"Dynamische relativistische Masse", was ist das?

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Agent Scullie
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#571 Re: "Dynamische relativistische Masse", was ist das?

Beitrag von Agent Scullie » Mo 7. Aug 2017, 12:36

seeadler hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:seeadler hat geschrieben:
Ich hatte ja in Bezug zur Gravitationskonstante schon geschrieben, dass in ihr bereits die Dichte des jeweiligen Raumes enthalten ist
Der Raum hat keine Dichte.

Die Erde besitzt somit keine Dichte?
Die Erde ist nicht der Raum.

seeadler hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:seeadler hat geschrieben:
und nicht auf jedes beliebige Objekt. wollte ich nun die Kraft auf "1 m³ Raum" übertragen
Dieser Wille ist aber nicht umsetzbar.

Das Thema hatten wir schon einige Male. eine gegebene Kraft wird sich innerhalb verschiedener "Medien" unterschiedlich auswirken können
Selbst wenn würde eine Kraft immer nur auf einen Körper mit einer gegebenen Masse wirken, nicht auf den Raum.

seeadler hat geschrieben:Also jene Kraft, mit der sich zwei Massen von jeweils 1 kg in 1 m Abstand wechselseitig "anzuziehen scheinen", wirkt sich in verschiedenen Medien vollkommen unterschiedlich aus.
Selbst dann würde die Kraft, mit der sich zwei Körper anziehen, auf die beiden Körper wirken und nicht auf den Raum.

seeadler hat geschrieben:Wenn man dies nicht weiß, und beispielsweise das Medium Wasser als ein "Vakuum" ansieht
Wenn man das Medium Wasser als Vakuum ansieht, ist das eigene Blödheit.

seeadler hat geschrieben:Du selbst hast ja ganz richtig konstatiert, ohne die Gegenwart irgend einer Masse wäre die Kraft nicht wirklich messbar.
Und genau deswegen ergibt die Vorstellung einer auf den Raum wirkenden Kraft keinen Sinn.

seeadler hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Du hattest etwas völlig sinnleeres geschrieben, ja. Die Vorstellung einer auf den Raum wirkenden Kraft ergibt keinen Sinn, da Kraft per definitionem immer auf einen Körper gegebener Masse wirkt. Darauf hatte ich dich ja hingewiesen.

Nun ja, wozu dann die Konstruktion der Metrik, entweder FLRW oder Schwarzschildmetrik. Im Grunde genommen wird hier lediglich eine gegebene Kraft durch Raumzeitkoordniaten ersetzt und definiert.
Bei der Schwarzschildmetrik kann man das infolge der Analogie zum Newtonschen Fall so sehen, bei der FLRW-Metrik nicht.

seeadler hat geschrieben:Darum hatte ich ja auch damals schon bemerkt, die Ursache der Gravitation sei weder die Verformung des "Waschbeckens, durch dem das Wasser nach unten fließt
In der Schwarzschildmetrik ist für die Gravitation nicht die Krümmung des Raumes verantwortlich (beschrieben durch den Waschbecken), sondern die Krümmung der Raumzeit, ganz recht.

seeadler hat geschrieben:Das Waschbecken, die "Raumzeit"
Dein Waschbecken ist nicht die Raumzeit, sondern der Raum.

seeadler hat geschrieben:wird durch die gleiche "Kraft" verformt
Weder die Raumzeit noch der Raum werden durch eine Kraft verformt. Die Raumzeit wird durch den Einfluss der Materie gekrümmt, die Krümmung des Raumes ergibt sich als Nebeneffekt der Krümmung der Raumzeit.

seeadler hat geschrieben:Aber die Krümmung der Raumzeit ist nicht die Gravitation!
Doch.

seeadler hat geschrieben:Und nun behauptest du hier genau das, was ich damals schon geschrieben hatte.
Nein, ich behaupte das Gegenteil.

seeadler hat geschrieben:Du sagst, im und am Raum gäbe es keine Kraft.
Im Raum schon (auf Körper, die sich im Raum aufhalten), am Raum nicht, ganz recht.

seeadler hat geschrieben:und weist auf die Existenz einer Masse hin.
Darauf, dass eine Kraft nur dadurch definiert ist, dass sie auf einen Körper gegebener Masse wirkt. Also nicht auf den Raum selbst wirken kann.

seeadler hat geschrieben:Darum hatte ich gefragt, ob man einen "Krümmungsindex" ermitteln oder zeichnen und formulieren könnte
Immer noch die gleiche Antwort: nein, kann man nicht.

seeadler hat geschrieben:Mit anderen Worten jenes daraus resultierende Gebilde bezieht sich dann auf den Raum an sich der in eine "vierte Dimension" hin eine Krümmung erfährt
Du kannst den gekrümmten 3-dimensionalen Raum in eine 4-dimensionale Umgebung einbetten und die Krümmung mit einer Verbiegung in dieser in Verbindung bringen, ja. Das gleiche kannst du mit der gekrümmten 4-dimensionalen Raumzeit machen (die außer der gleichen Dimensionenzahl 4 nichts mit der Einbettungsumgebung für den Raum zu tun hat), da ist die einbettende Umgebung dann 5-dimensional.

seeadler hat geschrieben:Die Kraft also ist in diesem Falle ebenso eine Scheinkraft, wie die Zentrifugalkraft; also auch die Gravitation ist eine Scheinkraft.
Da die Gravitation die Krümmung der Raumzeit ist, ist die z.B. in der Schwarzschildmetrik für einen in Schwarzschildkoordinaten ruhenden Beobachter messbare Gravitationskraft eine Scheinkraft, ja.

seeadler hat geschrieben:Und in diesem Sinne kann sie sich sehr wohl genauso auf den Raum auswirken
Nein, auch als Scheinkraft kann eine Kraft nicht auf den Raum wirken. Für Scheinkräfte gilt das gleiche wie für alle Kräfte, sie sind nur dadurch definiert, dass sie auf Körper wirken.

