closs hat geschrieben:Halman hat geschrieben:Eben habe ich einen älteren Beitrag von mir überarbeitet
Vielen Dank - habe ihn mit Freuden gelesen.
Halman hat geschrieben:Ich hoffe, dass der nun "reparierte" Beitrag für Dich von Interesse ist.
Sehr - aber ich kann Dir einige Fragen nicht ersparen: Am besten, wir machen es sauber Frage für Frage:
1) Heisenberg und SChrödinger
a) Gehe ich recht in der Annahme, dass für Unschärfe-Relation gilt: Geschwindigkeit und Position sind seins-mäßig definiert, jedoch wahrnehmungs-mäßig nicht gleichzeitig fassbar. ---???--
Der gesunde Menschenverstand will dies annehmen, doch versagt unsere Intuition in der skurrilen Quantenwelt. Die Unschärferelation beschreibt kein Messproblem, sondern eine fundamentale Eigenschaft von Quantenobjekten. Die Formel für die Heisenberg'sche Unschärferelation lautet:
Δx * Δp > ħ / 2
Je genauer oder schärfer Δ
x bestimmt wird (also je genauer es lokalisiert ist), je unschärfer ist der Wert für den Impuls Δ
p (umgekehrt gilt das Gleiche).
Da den Quantenobjekten die Eigenschaften fehlen, dass Ort und Impuls gleichermaßen „scharf“ bestimmt sind (ganz anders, als in unserer mesokosmischen Erfahrungswelt), ist es auch irreführend, ihnen solche Eigenschaften zuschreiben zu wollen.
Wenn Du magst, schaue doch zur Erinnerung in diesem
BEITRAG von mir rein.
(Natürlich erwarte ich nicht, dass Du dies sowas nach knapp einem Jahr noch merkst. Mir ist auch erst eben aufgefallen, dass wir darüber schon mal gesprochen hatten.)
closs hat geschrieben:b) Gehe ich weiterhin recht in der Annahme, dass für die Schrödinger-Katze gilt: "Tot" und "lebendig" sind seins-mäßig nur als Superposition definiert, nicht aber als "tot" oder "lebendig" - erst durch die Wahrnehmung erfolgt eine Entscheidung. ---???---
Darüber habe ich mir ehrlich jahrelang den Kopf zerbrochen und leider immer noch nicht verstanden. Vor knapp einem Jahr hatte ich darüber mit Janina
diskutiert.
Mehr zur
Unschärferelation kannst Du hier nachlesen.
In der Quantenwelt gilt, dass ein Teilchen an ganz vielen Orten simultan sein kann, es ist delokalisiert und
erscheint als Welle. Der Zustand der Superposition ist seins-mäßg definiert. Die Beschreibung als Welle oder Teilchen oder Welle-Teilchen ist wahrnehmungs-mäßig und nur ein modellhafter Behelf.
Da unsere klassische Mechanik in der Quantenwelt versagt, war es erforderlich hierfür eine völlig andere "Mechanik" zu entwinkeln: die Quantenmechanik (QM). Objekte (wie Elektronen, Photonen - bis hin zu Rullerenmolekülen), die nur durch die QM zutreffend beschrieben werden können, bezeichnet man als
Quantenobjekte (ein Sammelbegriff).
Der 'Casus knacksus' in Schrödingers Geankenexperiment liegt darin, dass das Schicksal der Katze mit einem einzelnen radioaktiven Atom (Isotop) "verschränkt" ist: Das Isotop ist zweifelsfrei ein Quantenobjekt. Daraus folgt, dass objektiv unbestimmt ist, ob es zerfallen oder unzerfallen ist: Sein Gesamtzustand umfasst die Einzelzustände |unzerfallen> + |zerfallen>.
Überträgt sich dieser überlagerte Mischzustand auf die Katze, so ist auch sie |lebendig> + |tot>. Dies widerspricht jedweder Erfahrung und unsere Intutation sagt uns, dass hier was nicht stimmen kann.
Hierfür gibt es meines Wissens zwei Lösungen:
Hier sind Mikro- und Mesokosmos miteinander
verschränkt. So kommt es zur Übertragung der Wellenfunktion des Quantenobjektes (hier Isotop) auf die meso-/makrokosmische Umgebung (Katze): Dekohärenz. Infolge von physikalischer Wechselwirkung (die im Mesokosmos unvermeidbar ist, denn die Katze atmet, reflektiert Licht usw.) kollabiert die Wellenfunktion augenblicklich und damit endet die Dekohärenz. Somit ist der Zustand der Katze eindeutig bestimmt.
Silvia Arroyo Camejo erklärt den Dekohärenzvorgang folgendermaßen:
Zitat aus Skurrile Quantenwelt:
Beim irreversiblen Prozess der Dekohärenz wird also der kohärente Superpositionszustand eines physikalischen Objekts durch den nicht verhinderbaren Einfluss der Umgebung zerstört. Die gewisse kohärente Phasenbeziehung der Komponenten der Superposition geht durch Dekohärens zwangläufig verloren. Dabei gilt, je größer ein gewisses Objekt ist, desto eher wird es mit seiner Umgebung wechselwirken und desto unwahrscheinlÃcher wird es in einem Zustand der Superposition erscheinen können.
