Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

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Pluto
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#101 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » So 2. Okt 2016, 10:46

Agent Scullie hat geschrieben:Wenn man bedenkt, dass diese Millionen in ihren Fachpublikationen etwas ganz anderes schreiben als man bei Äußerungen, die sie in einem populärwissenschaftlichen Rahmen machen, von ihnen hört, relativiert sich das.
Das will ich doch gar nicht bezweifeln.
Aber inwiefern macht das die Verwendung von (virtuellen) Teilchen zur Veranschaulichung der Vorgänge falsch?

Agent Scullie hat geschrieben:Übrigens sind wir nicht fünf, sondern schon sieben. Die beiden Autoren des arxiv.org-Artikels zur Firewall, Daniel Harlow und Patrick Hayden, schreiben in ihrem Artikel nämlich auch nichts von virtuellen Teilchen.
Auch sieben, sind immer noch viel zu wenig, angesichts der bedrückenden Mehrheit die dies anders sehen.
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#102 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » So 2. Okt 2016, 13:58

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Wenn man bedenkt, dass diese Millionen in ihren Fachpublikationen etwas ganz anderes schreiben als man bei Äußerungen, die sie in einem populärwissenschaftlichen Rahmen machen, von ihnen hört, relativiert sich das.
Das will ich doch gar nicht bezweifeln.
Aber inwiefern macht das die Verwendung von (virtuellen) Teilchen zur Veranschaulichung der Vorgänge falsch?
Insofern, dass diese Veranschaulichung ganz einfach falsch ist, wenn man nach der QFT geht. Und eine Alternativtheorie zur QFT, in der diese Veranschaulichung eventuell richtiger sein könnte, gibt es bislang nicht.

In einer an Laien gerichteten populärwissenschaftlichen Darstellung könnte man so eine Veranschaulichung ja eventuell noch als "ungenau" akzeptieren, aber nicht, wenn die Laien dann, wie das hier in diesem Forum der Fall ist, anfangen, ernsthaft über die Thematik zu diskutieren.

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Übrigens sind wir nicht fünf, sondern schon sieben. Die beiden Autoren des arxiv.org-Artikels zur Firewall, Daniel Harlow und Patrick Hayden, schreiben in ihrem Artikel nämlich auch nichts von virtuellen Teilchen.
Auch sieben, sind immer noch viel zu wenig, angesichts der bedrückenden Mehrheit die dies anders sehen.
Es gibt keine Mehrheit, die das anders sehen, schon gar keine "bedrückende". Höchstens eine Mehrheit, die das in populärwissenschaftlichen Äußerungen anders darstellen. Aber nicht weil sie das anders sehen würden, sondern weil sie meinen, so könne der Laie das leichter verstehen.

Und übrigens sind wir schon acht, denn Markus Pössel, der Autor des Artikels zur Hawking-Strahlung, kommt auch noch dazu.
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#103 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » So 2. Okt 2016, 20:48

Agent Scullie hat geschrieben:Insofern, dass diese Veranschaulichung ganz einfach falsch ist, wenn man nach der QFT geht. Und eine Alternativtheorie zur QFT, in der diese Veranschaulichung eventuell richtiger sein könnte, gibt es bislang nicht.
Nochmals...
Es geht mir nicht um eine Allternativtheorie, sondern darum, dass eine Teilchen-Betrachtung es durchaus erlaubt, die QFT zu erklären. Selbst wenn sie deiner Meinung nach falsch ist, wird sie von tausenden wenn nicht millionen Physikern verwendet, und kann deshalb so schlecht nicht sein.

Agent Scullie hat geschrieben:In einer an Laien gerichteten populärwissenschaftlichen Darstellung könnte man so eine Veranschaulichung ja eventuell noch als "ungenau" akzeptieren, aber nicht, wenn die Laien dann, wie das hier in diesem Forum der Fall ist, anfangen, ernsthaft über die Thematik zu diskutieren.
Welche Schlussfolgerungen sind denn bei einem Teilchen-Modell wirklich anders und deshalb falsch?

