Hallo Seeadlerseeadler hat geschrieben: ich behaupte mal, mein lieber Thomas, dass das so nicht stimmt. Ich habe eher den Eindruck, und das wird mir ja jetzt auch wieder in den letzten Dialogen sehr "eindrucksvoll demonstriert", dass man sich schon längst auf eine unheimlich komplexe Lösung, sprich die Sache mit der Raum-Zeit-Krümmung, derart eingeschossen hat, dass man kaum noch imstande ist, und es auch nicht will, sich auf eine vollkommen neue Idee einzulassen.
Dein Eindruck in Ehren, aber ich widerspreche.
Der Punkt ist der Prozess, den naturwissenschaftliche Theorien gehen, gehen müssen.
Es gibt einen Spruch, der besagt "Genialität ist 1% Inspiration und 99% Transpiration"
Oft steht am Anfang einer neuen Entwicklung eine Idee, vielleicht sogar eine recht einfache Idee. Das Äquivalenzprinzip oder das Relativitätsprinzip von Einstein sind so Beispiele. Jede berühmte Theorie beruht auf so etwas.
Mehr noch: Wenn man sich beruflich mit solchen Dingen beschäftigt, dann kommen einem im Verlauf seiner Karriere ebenfalls Ideen. Auch in meiner Zeit als wissenschaftlicher Assistent hatte ich insgesamt so ca. 5-6 Ideen zu physikalischen Phänomenen.
Das ist die Inspiration.
Was macht man mit der Idee? Man arbeitet sie aus. Man prüft sie, man verbindet sie mit Bekanntem. Dazu ist Mathematik nötig, dazu muss man manchmal extrem komplexe Dinge lernen. So wie Einstein, der nach seiner Idee Äquivalenzprinzip nicht-euklidische Geometrie lernen musste.
Das ist nötig, weil man nur so herausfinden kann, ob die Idee etwas taugt. Man muss sie mit der Realität verbinden, Vorhersagen entwickeln, Grenzfälle diskutieren.
Wir sind hier ja nicht in der Philosophie oder Politik, wo man mit Worten um sich wirft.
Es geht um modellieren, rechnen.
Das ist die Transpiration.
Wenn die Idee dieses Fegefeuer der Prüfung nicht überlebt, war es keine gute Idee. Punkt.
Von meinen Ideen ist auf diese Weise auch nur eine übrig geblieben und bei der hat sich herausgestellt, dass sie zwar stimmt, aber doch nicht so gut ist, wie ich zuerst erhoffte.
Well, bad luck. Das ist vielleicht eine der Gründe, warum ich kein Professor geworden bin.
Es kann sogar sein, dass eine Idee gut ist und richtig, aber derjenige, der sie hat, nicht fähig ist, sie zu rechnen, zu prüfen, in ein Modell zu gießen. Auch dann ist die Idee nichts wert.
Ich habe dir schon öfter gesagt, dass es auch andere Methoden gibt, Ideen zu verarbeiten, in Form von Romanen, von Gedichten, von Bildern usw. Du willst unbedingt auf einem Gebiet etwas erreichen, wo du keine Chance hast, weil du nicht gewillt oder fähig bist, das, was du bisher nicht gelernt hast, nachzuholen.
Gruß
Thomas