Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Säkularismus
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Ruth
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#31 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Ruth » Mi 11. Mai 2022, 12:06

Tree of life hat geschrieben:
Mi 11. Mai 2022, 11:46
Ruth hat geschrieben:
Mi 11. Mai 2022, 10:48
Ich denke, die ganzen Religionen sind deshalb entstanden, weil Menschen mit dem "Bösen", dem Leiden und Sterben nicht umgehen konnten.
Und wie kam man dann auf die 12 olympischen Götter und deren Eigenschaften?
Oder Amor in der römischen Mythologie: Amors Pfeil traf mich und hat in mir die "Liebe" erweckt.
Viellleicht, weil man nach Erklärungen suchte, warum und wieso etwas ist, wie es ist

Natürlich suchte man auch nach Göttern für die Liebe, als Gegner des Bösen. Aber erst nachdem das Böse stärker als das Gute wahrgenommen wurde.

Da die Liebe meist als positiv wahrgenommen wird, bräuchte man ohne das Böse keinen außerirdischen Machthaber, den man dafür verantwortlich machen müsste. Erst die scheinbar unüberwindbare Böse, das zumindest stärker zu sein schien, als das Gute, und das Gute scheinbar auffraß - mussten die Machthaber gesucht und verantwortlich gemacht werden. Diese musste man natürlich für beide Seiten finden, um wenigstens eine Chance zu finden, durch einen stärkeren Machthaber Böses unschädlich zu machen.

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SamuelB
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#32 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von SamuelB » Mi 11. Mai 2022, 12:14

Tree of life hat geschrieben:
Mi 11. Mai 2022, 11:46
Und wie kam man dann auf die 12 olympischen Götter und deren Eigenschaften?
Ich denke, da wurden menschliche Wünsche und Ängste personifiziert und Erklärungen gesucht für die Herkunft/ Entstehung von Erde und Mensch.

Amor ist aus der römischen Mythologie.

Tree of life
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#33 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Tree of life » Mi 11. Mai 2022, 18:08

SamuelB hat geschrieben:
Mi 11. Mai 2022, 12:14
Amor ist aus der römischen Mythologie.
Schrieb ich ja, Baby, vielleicht hast dus einfach übersehn :Herz:
Die andren 12 aus der griechischen!
Aber gibt ja auch genug "Götter" indigenerStämme.
Ich mag "Manitu"

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SamuelB
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#34 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von SamuelB » Mi 11. Mai 2022, 19:49

Tree of life hat geschrieben:
Mi 11. Mai 2022, 18:08
Schrieb ich ja, Baby, vielleicht hast dus einfach übersehn
Entschuldigung. 💚

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Naqual
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#35 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Naqual » Mi 11. Mai 2022, 20:31

