Ist die Stringtheorie widerlegbar?

Astrophysik, Kosmologie, Astronomie, Urknall, Raumfahrt, Dunkle Materie & Energie
klassische Physik, SRT/ART & Gravitation, Quantentheorie
Antworten
ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#1 Ist die Stringtheorie widerlegbar?

Beitrag von ThomasM » Di 14. Aug 2018, 13:53

Hier mal eine aktuelle Entwicklung, die für die, die sich in dem Gebiet (der Stringtheorie) auskennen, als eines der größten Fortschritte der letzten dreißig Jahre angesehen werden kann, eine Formel, mit der man eventuell die Stringtheorie als falsch nachweisen kann. Hier der Artikel
https://www.spektrum.de/news/fuehrt-die ... n=ZON_KOOP

Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung der Hintergründe:
Die Physiker sind seit jetzt gut einhundert Jahren nach der Suche einer "Theorie für alles", also nach einer physikalischen Theorie, die alle physikalischen Erkenntnisse einheitlich zusammenfasst.

Aktuell hat man eine Sammlung von drei Theorien (allgemeine Relativitätstheorie, elektroschwache Theorie und Theorie der starken Wechselwirkung), die zwar fast alle physikalischen Ergebnisse korrekt beschreiben können, aber eben nur fast, es gibt erwiesenermaßen Messergebnisse, die mit diesen Modellen nicht korrekt beschrieben werden können.

Bei der Suche nach einer einheitlichen Theorie orientierte man sich an den Grundsätzen, die in den letzten 250 Jahren sehr erfolgreich waren - den Symmetrien - und erfand die Supersymmetrie. Diese erwies sich aber als inkonsistent, es sei denn man erweitert sie um zwei Punkte. Einmal sind die elementarsten Elementarteilchen nicht mehr punktförmig, sondern haben die Gestalt von kurzen Fäden (string). Und dann muss man noch die Anzahl der bekannten Dimensionen von 4 auf 10 erhöhen.
Damit war die Stringtheorie vor etwa 50 Jahren geboren.
Seit dieser Zeit war diese Theorie der beste Kandidat für eine Theorie für alles und hat ganze Heerscharen von theoretischen Physikern beschäftigt.

Diese ist mathematisch konsistent, aber es stellten sich auch ein paar Probleme heraus.
Für die normalen Physiker (und andere normalen Menschen) war das größte Problem, dass es bis heute nicht einen einzigen messbaren Nachweis dieser Theorie gibt.
Außerdem stellte sich heraus, dass egal welche Vorhersagen man machte, jede widerlegte Vorhersage nicht dazu führte, dass man die Theorie ad Acta legte, sondern nur, dass man an der Theorie ein wenig schraubte und schon weitere Möglichkeiten fand, wo sie vielleicht doch richtig sein könnte.

Der Punkt war, dass sich mit dieser Formulierung nicht ein einziges Universum beschreiben lässt (wo man zuerst hoffte, es würde unseres sein), sondern etwa 10^500 Universen, also eine unermessliche Anzahl. Die Erwartung ist, dass sich unser Universum da irgendwo versteckt, aber die Suche ist wirklich nicht einfach.

In dem besagten Artikel hat eine Arbeitsgruppe jetzt eine mathematische Vermutung formuliert. Sollte diese richtig sein, dann würden alle 10^500 Stringtheorien der Messung der dunklen Energie in unserem Universum widersprechen. Mit anderen Worten: Die Stringtheorie an sich wäre widerlegt.

Noch ist es nicht so weit, aber für jemanden, der die Szene seit zwanzig Jahren verfolgt, eine sehr aufregende Möglichkeit.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Antworten