Der Dritte Weg — Gott und Naturwissenschaft

Evolution vs. Schöpfung Debatte, Alter der Erde
Geologie, Plattentektonik, Archäologie, Anthropologie
Hemul
Beiträge: 19835
Registriert: So 21. Apr 2013, 11:57

#11 Re: Der Dritte Weg — Gott und Naturwissenschaft

Beitrag von Hemul » Di 12. Nov 2013, 13:59

Pluto hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben:Mit der von mir hervorgehobenen Aussage von Collins kann ich mich 100% identifizieren. ;)
Das kann ich mir bei dir gut vorstellen.
Was ist denn nun deine Meinung, zum Sinn des Lebens? Und wie würdest du sie begründen?

Was für mich der Sinn des Lebens ist steht in Prediger 12:13,

13 Lasst uns nun das Ergebnis des Ganzen hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote! Das soll jeder Mensch tun. ;)
Meine Begründung? Da dieser Rat von Gott kommt kann er nicht falsch sein. :clap:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#12 Re: Der Dritte Weg — Gott und Naturwissenschaft

Beitrag von Pluto » Di 12. Nov 2013, 17:43

dagegen hat geschrieben:Die Wissenschaft kann nicht herausfinden, wie Gott die Welt schuf. Denn Gott hat die Welt nicht geschaffen, sondern er schafft sie immer wieder neu in dem Sinn, dass alles von ihm verschiedene auf ihn bezogen ist, er selbst aber ohne Bezug auf die Welt absolut existiert.
Interessante Behauptung, aber nicht besonders überzeugend, es sei denn, du kannst mir Beispiele nennen von Dingen nur von Gott "immer wieder neu" erschaffen werden können, und nicht von sich aus geschehen. Z. Bsp. wäre es nett, wenn er die Erdölvorkommen auffüllen würde, bevor die Quellen ganz versiegen. :mrgreen:

Sicher kann die Wissenschaft nich Antworten auf alles in der Welt geben. Schließlich gab es am Anfang keine Zeitzeugen, aber damit kann ich gut leben. Deshalb brauche ich mir auch nicht einen Schöpfer vorzustellen, der das alles im Voraus geplant hat.

Wenn Collins der Meinung ist, der Wissenschaft sei es überlassen, zu erzählen, wie es wirklich ist, dann wird am Ende "Gott" doch wieder nur Teil eines naturwissenschaftlichen Systems, und damit Teil dieser Welt. Das ist genau das, was die Kreationisten bzw. die IDler auch behaupten.
Collins' Ansatz ist ganz anders als das der Kreationisten, denn er ist ein entschiedener Vefechter der Evolution. Für ihn ist Evolution keine "bloße Theorie"; schon gar nicht im landläufigen Sinn einer Vermutung. Evolution ist für Collins ein Fakt (wie für mich auch). Der Unterschied besteht darin dass Collins sich vorstellt, Gott hätte als Teil seiner Schöpfung, den Evolutionsprozess festgelegt, weil er wusse, dies würde irgendwann einmal zum Menschen führen.
Ich halte letzteres aber für eine unnötige und spekulative Annahme, die sich mit nichts verifizieren oder falsifizieren lässt.

Überzeugender ist für mich der Ansatz von Hans-Peter Dürr. Ich beziehe mich auf das youtube video, welches demian in einem anderen thread gepostet hat...
Naja...
Ich hatte mich dort wie folgt zu Dürr geäußert:
Pluto hat geschrieben:Wenn Dürr die Materie als abstrakten Geist zu definieren versucht, dann rutscht er IMO aus der Physik in den Raum der spekulativen Metaphysik. Wenn Wissenschaftler wie er, anfangen über Spiritualität zu reden, muss ich immer leise schmunzeln, weil sie dann zu träumen beginnen. Die Wenigsten wissen was sie anrichten, wenn sie sich außerhalb ihres Kompetenzbereichs bewegen, und anfangen von "spirituellem Geist" zu schwadronieren. Sehr wenige schaffen das ohne dass dabei ihr Selbstwertgefühl zerbricht.
Seriös ist das nicht, was Dürr am Ende des Gesprächs sagt. Man sollte es eher als unentschuldbare Vernachlässigung der Prinzipien seines Fachs sehen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Lamarck
Beiträge: 719
Registriert: Di 14. Mai 2013, 18:38
Wohnort: Frankfurt am Main

#13 Re: Der Dritte Weg — Gott und Naturwissenschaft

Beitrag von Lamarck » Di 12. Nov 2013, 17:44

Hi Pluto!