Ruth hat geschrieben:
Mi 11. Mai 2022, 10:48
Interessant war für mich auch im Nachhinein, dass ich das Wort "Gnade" eher als ein Urteil empfand, als Befreiung. Auch das signalisierte mir, dass irgendetwas an der ganze Lehre um das "Evangelium" so nicht passt.
Ich gehöre ja auch zu denen die bei Betrachtung der "Geschichtlichen Fakten" den Darlegungen im NT sehr kritisch gegenüberstehen. Und auch in Bezug auf die Art und Weise wie die "institutionalisierte Religion", das Christentum sowohl bei Auswahl der Schriften und der, hm, sagen wir mal stark interpretativen Veränderungen der Texte gewirkt hat. Andererseits habe ich auch eine "spirituelle Ader", die anders funktioniert. Und ich sehe immer wieder Textstellen die einem weiterhelfen können, wenn man die "psychologischen Hilfestellungen für ein Glaubensleben" herausfiltert. Den "dogmatischen Hardlinern" ist dies zu wenig, weil die sehen das (etwas naiv und innerlich verängstigt) so, als wenn man dann selektiv die Stellen herauszieht die einem passen und den Rest über Bord wirft. So einfach ist es aber nicht, wenn auch grundsätzlich die Gefahr immer besteht (und gleichwohl von den Hardlinern selbst so betrieben wird, wenn auch nicht bewusst, dass manche Stellen schlicht ausgeblendet werden in den Betrachtungen). Letztlich kam dabei heraus, dass ich die Bibel ganz anders lese - und selbst wenn ich sie nicht für Gottes Wort halte (absolut nicht) - ihr stellenweise ziemlichen Respekt zolle.
Beispiel: Jesus Hervorheben der spärlichen Spende der armen Frau, die im Verhältnis zu dem was sie hat, sehr viel gegeben hat. Und Jesus dies verbal honoriert. Das kann man jetzt mit den Augen der institutionalen Religion so lesen, dass jede Spende zählt und Gott das aufrechte Herz belohnt (mit dem zu füllenden Klingelbeutel im geistigen Auge). Ich lese es anders, das was wir insbesondere geben können ist nicht etwas was wir haben (wie Geld) sondern nur das was wir sind. So gibt es Leute, die sind von Haus aus (quasi biologisch vorgegeben oder durch Umwelteinflüsse) "sozialer" und "lieber" drauf wie andere, auch bereitwilliger für andere etwas zu tun. Die haben mehr. Ich habe vielleicht weniger und fehlerbehafteter. Das was wir von Haus aus sind, ist aber nicht unser Verdienst (wir können nur mehr oder weniger dankbar dafür sein). Aber egal wo wir stehen, können wir mehr aus dem machen was wir sind. Für die "Armen" sogar nach objektiven Maßstäben einfacher ("selig sind die geistig Armen"), denn da zählt jeder Pfifferling. Das sind psychologische Kategorien z.B. gegen Hochmut und gegenüber dem Konkurrenzdenken das auch im Religiösen unser Empfinden tief durchdrungen hat. Alleine die Trennung zwischen Heiligen und normalen Kirchenvolk ist fatal (Nicht nur bei der Auswahl verschwiegener tatsächlicher Fakten, sondern schon vom grundsätzlichen Ansatz her).
Anderes Beispiel: bei der Kreuzigung Jesu zerreist der Vorhang der den allerheiligsten Teil des Tempels der nur dem Hohepriester vorbehalten ist, und der vom Rest des Tempels und dem religiösen Fußvolk trennt. Eine größere Kritik an der damalilgen institutionalisierten Religion (dem Judentum im Umfeld der Person Jesu) kann man sich gar nicht vorstellen. Und die Kirchen hingen die Vorhänge wieder neu auf. Und nicht nur einen. Während das Verhältnis Gott-Mensch unmittelbar ist und direkt (bei einem spirituell veranlagten religiösen Menschen), benötigt das Kirchenvolk sogar eine streng verschachtelte Hierachie von Stellenvertretern und Mittlern, die sich aber zwischen Gott und Mensch stellen. Selbst wenn mit guten Absichten.
Ups, jetzt bin ich ein wenig ins Reden gekommen. ....

Trotzdem wirft es auch gleichzeitig neue Fragen auf. Wie zB, warum nur (scheinbar) so wenig Menschen das wahrnehmen können (?)
Weil es massentaugliche Filter für unsere Wahrnehmungen gibt, die bereits in unserem Hirn gesteuert haben, bevor wir wahrnehmen. Dogmen gehören mit zu den Filtern. Andere Dinge betrachten wir als so selbstverständlich, dass wir Hand vor Augen nicht mehr sehen können. Allesamt (ich war auch schon oft genug Opfer davon). Dazu gehören teils so unschöne Sachen wie Machtstreben, die man nicht nur manifestiert in den kirchlichen Strukturen wiederfindet, sondern bereits im Gottesbild: ein übermächtiges Geistes Wesen, das am Ende der Gewinner ist und man gut beraten ist, sich auf die Seite des Siegers zu schlagen (so sehe ich die grundlegende Motivation vieler Kirchenchristen, auch wenn sie es anders ausdrücken würden). Dem personifizierten Überwesen mit seiner Gewaltigkeit steht nun der verhunzte Mensch gegenüber in einem unüberbrückbaren Gegensatz. In einer eher spirituellen oder mystischen Sicht rücken Gott und Mensch liebend zusammen, nicht Gegensätze zählen, sondern das Gemeinsame mit Ihm. Und sei es im spirituellen Erleben nur objektiv wenige Sekunden.
Der kirchenchristliche Gott über die Jahrhunderte (mit wenigen "Nischen-Christen") ist ein antiker Machtkerl, der um überhaupt vergeben zu können Opferblut sehen will (sogar ich kann meinem Nächsten verzeihen ohne ihm oder einem Stellvertreter eine reinhauen zu müssen). Also der "Machtkerl" ist genau das Gegenteil von einem Wesen mit dem man innerlich verbunden sein will (!) Und wenn der Filter vor diesem Machtkerl mal beseitigt ist, ist man sogar erstaunt, warum einem der Sachverhalt, der eigentlch so klar ist ständig verborgen war. Es ist wie eine kirchlich indizierte Massenhypnose.

