Vielleicht geht es dir ja um folgendes:seeadler hat geschrieben:Meine hierzu grundsätzliche Aussage ist nun mal die, dass sich normaler Weise zwei Körper einander so nähern, dass die dabei vorhandene potentielle Energie in kinetische Energie verwandelt wird, so, dass sich innerhalb der Körper dabei zunächst nichts ändert bis auf den Umstand der immer mehr zunehmenden Gezeiten-Wirkung und damit dann auch der Annäherung an die Roche-grenze usw... Wenn sich nun beide Körper einander schneller nähern, als sie dies aus "freien Stücken heraus" tun würden, dann wird hier mehr Energie aufgenommen, als dann letztlich in Bewegung, die aufeinander abgestimmt ist, umgesetzt werden kann. Wenn beide Körper dabei aneinander vorbei fliegen, wie dies im Falle der Opposition der Konjunktion gegeben ist, dann ist der Einfluss quasi gleich 0, nicht aber, wenn sie sich dabei aufeinander zu bewegen, oder wiederum von einander entfernen, wie dies bei der "westlichen und östlichen Elongation" gegeben ist. In diesem besonderen Fall nehmen sie, also beide, mehr Energie auf, als sie in unmittelbare Bewegung umsetzen können. Denn ihre tatsächliche Geschwindigkeit aufeinander zu ist ja in diesem Fall "erzwungen", also nicht "aus freien Stücken heraus".
Im Dreikörpersystem Sonne+Erde+Venus kann des öfteren der Fall eintreten, dass die Anziehungskraft F_SE der Sonne auf die Erde und die Anziehungskraft F_VE der Venus auf die Erde genau senkrecht aufeinander stehen und die Richtung der Erdbahn genau in Richtung von F_VE verläuft, so dass die Strecke ds, die die Erde in einem kurzen Zeitintervall dt zurücklegt, genau in Richtung von F_VE zeigt. Und somit die an der Erde verrichtete Arbeit dW gerade durch F_VE ds gegeben ist, die Anziehungskraft der Sonne also keinen Anteil der verrichteten Arbeit hat, sondern nur die Anziehungskraft der Venus. Und nun ist deine Überlegung die, dass die Geschwindigkeit v, mit der die Erde sich bewegt, viel größer ist als sie es in einer vergleichbaren Situation in einem Zweikörpersystem aus Erde und Venus wäre, und dass somit auch die Strecke ds = v dt, die die Erde im Zeitintervall dt zurücklegt, viel größer ist als sie es im Zweikörpersystem Erde+Venus wäre. Und dass deswegen auch die Arbeit
dW = F_VE ds = F_VE v dt
viel größer ist als sie es im Zweikörpersystem Erde+Venus wäre. Und deswegen behauptest du, diese Arbeit könne nicht vollständig in kinetische Energie der Erde überführt werden.
Und diese Behauptung ist falsch. Wenn ein Körper durch eine Kraft F über eine Strecke ds hinweg beschleunigt wird, dann wird ihm immer die verrichtete Arbeit dW = F ds als kinetische Energie zugeführt. Wenn also an der Erde die Arbeit dW = F_VE v dt verrichtet wird, dann wird ihr auch die kinetische Energie dE_kin = dW zugeführt, also genau die Energie dW in Bewegung umgesetzt. Wie groß die verrichtete Arbeit und damit die zugeführte kinetische Energie in einem anderen System (etwa einem Zweikörpersystem aus Erde und Venus) in einer von dir als vergleichbar erachteten Situation wäre, ist dabei völlig ohne Belang.
Vielleicht ist dein Hintergedanke ja auch der, dass du meinst, die Anziehungskraft der Venus sei gar nicht in der Lage, der Erde die kinetische Energie dE_kin = F_VE v dt zuzuführen, weil diese kinetische Energie der potentiellen Energie zwischen Erde und Venus entnommen werden müsse (eine potentielle Energie zwischen Erde und Venus gibt es tatsächlich, zumindest bei Newton, es gibt keine Gravitationsfeld zwischen Erde und Venus, wohl aber eine potentielle Energie), und diese dafür nicht groß genug sei. Dieser Hintergedanke wäre aber ebenfalls falsch: außer aus der potentiellen Energie zwischen Erde und Venus kann die der Erde zugeführte kinetische Energie auch aus folgenden Energien bezogen werden:
- kinetische Energie der Venus
- kinetische Energie der Sonne
- potentielle Energie zwischen Sonne und Venus
Aufgrund der Tatsache, dass sich Erde und Venus im Dreikörpersystem Sonne+Erde+Venus eben nicht auf einfachen Ellipsenbahnen bewegen, wie man sie herausbekäme, wenn man die gravitative Wechselwirkung zwischen Erde und Venus vernachlässigen würde, ist es nämlich keineswegs so, dass diese drei Energien in der betrachteten Situation konstant blieben.
Deswegen nochmal: wenn du im Dreikörpersystem Sonne+Erde+Venus berücksichtigen willst, dass Erde und Venus sich anziehen, dann darfst du nicht die Näherung machen, Erde und Venus würden sich auf exakten Ellipsenbahnen bewegen. Diese Näherung führt dann zu völlig absurden Resultaten! Für korrekte Resultate ist es ganz wichtig zu berücksichtigen, dass die Anziehung zwischen Erde und Venus die Ellipsenbahnen stört.