Agent Scullie hat geschrieben:Es gibt keine Mehrheit, die das anders sehen, schon gar keine "bedrückende". Höchstens eine Mehrheit, die das in populärwissenschaftlichen Äußerungen anders darstellen. Aber nicht weil sie das anders sehen würden, sondern weil sie meinen, so könne der Laie das leichter verstehen.
Ist das denn nicht voll Okay?
Ich bleibe auf diesem Gebiet ein wissenschaftlich interessierter Amateur (= Liebhaber). Deshalb behaupte ich mal, dass das Teilchen-Modell gar nicht so schlecht sein kann, wenn es Physiker auf der ganzen Welt verwenden.

Agent Scullie hat geschrieben:Und übrigens sind wir schon acht, denn Markus Pössel, der Autor des Artikels zur Hawking-Strahlung, kommt auch noch dazu.
Du kannst es gerne auf 10, 20 oder 100 aufrunden, deshalb kippt die Sache noch lange nicht. :mrgreen:
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#104 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » So 2. Okt 2016, 23:06

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Insofern, dass diese Veranschaulichung ganz einfach falsch ist, wenn man nach der QFT geht. Und eine Alternativtheorie zur QFT, in der diese Veranschaulichung eventuell richtiger sein könnte, gibt es bislang nicht.
Nochmals...
Es geht mir nicht um eine Allternativtheorie, sondern darum, dass eine Teilchen-Betrachtung es durchaus erlaubt, die QFT zu erklären.
Und das tut sie aber eben nicht.

Pluto hat geschrieben:Selbst wenn sie deiner Meinung nach falsch ist, wird sie von tausenden wenn nicht millionen Physikern verwendet
Aber eben nur in populärwissenschaftlichen Quellen, in denen die Anforderungen an eine "Erklärung" darauf beschränkt sind, dass sie dem Laien einleuchtend erscheinen soll.

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:In einer an Laien gerichteten populärwissenschaftlichen Darstellung könnte man so eine Veranschaulichung ja eventuell noch als "ungenau" akzeptieren, aber nicht, wenn die Laien dann, wie das hier in diesem Forum der Fall ist, anfangen, ernsthaft über die Thematik zu diskutieren.
Welche Schlussfolgerungen sind denn bei einem Teilchen-Modell wirklich anders und deshalb falsch?
Z.B, die, die du in diesem Posting:

http://www.4religion.de/viewtopic.php?f ... 60#p212868

gezogen hast:

Von nichts kommt nichts ist nichts als ein alter alter Spruch , von dem man heute weiß dass es falsch ist.

Ein wirkliches Nichts gibt es gar nicht. Nichts ist nicht leer, sondern nur frei von Materie, aber es wimmelt nur so von Feldern und Fluktuationen. [...]
Das wurde bereits in den 40-er Jahren vom Niederländer Hendrik Casimir vorhergesagt. Diese zunächst unglaubwürdige Vorhersage wurde aber bereits 10 Jahre später im Experiment nachgewiesen (s. Caimir -Effekt). Aus dem angeblichen "Nichts" entstehen spontan Teilchen und Energie.
Beim Casimir-Effekt entstehen weder Teilchen noch Energie spontan.

Es gibt zwar ein kosmologisches Modell von Lawrence M. Krauss, das dieser so umschreibt, dass das Universum "aus dem Nichts" entstanden sei, das aber tatsächlich nur besagt, dass sich das Universum zunächst in einem Vakuumzustand befand, aus dem dann durch Quantengravitationseffekte ein Zustand mit einer großen Anzahl an Teilchen hervorging. Diese Quangravitationseffekte, die zu diesem Zustandsübergang führten, haben jedoch mit den im Vakuumzustand vorhandenen Feldfluktuationen wenig zu tun.

