Pluto hat geschrieben:Agent Scullie hat geschrieben:Pluto hat geschrieben:Aber wenn ein elektromagnetisches Feld schwankt entstehen Photonen
Nein, tun sie nicht. Photonen entstehen, wenn das Feld aus dem Vakuumzustand in einen Zustand mit einem oder mehreren Photonen wechselt. Solange das Feld im Vakuumzustand verbleibt, entstehen keine Photonen. Auch dann nicht, wenn die elektrische und magnetische Feldstärke im Vakuumzustand fluktuieren.
Sorry. Ich verstehe nur "Bahnhof". Du verlierst mich mit deinem technischen Jargon.
Nimm als Analogie noch einmal den harmonischen Oszillator:
https://de.wikipedia.org/wiki/Harmonisc ... nalen_Fall
In diesem Bild:
https://de.wikipedia.org/wiki/Harmonisc ... tionen.png
siehst du die unterschiedlichen möglichen Zustände des quantisierten harmonischen Oszillators: es gibt einen Grundzustand (n = 0), einen ersten angeregten Zustand (n = 1), einen zweiten angeregten Zustand (n = 2) usw. Je höher der "Anregungsgrad" n ist, desto mehr Nulldurchgänge hat die Wellenfunktion, und desto breiter ist der Bereich, über den sie delokalisiert ist.
Jetzt nimm die Grundzustands-Wellenfunktion ψ0(x) (die unterste im Bild). Die hat überhaupt keinen Nulldurchgang und ist von allen Wellenfunktionen am wenigsten delokalisiert, d.h. sie hat die geringste Breite. Diese Breite ist aber nicht null, was bedeutet, dass die Auslenkung des Oszillators auch im Grundzustand eine gewisse Unschärfe Δx > 0 aufweist. Das kann man so verstehen, dass der quantenmechanischen Grundzustand nicht dem klassischen Grundzustand entspricht, in dem sich der Oszillator in der Ruhelage x = 0 befindet, sondern Grundzustandsoszillationen auftreten, deren Amplitude durch Δx gegeben ist.
Das kann man auch mit der Unschärferelation zwischen Ort und Impuls (nicht etwa zwischen Energie und Zeit) begründen: in der klassischen Ruhelage wäre x = 0 und p = 0, sowohl Ort als auch Impuls hätten somit den scharfen Wert 0. Daher muss auch im Grundzustand Δx > 0 sein.
Die Grundzustandsoszillationen führen nun aber keinewegs dazu, dass der Oszillator in einen der angeregten Zustände (n > 0) übergeht. Es verbleibt, sofern er nicht durch einen äußeren Einfluss angeregt wird, im Grundzustand. Das kann man sich auch ganz gut über die Energie klarmachen: im Grundzustand hat der Oszillator die Energie 1/2 ħω, was gerade mit den Grundzustandsoszillationen zu tun hat - ohne die wäre die Grundzustandsenergie einfach 0. Der erste angeregte Zustand hat die Energie 3/2 ħω, der zweite angeregte Zustand die Energie 5/2 ħω, usw. Ohne Zufuhr zusätzlicher Energie kann folglich kein Wechsel in einen angeregten Zustand erfolgen.
Ganz ähnlich ist es nun beim elektromagnetischen Feld: jede Mode des Strahlungsfeldes kann wie ein harmonischer Oszillator behandelt werden, und hat daher im Grundzustand die Energie 1/2 ħω. So wie beim harmonischen Oszillator diese Grundzustandsenergie mit den Grundzustandsoszillationen zusammenhängt, hängt sie beim elektromagnetischen Feld mit den Vakuumfluktuationen der elektrischen Feldstärke zusammen. Und so wie beim harmonischen Oszillator die Grundzustandsoszillationen nicht zum Übergang in einen angeregten Zustand führen - dazu müsste ja zusätzliche Energie zugeführt werden - führen auch beim elektromagnetischen Feld die Vakuumfluktuationen der elektrischen Feldstärke nicht dazu, dass die jeweilige Mode in einen angeregten Zustand übergeht. Die angeregten Zustände sind es aber gerade, die der Anwesenheit von Photonen entsprechen: der erste angeregte Zustand bedeutet die Anwesenheit eines Photons, der zweite angeregte Zustand die Anwesenheit von zwei Photonen usw. Ohne Zufuhr von Energie von außen bleibt das Feld somit im Vakuumzustand, es entstehen keine Photonen.
Pluto hat geschrieben:Hier ist jedenfalls noch ein theoretischer Physiker der den Casimir Effekt mit Teilchen erklärt.
Und jedenfalls ist dieses Video noch ein Beispiel für eine populärwissenschaftliche Quelle. Ein guter Indikator dafür, dass eine Quelle populärwissenschaftliches Niveau hat, ist, dass sie wenig bis gar keine Mathematik enthält. In Darstellungen mit virtuellen Teilchenpaaren im Vakuumzustand werden i.d.R. wenige bis gar keine Formeln gezeigt. Bestenfalls wird die Formel für die Casimir-Kraft genannt, aber dann ganz ohne Herleitung, wie man auf diese Formel kommt. Da es zu der Darstellung mit den virtuellen Teilchenpaaren kein mathematisches Modell gibt (und diese Darstellung daher außer im populärwissenschaftlichen Bereich vollends unbrauchbar ist), muss man, wenn man die Herleitung dieser Formel präsentieren will, unweigerlich auf die korrekte Darstellung (also die fluktuierenden Feldern) ausweichen.
Pluto hat geschrieben:Er geht sogar noch weiter, in dem er von einem Experiment aus 2011 spricht, in dem reale Photonen im "dynamischen" Casimir-Aufbau produziert wurden.
Durch entsprechende Modifikationen des Casimir-Effekts, wie z.B. sich bewegende Platten, kann es durchaus sein, dass das elektromagnetische Strahlungsfeld dann nicht mehr im Grundzustand (= Vakuumzustand) verbleibt, sondern angeregt wird und somit in einen Zustand mit einem oder mehreren Photonen übergeht, so wie ein harmonischer Oszillator aus dem Grundzustand in einen angeregten Zustand wechsel kann, wenn man ihm von außen Energie zuführt.
Pluto hat geschrieben:Warum erzählem uns all diese Leute dass das Quantenvakuum einem brodelnden See voller Teilchen gleicht, wenn es nicht stimmt?
Hawking würde jetzt antworten, dass es für ihn als Positivisten Kategorien wie "stimmt" oder "stimmt nicht" nicht gibt. Für ihn gibt es nur "beschreibt die Beobachtungen sehr gut" oder "beschreibt die Beobachtungen weniger gut". In einer populärwissenschaftlichen Quelle braucht es keine Formeln, folglich reicht eine rein qualitative Beschreibung, die dann auch nur die Anforderung "beschreibt die Beobachtungen qualitativ gesehen sehr gut" zu erfüllen braucht.
Und die Nicht-Positivisten unter den Physikern gehen wohl mehrheitlich davon aus, dass virtuelle Teilchenpaare für den Laien leichter zu verstehen sind als fluktuierende Feldstärken.
Pluto hat geschrieben:Warum sollten sie uns belügen?
Hawking würde jetzt sagen, dass es für einen Positivisten wie ihn keine Lüge sei.
Und die Nicht-Positivisten unter den Physikern gehen mehrheitlich davon aus, dass populärwissenschaftliche Darstellungen komplexer physikalischer Zusammenhänge generell gewisse Ungenauigkeiten mit sich bringen, und deswegen auch solche Darstellungen wie die mit den virtuellen Teilchenpaaren im populärwissenschaftlichen Bereich akzeptabel seien.