 

oTp
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#36 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von oTp » Mi 11. Mai 2022, 22:42

Naqual hat geschrieben:
Mi 11. Mai 2022, 20:31
Der kirchenchristliche Gott über die Jahrhunderte (mit wenigen "Nischen-Christen") ist ein antiker Machtkerl, der um überhaupt vergeben zu können Opferblut sehen will (sogar ich kann meinem Nächsten verzeihen ohne ihm oder einem Stellvertreter eine reinhauen zu müssen).

Ach je, ja wer wie du die Religionen kennt, die Gottesvorstellungen, hat mehr Optionen als ein Traditions-Christ.
So geht es mir auch, ich habe mich gründlich umgeschaut, und so stellen sich für mich auch solche und überhaupt viele Fragen. 

Aber Strafe in Form von gerechter Vergeltung ist ja auch ein wichtiges Element der indischen Religions-Philosophie. 
Auch wenn die von Karma sprechen.

Ruth
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#37 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Ruth » Do 12. Mai 2022, 11:20

Naqual hat geschrieben:
Mi 11. Mai 2022, 20:31
Letztlich kam dabei heraus, dass ich die Bibel ganz anders lese - und selbst wenn ich sie nicht für Gottes Wort halte (absolut nicht) - ihr stellenweise ziemlichen Respekt zolle.
So ungefähr verstehe ich die biblischen Berichte inzwischen auch. Es sind einfach Berichte von Menschen über Menschen, die irgendwo in ihrem Leben auch Gott begegnet sind. Jeder auf seine Weise.
Angefangen hat das damit, das jemand mir vorgeschlagen hat, die vier Evangelien zu lesen ... ohne die ganzen Vorgaben, wie man diese denn verstehen solle. Ich habe sie dann gelesen, und nur darüber nachgedacht, wie Jesus den Menschen damals begegnet ist. Ob und wie er die einzelnen beurteilt hat. Jesus hat immer die Menschen im Blick gehabt. Nicht vordergründig nach ihren aktuellen Handlungen, sondern eher nach den Motiven, den Lebenshintergründen und deren Herzenshaltung. Besonders ist mir dabei aufgefallen, dass er vor allen anderen Aspekten, die Sündenvergebung aussprach, ohne dass die jeweiligen "Sünder" (nach den Urteilen des Volkes) darum gebeten haben. Er hat damit zuerst genau das Hindernis ausgeräumt, was die Obersten des Tempels als Hauptgrund dessen verkündigten, warum man (angeblich) von Gott getrennt sei, und folglich darum auch leiden müsse.
Und dann hat er oft betont anders, als das Gesetz vorschrieb, die einzelnen Menschen behandelt. Jedem, so wie dieser es brauchte und verstehen konnte.

Auch die "Predigten" von Jesus kann man dann auf diese Weise verstehen, wenn man alle erlernten Vorgaben mal ausblendet. zB bei der sogenannten Bergpredigt, von der behauptet wird, dass Jesus die Gesetze strenger gemacht hat, als es in dieser Zeit verstanden wurde. Ich verstehe es so, dass Jesus zunächst einen Spiegel vorgehalten hat, wie es wäre, wenn man buchstäblich nach den Gesetzen leben würde. Dann würden nämlich auch die besonders Frommen nicht mehr so gut dabei wegkommen, weil kein Mensch fähig ist, buchstäblich nach den Gesetze zu leben. Letztendlich würden alle verdammt werden, nach ihrem eigenen Verständnis.

