Eine Welt ex nihilo?

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ThomasM
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#31 Re: Eine Welt ex nihilo?

Beitrag von ThomasM » Di 8. Jul 2014, 11:29

Pluto hat geschrieben: Ein mögliches Szenario wäre:
Das Quantenvakuum existiert und lässt sich im Labor nachweisen (Casimir-Effekt).
Nun kommen zwei Postulate hinzu:
1.) Das Quantenvakuum existiert ewig.
2.) Daraus können Universen entstehen
Das ist aber nur ein Scheinszenario. Denn
Dass das Quantenvakuum existiert ist korrekt, aber nur korrekt im Kontext des aktuellen Universums, also unter der Annahme der Existenz des Universums mit seinen festgelegten Grundwerten an Konstanten, Kräften und Mechanismen. Daher hat diese Aussage mit der Frage, ob die Welt ex nihilo entstanden ist, nichts zu tun.
Die Ergebnisse haben lediglich einen Einfluss auf unser Denken. Sie machen klar, dass es notwendig ist das Wort "Nichts" zu definieren. Das, was man physikalisch darunter versteht ist jetzt offensichtlich verschieden von dem, was man sich so als Mensch vorstellt.

Deine Postulate 1 und 2 sind nicht anderes als der folgende Trick:
Frage: Ist die Welt ex nihilo entstanden?
Antwort: Ja, denn das postuliere ich so.

Pluto hat geschrieben: Das kann man wirklich nur auf Grund der Plausibilität begründen. ich denke nicht, dass es sich sich jemals wird falsifizieren lassen, deshalb wird die Entstehung der Welt für uns Menschen für immer verschlossen bleiben.
Hier sprichst du eine große Erkentnis gelassen aus. Ich würde das so formulieren.
Ob die Welt ex nihilo entstanden ist, läßt sich naturwissenschaftlich grundsätzlich nicht klären. Wie auch immer die Vorstellung davon ist, ist ein Glaubensakt, eine religiöse Vorstellung

Pluto hat geschrieben: Einen ham'mer noch... — Das Universum ist flach!
So flach jedenfalls, dass wenn es gekrümmt ist, wir die Krümmung nicht messen können. Flach bedeutet nicht "flach wie ein Brett", sondern flach im Sinn von Energie. Weil das so ist, ergibt sich für die Gesamtenergie des Universums, die man mit den einsteinschen Feldgleichungen errechnen kann, eine "runde Null".
Ein Universum aus dem Nichts wäre demnach keine Verletzung des Energierhaltungssatzes.
Das hat Gott doch nett gemacht, oder?
Oder ernsthaft:
Was hat eine solche Beobachtung mit einer Vorstellung zu tun, die nicht naturwissenschaftlich begründbar ist?

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Pluto
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#32 Re: Eine Welt ex nihilo?

Beitrag von Pluto » Di 8. Jul 2014, 17:12

ThomasM hat geschrieben:Die Ergebnisse haben lediglich einen Einfluss auf unser Denken. Sie machen klar, dass es notwendig ist das Wort "Nichts" zu definieren. Das, was man physikalisch darunter versteht ist jetzt offensichtlich verschieden von dem, was man sich so als Mensch vorstellt.
Ist doch typisch für die skurrile Quantenwelt, die eben wie nichts ist, was wir uns vorstellen können.

ThomasM hat geschrieben:Deine Postulate 1 und 2 sind nicht anderes als der folgende Trick:
Frage: Ist die Welt ex nihilo entstanden?
Antwort: Ja, denn das postuliere ich so.
Natürlich ist da ein spekulatives Element drin, aber warum ein "Trick"?

ThomasM hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Das kann man wirklich nur auf Grund der Plausibilität begründen. ich denke nicht, dass es sich sich jemals wird falsifizieren lassen, deshalb wird die Entstehung der Welt für uns Menschen für immer verschlossen bleiben.
Hier sprichst du eine große Erkentnis gelassen aus. Ich würde das so formulieren.
Ob die Welt ex nihilo entstanden ist, läßt sich naturwissenschaftlich grundsätzlich nicht klären. Wie auch immer die Vorstellung davon ist, ist ein Glaubensakt, eine religiöse Vorstellung
Du hast Recht. Wir können es nicht klären, nur spekulieren. Aber mit Religion hat Wissenschaft nun wirklich nichts zu tun. Das ist reine Polemik.

