Re: Informationsparadoxon bei Schwarzen Löchern

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ThomasM
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#151 Re: Informationsparadoxon bei Schwarzen Löchern

Beitrag von ThomasM » Mo 9. Feb 2015, 08:53

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Und solange die Frage nach a) und b) nicht gelöst ist, ist dieses Paradoxon nicht hinreichend geklärt.
Tja, das wissen Physiker doch längst. Es gibt nur 3 Alternativen:
a) Jedes Elektron ist ständig in Verbindung mit jedem anderen im Universum
b) Jedes Elektron hat die notwendigen Infos über andere alle anderen Elektronen
c) Die Quantenmechanik bleibt unverständlich

Pragmatisch gesehen ist die Antwort nicht relevant, so lange die Regeln bekannt sind und sie in der Praxis funktionieren.
Aktuell wird a) favorisiert, aber letztlich ist das keine Antwort, sondern nur eine Verschiebung der Antwort.
Denn a) bedeutet, dass das Paradoxon von einem einfachen verschränkten Paar auf das gesamte Universum geschoben wird. Da kommt man dann nicht weiter, es sei denn in Form der Everett Interpretation.

Alle Erweiterungen der Standardtheorie, also insbesondere die Versuche, die Einsteinsche Relativitätstheorie mit der Quantenmechanik zu verheiraten, nimmt einen fundamentalen Quantenmechanismus an, der im Prinzip besagt, dass das Universum selbst sich zu jeder Zeiteinheit teilt / entscheidet. Da alle Teilchen mit allen zusammenhängen, überträgt sich das in jedes verschränkte Paar.

Letztlich lauert dahinter die Erkenntnis, dass die Physik, die Naturwissenschaft keine letzte Antwort geben kann. Pragmatisch gesehen haben wir heute bereits alles, was wir für die Physik brauchen.

Der Rest ist Weltanschauung, sei es in Form einer Everettschen Vorstellung, in Form einer Hawkings Vorstellung oder in Form einer Vorstellung von Gott.

Gruß
Thomas
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Pluto
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#152 Re: Informationsparadoxon bei Schwarzen Löchern

Beitrag von Pluto » Mo 9. Feb 2015, 09:39

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Du müsstest erst mal definieren, was "beim Verlassen der Quelle" ist.
Sofort.
Solche Antworten sind ohne Angabe einer Toleranzgrenze nicht beantwortbar.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Vermutlich ist b) zutreffend.
Das hieße also, dass die Messung desselben Photons A nicht nur zur Polarisierung "I", sondern auch zur Polarisierung "-" führen könnte - allerdings NACH dieser Messung festgelegt ist. - Nicht wahr?
Ja klar. Beim Verlassen der Quelle, und bis zur Messung ist die Polarisierung unbekannt.

closs hat geschrieben:WENN das so wäre, würden philosophische Fragen kommen wie etwa:
Wenn es sich um Philosophie handeln würde, ja dann...
Aber hier geht um Physik und diese orientiert sich an Empirie und am praktisch Machbaren.
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Kannst du die Fragen konkretisieren?
Mich würde die Realität des Photons zwischen Verlassen der Quelle und Messung interessieren: Ist seine Polarisierung festgelegt oder ist er ein verschränkter Zwitter, dessen Polarisierung erst mit der Messung von A (und somit für B) festgelegt ist. - Im zweiten Fall müsste Photon B "merken", dass da bei A gerade etwas passiert. - Und WAS das ist, würde mich als Naturwissenschaftler brennend interessieren.
Die Frage ist philosophisch, nicht naturwissenschaftlich.
Es ist das Wesen der Naturwissenschat NICHT in solchen Absoluten zu arbeiten.

closs hat geschrieben:wenn man weiss, was statistisch passiert, muss man nicht in Einzelfällen rumwühlen.
E-ben.

closs hat geschrieben:Trotzdem müsste es eine Disziplin geben, die darüber nachdenkt, wie es theoretisch möglich sein kann, dass:
Eine solche Disziplin gibt es seit Jahrtausende. Sie heißt Philosoophie.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:a) Jedes Elektron ist ständig in Verbindung mit jedem anderen im Universum
b) Jedes Elektron hat die notwendigen Infos über andere alle anderen Elektronen
Machen das Kosmologen oder Mathematiker oder sonstwer NICHT?
Wieso streichst du Antwort c) ? Diese besagt wir stoßen hier vielleicht an die Grenzen der Erkenntnisfähigkeit?

Sich diese Antwort einzugestehen, hat sehr viel mit "intellektueller Redlichkeit" zu tun. Das ist die Antwort darauf, warum sich Mathematiker oder Kosmologen NICHT damit befassen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#153 Re: Informationsparadoxon bei Schwarzen Löchern

Beitrag von closs » Mo 9. Feb 2015, 09:52

Zeus hat geschrieben: rate mal, warum die Physiker immer noch von einem PARADOXON sprechen?
Guck mal genau hin: Das Paradoxon ist in beiden Fällen (1 oder 2) da - mich interessiert, ob dieses Parodoxon auf die Version 1 oder 2 hört. - Ganz andere Fragestellung.