Daraus folgt, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Katze, im Zustand der Superposition verweilen zu können, nahe null liegt.
Zitat aus
Quantenmechanik und Probleme ihrer Interpretation:
Zeh spricht deshalb von einer "universellen Gültigkeit der Quantentheorie" (Zeh 1970, S. 72). Er hebt die Isoliertheit des Systems von Objekt und Beobachter auf. Nur für isolierte Systeme gilt die Schrödinger-Gleichung. Wenn wir Wechselwirkungen zwischen Objekten zulassen, werden die Superpositionen aufgehoben. Ihre Kohärenzen verschwinden, es geschieht "Entkopplung" (heute i.a. als "Dekohärenz" bezeichnet).
Dass sich Quanten- und klassische Welt unterscheiden, wird damit erklärt, dass die Dekohärenzzeit für Objekte unterschiedlicher Massen unterschiedlich ist, so dass die klassische Welt sich viel schneller dekohäriert als die Quantenwelt.
Die von Zeh ausgehende Dekohärenztheorie ersetzt die ad-hoc-Vorstellung vom "Kollaps der Wellenfunktion" durch die Einbeziehung eines Umgebungs-Hamilton-Operators in die Schrödingergleichung. Als System wird dadurch nicht mehr nur das Quantenobjekt oder das Objekt in Einheit mit dem Messgerät, aber ansonsten isoliert von der Umgebung, gesehen – sondern die Umgebungseinflüsse werden in einer Dichtematrix erfasst. Dabei wird nicht mehr zwischen Quanten- und makroskopischer Betrachtungsebene unterschieden.
Schon im
März letzten Jahres stellte ich fest, dass „Schrödingers Katze“ eine verzwickte Sache ist. Folgt man der
Kopenhagener Deutung, so kollabiert die Wellenfunktion des Isotops, weil es mit der mesokosmischen Welt (Geigerzähler, Hammer, Katze) wechselwirkt.
Es reicht aber schon weniiger zur Wechselwirkung. Angenommen ein Photon bewegt sich innerhalb des Kastens mit dem experimentellen Aufbau und trifft auf Schrödingers Katze. Aber halt, wenn sie tot ist, liegt die Katze auf den Boden und das Photon trifft nicht auf die Katze und bewegt sich daher ungehindert durch den Kasten. Ob das Photon also auf die Katze trifft oder nicht, hängt davon ab, in welcher Position sie sich befindet, also ob sie tot oder lebendig ist. Schrödingers Katze und das Photon sind
verschränkt.
Diese Überlegung mit der verschränkten Katze führt zur zweiten Lösung (ohne Kollaps der Wellenfunktion): der
Viele-Welten-Deutung. Demnach überträgt sich die Superposition auf dem Meso-/Makrokosmos, in der alle möglichen Einzelzustände in parallelen Welten realisiert werden. In diesen parallelen Welten werden alle Einzelzustände, die in der Wellenfunktion stecken, realisiert und wir können nur den Zustand beobachten, der in unserer Welt vorliegt. Wenn wir die Katze tot sehen und traurig sind, so ist die Katze in einer paralelen Welt lebendig und wir sind fröhlich.
Dies Viele-Welten-Deutung ist elegant und in sich logisch konsistent, aber sehr spekulativ.
closs hat geschrieben:Wenn dies beides richtig von mir verstanden wäre, hieße dies:
1) Heisenberg und Schrödinger sind komplett unterschiedliche Aussagen.
2) Bei Heisenberg geht es um ein prinzipielles Wahrnehmungs-Problem, nicht aber um ein Seins-Problem (das Teilchen hat ja seine Geschwindigkeit und seine Position)
Diese Größen sind seins-mäßg unscharf. Ist eine der Größen maximal scharf, so wird die andere Größe maximal unscharf.
closs hat geschrieben:3) Bei Schrödinger geht es um ein prinzipielles Seins-System, nicht aber um eine Wahrnehmungs-Problem (man muss nur gucken und hat dann sein Ergebnis)
Sind wir soweit auf einer Schiene?
Da muss ich Dich leider enttäuschen. Die Quantenmechanik ist wie "Alice im Wunderland", so ganz anders, als man gem. unserer an den Mesokosmos angepassten Intution vermuten würde. Ich denke, es geht auch weniger um Wahrnehmung, sondern mehr um
Messung. Jede auf Messung basierende Beobachtung ist eine physikalische Wechselwirkung. Wie will man denn auch ein Quantenobjekt wechselwirkungsfrei beobachten? Das Licht, dass unsere Augen sehen, wechselwirkt mit den Retinas.
Schrödinger machte duch sein Gedankenexperimant das "Seins-Problem", dass sich aus Heisenbergschen Unschärferelation ergibt, deutlich.