ThomasM hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das Universum ist flach!
So flach jedenfalls, dass wenn es gekrümmt ist, wir die Krümmung nicht messen können. Flach bedeutet nicht "flach wie ein Brett", sondern flach im Sinn von Energie. Weil das so ist, ergibt sich für die Gesamtenergie des Universums, die man mit den einsteinschen Feldgleichungen errechnen kann, eine "runde Null".
Ein Universum aus dem Nichts wäre demnach keine Verletzung des Energierhaltungssatzes.
Das hat Gott doch nett gemacht, oder?
Wieso Gott?

ThomasM hat geschrieben:Was hat eine solche Beobachtung mit einer Vorstellung zu tun, die nicht naturwissenschaftlich begründbar ist?
Der Punkt ist, dass keine Energie notwendig war: in einem flachen Universum ist die Gesamtenergie exakt Null, was der Idee einer Entstehung aus dem Nichts begünstigt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

ThomasM
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#33 Re: Eine Welt ex nihilo?

Beitrag von ThomasM » Mi 9. Jul 2014, 10:08

Hallo Pluto
Pluto hat geschrieben: Natürlich ist da ein spekulatives Element drin, aber warum ein "Trick"?
Weil du die Frage, die es zu beantworten gilt, mit einem Postulat "beantwortest". Du postulierst die Antwort, die du haben willst, du steckst die Antwort in deine Begründung hinein. Eigentlich eine typische Zirkelargumentation.
Der Trick besteht darin, das so zu formulieren, dass es nicht alle merken.

Pluto hat geschrieben: Du hast Recht. Wir können es nicht klären, nur spekulieren. Aber mit Religion hat Wissenschaft nun wirklich nichts zu tun. Das ist reine Polemik.
Ich meine das nicht polemisch. Die Frage ist ernst.
Naturwissenschaft definiert sich durch ihre Methodik, ihre Basierung auf Messbarkeit und auf Falsifizierbarkeit.
Du schreibst selbst, dass die Methodik in unserer Frage nicht anwendbar ist, dass es keine denkbare Messung gibt, dass die Behauptung (keine Spekulation, Spekulation hat etwas mit Naturwissenschaft zu tun) nicht falsifizierbar ist.
Also ist deine Behauptung keine Naturwissenschaft.
Was ist sie dann? Worin besteht denn der Unterschied zur Religion?

Übrigens: Hawkings hat in seinem Buch "der große Entwurf" deine Spekulation zu einem ethischen Sinnsystem ausgebaut, mit voller Absicht. Und damit den religiösen Charakter dieser Spekulation bestätigt.

Pluto hat geschrieben: Der Punkt ist, dass keine Energie notwendig war: in einem flachen Universum ist die Gesamtenergie exakt Null, was der Idee einer Entstehung aus dem Nichts begünstigt.
Mir ist schon klar, was der Hintergrund deines Hinweises war. Es bleibt trotzdem die Frage, was dieser Punkt mit einer nicht-naturwissenschaftlichen Behauptung zu tun hat.
Daher habe ich provozierend Gott erwähnt. Wieso ist die Beobachtung einer vermutlichen Gesamtenergie 0 in irgendeiner Weise besser geeignet, die ex-nihilo Entstehung auseinem Quantenvakuum zu favorisieren als z.B. die Entstehung aus einem Wort Gottes (oder sonst einer anderen Mythenvorstellung des Entstehens)?

Ich sollte vielleicht ein paar Dinge zum Thema Vakuumfluktuation ergänzen, wie sie im Rahmen unseres Universums beobachtet werden.

Das Quantenvakuum stellen wir uns heute nicht als Nichts vor, sondern als eine Art See, in dem Wellen schlagen. Die Wellen erheben sich und senken sich wieder. Dies ist eine bildliche Darstellung der virtuellen Partikel, die enstehen und wieder vergehen. Virtuell heissen sie deshalb, weil ohne weitere Zusatzbedingungen genau eines passiert - Nichts.
Dazu kommt die Freiheit, die wir haben, die Nulllinie zu definieren. Wir könnten auch sagen, dass gar keine Wellen schlagen, weil die Nullline einfach hoch genug gesetzt wird. Alle naturwissenschaftlich relevanten Aussagen, sprich Messungen, geschehen nur in der Differenz (die alte Weisheit, dass wir keine Energie messen können, sondern nur Energiedifferenzen).