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#154 Re: Informationsparadoxon bei Schwarzen Löchern

Beitrag von closs » Mo 9. Feb 2015, 10:16

ThomasM hat geschrieben:Paradoxon
Heisst "Paradoxon" nicht lediglich, dass man als Beobachter nicht zu Rande kommt? - Könnte das Paradox nicht aufgelöst sein, wenn man als Beobachter eine andere Perspektive einnimmt? bzw. einnehmen könnte?

Ich glaube nicht an eine Paradoxon der Realität/des Seins, sondern nur an Paradoxien der Wahrnehmung/Messung. - Wie seht Ihr das?

Pluto hat geschrieben:Solche Antworten sind ohne Angabe einer Toleranzgrenze nicht beantwortbar.
Du hast es, meine ich, so als Möglichkeit angeboten - deshalb habe ich es angekreuzt.

Pluto hat geschrieben:Es ist das Wesen der Naturwissenschat, NICHT in solchen Absoluten zu arbeiten.
Gute Aussage. - Merken wir uns. ;)

Pluto hat geschrieben:Wieso streichst du Antwort c) ?
Weil sie mir vorkommt, als sei sie eine Zusammenfassung und Erweiterung von a) und b). - Denn das Paradoxon besteht doch vermutlich darin, dass nicht die Realität/das Sein an sich paradox ist, sondern daran, dass es nur auf unserer Erscheinungsebene paradox ist.

Pluto hat geschrieben:Sich diese Antwort einzugestehen, hat sehr viel mit "intellektueller Redlichkeit" zu tun.
Das ist richtig - man muss sich seiner Grenzen bewusst sein. - Das heisst aber nicht, dass es unredlich sei, trotzdem die Realität/das Sein an sich zu thematisieren - auch wenn es per Naturwissenschaft nicht geht.

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#155 Re: Informationsparadoxon bei Schwarzen Löchern

Beitrag von ThomasM » Mo 9. Feb 2015, 12:13

closs hat geschrieben: Heisst "Paradoxon" nicht lediglich, dass man als Beobachter nicht zu Rande kommt? - Könnte das Paradox nicht aufgelöst sein, wenn man als Beobachter eine andere Perspektive einnimmt? bzw. einnehmen könnte?
Das stimmt zwar durchaus, aber die Frage ist, welche Perspektive?
Eine geisteswissenschaftliche kommt in der Regel nicht in Frage, da das Verständnis von Dingen zwischen Geisteswissenschaft und Naturwissenschaft so unterschiedlich sind, dass bereits seit einigen hundert Jahren ein Austausch kaum mehr möglich ist.

Auch die Philosophie bemüht sich recht vergeblich um einen Ausgleich. Letztens gab es mal einen Artikel darüber im Spektrum der Wissenschaft, aber wirklich weiterführend war der Artikel nicht. Darin ging es darum, sich von unseren Vorstellungen zu lösen, dass "Dinge" grundlegende Objekte sind. Auch "Eigenschaften" sollen abgeleitete Objekte sein. Statt dessen sollen "Relationen" grundlegend sein.

Aber solche Umdeutungen sind im allgemeinen sehr unfruchtbar, wenn sie nicht mit Mathematik begleitet werden, die es ermöglichen, die Beziehung zu unserem klassischen Verständnis herzustellen. Und das beruht nun mal auf den Konzepten Raum, Zeit, Impuls, Objekt, Welle

Gruß
Thomas
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#156 Re: Informationsparadoxon bei Schwarzen Löchern

Beitrag von Pluto » Mo 9. Feb 2015, 12:21

closs hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Paradoxon
Heisst "Paradoxon" nicht lediglich, dass man als Beobachter nicht zu Rande kommt? - Könnte das Paradox nicht aufgelöst sein, wenn man als Beobachter eine andere Perspektive einnimmt? bzw. einnehmen könnte?
Das Paradoxon ist, dass die Beobachtungen nicht der gewohnten Logik entsprechen.
Entweder, a) die Elektronen "wissen" was andere Elektronen tun,
oder b) sie tragen "versteckte" Informationen mit sich herum.
Da wir wissen, dass beides im Experiment praktisch ausgeschlossen werden kann, muss es einen unbekannten Grund geben, den wir nicht kennen.

closs hat geschrieben:Ich glaube nicht an eine Paradoxon der Realität/des Seins, sondern nur an Paradoxien der Wahrnehmung/Messung. - Wie seht Ihr das?
Dazu nochmals der Quantenphysiker Richard Feynman:
Das ist ein Problem mit dem sich die Wissenschaft abgefunden hat; ob sie es mögen oder nicht, sie haben gelernt, ob sie eine Theorie lieben oder nicht ist nicht die entscheidende Frage. Wichtiger ist, ob die Theorie Voraussagen macht die sich mit den Experimenten decken. Es geht nicht darum, ob eine Theorie philosophisch anmutend ist, oder leicht verständlich, oder sinnvoll ist, aus Sicht der Vernunft.