Pluto hat geschrieben: Der zweite Weg ist derjenige der Akademiker unter den Wissenschaftleen, die den Glauben an Gott bestenfalls als Myhtologie eines Stammes von Analphabeten Ziegenhirten am östlichen Mittelmeerufer hinstellen wollen.

Weg wohin? ;)

Und natürlich ist Götterglaube Mythologie par excellence. Das 'östliche Mittelmeerufer' konnte seine Glaubensvorstellungen vorwiegend nur deshalb monopolisieren, weil sich die seinerzeitigen Intellektuellen dem angenommen haben (die abrahamitischen Religionen - Judentum, Christentum, Islam - sind Buchreligionen - haben sich also auf schriftlichem Wege 'verewigt'). Das nicht Sol invictus (alias Zeus, Hades und Ianus) die vorherrschende Gottheit im Okzident geworden ist, könnte gleichwohl nur an einem dummen Zufall gelegen haben ... .




Pluto hat geschrieben: Wie aber soll man diese beiden diametral entgegengesetzten Weltbilder versöhnen?

Mmh: Wenn sich etwas an diametral entgegengesetzter Position befindet, wo genau befindet sich dies dann? :idea:




Pluto hat geschrieben: Manche Leute, wie bspw. der große Paläontologe Steven Jay Gould meinten, dies gehe ganz hervorragend: Die Disziplinen der Theologie und Naturwissenschaft könnten freidlich nebneinader bestehen weil sie nicht wirklich in Konkurrenz zu einander stünden. Doch dieser Versöhnungsversuch stellte sich im Laufeder letzten 15 Jahre als Fiktion heraus, bekämpfen sich doch die Fraktionen heute noch heftiger als noch vor 20 Jahren.

Goulds NOMA war jetzt nicht unbedingt sein größter Wurf: https://de.wikipedia.org/wiki/Nonoverlapping_Magisteria

Was soll den auch versöhnt werden? Ein bisschen schwanger geht halt nicht. Und Mythologie ist ein anderer Zugang zur Welterklärung als Wissenschaft (insbesondere Naturwissenschaft). Und Mythologie bildet in der Evolution der Erkenntnisfähigkeit eine Wittgensteinsche Leiter, die weggeworfen werden kann, wenn ein entsprechendes Niveau erreicht worden ist.




Pluto hat geschrieben: Collins meint:
Die Wissenschaft ist der einzig zuverlässige Weg um die natürliche Welt zu erklären. Aber sie ist unfähig, wenn es drauf ankommt Fragen zum Sinn unserer Existenz zu erklären.

Sinnfragen sind notwendig anthropozentrisch, bilden also eine besondere Form von Zirkelschlüssen, zudem eher ein Phänomen der Neuzeit: https://de.wikipedia.org/wiki/Sinn_des_Lebens (Das Lemma bedarf allerdings noch so einiger Bearbeitung - vielleicht mache ich das mal selbst).

Ob Collins aufgefallen ist, dass Gott Atheist ist? Was würde sich wohl Collins Gott fragen, was der Sinn seiner Existenz ist?!




Pluto hat geschrieben: Collins findet den Kreationismus falsch, und sagt deutlich heraus, dass das Buch Genesis von Gott niemals als wissenschaftliches Lehrbuch erdacht wurde; die Schöpfungsgeschichte sei eine Metapher für die Art wie Gott die Welt erschuf, und würde es der Wissenschaft überlassen, die Wahrheit heraus zu finden.