Nun können Vakuumfluktuationen schon real werden. Dies geschieht aber immer nur dann, wenn etwas Drittes dazukommt, ein zusätzliches Objekt, eine zusätzliche Nebenbedingung. Beispiele sind der Casimir Effekt (die beliebig gut leitenden Platten, die dicht beieinander stehen) oder die Hawking Strahlung (der Ereignishorizont eines schwarzen Loches) usw.

Folgerung: Damit aus etwas Virtuellem etwas Reales werden kann, muss etwas Drittes bereits vorhanden sein. Eine Kreation ex-nihilo kann nicht passieren, ohne dass "vorher" etwas anderes da ist. Wo kommt dieses andere her (dieselbe Frage, die immer zu Gott gestellt wird)?

Daher sind alle Vorstellungen der Kreation unseres Universums, die mathematisch-physikalische Struktur haben und sich aus der Idee des Quantenvakuums bedienen, folgendermaßen gestrickt.
- Nehme ein Über-Universum an
- In diesem Über-Universum gibt es eine Über-Zeit
- In diesem Über-Universum ist die Vakuumstruktur so, wie wir sie aus unserem Universum kennen
- Dort laufen Prozesse, z.B. Kollisionsprozesse oder Fluktuationsprozesse
- Bei einem dieser Prozesse entsteht unser Universum mit eigener Zeit, eigenen Konstanten, eigenen Kräften usw.

Von ex-nihilo in seiner ursprünglichen Bedeutung kann in keinster Weise mehr die Rede sein.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Pluto
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#34 Re: Eine Welt ex nihilo?

Beitrag von Pluto » Do 10. Jul 2014, 11:12

ThomasM hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Natürlich ist da ein spekulatives Element drin, aber warum ein "Trick"?
Weil du die Frage, die es zu beantworten gilt, mit einem Postulat "beantwortest". Du postulierst die Antwort, die du haben willst, du steckst die Antwort in deine Begründung hinein. Eigentlich eine typische Zirkelargumentation.
Der Trick besteht darin, das so zu formulieren, dass es nicht alle merken.
So machen wir es doch alle, oder? :P

ThomasM hat geschrieben:Naturwissenschaft definiert sich durch ihre Methodik, ihre Basierung auf Messbarkeit und auf Falsifizierbarkeit.
Du schreibst selbst, dass die Methodik in unserer Frage nicht anwendbar ist, dass es keine denkbare Messung gibt, dass die Behauptung (keine Spekulation, Spekulation hat etwas mit Naturwissenschaft zu tun) nicht falsifizierbar ist.
Im Prinzip gebe ich dir recht.
Allerdings wäre es IMO falsch, die Spekulation ganz aus der NW zu verbannen. Schließlich beginnt jede neue Theorie mit einem "Wow" Effekt, der einen Wissenschaftler nachdenklich macht und ihn zum spekulieren anregt. Wenn man aber sieht, dass es keine Möglichkeit gibt die Spekulation zu entkräften, müssen alle Alarmglocken läuten, denn dann ist vermutlich an der ganze Sache etwas faul.
ThomasM hat geschrieben:Worin besteht denn der Unterschied zur Religion?
Frage zur Klärung: Ist deiner Menung nach, die Stringtheorie auch Religion?
ThomasM hat geschrieben:Hawking hat in seinem Buch "der große Entwurf" deine Spekulation zu einem ethischen Sinnsystem ausgebaut, mit voller Absicht. Und damit den religiösen Charakter dieser Spekulation bestätigt.
Ja. Der große Entwurf hat mich in seiner Polemik arg enttäuscht, weil Hawking darin lauter unbegründete Behauptungen aufstellt, die man glauben muss, oder eben nicht —
Zu seiner Verteidigung: Das ist ein Teil von Hawkings Genie, dass er eine so blühende Fantasie hat — Wer sonst wäre auf die Idee gekommen, dass Schwarze Löcher "verdampfen"?
ThomasM hat geschrieben:Das Quantenvakuum stellen wir uns heute nicht als Nichts vor, sondern als eine Art See, in dem Wellen schlagen. Die Wellen erheben sich und senken sich wieder. Dies ist eine bildliche Darstellung der virtuellen Partikel, die enstehen und wieder vergehen. Virtuell heissen sie deshalb, weil ohne weitere Zusatzbedingungen genau eines passiert - Nichts.
Rhetorische Frage: Was sind Felder?