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Es gibt keine Mehrheit, die das anders sehen, schon gar keine "bedrückende". Höchstens eine Mehrheit, die das in populärwissenschaftlichen Äußerungen anders darstellen. Aber nicht weil sie das anders sehen würden, sondern weil sie meinen, so könne der Laie das leichter verstehen.
Ist das denn nicht voll Okay?
Ich bleibe auf diesem Gebiet ein wissenschaftlich interessierter Amateur (= Liebhaber).
Du meinst, du hast kein Interesse daran, dein Wissen auf diesem Gebiet zu erweitern? Das solltest du aber, wenn du meinst, Schlussfolgerungen wie die oben genannte in einer öffentlichen Diskussion als Argument vorbringen zu wollen. Wenn man sich an einer Diskussion beteiligt, sollte man auch darauf achten, über das jeweiligen Themengebiet bestmöglich informiert zu sein.

Pluto hat geschrieben:Deshalb behaupte ich mal, dass das Teilchen-Modell gar nicht so schlecht sein kann, wenn es Physiker auf der ganzen Welt verwenden.
Die verwenden es aber eben nur in populärwissenschaftlichen Darstellungen, die sich an Laien richten, deren Interesse eben nicht so weit geht, dass sie solche Darstellungen zur Grundlage von Diskussionen machen wollen.
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#105 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » So 2. Okt 2016, 23:59

Agent Scullie hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Welche Schlussfolgerungen sind denn bei einem Teilchen-Modell wirklich anders und deshalb falsch?
Z.B, die, die du in diesem Posting:

http://www.4religion.de/viewtopic.php?f ... 60#p212868

gezogen hast:
Du behauptest, dass die Teilchen-Erklärung falsch sei und deine richtig ist. Wie begründest du das?

Agent Scullie hat geschrieben:Beim Casimir-Effekt entstehen weder Teilchen noch Energie spontan.
Sondern?
Welche alternative Erklärungen gibt es für das Aufkommen der Kraft, die die Platten zusammendrückt?

Agent Scullie hat geschrieben:Es gibt zwar ein kosmologisches Modell von Lawrence M. Krauss, das dieser so umschreibt, dass das Universum "aus dem Nichts" entstanden sei, das aber tatsächlich nur besagt, dass sich das Universum zunächst in einem Vakuumzustand befand, aus dem dann durch Quantengravitationseffekte ein Zustand mit einer großen Anzahl an Teilchen hervorging. Diese Quangravitationseffekte, die zu diesem Zustandsübergang führten, haben jedoch mit den im Vakuumzustand vorhandenen Feldfluktuationen wenig zu tun.
Ich kenne sein Buch. Wenn seine Theorie so falsch ist, warum kommt kein Sturm der Entrüstung von der Physikern. Seltsamerweise ist die Debatte darüber vollkommen ausgeblieben.

Agent Scullie hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich bleibe auf diesem Gebiet ein wissenschaftlich interessierter Amateur (= Liebhaber).
Du meinst, du hast kein Interesse daran, dein Wissen auf diesem Gebiet zu erweitern?
Richtig. Neben der Physik interessiere ich mich für Philosophie, Hirnforschung, Paläontologie, Archäologie, Evolutionsbiologie und Geschichte. Diese Gebiete werde ich wegen der Physik nicht aufgeben.

Mich interessiert im Moment, warum so oft in der Physik von virtuellen Teilchen die Rede ist. Ich verstehe echt nicht, warum du diese alternative Betrachtung zu diskreditieren versuchst. Kann die Teilchen-Erklärung so falsch sein, wenn sie von so vielen Physiker, von Hawking über Weinberg bis Krauss (von Harald Lesch mal ganz zu schweigen) verwendet wird?

Agent Scullie hat geschrieben:Die verwenden es aber eben nur in populärwissenschaftlichen Darstellungen, die sich an Laien richten, deren Interesse eben nicht so weit geht, dass sie solche Darstellungen zur Grundlage von Diskussionen machen wollen.
Das sagtest du bereits...
Doch warum tun das so viele Physiker trotzdem? Was ist denn so falsch an der Teilchen-Erklärung?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#106 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Halman » Mo 3. Okt 2016, 02:01

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Beim Casimir-Effekt entstehen weder Teilchen noch Energie spontan.
Sondern?
Welche alternative Erklärungen gibt es für das Aufkommen der Kraft, die die Platten zusammendrückt?
Die, dass das EM-Feld dies bewirkt. Quantenfelder, wie das EM-Feld, können ebenfalls Kraft ausüben. Dafür sind nicht zwingend Teilchen erforderlich.

