Die Anatomie des Willens

Säkularismus
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closs
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#211 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Mo 4. Nov 2013, 22:29

Pluto hat geschrieben:Aber was du das schilderst, ist eine vollkommene Determiniertheit, die sich mit dem zentralen christlichen Glauben an den Freien Willen des Menschen beißt.
Davon abgesehen, dass der sogenannte "freie Wille" aus meiner Sicht KEINE wesentliche Rolle im Christentum spielt, würden Determiniertheit und Freier Wille NICHT beißen - denn: Beide gehören verschiedenen Dimensionen an: Fügung gehört zur Gottes-/Seins-Ebene - Freier Wille gehört zur Menschen-/Daseins-Ebene.

Pluto
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#212 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Pluto » Mo 4. Nov 2013, 22:36

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aber was du das schilderst, ist eine vollkommene Determiniertheit, die sich mit dem zentralen christlichen Glauben an den Freien Willen des Menschen beißt.
Davon abgesehen, dass der sogenannte "freie Wille" aus meiner Sicht KEINE wesentliche Rolle im Christentum spielt,
Das ist das Schwierige, mit Christen sich u unterhalten. Jeder scheint von selbst so fundamentalen Dingen wie der Freie Wille, eine eigene Meinung zu haben.

Beide gehören verschiedenen Dimensionen an: Fügung gehört zur Gottes-/Seins-Ebene - Freier Wille gehört zur Menschen-/Daseins-Ebene.
Diese Dimensionen gibt es schlichtweg nicht.
Solche Dimensionen sind wissenschaftlich unmöglich, aber für dich vielleicht noch wichtiger, sie sind auch nicht biblisch.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#213 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Mo 4. Nov 2013, 22:51

Pluto hat geschrieben:Solche Dimensionen sind wissenschaftlich unmöglich, aber für dich vielleicht noch wichtiger, sie sind auch nicht biblisch.
Dass das wissenschaftlich nicht möglich ist, kann man einsehen - schließlich ist Wissenschaft EIN System. - Menschliche (Wahrnehmungs-) und göttliche (Seins-) Dimension NICHT zu unterscheiden, wäre unbliblisch. Sie zu unterscheiden, ist sehr wohl biblisch. - Noch mehr: Täte man das nicht, wäre Gott eine naturalistische Größe. - Das geht überhaupt nicht.

Pluto hat geschrieben:Das ist das Schwierige, mit Christen sich u unterhalten. Jeder scheint von selbst so fundamentalen Dingen wie der Freie Wille, eine eigene Meinung zu haben.
Ja - das ist für Außenstehende wirklich schwierig. Und mir ist das erst aufgefallen, als ich vor knapp zwei Jahren in christlichen Foren aktiv wurde. Da hätte ich mir auch mehr Homogenität gewünscht.

Andererseits: Es gibt eine Heilsgeschichte auch des Glaubens - das heißt: Er entwickelt sich, bis man erkennt, wie man erkannt ist. - Vielleicht verstehst Du mich jetzt besser, wenn es mir lieber wäre, wenn man nur 1.Kor. 13 zur Lektüre frei geben würde. Alles andere verwirrt, wenn man geistig nicht bombenfest steht. - Ist übertrieben formuliert, aber ich sage es jetzt einfach mal so..

Christentum ist nur über die Werke missionierbar - nicht über die Foren - auch nicht über die Kanzel (es sei denn, die Kanzel predigt Werke). Alles andere ist dialektisch zu kompliziert. Ich habe 3 Monate gebraucht, bis ich das Buch Hiob "im Griff" hatte - und habe 2 Monate danach gebraucht, bis ich wieder etwas anderes lesen konnte. - Einfach schwierig zu lesen. - Das Ergebnis ist leicht - aber dieses Ergebnis zu erklären, ist sehr, sehr schwer.

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#214 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Pluto » Mo 4. Nov 2013, 23:01

closs hat geschrieben:Menschliche (Wahrnehmungs-) und göttliche (Seins-) Dimension NICHT zu unterscheiden, wäre unbliblisch. Sie zu unterscheiden, ist sehr wohl biblisch. - Noch mehr: Täte man das nicht, wäre Gott eine naturalistische Größe. - Das geht überhaupt nicht.
Dann zeige mir einfach die entsprechenden Bibelstellen, wo von göttlicher Dimension die Rede ist.

Da hätte ich mir auch mehr Homogenität gewünscht.
Genau. Die Heterogenität des Glaubens ist wahrhaft widersprüchlich!