In der Klärung dieser Frage könte meiner Meinung nach der Schlüssel zur einer neuen TOE liegen. Die Untersuchung von Phänomenen wie das Quantenvakuum als Feld (Higgs-Feld?) könnte nicht nur darüber Aufchluss geben, wie Teilchen entstehen und woraus sie bestehen, sondern darüberhinaus bei der Beantwortung vieler Fragen rund um die "dunkle Energie" helfen, und einen ganz neuen Einblick in das klassische Standardmodell der Elementarteilchen geben.
ThomasM hat geschrieben:Eine Kreation ex-nihilo kann nicht passieren, ohne dass "vorher" etwas anderes da ist. Wo kommt dieses andere her (dieselbe Frage, die immer zu Gott gestellt wird)?
Das hat bereits Augustinus an der Schwelle zum Mittelalter verstanden, als er seine Idee des "Unbewegten Bewegers" erfand um Gott zu [d]beweisen[/d] erklären.

ThomasM hat geschrieben:Von ex-nihilo in seiner ursprünglichen Bedeutung kann in keinster Weise mehr die Rede sein.
Nicht ganz...
Wie es einst Carl Sagan sinngemäß formulierte, "Ist es nicht einfacher, zu sagen, das Universum sei schon immer [in der einen oder anderen Form] dagewesen, als sich eine höhere Intelligenz vorzustellen, die die Frage nach dem Ursprung von Allem nur um eine Ebene nach hinten verlagert?" —
William of Ockham lässt grüßen. :D

Bisher bedurfte die NW keiner Hilfe von irgendwelchen "Himmelshaken" um die Welt zu erklären. Vielleicht führen aber tatsächlich solche Fragen zu einer Art pantheistische (die Natur als Gott?) Sicht des Kosmos. Andererseits... Warum können wir uns nicht damit begnügen, dass es Fragen gibt die wir nicht beantworten können?

Genügt es nicht zu sehen, dass ein Garten schön ist, ohne dass man auch noch glauben müsste, dass Feen darin wohnen? — Douglas Adams
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#35 Re: Eine Welt ex nihilo?

Beitrag von ThomasM » Do 10. Jul 2014, 13:14

Hallo Pluto
Pluto hat geschrieben: Allerdings wäre es IMO falsch, die Spekulation ganz aus der NW zu verbannen. Schließlich beginnt jede neue Theorie mit einem "Wow" Effekt, der einen Wissenschaftler nachdenklich macht und ihn zum spekulieren anregt. Wenn man aber sieht, dass es keine Möglichkeit gibt die Spekulation zu entkräften, müssen alle Alarmglocken läuten, denn dann ist vermutlich an der ganze Sache etwas faul.
Nein verbannen wäre nicht richtig, ganze Zweige in der Naturwissenschaft leben von Spekulationen, die die Phantasie der Menschen beflügelt (weil sich damit trefflich Gelder einwerben läßt). Das Problem ist, dass die Naturwissenschaftler heutzutage das Maß verloren haben.
Begonnen hat damit eigentlich Einstein. Er hat die was-wäre-wenn Spiele auf die Spitze getrieben, höchst wundersame mathematische Konstruktionen gestaltet und Dinge vorhergesagt, nur weil sie in den Formeln standen. Und er hatte Recht, sogar mit seiner größten Dummheit.

Das tun die Theoretiker heute auch, aber sie haben eben nicht unbedingt Recht. Oder es ist gar nicht mehr falsifizierbar. Wie eben die String-Theorie. Seit 50 Jahren existiert eine regelrechte String-Industrie. Hunderte Theoretiker verdienen ihr Geld damit, die Ideen, seien es Multi-Dimensionen, seien es gekrümmte Räume, seien es n-branes, beflügelt die Phantasie der Menschen. Aber ist es Naturwissenschaft? Nein! Es gibt kein Experiment zum Nachweis, wird wieder einmal eine Vorhersage als falsch bestätigt, dreht man an ein paar Parameter und schwupp, haben wir wieder eine Vorhersage für die nächste Generation von Beschleunigern.

String Theorie ist nicht falsifizierbar und manche Physiker glauben trotzdem daran, wie an einen Gott. Es ist vielleicht keine Religion, aber es kommt dem schon sehr nahe. Das Problem, das ich damit habe ist, dass ganze Generationen von hochbegabten Physikern davon abgehalten wurden, über Alternativen nachzudenken. Die Konsequenz: die Physik ist heute nicht mehr die Leitwissenschaft unserer Gesellschaft das ist die Genetik.
Und alles nur, weil auch die Physiker beginnen, die Grundlage ihres Faches zu vergessen.