Den Kreationismus braucht niemand falsch finden, er ist ohne jegliche Substanz. Über Formulierungen wie "die Schöpfungsgeschichte sei eine Metapher für die Art, wie Gott die Welt erschuf" kann ich mich ohne Ende belustigen: Was soll das?!




Pluto hat geschrieben: Mit Intelligent Design geht Collins ebenfalls scharf ins Gericht, denn sie stellt den Allmächtigen als tollpatschigen Schöpfer dar, der immer wieder eingreifen muss, um seine Fehler zu korrigieren un seine Unzulänglichkeit durch ständiges Eingreifen in der Natur zu kaschieren: Das sei kein Gott wie man ihn sich vorstellt!

"Zwei mal drei macht vier, widewidewitt und drei macht neune, ich mach' mir den Gott, widewide wie er mir gefällt ... !"

Wenn die Gebrauchsanleitung nicht vorhanden ist, ist die Exegese willkürlich.





Pluto hat geschrieben: Die Haltung der militanten Atheisten sieht Collins als noch aggressiver und dogmatischer als diejenige der Kreationisten. Während letztere gespalten sind (Kurzzeit- und Langzeit Kreationisten und Vertreter der ID), und daher oft uneinig, sind die Atheisten vereint, was die Übermacht der Evolutionsanhänger weiter stärkt.

Bin ich militanter Atheist? Gelegentlich bezeichne ich mich als Schlachtkreuzer der Aufklärung. Jedenfalls bin ich militanter Demokrat. Es soll jeder glauben dürfen, was immer er möchte. Politisch gibt es aber gegenüber Weltanschauungen keinen Rabatt. Ekelhaft die augenblickliche Kampagne der Christenverfolgung, die politische Morde in Gottesstaaten instrumentalisiert, um die Pfründe der Staatskirchen hierzulande aufrechtzuerhalten. Mithin:

Nicht die FDGO hat sich den Göttern zu beugen - die Götter haben sich der FDGO zu beugen.


BTW: Atheisten sind Individualisten. Und in good old america haben bekennende Atheisten einen schweren Stand ... .




Pluto hat geschrieben: Auf den ersten Blick sieht Collins Ansatz aus wie die altbekannte theistischer Evolution. Für Collins ist das aber zu wenig.
Er sieht Gott als Schöpfer, der schon zur Zeit der Schöpfung die Gesetzmäßigkeiten der Evolution schuf, weil er wusste, dass irgendwann der Mensch daraus hervorgehen würde, der Gott im Laufe der Zeit finden würde und im Gebet zu ihm einen "Draht" entwickeln könnte.

Und jetzt kommt's: Collins vertritt den Weg 2a ... . Irgendjemand muss es wohl versäumt haben, ihm auf das Zweite Vatikanische Konzil aufmerksam zu machen. Oder wie konnte es sonst dazu kommen, dass Collins 'Schulweisheit' bisher nur Kreationismus oder Atheismus kennen will? Natürlich ist dies der Standpunkt der theistischen Evolution, ohne auch nur ein Jota Abstriche zu machen.




Pluto hat geschrieben: Frage in die Runde:
Ist das Weltbild des Francis Collins, eines mit dem ihr euch identifizieren könnt... oder eher nicht?
... Und warum denkt ihr so?

Nein. Es kann nur einen geben:




Bild

[Quelle: Amazon]




Cheers,

Lamarck
„Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)

„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)

„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#14 Re: Der Dritte Weg — Gott und Naturwissenschaft

Beitrag von Pluto » Di 12. Nov 2013, 17:50

Hemul hat geschrieben:Was für mich der Sinn des Lebens ist steht in Prediger 12:13,

13 Lasst uns nun das Ergebnis des Ganzen hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote! Das soll jeder Mensch tun. ;)
Meine Begründung? Da dieser Rat von Gott kommt kann er nicht falsch sein. :clap:
Das ist in der Tat nicht schlecht, zumindest für den Anfang. :P
Aber ich finde es gehört noch viel mehr zum Leben, als nur jene Gebote. Z. Bsp. geht der moderne Humanismus-Gedanke weit über die biblischen Richtlinien hinaus. Spontan fällt mir dazu ein:

