. - Je dichter ein Netz aus widerspruchsfreien Argumenten, desto belegbarer ist die eigene hermeneutische Position. - Der Unterschied zu Naturwissenschaften: Auch am Ende nicht-authentische Hermeneutiken können unter Umständen brillant argumentativ belegt werden. - Dies geht deshalb, weil es keine experimentelle Prüfung (im Dasein) gibt. - Das mag man unbefriedigend finden, aber es nicht zu ändern.
Pluto hat geschrieben:Die Kanonik hat das Problem, dass sie setzen muss "Jesus ist göttlich". Damit verlässt sie aber schon den schmalen Pfad der Wissenschaft.
Alter Irrtum:
1) Methodisch/hermeneutisch setzt die HKM genauso - nämlich dass Jesus nur menschlich ist. - Diese Setzung ist entschieden, BEVOR die HKM überhaupt anfängt zu forschen.
2) Wissenschaft wird außerhalb der Naturwissenschaften verstanden als "Wie stelle ich etwas intersubjektiv nachvollziehbar auf Basis meiner Hermeneutik dar". - Und so kann die HKM (mehrheitlich) zum Ergebnis kommen, dass Jesus eine Naherwartung hatte, während etwa die Kanonik mit anderer Methodik/Hermeneutik zum Gegenteil kommen kann - beides ist wissenschaftlich. - Bzw: Beides ist NICHT wissenschaftlich - je nach Wissenschafts-Begriff.
Pluto hat geschrieben:Vieles ist in der Naturwissenschaft nicht im Experiment nachvollziehbar. Z.B. Kann man einen Stern nicht im Labor neu enstehen lassen.
Moment: Aber man kann Strahlungen vom Stern experimentell nachweisen und daraus Schlussfolgerungen ziehen. - Und vor allem: Man kann Geschehnisse voraussagen - einfachstes Beispiel: Sonnenfinsternis.
Pluto hat geschrieben:Wissenschaft ist kein "Wunschkonzert" wo man eigene Regeln erstellen kann.
Das erwartet keiner - die Regeln der Untersuchung kann man ja transparent darstellen - da hat weder ein HKM-ler noch ein Kanoniker was dagegen.
Pluto hat geschrieben:Die Wichtigste ist die Falsifizierbarkeit von Vorhersagen.
Genau das geht in den Geisteswissenschaften im Großen und Ganzen NICHT. - Es kann bei Details gehen, aber nicht bei den großen Aussagen. - Sowohl HKM als auch Kanonik können wissenschaftlich begründen - weder HKM noch Kanonik können ihre großen Aussagen falsifizieren. (Ich spreche hier von "großen Aussagen", weil es natürlich möglich ist, irgendwelche Kleinteile auch in Deinem Sinn wissenschaftlich nachzuweisen)
Pluto hat geschrieben:Leider erfüllt die Kanonik diese Vorgabe nicht, weshalb sie unwissenschaftlich arbeitet.
Nein - es gilt für beide oder für beide nicht.
Pluto hat geschrieben:Das Problem bleibt: Man kann nicht a priori feststellen, welcher hermeneutische Ansatz der Richtige ist.
So ist es. - Dieses Problem wirst Du nie wegkriegen - und deshalb werden HKM und Kanonik auch noch in 100 Jahren auf Basis ihrer jeweiligen Hermeneutiken argumentieren. - Es gibt keine absolute Objektivität in diesen Fragen.