Im Folgenden werde ich mal versuchen, ein Minimum an Mathematik einzubauen. Falls ich darin Fehler mache, so bitte ich um Korrektur, so lerne ich.

Zwischen den Metallplatten sind weniger Feldkonfigurationen φ(x) möglich als außerhalb der Platten. Je geringer der Abstand zwischen den Platten ist, je weniger mögliche Wellen passen zwischen den Platten. Dies liegt laut Prof. Lesch daran, dass nur Wellen möglich sind, die mit ihren "Knotenpunkten" genau zwischen den Metallplatten passen, so, dass die "Knotenpunkte" genau auf den Platten liegen, denn "dort an den Platten muss das Feld der Schwankungen verschwinden".

Nehmen wir mal an, zwischen den Platten würden folgende Feldkonfigurationen passen: φ1, φ2, φ3. Dann würden diese möglichen Schwankungen einen Innendruck pi ausüben.

Nun sind außerhalb der Platten mehr Vakuumfluktuationen des EM-Feldes möglich, also von φ1 bis φn. Daraus folgt, dass der Außendruck pa größer als der Innendruck ist, also pa > pi.

Dies führt dazu, dass bei einem Experiment mit zwei Metallplatten von je 1 cm², deren Abstand bei 0,05 mm liegt, das Äquivalent von 10 Staubkörnchen (0,2 mg) an Gesamtdruck pc = pa - pi entspricht (so verstehe ich jedenfalls das oben verlinkte Video). Ganz ohne virtuelle Teilchen, alleine durch die Feldkonfigurationen, die ich mir als EM-Wellen des Feldes denke.
Nun könnte man einwenden, dass auch Photonen EM-Wellen sind. Allerdings kenne ich nur zwei "Arten" von Photonen:
1. Reale Photonen in Form von Anregungen des EM-Feldes und
2- Virtuelle Photonen in Form von Wechselwirkungen des EM-Feldes mit einem anderen Quantenfeld (ich denke da an das Elektronfeld/Diracfeld).
Vakuumfluktuationen ebenfalls als "virtuelle Teilchen" zu bezeichnen, würde bedeuten, diesen Begriff doppelt zu belegen. Dies scheint mir nicht der eindeutigen physikalischen Fachsprache zu entsprechen, soweit ich dies bisher von Agent Scullie gelernt habe.

Pluto hat geschrieben:Mich interessiert im Moment, warum so oft in der Physik von virtuellen Teilchen die Rede ist. Ich verstehe echt nicht, warum du diese alternative Betrachtung zu diskreditieren versuchst. Kann die Teilchen-Erklärung so falsch sein, wenn sie von so vielen Physiker, von Hawking über Weinberg bis Krauss (von Harald Lesch mal ganz zu schweigen) verwendet wird?
Mich würde mal eine Quelle von Steven Weinberg interessieren, in der er von virtuellen Teilchen in Verbindung mit Vakuumfluktuationen spricht.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#107 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » Mo 3. Okt 2016, 11:15

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Beim Casimir-Effekt entstehen weder Teilchen noch Energie spontan.
Sondern?
Welche alternative Erklärungen gibt es für das Aufkommen der Kraft, die die Platten zusammendrückt?
Die, dass das EM-Feld dies bewirkt. Quantenfelder, wie das EM-Feld, können ebenfalls Kraft ausüben. Dafür sind nicht zwingend Teilchen erforderlich.
Dass Teilchen nicht zwingend notwensig sind ist mir bekannt. Allerdings sind die Teilchen-Erklärung und die Feld-Erklärung meines Erachtens unterschiedliche Beschreibungen ein und desselben Phänomens.
Schon Einstein sprach von der Materie als eine erstarrte Form von Energie (E=mc²).