Andererseits: Es gibt eine Heilsgeschichte auch des Glaubens - das heißt: Er entwickelt sich, bis man erkennt, wie man erkannt ist. - Vielleicht verstehst Du mich jetzt besser, wenn es mir lieber wäre, wenn man nur 1.Kor. 13 zur Lektüre frei geben würde. Alles andere verwirrt, wenn man geistig nicht bombenfest steht.
Es verwirrt aber offenbar auch streng gläubige Christen, nicht nur Ungläubige.

Ich habe 3 Monate gebraucht, bis ich das Buch Hiob "im Griff" hatte - und habe 2 Monate danach gebraucht, bis ich wieder etwas anderes lesen konnte. - Einfach schwierig zu lesen. - Das Ergebnis ist leicht - aber dieses Ergebnis zu erklären, ist sehr, sehr schwer.
Wolltest du nicht mal was zu deinen Erkenntnissen zu Hiob was schreiben?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#215 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Di 5. Nov 2013, 00:26

Pluto hat geschrieben:Dann zeige mir einfach die entsprechenden Bibelstellen, wo von göttlicher Dimension die Rede ist.
Oje - da würde man Tausende finden - nur dass dabei das Wort "Dimension" nicht vorkäme. - Allein die Chiffre, dass der Mensch Gott nicht erkennen/sehen/etc. kann, weist darauf hin - "Du sollst Dir kein Bildnis machen", etc. - das wäre wirklich nur eine Fleißarbeit.

Pluto hat geschrieben:Es verwirrt aber offenbar auch streng gläubige Christen, nicht nur Ungläubige.
Das kommt davon, wenn zu viel rum-intellektualisiert wird - 1.Kor. 13 reicht. - Ich kenne einige Menschen, die theologisch verwirrt sind, aber mit sehr großer Wahrscheinlichkeit bessere Christen sind als ich.

Pluto hat geschrieben:Wolltest du nicht mal was zu deinen Erkenntnissen zu Hiob was schreiben?
Zusammengefasst:
* Leid ist NICHT Folge subjektiver Schuld.
* Leid ist NICHT Folge eigenen Willens.
* Leid ist Ausdruck von Auserwähltheit (so, wie auch Kain auserwählt ist, das Stigma des Fluchs zu tragen). - Fluch ist das negative Gegenstück zu Begnadung - je nach heilsgeschichtlicher Rolle des Menschen.

Das in Kürze - in Länge müssten wir vorne anfangen und viele Zitate interpretieren.

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#216 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Pluto » Di 5. Nov 2013, 00:36

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Dann zeige mir einfach die entsprechenden Bibelstellen, wo von göttlicher Dimension die Rede ist.
Oje - da würde man Tausende finden -
Mir würden ja ein halbes Duzend locker reichen. :mrgreen:
nur dass dabei das Wort "Dimension" nicht vorkäme. -
Eben, meine Rede. Es gibt keine Bibelstellen, die Gott als überzeitliches Wesen bezeichnen. Im Gegenteil, wenn Gott zu den Menschen spricht, hält er sich eindeutig in unserer Welt auf.

Das kommt davon, wenn zu viel rum-intellektualisiert wird - 1.Kor. 13 reicht. - Ich kenne einige Menschen, die theologisch verwirrt sind, aber mit sehr großer Wahrscheinlichkeit bessere Christen sind als ich.
Das ist nicht das Thema.
Es ging mir um die Vielfalt der Meinungen, die da aufeinander treffen. :P

Das in Kürze - in Länge müssten wir vorne anfangen und viele Zitate interpretieren.
Ich hatte dir mal gesagt, dass Hiob einen sehr interessanten Thread ergeben würde.
Möchtest du ihn eröffnen, oder soll ich... ?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#217 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Di 5. Nov 2013, 00:50

Pluto hat geschrieben: Im Gegenteil, wenn Gott zu den Menschen spricht, hält er sich eindeutig in unserer Welt auf.
Alter Kategoriefehler zwischen göttlichem Sein und göttlicher Selbst-Offenbarung im Dasein. Du sprichst von letzterem.

Pluto hat geschrieben: Es gibt keine Bibelstellen, die Gott als überzeitliches Wesen bezeichnen.
Doch - das fängt schon an mit "Am Anfang schuf Gott". - „Anfang“ bezeichnet einen Zeitpunkt. Ein Zeitpunkt ist nur möglich, wenn es Zeit gibt. Da „Anfang“ somit den ersten Moment in der Zeit benennt, gibt es kein Zeitliches „vor“ dem Anfang. Der Ursprung des „Anfangs“ ist also nicht das Zeitliche.