Aber wenn du anderer Meinung bist, dann sollte es dir ja möglich sein, eine Gleichung zu nennen, die die Wirkung einer Kraft auf den Raum beschreibt, ähnlich wie die Newtonsche Gleichung

F = m a = m d² x / dt²

die Wirkung einer Kraft auf einen Körper beschreibt: sei x(t) die Bahnkurve des Körpers und m seine Masse, so bewirkt die Kraft F, dass die Bahnkurve x(t) so verläuft, dass m d² x(t) / dt² = F ist. Eine Bahnkurve x(t) gibt's für den Raum selbst nicht, da Bahnkurben nur für Körper innerhalb des Raumes definiert sind. Also, lass mal hören, wie sieht deine Gleichung aus?

Wenn man von dem in populärwissenschaftlichen Quellen häufig anzutreffenden Gummituchmodell ausgehen würde, von dem sich dein Waschbeckenmodell offenkundig ableitet, dann könnte man argumentieren, dass der Raum ähnlich wie das Gummituch aus Atomen mit einer gewissen Masse besteht, auf die innerhalb des 4-dimensionalen Einbettungsmediums folglich eine Kraft wirken könne, ähnlich wie auf die Atome des Gummituchs eine Kraft wirken kann. Das Gummituchmodell ist aber eben sehr inadäquat: in der ART gibt es für den Raum weder eine 4-dimensionale Einbettung, noch kann man sich den Raum wie das Gummituch aus Atomen zusammengesetzt vorstellen. Folglich kann man auch keine solche auf den Raum wirkende Kraft konstruieren.

Betrachten wir alternativ die Loop-Quantengravitation (LQG), so gibt es zwar in gewisser Weise Atome des Raumes (die Knoten des Spin-Netzwerks), diese befinden sich aber nicht in irgeneinem Raum, sondern konstituieren selbst erst den Raum. Deswegen kann man den Knoten des Netzwerks keine Bahnkurven x(t) zuschreiben, und deswegen kann man auf keine auf einen Knoten wirkende Kraft definieren.

seeadler hat geschrieben:Als eine mögliche "Ursache" habe ich grundsätzlich die Expansion des Universums herangezogen und damit zugleich zum Ausdruck gebracht: Sobald es keine Expansion mehr gäbe, gäbe es auch keine Gravitation mehr.
Da liegst du aber falsch.

seeadler hat geschrieben:Klar, können wir uns an dieser Stelle wiederum streiten, was genau ist denn eine Kraft, wenn keine Masse da ist
Dann ist gar keine Kraft definiert.

seeadler hat geschrieben:Wir haben ja auch schon das Problem, dass du behauptest, lediglich der Raum zwischen den Galaxien würde expandieren. Ich dagegen behaupte: Die Kraft, die zu einer Expansion führt
Es gibt keine solche Kraft.
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#572 Re: "Dynamische relativistische Masse", was ist das?

Beitrag von seeadler » Mo 7. Aug 2017, 12:59

Agent Scullie hat geschrieben:
seeadler hat geschrieben: Wenn man dies nicht weiß, und beispielsweise das Medium Wasser als ein "Vakuum" ansieht
Wenn man das Medium Wasser als Vakuum ansieht, ist das eigene Blödheit.

Ich weiß, du zeigst es ja des öfteren, leider, du möchtest mich irgendwie gerne für dumm verkaufen. :(

Ich denke, du weißt ganz genau, was ich damit ausdrücken möchte?!
Alles, was ich hier schreibe, verstehe ich lediglich als Gedanken und Anregungen, Inspirationen, keine Fakten! Wenn es mit tatsächlichen abgleichbaren Fakten übereinstimmt, dann zufällig.

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#573 Re: "Dynamische relativistische Masse", was ist das?

Beitrag von seeadler » Mo 7. Aug 2017, 13:09

Agent Scullie hat geschrieben:seeadler hat geschrieben:
Die Kraft also ist in diesem Falle ebenso eine Scheinkraft, wie die Zentrifugalkraft; also auch die Gravitation ist eine Scheinkraft.
Da die Gravitation die Krümmung der Raumzeit ist, ist die z.B. in der Schwarzschildmetrik für einen in Schwarzschildkoordinaten ruhenden Beobachter messbare Gravitationskraft eine Scheinkraft, ja.

na also. Und da diese Scheinkraft auch auf massenlose Photonen einwirkt und sie von der Bahn ablenkt, kannst du doch nicht wirklich behaupten wollen, die Raumzeit selbst würde nicht durch eine entsprechende "Kraft", wie auch immer du dies dann mit Hilfe der Metrik definieren möchtest in sich gekrümmt werden. Du missachtest dabei, dass alle drei Kriterien, Masse, Raum und Zeit in Abhängigkeit zueinander geschaffen wurden, so zusagen aus dem Nichts. Und es ist anzunehmen, dass dies irgendwann einmal wiederum im Nichts endet.
Wenn es im Grunde genommen nur Schein - oder Relativkräfte gibt, muss man wohl davon ausgehen, dass die dafür erforderlichen Energien ebenso "Scheinenergien" sind, also "Dinge", die man nicht greifen kann, die zwar da sind, und doch nicht erfassbar und greifbar sind....