• Körperliche unversehrtheit des Menschen
• Recht auf Glaubensfreiheit
• Gleichberechtung aller Menschen
• Sorge- und Erziehungspflicht der Eltern
• ...
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Lamarck
Beiträge: 719
Registriert: Di 14. Mai 2013, 18:38
Wohnort: Frankfurt am Main

#15 Re: Der Dritte Weg — Gott und Naturwissenschaft

Beitrag von Lamarck » Di 12. Nov 2013, 18:02

Hi Hemul!

Hemul hat geschrieben: Was für mich der Sinn des Lebens ist steht in Prediger 12:13,

13 Lasst uns nun das Ergebnis des Ganzen hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote! Das soll jeder Mensch tun. ;)
Meine Begründung? Da dieser Rat von Gott kommt kann er nicht falsch sein. :clap:

Unwissender, Hand aufs Herz: Wieviele Gebote kennst Du denn?




Cheers,

Lamarck
„Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)

„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)

„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#16 Re: Der Dritte Weg — Gott und Naturwissenschaft

Beitrag von Pluto » Di 12. Nov 2013, 18:08

@ Lamarck
Das habe ich nun davon, wenn ich einmal die Position eines Mannes darstelle, und diese dann zur Diskussion freigebe.
Die Atheisten fallen über mich her, als ob ich ich in ein Nest voller Taranteln getreten wäre.

Dabei sollte der Eingangspost lediglich die Position des Francis Collins möglichst neutral und objetkiv darlegen, um eine intersssante und kontroverse Diskussion in Gang zu bringen. Und wen ich die unterschiedlichen Reaktionen hier lese, so ist mir dieser "Wurf" dann doch geglückt. :mrgreen:

Das Buch von Hitchens steht bei mir hier auf dem Regal, ebenso "Der Gotteswahn" von Dawkins. Es ist die Radikalität bei gleichzeitiger Oberflächlickeit dieser religionskritischen Bücher, die Collins an den Pranger stellt — und IMO zu Recht (zumindest teilweise). Man kann und soll Religionskritik üben, aber man sollte dabei nicht vergessen, dass die Mehrheit der Welt religiös ist:

  • — du Demokrat, du! :D

Dass amerikanischen Atheisten einen schweren Stand haben, kaufe ich dir übrigens nicht ab, zumindest nicht wenn sie außerhalb der "Bible belt" leben.

PS:
Wusstest du übrigens, dass Hitchens mit Collins eng befreundet war?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

2Lena
Beiträge: 4723
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 09:46

#17 Re: Der Dritte Weg — Gott und Naturwissenschaft

Beitrag von 2Lena » Di 12. Nov 2013, 18:30

Hemul hat geschrieben:Fürchte Gott und halte seine Gebote! Das soll jeder Mensch tun
Weil sie von dir sind, Hemul, fallen mir nur deine krausen Bibelsprüche ein.
Irgendwo habe ich eine Liste der Gebote.
. Steinigen von Kindern, die den Eltern nicht gehorchen
. Wer am Sabbath Holz aufliest, gehört erwürgt, und vieles dergleichen mehr.

Bitte nicht ernst nehmen - man muss das noch anders lesen.

Zwei von deinen Geboten, lieber Pluto, gefallen mir nicht:
• Recht auf Glaubensfreiheit
• Gleichberechtung aller Menschen

Bei mir sind nicht alle gleich. Den Liebsten habe ich lieber.
Ich habe auch etwas gegen die Glaubensfreiheit.
Wenn da jemand mit größtem Unsinn ankommt, reiße ich den Mund auf.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#18 Re: Der Dritte Weg — Gott und Naturwissenschaft

Beitrag von Pluto » Di 12. Nov 2013, 19:18

2Lena hat geschrieben:Zwei von deinen Geboten, lieber Pluto, gefallen mir nicht:
• Recht auf Glaubensfreiheit
• Gleichberechtigung aller Menschen

Bei mir sind nicht alle gleich. Den Liebsten habe ich lieber.
Das ist auch logisch, aber in diesem Kontext bedeutet "Gleichberechtigung" gleiche Rechte für alle Menschen. So besser?