In Joh. 5,39 LUT sagt Jesus:
 Ihr sucht in den Schriften, denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darin; und sie sind's, die von mir zeugen;

Ich sehe darin sogar einen Vorwurf von Jesus an die Schriftgelehrten. Sie glaubten, Gott zu kennen, durch die Schriften. Und verkündigten dem Volk ihre eigene Interpretation, genau so, dass sie selbst dabei gut wegkamen, aber das Fußvolk büßen müsse.
Jesus drückt das so aus, dass er erst einmal das in Frage stellt, was die Schriftgelehrten glaubten zu beherrschen: die Schriften, die sie als Gottes Gesetz verkündigten, aber selbst nicht wirklich verstanden oder eingehalten haben.

Wenn Jesus dann auch manchmal geraten hat: "sündige hinfort nicht mehr", dann hat er im Grunde nur vor den menschlichen Gesetzesgebern gewarnt. Weil beim nächsten Mal vielleicht niemand da sein würde, der sie davon retten könnte vor dem Urteil der Gesetzesgebern.

Naqual hat geschrieben:
Mi 11. Mai 2022, 20:31
Der kirchenchristliche Gott über die Jahrhunderte (mit wenigen "Nischen-Christen") ist ein antiker Machtkerl, der um überhaupt vergeben zu können Opferblut sehen will (sogar ich kann meinem Nächsten verzeihen ohne ihm oder einem Stellvertreter eine reinhauen zu müssen). Also der "Machtkerl" ist genau das Gegenteil von einem Wesen mit dem man innerlich verbunden sein will (!) Und wenn der Filter vor diesem Machtkerl mal beseitigt ist, ist man sogar erstaunt, warum einem der Sachverhalt, der eigentlch so klar ist ständig verborgen war. Es ist wie eine kirchlich indizierte Massenhypnose.
Faszinierend finde ich, in der Rückschau, dass man das Ganze auch noch als die einzig wahre Liebe dargestellt hat und es auch genau so geglaubt wurde. Ich erinnere mich, dass man uns in der Kinder-Sonntagschule die Machtverhältnisse und die Opferhandlungen als Liebe "verkauft" hat, indem man die menschlichen Systeme als Vorbild darstellte. Da Gott den Menschen geschaffen hat, hat er ihn (automatisch) in solche Verhältnisse eingefügt - "nach dem Bild Gottes". Beispiel wurde dabei auch die Völker aus der 3.Welt, den unerforschten Stämmen. Alle hatten Opferrituale, um die Götter zufrieden zu stellen. Das sollte der Beweis dazu sein, dass die Hierarchien und der Umgang damit von Gott zeugten, und nur vom Christentum (als der einzig richtige Weg) zurechtgerückt werden mussten, indem sie Jesus als das endgültige Opfer darstellen.

Trotzdem bin ich noch nicht ganz fertig mit der Frage, warum Gott solche Systeme und Handlungen "im Namen Gottes" so lange schon zulässt (?)
Gott nutzt scheinbar das ganze Drumherum der Versuche der Menschen, Gott in den Griff zu bekommen, um eine Beziehung zu einzelnen Menschen herzustellen. Es scheint so, als würde er die menschlichen Systeme und Hierarchien damit bestätigen.

Eine mögliche Antwort habe ich in der Geschichte von dem Propheten Elia gefunden, in 1. Könige Kap. 18+19. Als Elia die Baalspriester nach einer spektakulären Show niedermetzeln ließ. Gott hat scheinbar das Handeln von Elia bestätigt. Hinterher wurde Elia ganz schwach, wollte sterben - aller Mut hatte ihn verlassen. Gott lud ihn auf einen Berg ein, wo Elia Gott begegnen sollte. Gott zeigte sich im "Wetter". Zunächst kam schwerer zerstörerischer Sturm auf ... in dem Gott NICHT war. Zuletzt war da nur noch ein sanftes säuseln ... dort erkannte Elia Gott und ihn befiel Ehrfurcht ...