Somit hab ich auch kein Problem hier von einer Kraft zu sprechen, die hinter der Existenz von alledem steckt und jenen Urknall und die Expansion angeregt hat.....
Alles, was ich hier schreibe, verstehe ich lediglich als Gedanken und Anregungen, Inspirationen, keine Fakten! Wenn es mit tatsächlichen abgleichbaren Fakten übereinstimmt, dann zufällig.

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#574 Re: "Dynamische relativistische Masse", was ist das?

Beitrag von Agent Scullie » Mo 7. Aug 2017, 13:23

seeadler hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:seeadler hat geschrieben:
Die Kraft also ist in diesem Falle ebenso eine Scheinkraft, wie die Zentrifugalkraft; also auch die Gravitation ist eine Scheinkraft.
Da die Gravitation die Krümmung der Raumzeit ist, ist die z.B. in der Schwarzschildmetrik für einen in Schwarzschildkoordinaten ruhenden Beobachter messbare Gravitationskraft eine Scheinkraft, ja.

na also. Und da diese Scheinkraft auch auf massenlose Photonen einwirkt
Scheinkräfte wirken überhaupt nicht ein. Man lediglich zu dem Trugschluss gelangen, sie würden wirken, wenn man selbst beschleunigt bewegt ist. Bei Photonen kommt man dann erstmal nur zu dem Schluss, dass sie von einer geradlinigen Bewegung abgelenkt werden. Wenn man sich dann vorstellt, sie hätten eine Masse, wie z.B. die Masse E/c², dann kann man zu dem Trugschluss gelangen, auf sie würde eine Kraft wirken.

seeadler hat geschrieben:kannst du doch nicht wirklich behaupten wollen, die Raumzeit selbst würde nicht durch eine entsprechende "Kraft", wie auch immer du dies dann mit Hilfe der Metrik definieren möchtest in sich gekrümmt werden.
Doch sicher kann ich das. Warum sollte ich das nicht können?

Dass du nicht imstande bist, dich von den falschen Vorstellungen zu lösen, zu denen dich das Gummituchmodell geführt hat, ist für mich kein Hindernis.

Wesentlich dafür, dass auf ein Objekt Kräfte oder Scheinkräfte (scheinbar) wirken können, ist, dass dem Objekt eine Weltlinie innerhalb der Raumzeit zugeschrieben werden kann, respektive eine Bahnkurve im Raum. Das ist für Körper mit einer Masse > 0 erfüllt ebenso wie für masselose Teilchen wie Photonen. Für den Raum oder die Raumzeit selbst ist es jedoch nicht erfüllt.

seeadler hat geschrieben:Du missachtest dabei, dass alle drei Kriterien, Masse, Raum und Zeit in Abhängigkeit zueinander geschaffen wurden
Nein, tue ich nicht.

seeadler hat geschrieben:Wenn es im Grunde genommen nur Schein - oder Relativkräfte gibt
Es gibt neben Scheinkräften auch echte Kräfte, wie z.B. die, die dich davon abhält, in Richtung Erdmittelpunkt zu fallen. Lässt du einen Stein los, so ist er frei fallend, also in einem lokalen Inertialsystem gleichförmig bewegt, bis er auf den Erdboden trifft. Du als nicht frei fallender, beschleunigt bewegter Beobachter erliegst dem Trugschluss, der Stein sei beschleunigt bewegt, und auf ihn wirke eine Kraft. Diese Kraft ist jedoch eine Scheinkraft, denn tatsächlich ist der Stein gleichförmig bewegt (frei fallend), er erscheint dir nur beschleunigt, weil du selbst in Wahrheit beschleunigt bist. Und beschleunigt bist du durch eine Kraft, und zwar eine reale Kraft, keine Scheinkraft, und diese reale Kraft übt der Erdboden auf dich aus. Und auch auf den Stein, wenn der den Erdboden erreicht und vom weiteren freien Fall abgehalten wird. Auch die elektrische Anziehung zwischen Proton und Elektron im Atom ist eine reale Kraft, keine Scheinkraft, ebenso die magnetische Anziehung zwischen zwei Magneten.
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#575 Re: Grundsätzliche Überlegung zur "Energie"

Beitrag von Halman » Mo 7. Aug 2017, 16:29

Agent Scullie hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Nun, dann verrrichtet Kraft doch Arbeit.
Das kann man so sehen.
Dies würde ja bedeuten, dass Kraft so gesehen Energie enthält, denn wir Du anschließend erklärtest:
Agent Scullie hat geschrieben:Energie ist das Vermögen, Arbeit zu verrichten.
Danke für Deine anschauliche Erklärung mit dem Auto.

Agent Scullie hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Also, es wirkt eine Kraft auf einen Körper und beschleunigt diesen, z.B. eine magnetische Kraft auf ein Probekörper aus Eisen. Dann meine ich, dass die magnetische Kraft Arbeit verrichtet und folgere, dass hier eine Energie wirkt.
Die magnetische Kraft verrichtet Arbeit am Probekörper, dem wird dadurch kinetische Energie zugeführt. Dabei wird dem Magnetfeld Energie entzogen. "Wirken" tut Energie nicht.
Also ist es die Kraft die wirkt und bei dieser Wechselwirkung wird Energie vom Magnetfeld zum Probekörper transportiert. Verstehe ich es so richtig?