Ich habe auch etwas gegen die Glaubensfreiheit.
Wenn da jemand mit größtem Unsinn ankommt, reiße ich den Mund auf.
Freiheit des Glaubens ist für mich unantastbares Gut des Humanismus.
Wenn du dies kritisiern willst, so fällt das unter dein Recht auf Meinungsäußerung. :)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Lamarck
Beiträge: 719
Registriert: Di 14. Mai 2013, 18:38
Wohnort: Frankfurt am Main

#19 Re: Der Dritte Weg — Gott und Naturwissenschaft

Beitrag von Lamarck » Di 12. Nov 2013, 19:29

Hi Pluto!

Pluto hat geschrieben: @ Lamarck
Das habe ich nun davon, wenn ich einmal die Position eines Mannes darstelle, und diese dann zur Diskussion freigebe.
Die Atheisten fallen über mich her, als ob ich ich in ein Nest voller Taranteln getreten wäre.

Aber, aber ... . Wo wird denn über Dich hergefallen? Im übrigen hörst Du halt nur die Stimme der Vernunft ... .




Pluto hat geschrieben: Dabei sollte der Eingangspost lediglich die Position des Francis Collins möglichst neutral und objetkiv darlegen, um eine intersssante und kontroverse Diskussion in Gang zu bringen. Und wen ich die unterschiedlichen Reaktionen hier lese, so ist mir dieser "Wurf" dann doch geglückt. :mrgreen:

Aber ja. Was aber Collins nicht zu verzeihen ist, ist seine Strohmann-Argumentation. Wenn er sich auf den Diskurs 'Gott der Bibel' vs. 'Gott der Philosophen' eingelassen hätte, hätte er wohl dieses Buch nicht geschrieben.




Pluto hat geschrieben: Das Buch von Hitchens steht bei mir hier auf dem Regal, ebenso "Der Gotteswahn" von Dawkins. Es ist die Radikalität bei gleichzeitiger Oberflächlickeit dieser religionskritischen Bücher, die Collins an den Pranger stellt — und IMO zu Recht (zumindest teilweise).

Du nennst es 'Oberflächlichkeit', ich nenne es Populärwissenschaft. Jeder halbwegs reflektierende A&A hierzulande könnte leicht vergleichbares publizieren. Und es ist nicht so, dass ich bei Hitchens bzw. Dawkins nichts zu kritisieren hätte. Das, was Du 'Radikalität' nennst, ist genau besehen ein argumentieren ... . Und die, die gegen Hitchens oder Dawkins angeschrieben haben, haben zwar ordentlich Schaum vor dem Mund, aber kein einziges [sic!] Argument! Bestenfalls findest Du ein Dawkins sieht dies und jenes falsch, im übrigen zeige er gewaltige Unkenntnis über die Geschichte des Christentums und die von Dawkins angeführten Probleme seien darin erfolgreich abgehandelt - aber wie dies nun zu sehen ist vor den Augen des Dawkins-Kritikers? - Fehlanzeige! Hitchens, Dawkins etc. haben mit ihren Werken die Glaubensverteidiger regelrecht vorgeführt ... .




Pluto hat geschrieben: Man kann und soll Religionskritik üben, aber man sollte dabei nicht vergessen, dass die Mehrheit der Welt religiös ist:

  • — du Demokrat, du! :D

Ob die Mehrheit der Welt religiös ist? Ich vermute, nein. Aber mit Sicherheit ist die Mehrheit der Welt nicht demokratisch. Da stehen dem Humanismus noch gewaltige Aufgaben bevor.




Pluto hat geschrieben: Dass amerikanischen Atheisten einen schweren Stand haben, kaufe ich dir übrigens nicht ab, zumindest nicht wenn sie außerhalb der "Bible belt" leben.