Das Wort „Gott“ bedeutet somit, dass es ein Sein gibt, aus dem Zeit und Schöpfung kommen. Der Satz „Am Anfang schuf Gott“ hieße also ontologisch: „Das Sein über der Zeit, also das überzeitliche Sein, schuf die zeitliche Schöpfung aus sich heraus.“

Eine weitere Stelle wäre Johannes 8,58 "Ehe Abraham wurde, bin ich." - hier spricht die Selbst-Offenbarung Gottes im Dasein (also in diesem Falle Jesus) über dem Ursprung der göttlichen Selbst-Offenbarung im Sein. - Und andere Stellen gäbe es auch noch.

Pluto hat geschrieben:Ich hatte dir mal gesagt, dass Hiob einen sehr interessanten Thread ergeben würde.
Aber unter welchem Gesichtspunkt - einfach mal von vorne nach hinten im Sinne von "Gottesbild im Buch Hiob" ---?---

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#218 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Pluto » Di 5. Nov 2013, 01:16

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Im Gegenteil, wenn Gott zu den Menschen spricht, hält er sich eindeutig in unserer Welt auf.
Alter Kategoriefehler zwischen göttlichem Sein und göttlicher Selbst-Offenbarung im Dasein. Du sprichst von letzterem.
Wenn die ontologische Differnz gleich Null ist, gibt es kein Sein.
Mit der Behauptung, es gäbe das Sein, entziehst du dich zwar der Beweispflicht, begibts dich aber gleichzeitig ins Reich des Geistlichen, wovon wir nichts wirlich erfahren können.

Pluto hat geschrieben:Ich hatte dir mal gesagt, dass Hiob einen sehr interessanten Thread ergeben würde.
Aber unter welchem Gesichtspunkt - einfach mal von vorne nach hinten im Sinne von "Gottesbild im Buch Hiob" ---?---
Ja, warum nicht?
Das wäre doch mal ein guter breiter (weil allumfassender) Titel. :D
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#219 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von barbara » Di 5. Nov 2013, 06:29

Pluto hat geschrieben:Dann zeige mir einfach die entsprechenden Bibelstellen, wo von göttlicher Dimension die Rede ist.

äh... überall wo "Himmelreich" und "Reich Gottes" und "neues Jerusalem" und analoge Begriffe stehen...

Nur weil die Bibel andere Begriffe benutzt, bedeutet das nicht, dass sie die Sachverhalte nicht kennt.

Genau. Die Heterogenität des Glaubens ist wahrhaft widersprüchlich!

Es sind immer Menschen, die glauben, und alle Menschen haben unterschiedliche Erfahrungen, unterschiedliche Ansichten - folglich auch Unterschiede im Glauben.

Ein Problem ist das nicht per se.

Es verwirrt aber offenbar auch streng gläubige Christen, nicht nur Ungläubige.

ja, die christliche Tradition des "nur der Pfarrer darf erklären was die Bibel meint" und deren unschöne Auswüchse wirken leider noch sehr stark nach. Aber auch das Christentum macht seine Aufklärung durch und erhält moderne, logisch und empirisch stimmige Interpretationen

gruss, barbara

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#220 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Di 5. Nov 2013, 10:48

Pluto hat geschrieben:Wenn die ontologische Differnz gleich Null ist, gibt es kein Sein.
Stimmt. :lol: - Und Wenn sie Null WÄRE, gäbe es keine Religion (außer als innerbetriebliche Wochenendsveranstaltung - so wie heute Soaps).

Mit anderen Worten: Wenn es das Reich des Geistlichen (mein Reich ist nicht von dieser Welt) nicht gäbe, wären alle Religionen der Welt alberne Freizeitbeschäftigung (eventuell mit Placebo-Effekt).

Pluto hat geschrieben: ins Reich des Geistlichen, wovon wir nichts wirlich erfahren können
Davon erfahren wir täglich - allerdings ist es à la mode, diese Erfahrungen naturalistisch zu erklären.

barbara hat geschrieben:die christliche Tradition des "nur der Pfarrer darf erklären was die Bibel meint" und deren unschöne Auswüchse wirken leider noch sehr stark nach.
Das ist leider so - man merkt es tagtäglich bei den Positionierungen verschiedener Glaubensgemeinschaften.

barbara hat geschrieben:Aber auch das Christentum macht seine Aufklärung durch und erhält moderne, logisch und empirisch stimmige Interpretationen
... die aber auch falsch sein können.

Es gibt da leider kein Patent-Rezept: Weder ist der geistige Gehalt des Christentums von Glaubengemeinschaften reservierbar, noch ist er modern entwickelbar. - Er ist einfach wahr oder unwahr. - OB etwas wahr ist oder nicht, entscheidet nur Gott.

Wahrheit kann sich zwar vielfältig zeigen, ist aber selber eindeutig.

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