In Deiner komplexen Diskussion mit seeadler spielt u.a. der Energiebegriff eine wichtige Rolle. Diesen Begriff genauer zu definieren, scheint mir auch für seeadler vorteilhaft zu sein.

Agent Scullie hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:...

Meine Brüder (es sind zwei) und ich verstehen nicht, wie es sein kann, dass Sekunde um Sekunde mehre Milliarden Kubiklichtjahre im sichtbaren Universum hinzukommen.
Das hängt damit zusammen, dass die Raumzeit auf großräumigen Skalen entsprechend der FLRW-Metrik gekrümmt ist. Zerlegt man die Raumzeit in raumartige Hyperflächen, also in "Momentaufnahmen" des Universums, so ergibt sich aus der FLRW-Metrik, dass die Abstände zwischen den Galaxien von Hyperfläche zu Hyperfläche größer werden, was man salopp gesprochen so umschreiben kann, dass der Raum sich ausdehnt.

Eine nützliche Analogie ist eine Kugeloberfläche: stell dir den Breitengrad als Zeitkoordinate vor, den Längengrad als räumliche Koordinate. Dann ist die Kugeloberfläche die Raumzeit, und die Breitenkreise sind die raumartigen Hyperflächen, in die man die Raumzeit zerlegen kann. Nun nimm einen Breitenkreis nahe an einem der Pole. Offensichtlich ist der sehr viel kleiner als ein Breitenkreis nahe am Äquator. Wanderst du also von einem der Pole in Richtung Äquator, d.h. wird der Breitengrad respektive die Zeitkoordinate immer größer, so wird der Breitenkreis, an dem du dich gerade befindest, immer größer.
Danke für die anschauliche Erklärung.

Mein ältester Bruder negiert die ontische Existenz der Zeit. Für ihn ist nur der Raum ontisch.

Sofern ich dies recht verstehe, folgt aus der ART, dass die Zeit eine Dimension der Raumzeit ist und es sich dabei um eine primordiales Phänomen handelt. Auf Basis von Einsteins Loch-Argument kann man dies im Geltungsrahmen der ART bestreiten, sofern ich dies recht verstehe.
Dem Naturwissenschaftler Tyrion antwortete ich mal:
In der SRT ist die Zeit als vierte Dimension der Raumzeit eine primordiale Eigenschaft der Natur. Allerdings ist dies in der ART keineswegs mehr so eindeutig. Die Hintergrundunabhängigkeit führt dazu, dass Koordinatensysteme beliebig sind. Daher ist es nicht klar, ob Zeit newtonisch als absolut real, oder leib­ni­zisch als Konstrukt einer relationalen Zeit anzusehen ist. Da mich dies allerdings - dies räume ich gerne ein - über meinen "Horizont" hinausführt, verweise ich auf folgende fachliche Erklärung:
Zitat von Agent Scullie:
Die Urknalltheorie basiert aber auf der ART, und in der steht nicht eindeutig fest, ob die Zeit eine primordiale Eigenschaft ist oder nicht. Im Raumzeit-Konzept der SRT z.B. ist die Zeit noch eindeutig primordial: zwei zeitartig getrennte Ereignisse (Raumzeit-Punkte) haben eine definierten Abstand voneinander, völlig unabhängig ob irgendetwas da ist, das sich verändern könnte. In der ART gilt das ebenfalls, wenn man eine gegebene Lösung der Feldgleichungen zugrundelegt. Allerdings ist da noch Einsteins Loch-Argument, das darauf hinausläuft, dass Raumzeitpunkte ohne Bezug zu materiellen Objekten, die sich durch die Raumzeit bewegen, nicht wohldefiniert sind (Stichwort: Hintergrundunabhängigkeit). Das könnte man so deuten, dass in der ART die Theorie der relationalen Zeit anzuwenden ist.
Könnte man daraus nicht ableiten, dass die Folgerung von meinem Bruder, dass Zeit keine primordiale Eigenschaft der Natur ist, aber der Raum sehr wohl, korrekt ist? Aber wie kann dann die Raumzeit als "Union" einer primordialen und nonprimordialen Eigenschaft ein ontisches Geflecht oder Medium sein? Das begreife ich einfach nicht.
Setzt Deine logische Argumentation (also die Folation der Raumzeit in raumartige Hyperflächen) voraus, dass die Zeit eine primordiale Eigenschaft der Natur ist?

Agent Scullie hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Bei meinen Brüdern herrscht die Vorstellung vor, dass der Raum, den man vielleicht als eine Art "Medium" oder "Geflecht" beschreiben kann, ja irgendwas sein muss (also ontisch), eine Art Raum-"Substanz".
Geht man nach der ART, ist der Raum nur ein sekundäres Konstrukt, das sich von der Raumzeit ableitet, indem man diese eben in raumartige Hyperflächen zerlegt. Die Raumzeit ist tatsächlich ontisch betrachtet etwas, das im weitesten Sinne auch als Substanz betrachtet werden kann.
Auch dann, wenn man die Auffassung vertritt, dass die Zeit kein primordiales Phänomen ist? Wie kann eine "Substanz" aus einem ontischen Raum und einer nononitschen Zeit gebildet werden? Wo ist mein Denkfehler?