Als Kreationist ist es jedenfalls kein Problem, Präsident der USA zu werden ... .




Pluto hat geschrieben: PS:
Wusstest du übrigens, dass Hitchens mit Collins eng befreundet war?

Ja. Interessante Geschichte, die kaum ein Blatt ausgelassen hat. Aber der Tod kommt immer ungelegen.




Cheers,

Lamarck
„Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)

„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)

„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#20 Re: Der Dritte Weg — Gott und Naturwissenschaft

Beitrag von closs » Di 12. Nov 2013, 19:41

Pluto hat geschrieben: Z. Bsp. wäre es nett, wenn er die Erdölvorkommen auffüllen würde
Das ist eher im Sinne gemeint von "Stirb und Werde" - immer neue Generationen kommen.

Pluto hat geschrieben:Der Unterschied besteht darin dass Collins sich vorstellt, Gott hätte als Teil seiner Schöpfung, den Evolutionsprozess festgelegt, weil er wusse, dies würde irgendwann einmal zum Menschen führen.
Geistig ist das logisch - natürlich gibt es aus Sicht der Überzeitlichkeit keine offene Zukunft.

Pluto hat geschrieben:Deshalb brauche ich mir auch nicht einen Schöpfer vorzustellen, der das alles im Voraus geplant hat.
Unter rein naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten darf man das auch nicht - das wäre ein Verstoß gegen die Prinzipien des Fachs.

Pluto hat geschrieben:Seriös ist das nicht, was Dürr am Ende des Gesprächs sagt.
Kann es unter naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten auch gar nicht sein - weil Dürr über sein Fach hinausgeht. Würde er noch als Naturwissenschaftler arbeiten, würde er ganz sicher NICHT mit solchen Äußerungen arbeiten - weil sie innerhalb des Faches nichts zu suchen haben.

Lamarck hat geschrieben:Das 'östliche Mittelmeerufer' konnte seine Glaubensvorstellungen vorwiegend nur deshalb monopolisieren, weil sich die seinerzeitigen Intellektuellen dem angenommen haben
Natürlich gibt es (solche) Gründe, die eine Stellung von konkreten Glaubensbildern erklären. Es behauptet doch keiner, dass Glaubensbilder (also Wahrheits-Gleichnisse) als solche die Wahrheit sind - Transzendenz hat vielmehr an verschiedenen Orten der Welt eine unterschiedliche Couleur.

Lamarck hat geschrieben:Und Mythologie ist ein anderer Zugang zur Welterklärung als Wissenschaft
Stimmt - Mythologie stellt die Leiter wo ganz anders hin.

Lamarck hat geschrieben:Sinnfragen sind notwendig anthropozentrisch
Naturwissenschaft auch - da sie aus Sicht des Menschen beobachtet und misst. - Ob diese Messungen über das Sein berichten oder über die Illusion des Menschen bezüglich des Seins berichten, ist grundsätzlich nicht klärbar.

Lamarck hat geschrieben: Was soll das?!
Geistig stimmt das ja: Die Schöpfungsgeschichte zeigt, wie und warum es zu dem kommt, was wir Dasein nennen. - Wenn man das "Wie" allerdings technisch versteht, hast Du recht - dann ist es Schmarrn.

Lamarck hat geschrieben:Wenn die Gebrauchsanleitung nicht vorhanden ist, ist die Exegese willkürlich.
Die Gebrauchsanweisung ändert sich durch Hermeneutik - Fixes gibt es da nicht. - Das Schlüsselmotiv des Daseins ist die Entwicklung (Heilsgeschichte).

Lamarck hat geschrieben:Gelegentlich bezeichne ich mich als Schlachtkreuzer der Aufklärung.
Innerhalb eines anthropozentrischen Systems ("Cogito ...") magst Du recht haben. - Aber man kann das Sein auch darüber hinaus zum Gegenstand nehmen - dann hat "Aufklärung" ausgepfiffen.

Antworten