closs hat geschrieben:Denn das Paradoxon besteht doch vermutlich darin, dass nicht die Realität/das Sein an sich paradox ist, sondern daran, dass es nur auf unserer Erscheinungsebene paradox ist.
Wozu darüber spekulieren? Wir kennen die Antwort nicht.
Selbst wenn wir wüssten ob es Realität oder Wahrnehmung ist, wären wir nicht näher an der Lösung des Paradoxons.

closs hat geschrieben:Das heisst aber nicht, dass es unredlich sei, trotzdem die Realität/das Sein an sich zu thematisieren - auch wenn es per Naturwissenschaft nicht geht.
Es ist nicht so, dass die Wissenschaftler in den letzten 80 Jahren geschlafen hätten. Sie haben sich bemüht, das EPR-Paradoxon aufzulösen — ohne Erfolg.
Deshalb erscheint es mir äußerst unwahrscheilich, dass philosophische "Armsessel"-Überlegungen Antworten liefern können.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#157 Re: Informationsparadoxon bei Schwarzen Löchern

Beitrag von closs » Mo 9. Feb 2015, 12:23

ThomasM hat geschrieben:Darin ging es darum, sich von unseren Vorstellungen zu lösen, dass "Dinge" grundlegende Objekte sind. Auch "Eigenschaften" sollen abgeleitete Objekte sein. Statt dessen sollen "Relationen" grundlegend sein.
Wenn sie auch unabhängig von unserer Wahrnehmung "sind", ist das aus meiner Sicht ok.

Allerdings kommt manchmal der Verdacht auf, dass man dann gerne Dinge anthropozentriert, wenn die Wahrnehmung/Messung nicht mehr funktioniert. - Dann überträgt man Paradoxien der Wahrnehmung auf Parodoxien des Seins/der Realität. - Nachtigall ...

ThomasM hat geschrieben:wenn sie nicht mit Mathematik begleitet werden
Das wäre aus meiner Sicht die einzige Lösung, da Mathematik die einzige nicht-naturwissenschaftliche Disziplin ist, die von der Naturwissenschaft anerkannt wird.

Gibt es denn da nichts, was die Mathematik den Wahrnehmungs-Paradoxien der Naturwissenschaft entgegensetzen könnte?
Zuletzt geändert von closs am Mo 9. Feb 2015, 12:30, insgesamt 1-mal geändert.

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#158 Re: Informationsparadoxon bei Schwarzen Löchern

Beitrag von closs » Mo 9. Feb 2015, 12:30

Pluto hat geschrieben:Deshalb erscheint es mir äußerst unwahrscheilich, dass philosophische vom "Armsessel"-Überlegungen Antworten liefern können.
Konkrete Antworten NEIN. - Allerdings würde man aus philosophischer/spiritueller Sicht nie von "Paradoxon" sprechen, weil man es aus der eigenen Disziplin gewohnt ist, es mit Phänomen zu tun zu haben, die man vom Wesen nicht greifen kann, die aber annäherbar sind.

Der spirituelle Mensch würde nie auf die Idee kommen, von einem "Paradoxon des Seins/der Realität" zu sprechen, nur weil seine Wahrnehmung nicht so weit reicht, zu verstehen, dass es sich (wahrscheinlich) gar nicht um ein Paradoxon handelt. Die Verwendung "Paradoxon" kann auch Hinweis auf eine subtile Anthropozentrik sein, für die diejenigen anfällig sind, deren Maßstab die eigene Wahrnehmung ist.

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#159 Re: Informationsparadoxon bei Schwarzen Löchern

Beitrag von Scrypt0n » Mo 9. Feb 2015, 12:50

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Da es wie du selbst sagst, nicht beobachtbar ist, ist es irrelevant.
Das ist FALSCH.
Quark; was nicht beobachtbar ist und somit keinen (nachweislichen) Einfluss auf "uns" nimmt ist schlicht nicht relevant, da ebenso gut wie nicht-existent.

closs hat geschrieben:Aber es ist aus der Realität relevant
Für die Realität ist nichts relevant; die Realität denkt nicht.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Du verstehst nicht, oder willst es nicht verstehen, Widerlegt ist widerlegt.
So einfach ist das nicht.
Doch, genau so ist das.
Es gibt keine versteckten Parameter oder weitere Informationen; deine erdachte "Nockenwelle" gibt es nicht. Experimentell bestätigt! ;)

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#160 Re: Informationsparadoxon bei Schwarzen Löchern

Beitrag von ThomasM » Mo 9. Feb 2015, 13:41

Scrypt0n hat geschrieben: Quark; was nicht beobachtbar ist und somit keinen (nachweislichen) Einfluss auf "uns" nimmt ist schlicht nicht relevant, da ebenso gut wie nicht-existent.
Das ist nicht ganz korrekt.

In der Physik Community ist die Everett Interpretation oder die Multiuniversum Idee so en vogue, dass damit umgegangen wird, als wären es gesicherte Erkenntnisse. Obwohl diese Dinge weder beobachtbar sind noch sonstwie nachgewiesen werden können. Vermutlich niemals.

Merke: Die Strenge der naturwissenschaftlichen Beobachtung wird nicht mehr ganz so streng genommen, wenn es um die Weltanschauung geht, die einem gerade in den Kram passt.

Gruß
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