Eine der möglichen Erklärungen wird im Wikipedia-Artikel über den Casimir Effekt erwähnt...
  • Dazu werden virtuelle Teilchen angenommen, die aufgrund der Energieunschärfe kurzfristig aus dem Vakuum erzeugt werden.
Was sich genau zwischen den Platten im Casimir-Experiment abspielt, wissen wir nicht, also erstellen Physiker diverse Modelle, um den Effekt zu beschreiben. Deine Erklärung mit Quantenfeldern ist sicher richtig, aber das schließt nicht aus, dass es alternative Erklärungen gibt, wie eben das oft verwendete Teilchen-Modell.

Halman hat geschrieben:Nun könnte man einwenden, dass auch Photonen EM-Wellen sind. Allerdings kenne ich nur zwei "Arten" von Photonen:
1. Reale Photonen in Form von Anregungen des EM-Feldes und
2- Virtuelle Photonen in Form von Wechselwirkungen des EM-Feldes mit einem anderen Quantenfeld (ich denke da an das Elektronfeld/Diracfeld).
Vakuumfluktuationen ebenfalls als "virtuelle Teilchen" zu bezeichnen, würde bedeuten, diesen Begriff doppelt zu belegen.
Es handelt sich bei Photonen um die sog. Wellen-Teilchen Dualität, eine Erkenntnis wonach den Objekten der Quantenphysik gleichermaßen die Eigenschaften von klassischen Wellen wie die von klassischen Teilchen zugeschrieben werden müssen. So wird es auch immer wieder von Physikern erklärt. Hier ein Zitat von Dr. Wiebke Salzmann:
Tatsächlich ist Licht beides – Welle und Teilchen, denn Photonen sind quantenmechanische Objekte. Man nennt diese Eigenschaft, sowohl Welle als auch Teilchen zu sein, Welle-Teilchen-Dualismus. Dabei bedeutet „sowohl – als auch“ genau das: Das Objekt ist beides gleichzeitig. Je nachdem, welche seiner Eigenschaften man misst, zeigt es sich mehr als Teilchen oder mehr als Welle. Die Beschreibungen bestimmter Phänomene im Wellen- oder im Teilchenbild sind immer nur Vereinfachungen, um es unserer Anschauung leichter zu machten.
Im Prinzip betrifft dies alle Objekte – nur sind bei makroskopischen Objekten, die Wellenlängen so klein, dass man deren Welleneigenschaften vernachlässigen kann und beispielsweise einen Schrank oder einen Kieselstein als reines Teilchen betrachten kann.
[Quelle: http://www.physik.wissenstexte.de/unschaerfe_II.htm

Halman hat geschrieben:Mich würde mal eine Quelle von Steven Weinberg interessieren, in der er von virtuellen Teilchen in Verbindung mit Vakuumfluktuationen spricht.
Versuchs mal mit Kapitel 1 seines Buches: The First Three Minutes", in dem Weinberg das "Standardmodell" der Physik beschreibt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#108 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Mo 3. Okt 2016, 13:36

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Welche Schlussfolgerungen sind denn bei einem Teilchen-Modell wirklich anders und deshalb falsch?
Z.B, die, die du in diesem Posting:

http://www.4religion.de/viewtopic.php?f ... 60#p212868

gezogen hast:
Du behauptest, dass die Teilchen-Erklärung falsch sei und deine richtig ist. Wie begründest du das?
Immer noch genauso wie in meinem PDF-Dokument, auf das erstmals Halman in diesem Thread verwiesen hat (das 13-seitige, nicht das 43-seitige, das in der Zitierliste auftaucht), beschrieben:

http://www.xup.in/dl,14748946/Vakuumflu ... eldes.pdf/

Kurz zusammengefasst: aus der QFT folgt, dass die im Vakuumzustand auftretenden Vakuumfluktuationen als Feldfluktuationen zu verstehen sind, nicht als ständiges Entstehen und Wiederverschwinden von Teilchen oder Teilchenpaaren.