Agent Scullie hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Als Analogie nehme ich mal einen Ozean, welcher expandiert. Der Wasserspiegel würde singen, sofern kein neues Wasser nachkommt. Sinkt er nicht, entsteht die Frage, woher das viele neue Wasser kommt.
Woher kommen die vielen Kubiklichtjahre an Raum, die durch die Expansion des Raumes scheinbar aus dem Nichts entstehen?
In der ART muss man dazu wie gesagt die Raumzeit betrachten. Näher an den traditionellen Vorstellungen von Raum und Zeit bewegen kann man sich z.B. in der kanonischen Quantengravitation, deren moderne Variante die Loop-Quantengravitation (LQG) ist. Demnach ist nicht die Raumzeit das primäre Objekt, sondern, ähnlich wie in der vorrelativistischen Physik, der Raum. Nach der LQG ist der Raum nun ein Spin-Netzwerk, er setzt sich aus Knoten und Kanten (Verbindungen zwischen den Knoten) zusammen. Wendet man die LQG auf das expandierende Universum an, so kann man davon ausgehen, dass sich ständig neue Knoten und Kanten bilden.
Könnte man gem. der LQG den Raum in "Raumquanten" von je einer Kubikplanklänge diskretisieren? Meine Brüder wollen von mir wissen, woher die vielen neuen "Raumquanten" kommen. Ich weiß es nicht.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#576 Re: "Dynamische relativistische Masse", was ist das?

Beitrag von Halman » Mo 7. Aug 2017, 16:30

Agent Scullie hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Da in meiner Familie die falsche Kategorisierung des Energiebegriffes als eine Art Sammelbegriff für alle Substanzen vorherrscht und der Raum auch als ontische Entität gedeutet wird, wird nach der Energiequelle für die Expansion des Raumes gesucht, weil dieser ja wie Materie Energie sei, also der Raum selbst, nicht die ihm enthaltenen Quantenfelder.
Dieser Vorstellung hatte ich immer widersprochen, weil ich schon ahnte, dass der Energiebegriff nicht auf den Raum anwendbar ist. Interessant ist allerdings, dass die Raumzeit (von welcher der Raum ja ein Teil ist) durch die Geometrie (Gravitation) Energie enthalten und über Gravitationswellen sogar transportieren kann.
Die von Gravitationswellen transportierte Energie zählt zur Feldenergie des Graviationsfeldes. Dieses hat natürlich nicht nur im Fall von Gravitationswellenlösungen eine Energie, sondern z.B. auch bei der Schwarzschild-Lösung oder der FLRW-Lösung. Die Feldenergie für die Schwarzschild-Lösung haben wir wir ja gerade ausführlich diskutiert. In der genannten Quelle:

https://arxiv.org/pdf/0903.3982.pdf

wird auch auf die Feldenergie für die FLRW-Lösung eingegangen. In Gleichung (43) ist die Gesamtenergie (Energie der Materie + Feldenergie des Gravitationsfeldes) angegeben, die eine Kugel um den Koordinatenursprung herum einschließt, deren Oberfläche die Radialkoordinate r hat. Für ein flaches Universum, d.h. für κ = 1, hängt die Energie vom Quadrat der ersten Zeitableitung des Skalenfaktors, also vom Qudrat der Geschwindigkeit der Expansion, ab. Wenn die Geschwindigkeit konstant ist, ist somit auch die Energie konstant, dann ist also keine Energiequelle erforderlich. Erst wenn sich die Geschwindigkeit ändert (z.B. größer wird, wie das bei einer beschleunigten Expansion, wie wir sie heute beobachten, der Fall ist), ändert sich die Energie: wird die Geschwindigkeit kleiner, so wird der Ausdruck in der Wurzel größer, und damit die Energie kleiner, wird umgekehrt die Geschwindigkeit größer, so wird der Ausdruck in der Wurzel kleiner, und damit die Energie größer.
Danke für die Erklärung. Nun bin ich wieder daheim, aber wenn ich dies meinen Brüdern am Wochenende zeige, rechne ich damit, dass sie mich darauf hinweisen, dass ihn dies zwar bezüglich der Massen einleuchtet, sie doch aber vom Raum (Space) selbst sprechen.
Meine Brüder meinen, dass für das Anwachsen des Raumes eine Energiequelle nötig ist, also dass der Raum nicht aus dem Nichts entstehen kann. Dies scheint aber der Fall zu sein, jedenfalls entnehme ich dies dem Buch Gravitation und Raumzeit von John A. Wheeler auf seite 16:
Die Wirkung der Gravitation umfaßt die Bewegung des Mondes am Himmel, den Fall eines Ziegelsteines vom Dachsims und die Bewegung der Erde um die Sonne ... Noch weit aufregender aber sind die Abermilliarden von Kubiklichtjahren an Raum, die jede Sekunde das Volumen des Universums vergrößern, zustandegekommen durch die Wirkung der Gravitation.

Im CERN werden Teilchen erzeugt, gespeist von der Energie aus dem Magnetfeldern der Teilchenbeschleunigers. Nun könnte ich ja behaupten: Wenn mehr Raumvolumen hinzukommt, dann muss dieser Raum erzeugt werden und dafür ist analog zur Erzeugung neuer Teilchen Energie notwendig. Warum gilt dies nicht für den Raum?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#577 Re: Grundsätzliche Überlegung zur "Energie"

Beitrag von Agent Scullie » Mo 7. Aug 2017, 16:59

Halman hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Nun, dann verrrichtet Kraft doch Arbeit.
Das kann man so sehen.
Dies würde ja bedeuten, dass Kraft so gesehen Energie enthält
Nein, die Kraft selbst enthält keine Energie, allerdings ist eine Energiequelle nötig, damit die Kraft wirken und Arbeit verrichten kann. Nimm das Beispiel mit dem Probekörper aus Eisen im Magnetfeld: das Magnetfeld verursacht eine Kraft auf den Probekörper, die an diesem Arbeit verrichtet, die Energie für die Arbeit ist aber nicht in der Kraft selbst enthalten, sondern im Magnetfeld.