Und die Wirkung auf die Laien ist noch verheerender. Auch sie können den Unterschied zwischen Glaube und Naturwissenschaft nicht mehr erkennen und es sind längst nicht mehr nur die religiösen Spinner, die das Verschwinden dieser Grenze zur Propagierung ihrer Weltanschauung nutzen, es sind inzwischen auch und gerade die Atheisten, die das tun.

Pluto hat geschrieben: Rhetorische Frage: Was sind Felder?

In der Klärung dieser Frage könte meiner Meinung nach der Schlüssel zur einer neuen TOE liegen. Die Untersuchung von Phänomenen wie das Quantenvakuum als Feld (Higgs-Feld?) könnte nicht nur darüber Aufchluss geben, wie Teilchen entstehen und woraus sie bestehen, sondern darüberhinaus bei der Beantwortung vieler Fragen rund um die "dunkle Energie" helfen, und einen ganz neuen Einblick in das klassische Standardmodell der Elementarteilchen geben.
Ich sehe nicht ganz, woher du diesen Optimismus nimmst.

Felder sind zunächst einmal mathematische Gebilde, Funktionen von Ort und Zeit. Felder repräsentieren seit Newton physikalische Objekte, angefangen von dem Kraftfeld und über Elektromagnetische Felder.
Mit der Quatenmechanik waren Felder zunächst unverändert, während also die Beschreibung von Teilchen und Wellen neu über Wellenfunktionen beschrieben wurden, blieben die Felder als klassische Gebilde stehen.
Das änderte sich mit der Entwicklung der Quantenelektrodynamik. Heute sind Felder hochkomplexe Gebilde (Felder von Operatoren, die an jedem Raumzeitpunkt Prozesse triggern), die mit ihrer mathematischen Komplexität aber auch jeden direkten Zusammenhang zu physikalischen Objekten verloren haben. So bleibt den Physikern nur noch das Rechnen.

Du spielst vermutlich auf den Artikel über die Realität im neuesten Spektrum der Wissenschaft an. Ich habe ihn mit Interesse gelesen, war aber etwas enttäuscht, weil nicht klar hervorging, wie die Philosophen die neue Interpretation der Realität durchführen wollen. Das schien mir eher ein Artkel der Form "Ich habe da mal eine Idee, aber bisher ist noch nichts herausgekommen" zu sein. Aber selbst wenn sich eine führende Ontologie herausschält, ist nicht klar, wie das helfen soll, eine TOE zu entwickeln (an die ich übrigens nicht glaube)

Pluto hat geschrieben: Nicht ganz...
Wie es einst Carl Sagan sinngemäß formulierte, "Ist es nicht einfacher, zu sagen, das Universum sei schon immer [in der einen oder anderen Form] dagewesen, als sich eine höhere Intelligenz vorzustellen, die die Frage nach dem Ursprung von Allem nur um eine Ebene nach hinten verlagert?" —
William of Ockham lässt grüßen. :D
Das wäre einfacher, wenn es tatsächlich um unser Universum ginge, da könnte man Ockham eventuell anwenden.
Aber unser Universum IST nicht ewig, das ist bewiesen.

Also müssen wir uns etwas Ewiges jenseits unseres Universums vorstellen. Und da zieht dann Ockham nicht mehr, denn etwas Intelligentes ist da nicht anders als eine Welt voller wechselwirkender n-branes mit einer hochkomplexen Physik, die auch noch auf Wahrscheinlichkeitsergebnissen ruht, die nun niemand versteht. Und die viele Dinge eben nicht beschreiben / erklären kann (TOE ist ein Witz in sich selber).

Pluto hat geschrieben: Andererseits... Warum können wir uns nicht damit begnügen, dass es Fragen gibt die wir nicht beantworten können?
Naturwissenschaftlich können wir das (und müssen es sogar).
Als Menschen können wir das nicht (auch Atheisten nicht, die an die Naturwissenschaft als der Weisheit letzter Schluss glauben).
Woran man auch sieht, dass Naturwissenschaft nur einen Bruchteil unseres Seins abdeckt.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Anton B.
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#36 Re: Eine Welt ex nihilo?