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Beim Casimir-Effekt entstehen weder Teilchen noch Energie spontan.
Sondern?
Welche alternative Erklärungen gibt es für das Aufkommen der Kraft, die die Platten zusammendrückt?
Jede Mode des elektromagnetischen Feldes besitzt eine gewisse Nullpunktenergie aka Vakuumenergie. Die entsteht nicht spontan, sondern ist immer da, was damit zu tun hat, dass der Vakuumzustand ein Energieeigenzustand ist. Und sie hat auch nichts mit spontan entstehenden Teilchen zu tun, sondern damit, dass das elektrische und magnetische Feld mit einer gewissen Amplitude schwanken (fluktuieren). Wenn man jetzt zwei parallele leitende Platten betrachtet, sondern im Zwischenraum zwischen den Platten nur noch bestimmte Moden des Feldes zugelassen, während außerhalb der beiden Platten weiterhin alle Moden zugelassen sind. Deswegen ist die Gesamtenergie aller Moden zwischen den Platten kleiner als außerhalb, und daraus folgt eine anziehende Kraft zwischen den Platten.

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Es gibt zwar ein kosmologisches Modell von Lawrence M. Krauss, das dieser so umschreibt, dass das Universum "aus dem Nichts" entstanden sei, das aber tatsächlich nur besagt, dass sich das Universum zunächst in einem Vakuumzustand befand, aus dem dann durch Quantengravitationseffekte ein Zustand mit einer großen Anzahl an Teilchen hervorging. Diese Quangravitationseffekte, die zu diesem Zustandsübergang führten, haben jedoch mit den im Vakuumzustand vorhandenen Feldfluktuationen wenig zu tun.
Ich kenne sein Buch. Wenn seine Theorie so falsch ist
Seine Theorie, also sein Modell, demzufolge sich das Universum zunächst in einem Vakuumzustand befand, aus dem dann durch Quantengravitationseffekte ein Zustand mit einer großen Anzahl an Teilchen hervorging, ist ja nicht falsch (es ist zumindest unwiderlegt), nur halt die populärwissenschaftliche Darstellung, die er in seinem (populärwissenschaftlichen) Buch präsentiert.

Pluto hat geschrieben:warum kommt kein Sturm der Entrüstung von der Physikern. Seltsamerweise ist die Debatte darüber vollkommen ausgeblieben.
Da täusch dich mal nicht. In dem von dir verlinkten Artikel:

http://www.tagesspiegel.de/wissen/vor-d ... 79340.html

gibt es einen Abschnitt "Krauss' Theorie provoziert Widerspruch". Lies mal diesen und die nachfolgenden Abschnitte.

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich bleibe auf diesem Gebiet ein wissenschaftlich interessierter Amateur (= Liebhaber).
Du meinst, du hast kein Interesse daran, dein Wissen auf diesem Gebiet zu erweitern?
Richtig.
Die Tatsache, dass du eine Frage wie die obige "Du behauptest, dass die Teilchen-Erklärung falsch sei und deine richtig ist. Wie begründest du das?" stellst, zeugt ganz offenkundig von etwas anderem. Nämlich davon, dass du davon überzeugt bist, die populärwissenschaftliche Darstellung mit den virtuellen Teilchen im Vakuumzustand sei nicht nur eine populärwissenschaftliche Darstellung, die bestenfalls für halbwegs interessierte Laien brauchbar ist, sondern sei auch von einer fachwissenschaftlichen Warte aus betrachtet als korrekt anzusehen.

Pluto hat geschrieben:Mich interessiert im Moment, warum so oft in der Physik von virtuellen Teilchen die Rede ist.
Oh, das kann ich dir sagen. In populärwissenschaftlichen Quellen, wie du sie liest oder dir ansiehst, ist an zwei verschiedenen Stellen von virtuellen Teilchen die Rede, einmal beim Vakuumzustand und andererseits bei Wechselwirkungsprozessen.