Halman hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Also, es wirkt eine Kraft auf einen Körper und beschleunigt diesen, z.B. eine magnetische Kraft auf ein Probekörper aus Eisen. Dann meine ich, dass die magnetische Kraft Arbeit verrichtet und folgere, dass hier eine Energie wirkt.
Die magnetische Kraft verrichtet Arbeit am Probekörper, dem wird dadurch kinetische Energie zugeführt. Dabei wird dem Magnetfeld Energie entzogen. "Wirken" tut Energie nicht.
Also ist es die Kraft die wirkt und bei dieser Wechselwirkung wird Energie vom Magnetfeld zum Probekörper transportiert. Verstehe ich es so richtig?
Genau.

Halman hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:...

Meine Brüder (es sind zwei) und ich verstehen nicht, wie es sein kann, dass Sekunde um Sekunde mehre Milliarden Kubiklichtjahre im sichtbaren Universum hinzukommen.
Das hängt damit zusammen, dass die Raumzeit auf großräumigen Skalen entsprechend der FLRW-Metrik gekrümmt ist. Zerlegt man die Raumzeit in raumartige Hyperflächen, also in "Momentaufnahmen" des Universums, so ergibt sich aus der FLRW-Metrik, dass die Abstände zwischen den Galaxien von Hyperfläche zu Hyperfläche größer werden, was man salopp gesprochen so umschreiben kann, dass der Raum sich ausdehnt.

Eine nützliche Analogie ist eine Kugeloberfläche: stell dir den Breitengrad als Zeitkoordinate vor, den Längengrad als räumliche Koordinate. Dann ist die Kugeloberfläche die Raumzeit, und die Breitenkreise sind die raumartigen Hyperflächen, in die man die Raumzeit zerlegen kann. Nun nimm einen Breitenkreis nahe an einem der Pole. Offensichtlich ist der sehr viel kleiner als ein Breitenkreis nahe am Äquator. Wanderst du also von einem der Pole in Richtung Äquator, d.h. wird der Breitengrad respektive die Zeitkoordinate immer größer, so wird der Breitenkreis, an dem du dich gerade befindest, immer größer.
Danke für die anschauliche Erklärung.

Mein ältester Bruder negiert die ontische Existenz der Zeit. Für ihn ist nur der Raum ontisch.
Dann wird er mit der ART wohl keine Freude haben, in der kommt man nicht darum herum, die Raumzeit als ontisch anzusehen. Vielleicht ist ja die LQG eher was für ihn?

Halman hat geschrieben:Sofern ich dies recht verstehe, folgt aus der ART, dass die Zeit eine Dimension der Raumzeit ist und es sich dabei um eine primordiales Phänomen handelt. Auf Basis von Einsteins Loch-Argument kann man dies im Geltungsrahmen der ART bestreiten, sofern ich dies recht verstehe.
Dem Naturwissenschaftler Tyrion antwortete ich mal:
In der SRT ist die Zeit als vierte Dimension der Raumzeit eine primordiale Eigenschaft der Natur. Allerdings ist dies in der ART keineswegs mehr so eindeutig. Die Hintergrundunabhängigkeit führt dazu, dass Koordinatensysteme beliebig sind. Daher ist es nicht klar, ob Zeit newtonisch als absolut real, oder leib­ni­zisch als Konstrukt einer relationalen Zeit anzusehen ist. Da mich dies allerdings - dies räume ich gerne ein - über meinen "Horizont" hinausführt, verweise ich auf folgende fachliche Erklärung:
Zitat von Agent Scullie:
Die Urknalltheorie basiert aber auf der ART, und in der steht nicht eindeutig fest, ob die Zeit eine primordiale Eigenschaft ist oder nicht. Im Raumzeit-Konzept der SRT z.B. ist die Zeit noch eindeutig primordial: zwei zeitartig getrennte Ereignisse (Raumzeit-Punkte) haben eine definierten Abstand voneinander, völlig unabhängig ob irgendetwas da ist, das sich verändern könnte. In der ART gilt das ebenfalls, wenn man eine gegebene Lösung der Feldgleichungen zugrundelegt. Allerdings ist da noch Einsteins Loch-Argument, das darauf hinausläuft, dass Raumzeitpunkte ohne Bezug zu materiellen Objekten, die sich durch die Raumzeit bewegen, nicht wohldefiniert sind (Stichwort: Hintergrundunabhängigkeit). Das könnte man so deuten, dass in der ART die Theorie der relationalen Zeit anzuwenden ist.
Könnte man daraus nicht ableiten, dass die Folgerung von meinem Bruder, dass Zeit keine primordiale Eigenschaft der Natur ist, aber der Raum sehr wohl, korrekt ist?
Nein, das kann man daraus nicht ableiten, denn Einsteins Loch-Argument betrifft die Raum und Zeit gleichermaßen, also nicht nur den zeitlichen Part der Raumzeit. Außerdem besagt es nicht, dass die Raumzeit keine primordiale Eigenschaft der Natur wäre, sondern dass Punkte in der Raumzeit (in räumlicher wie zeitlicher Hinsicht) nicht ohne Bezug zu materiellen Objekten wohldefiniert sind.