Beitrag von Anton B. » Do 10. Jul 2014, 13:35

ThomasM hat geschrieben:Das tun die Theoretiker heute auch, aber sie haben eben nicht unbedingt Recht. Oder es ist gar nicht mehr falsifizierbar. Wie eben die String-Theorie. Seit 50 Jahren existiert eine regelrechte String-Industrie. Hunderte Theoretiker verdienen ihr Geld damit, die Ideen, seien es Multi-Dimensionen, seien es gekrümmte Räume, seien es n-branes, beflügelt die Phantasie der Menschen. Aber ist es Naturwissenschaft? Nein! Es gibt kein Experiment zum Nachweis, wird wieder einmal eine Vorhersage als falsch bestätigt, dreht man an ein paar Parameter und schwupp, haben wir wieder eine Vorhersage für die nächste Generation von Beschleunigern.
Sehe ich -- der es von außen betrachtet -- nicht so. Man benutzt Strategien, die sich früher zur Erkentnisgewinnung bewährt hatten. Deshalb wurde ein Ansatz wie die Stringtheorie in bestimmten Forscherkreisen als potentiell "fruchtbar" angesehen. Daher wiederum wurde/wird dieser Ansatz forschungsmäßig besonders betrieben. Der Vergleich mit Einsteins Forschungsarbeiten ist natürlich zutreffend, denn auch er ist in besondere Vorleistung gegangen. Aber auch Wegener war dies. Wenn man die Mechanismen der Naturwissenschaft mal richtig "antizipiert", steckt das in jeder Theoriebildung drin. Bei der Stringtheorie ist das Resourcenvolumen halt besonders hoch, der echte Benefit hat sich bisher nicht gezeigt und es ist fraglicher als noch vor einigen Jahren, ob überhaupt ein Benefit in Form einer breit anerkannten physikalischen Theorie auftreten wird.

Aber so ist es schon mal, wenn unbekanntes Terrain erkundet werden soll.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

ThomasM
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#37 Re: Eine Welt ex nihilo?

Beitrag von ThomasM » Do 10. Jul 2014, 17:27

Anton B. hat geschrieben: Sehe ich -- der es von außen betrachtet -- nicht so.
...
Bei der Stringtheorie ist das Resourcenvolumen halt besonders hoch, der echte Benefit hat sich bisher nicht gezeigt und es ist fraglicher als noch vor einigen Jahren, ob überhaupt ein Benefit in Form einer breit anerkannten physikalischen Theorie auftreten wird.

Aber so ist es schon mal, wenn unbekanntes Terrain erkundet werden soll.
Kann man so sehen, aber wo ist die Grenze?

Mal ehrlich, ich habe jahrelang auch so gearbeitet. Für mich als Theoretiker waren Formeln und Gleichungen wichtig, was die Experimentalphysiker gemacht haben, war mir reichlich egal. Ich habe zwar nicht in der string Theorie selbst gearbeitet, aber ich hatte einige Studienkollegen, die dort gelandet sind. Die Grundidee war faszinierend und eine logische Weiterentwicklung dessen, was bis zur Standardtheorie erfolgreich war.

Ich habe dutzende Vorträge zu dem Thema gehört. Immer waren die Vorhersagen gerade so, dass man sie "in zwei, drei Jahren prüfen kann". Immer waren die Vorhersagen falsch. Aber niemals hat das dazu geführt, dass man von den Grundideen Abstand genommen hat. Statt dessen hat man noch ein paar weitere komische Ideen dazugefügt. Solange jemand einen für so etwas bezahlt, hat kein Theoretiker eine Motivation, diese Art der Arbeit einzustellen.

Aber ich bin inzwischen davon überzeugt, dass die Idee eine Sackgasse ist und die Natur fordert, dass wir anders denken. Es wird Zeit für den nächsten Einstein. Und Daten, eine Revolution hervorzurufen, gibt es durchaus, da ist die Neutrinooszillation, da ist die dunkle Materie und die dunkle Energie.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Anton B.
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#38 Re: Eine Welt ex nihilo?

Beitrag von Anton B. » Do 10. Jul 2014, 18:51

ThomasM hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Aber so ist es schon mal, wenn unbekanntes Terrain erkundet werden soll.
Kann man so sehen, aber wo ist die Grenze?
Wenn man das immer vorher wüsste, wäre manches sehr viel einfacher.

Beste Grüße

Anton
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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