Was den Vakuumzustand anbetrifft, sind Darstellungen mit virtuellen Teilchen rundweg falsch, und werden in populärwissenschaftlichen Darstellungen nur deswegen verwendet, weil die jeweiligen Verfasser der Ansicht sind, die korrekte Darstellung mit Feldfluktuationen sei für den Laien zu schwer zu verstehen, und Darstellungen mit Teilchenpaaren könne der Laie leichter verstehen.

Was Wechselwirkungsprozesse angeht, z.B. die Streuung zweier Elektronen, liegt die Sache ganz anders, da treten virtuelle Teilchen auch in der fachwissenschaftlich korrekten Darstellung auf, jedenfalls im Rahmen der Störungsrechnung aka S-Matrix-Theorie. Hierzu verweise ich an meine ausführliche Antwort an Janina:

http://www.4religion.de/viewtopic.php?f ... 90#p215570

Pluto hat geschrieben:Ich verstehe echt nicht, warum du diese alternative Betrachtung zu diskreditieren versuchst.
Die populärwissenschaftliche Darstellung mit den virtuellen Teilchen beim Vakuumzustand "diskreditiere" ich deswegen, weil sie schlicht falsch ist. Und daran, dass sie das ist, ändert sich nichts dadurch, dass sie in populärwissenschaftlichen Darstellungen beliebt ist. Z.B. ist bei populärwissenschaftlichen der ART auch das Bild mit dem eingedellten Gummituch beliebt, das aber trotzdem schlicht falsch ist, weil in der ART die Krümmung der Raumzeit entscheidend ist, nicht die durch das eingedellte Gummituch veranschaulichte Krümmung des Raumes.

Pluto hat geschrieben:Kann die Teilchen-Erklärung so falsch sein, wenn sie von so vielen Physiker, von Hawking über Weinberg bis Krauss (von Harald Lesch mal ganz zu schweigen) verwendet wird?
Ja, weil alle Quellen, in denen diese Physiker diese Darstellung verwenden, populärwissenschaftliche Quellen sind. In keinem Lehrbuch zur QFT wirst du diese Darstellung finden. Und was Hawking anbetrifft: er erklärt selbst, dass für ihn als Positivist der Unterschied zwischen der falschen und der korrekten Darstellung gar nicht so groß ist. Falls du das als Anlass nehmen solltest, dich selbst ebenfalls zum Positivisten zu erklären, solltest du bedenken, dass du in einem vorherigen Posting von der physikalischen Realität gesprochen - und von der spricht man laut Hawking als Positivist grundsätzlich nicht.

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Die verwenden es aber eben nur in populärwissenschaftlichen Darstellungen, die sich an Laien richten, deren Interesse eben nicht so weit geht, dass sie solche Darstellungen zur Grundlage von Diskussionen machen wollen.
Das sagtest du bereits...
Na wenn du mir immer wieder die gleiche Frage stellst, brauchst du dich nicht wundern, wenn ich jedes Mal im wesentlichen die gleiche Antwort gebe.

Pluto hat geschrieben:Doch warum tun das so viele Physiker trotzdem?
Das steht doch in meiner Antwort, die du zitiert hast: weil sie zuweilen auchmal populärwissenschaftliche Darstellungen für Laien präsentieren.

Pluto hat geschrieben:Was ist denn so falsch an der Teilchen-Erklärung?
Das habe ich ganz oben in diesem Posting geschrieben. Soll ich es noch einmal wiederholen?

Kurz zusammengefasst: aus der QFT folgt, dass die im Vakuumzustand auftretenden Vakuumfluktuationen als Feldfluktuationen zu verstehen sind, nicht als ständiges Entstehen und Wiederverschwinden von Teilchen oder Teilchenpaaren.
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#109 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Mo 3. Okt 2016, 13:49

Pluto hat geschrieben:Dass Teilchen nicht zwingend notwensig sind ist mir bekannt. Allerdings sind die Teilchen-Erklärung und die Feld-Erklärung meines Erachtens unterschiedliche Beschreibungen ein und desselben Phänomens.
Und die Tatsache, dass dir darüber Gedanken machst, zeugt davon, dass deine Aussage "Ich bleibe auf diesem Gebiet ein wissenschaftlich interessierter Amateur (= Liebhaber)" eben doch nicht so ganz richtig ist.
Wer sich über so etwas Gedanken macht, der steht auf einer höheren Stufe als ein Laie, für den die populärwissenschaftliche Darstellung mit den virtuellen Teilchen im Vakuumzustand ausreichend ist.