Halman hat geschrieben:Aber wie kann dann die Raumzeit als "Union" einer primordialen und nonprimordialen Eigenschaft ein ontisches Geflecht oder Medium sein?
Gar nicht.

Halman hat geschrieben:Setzt Deine logische Argumentation (also die Foliation der Raumzeit in raumartige Hyperflächen) voraus, dass die Zeit eine primordiale Eigenschaft der Natur ist?
Nein.

Halman hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Als Analogie nehme ich mal einen Ozean, welcher expandiert. Der Wasserspiegel würde singen, sofern kein neues Wasser nachkommt. Sinkt er nicht, entsteht die Frage, woher das viele neue Wasser kommt.
Woher kommen die vielen Kubiklichtjahre an Raum, die durch die Expansion des Raumes scheinbar aus dem Nichts entstehen?
In der ART muss man dazu wie gesagt die Raumzeit betrachten. Näher an den traditionellen Vorstellungen von Raum und Zeit bewegen kann man sich z.B. in der kanonischen Quantengravitation, deren moderne Variante die Loop-Quantengravitation (LQG) ist. Demnach ist nicht die Raumzeit das primäre Objekt, sondern, ähnlich wie in der vorrelativistischen Physik, der Raum. Nach der LQG ist der Raum nun ein Spin-Netzwerk, er setzt sich aus Knoten und Kanten (Verbindungen zwischen den Knoten) zusammen. Wendet man die LQG auf das expandierende Universum an, so kann man davon ausgehen, dass sich ständig neue Knoten und Kanten bilden.
Könnte man gem. der LQG den Raum in "Raumquanten" von je einer Kubikplanklänge diskretisieren?
Man kann die Knoten als Raumquanten ansehen, allerdings haben die eher selten ein Volumen von einer Kubikplancklänge. Für das Volumen eines Raumquants sind mehrere unterschiedliche Werte möglich. Im Extremfall kann ein einzelnes Raumquant sogar ein makroskopisches Volumen haben.

Halman hat geschrieben:Meine Brüder wollen von mir wissen, woher die vielen neuen "Raumquanten" kommen.
Betrachtet man eine gegebene Konfigurations des Spin-Netzwerks, so kann man die Amplitude für den Übergang in eine andere Konfiguration, wie z.B. eine mit einer höheren Zahl an Knoten, berechnen. Die FLRW-Metrik führt dann dazu, dass die Amplitude für den Übergang in eine Konfiguration mit mehr Knoten besonders groß ist.
"Atheisten langweilen mich, weil sie immer nur von Gott reden"
(aus "Ansichten eines Clowns" von Heinrich Böll)

Agent Scullie
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#578 Re: "Dynamische relativistische Masse", was ist das?

Beitrag von Agent Scullie » Mo 7. Aug 2017, 17:09

Halman hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Da in meiner Familie die falsche Kategorisierung des Energiebegriffes als eine Art Sammelbegriff für alle Substanzen vorherrscht und der Raum auch als ontische Entität gedeutet wird, wird nach der Energiequelle für die Expansion des Raumes gesucht, weil dieser ja wie Materie Energie sei, also der Raum selbst, nicht die ihm enthaltenen Quantenfelder.
Dieser Vorstellung hatte ich immer widersprochen, weil ich schon ahnte, dass der Energiebegriff nicht auf den Raum anwendbar ist. Interessant ist allerdings, dass die Raumzeit (von welcher der Raum ja ein Teil ist) durch die Geometrie (Gravitation) Energie enthalten und über Gravitationswellen sogar transportieren kann.
Die von Gravitationswellen transportierte Energie zählt zur Feldenergie des Graviationsfeldes. Dieses hat natürlich nicht nur im Fall von Gravitationswellenlösungen eine Energie, sondern z.B. auch bei der Schwarzschild-Lösung oder der FLRW-Lösung. Die Feldenergie für die Schwarzschild-Lösung haben wir wir ja gerade ausführlich diskutiert. In der genannten Quelle:

https://arxiv.org/pdf/0903.3982.pdf

wird auch auf die Feldenergie für die FLRW-Lösung eingegangen. In Gleichung (43) ist die Gesamtenergie (Energie der Materie + Feldenergie des Gravitationsfeldes) angegeben, die eine Kugel um den Koordinatenursprung herum einschließt, deren Oberfläche die Radialkoordinate r hat. Für ein flaches Universum, d.h. für κ = 1, hängt die Energie vom Quadrat der ersten Zeitableitung des Skalenfaktors, also vom Qudrat der Geschwindigkeit der Expansion, ab. Wenn die Geschwindigkeit konstant ist, ist somit auch die Energie konstant, dann ist also keine Energiequelle erforderlich. Erst wenn sich die Geschwindigkeit ändert (z.B. größer wird, wie das bei einer beschleunigten Expansion, wie wir sie heute beobachten, der Fall ist), ändert sich die Energie: wird die Geschwindigkeit kleiner, so wird der Ausdruck in der Wurzel größer, und damit die Energie kleiner, wird umgekehrt die Geschwindigkeit größer, so wird der Ausdruck in der Wurzel kleiner, und damit die Energie größer.
Danke für die Erklärung. Nun bin ich wieder daheim, aber wenn ich dies meinen Brüdern am Wochenende zeige, rechne ich damit, dass sie mich darauf hinweisen, dass ihn dies zwar bezüglich der Massen einleuchtet, sie doch aber vom Raum (Space) selbst sprechen.
Meine Brüder meinen, dass für das Anwachsen des Raumes eine Energiequelle nötig ist, also dass der Raum nicht aus dem Nichts entstehen kann.
Aus der ART folgt anderes.

Halman hat geschrieben:Dies scheint aber der Fall zu sein, jedenfalls entnehme ich dies dem Buch Gravitation und Raumzeit von John A. Wheeler auf seite 16:
Die Wirkung der Gravitation umfaßt die Bewegung des Mondes am Himmel, den Fall eines Ziegelsteines vom Dachsims und die Bewegung der Erde um die Sonne ... Noch weit aufregender aber sind die Abermilliarden von Kubiklichtjahren an Raum, die jede Sekunde das Volumen des Universums vergrößern, zustandegekommen durch die Wirkung der Gravitation.
Es sagt aber nichts davon, dass für diese "Wirkung der Gravitation", von der er da spricht, eine Energiequelle nötig sei.

Halman hat geschrieben:Im CERN werden Teilchen erzeugt, gespeist von der Energie aus dem Magnetfeldern der Teilchenbeschleunigers. Nun könnte ich ja behaupten: Wenn mehr Raumvolumen hinzukommt, dann muss dieser Raum erzeugt werden und dafür ist analog zur Erzeugung neuer Teilchen Energie notwendig. Warum gilt dies nicht für den Raum?
Wenn am CERN ein Teilchen einmal erzeugt wurde und sich dann von seiner Erzeugungsstelle fortbewegt, so ist für die Fortbewegung auch keine Energiezufuhr notwendig. Die Friedmann-Gleichung, die die Expansion des Universums beschreibt, ist der Newtonschen Gleichung F = m a ähnlich. So wie aus der Newtonschen Gleichung folgt, dass eine Energiezufuhr notwendig ist, um ein Teilchen beschleunigen, aber nicht, um es sich mit konstanter Geschwindigkeit fortbewegen zu lassen, folgt aus der Friedmann-Gleichung, dass zwar eine Energiezufuhr notwendig ist, um die Expansion des Universums zu beschleunigen, aber nicht, um sie mit konstanter Geschwindigkeit ablaufen zu lassen.

Wenn ein Teilchen sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegt, kann man auch sagen, dass da "zurückgelegte Strecke" erzeugt würde, trotzdem erfordert dieses Erzeugen von zurückgelegter Strecke keine Energiezufuhr. Analog erfordert das Erzeugen von mehr Raumvolumen keine Energiezufuhr.
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Pluto
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#579 Re: "Dynamische relativistische Masse", was ist das?

Beitrag von Pluto » Mo 7. Aug 2017, 19:56

Agent Scullie hat geschrieben:So wie aus der Newtonschen Gleichung folgt, dass eine Energiezufuhr notwendig ist, um ein Teilchen beschleunigen, aber nicht, um es sich mit konstanter Geschwindigkeit fortbewegen zu lassen, folgt aus der Friedmann-Gleichung, dass zwar eine Energiezufuhr notwendig ist, um die Expansion des Universums zu beschleunigen, aber nicht, um sie mit konstanter Geschwindigkeit ablaufen zu lassen.
Wir beobachten ein beschleuningt expandierendes Universum. Da wird also Energie zugeführt.

Was mir nicht klar ist...
1.) Woher kommt diese Energie?
2.) Was expandiert eigentlich, wenn wir vom expandierenden Universum reden, wenn nicht der Raum selbst?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Agent Scullie
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#580 Re: "Dynamische relativistische Masse", was ist das?

Beitrag von Agent Scullie » Mo 7. Aug 2017, 23:42

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:So wie aus der Newtonschen Gleichung folgt, dass eine Energiezufuhr notwendig ist, um ein Teilchen beschleunigen, aber nicht, um es sich mit konstanter Geschwindigkeit fortbewegen zu lassen, folgt aus der Friedmann-Gleichung, dass zwar eine Energiezufuhr notwendig ist, um die Expansion des Universums zu beschleunigen, aber nicht, um sie mit konstanter Geschwindigkeit ablaufen zu lassen.
Wir beobachten ein beschleuningt expandierendes Universum. Da wird also Energie zugeführt.

Was mir nicht klar ist...
1.) Woher kommt diese Energie?
Wenn man nur den Materieanteil der Energie betrachtet, d.h. die Feldenergie des Gravitationsfeldes außer acht lässt, dann folgt, dass wenn der Druck des kosmischen Mediums negativ ist (wie das bei der Dunklen Energie der Fall ist), die Gesamtenergie des Universums zunimmt, global betrachtet also die Energieerhaltung nicht gilt. Umgekehrt würde bei positivem Druck (wie bei einem strahlungsdominierten Universum) Energie vernichtet werden.

Manche Physiker sind der Meinung, dass wenn man die Feldenergie des Gravitationsfeldes berücksichtigt, das Resultat wäre, dass die Gesamtenergie des Universums null wäre, jedem Energiebeitrag des Materieanteils mithin ein entgegengesetzt gleich großer Gravitationsenergiebeitrag gegenüberstünde. Die besagte Formel (43) in

https://arxiv.org/pdf/0903.3982.pdf

sagt aber etwas anderes.

Pluto hat geschrieben:2.) Was expandiert eigentlich, wenn wir vom expandierenden Universum reden, wenn nicht der Raum selbst?
Man kann das entweder so sehen, dass der Raum expandiert, oder aber so, dass eigentlich gar nichts expandiert, sondern lediglich die Raumzeit gekrümmt ist, gemäß der FLRW-Metrik.
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