Wärest du tatsächlich nur ein interessierter Amateur, ohne Interesse dein Fachwissen zu erweitern, dann würdest du dir z.B. bei diesem Artikel hier:

https://www.wissenschaft-online.de/astr ... .html#hawk

einfach denken, dass für dich als Laien nur der Abschnitt "Alles klar! Jetzt bitte mal für Menschen wie Du und ich" interessant wäre, und dich überhaupt gar nicht dafür interessieren, ob die Darstellung in diesem Abschnitt nach fachwissenschaftlichen Maßstäben als korrekt anzusehen wäre oder nicht. Und für genau solche Laien, die so denken, sind solche Darstellungen auch gedacht. Du denkst aber ganz offensichtlich nicht so, denn du interessierst dich ja dafür, ob solche Darstellungen, wie sie in diesem Abschnitt des Artikels zu finden sind, als (fachwissenschaftlich gesehen) korrekt einzustufen sind oder nicht.

Pluto hat geschrieben:Was sich genau zwischen den Platten im Casimir-Experiment abspielt, wissen wir nicht, also erstellen Physiker diverse Modelle, um den Effekt zu beschreiben. Deine Erklärung mit Quantenfeldern ist sicher richtig, aber das schließt nicht aus, dass es alternative Erklärungen gibt, wie eben das oft verwendete Teilchen-Modell.
Sicher, nur wäre eine alternative Erklärung nur als Teil einer Alternativtheorie zur QFT möglich. Die QFT sagt ganz klipp und klar aus, wie man sich den Vakuumzustand vorzustellen hat: als Fluktuation von Feldern, nicht als Entstehen und Verschwinden von Teilchenpaaren.

Eine Darstellung des Vakuumzustandes mit Teilchenpaaren steht also im Widerspruch zur QFT, und könnte allenfalls in einer Alternativtheorie zur QFT korrekt sein. So eine Alternativtheorie zur QFT ist aber bislang nicht bekannt. Wann immer heutzutage in einer populärwissenschaftlichen Darstellung ein Physiker von virtuellen Teilchenpaaren im Quantenvakuum spricht, dann handelt es sich dabei um eine populärwissenschaftliche Darstellung der QFT, nicht einer Alternativtheorie.
Zuletzt geändert von Agent Scullie am Mo 3. Okt 2016, 14:18, insgesamt 2-mal geändert.
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#110 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Mo 3. Okt 2016, 13:53

Halman hat geschrieben:Nun könnte man einwenden, dass auch Photonen EM-Wellen sind. Allerdings kenne ich nur zwei "Arten" von Photonen:
1. Reale Photonen in Form von Anregungen des EM-Feldes und
2- Virtuelle Photonen in Form von Wechselwirkungen des EM-Feldes mit einem anderen Quantenfeld (ich denke da an das Elektronfeld/Diracfeld).
Vakuumfluktuationen ebenfalls als "virtuelle Teilchen" zu bezeichnen, würde bedeuten, diesen Begriff doppelt zu belegen.
Die üblichen populärwissenschaftliche Darstellung mit virtuellen Teilchen(paaren) im Vakuumzustand besagen aber noch nicht einmal das. Da wird nicht etwa der Begriff "virtuelles Teilchen" für zwei unterschiedliche Dinge verwendet, sondern es wird vielmehr so dargestellt, als wäre beides dasselbe, als wären also die virtuellen Teilchen beim Vakuumzustand der gleiche Typ von virtuellen Teilchen, der auch Kräfte vermittelt.
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