.... Gott hat das Handeln von Elia bestätigt, WEIL Elia damit das Volk wieder auf Gott hinweisen wollte. Die Art, wie Elia es tat, war eher menschlich geprägt. Aber es hatte die Folge, dass das Volk sich wieder Gott zuwandte. Nur darum hatte Gott "seinen Segen" dazu gegeben.

Und deshalb denke ich auch, dass Gott die verschiedenen Religionen manchmal auf eine Weise bestätigt, um den Focus der Menschen zu Gott (der ja ohnehin anwesend ist) zur Umkehr zu lenken - zurück zu Gott, damit sie (wieder) Gott wahrnehmen können.
Zuletzt geändert von Ruth am Do 12. Mai 2022, 11:55, insgesamt 2-mal geändert.

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#38 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Naqual » Do 12. Mai 2022, 11:41

-entfällt-
Zuletzt geändert von Naqual am Do 12. Mai 2022, 11:42, insgesamt 1-mal geändert.

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#39 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Naqual » Do 12. Mai 2022, 11:41

oTp hat geschrieben:
Mi 11. Mai 2022, 22:42
Aber Strafe in Form von gerechter Vergeltung ist ja auch ein wichtiges Element der indischen Religions-Philosophie. 
Auch wenn die von Karma sprechen.
Ich denke, da muss man vorsichtig sein. Das Problem beim Hinduismus für Leute aus dem christlichen Kulturkreis ist, dass man nicht einfach die Vokabeln nehmen kann (wie z.B. Strafe, Schuld, Karma), da es ein völlig anderes und komplexes Begriffs- und Denksystem ist. (Wie Du sicher auch schon erfahren hast) So sehr wie ich persönlich es begrüße wenn man sich mit anderen Religionen (oder überhaupt anderen Denksystemen) beschäftigt, die Gefahr dabei ist eine Verirrnung und Verwirrung, eben weil man zu stark auf das eigene Begriffssystem aufbaut.
Strafe z.B. ist im Christentum eingebettet in ein System von Reaktionen von Wesen (Gott, Mensch) Also ein Gott A bestraft z.B. Mensch B, für dieses oder jenes. Beim Karma handelt sich nicht um Strafe (es gibt auch die christliche "Schuldvorstellung" nicht), sondern jegliches Handeln selbst unterliegt einem Automatismus von Ursache und Wirkung (egal wann diese eintritt, und sei es in einem vermuteten späteren Leben). Also man braucht sich gar keine Gedanken machen wer straft oder (Thread-Thema) ob es bessere Alternativen gibt. Das geschieht so oder so in deren Sicht. Ich kann das sogar gut nachvollziehen, weil es im großen und ganzen meinen Erfahrungen entspricht, z.B. habe ich immer festgestellt, dass Leute, die sich leicht damit tun andere Leute anzulügen, die gleichen sind, die sich selbst schlecht einschätzen können und sich selbst belügen (sich schnell was vormachen). Oder Leute, die ein offensiveres (aggressiveres) Naturell haben, mehr mit solchen Verhalten gegenüber sich selbst konfrontiert sind, usw.
Natürlich gibt es (geringfügig) auch Schnittmengen bei christlicher Strafe und hinduistischem Karma (z.B. die zugrunde gelegte Vorstellung von zu schaffender Gerechtigkeit), aber eigentlich ist es was völlig anderes vom Wirkprinzip her.
Gut finde ich den von Dir verwendeten Begriff "indische Religions-Philosophie". Das trifft es sehr gut, denn es ein sehr anspruchsvolles philosophisches System, auf dem fälschlich aus dem christlichen Kulturkreis herabgeschaut wird, und das haben die auch nicht gerade verdient. So ist es nicht einfach ein "Polytheistisches System", sondern in letzter Konsequenz sogar stringent monotheistisch, das wäre aber eine ganz andere Debatte. Deswegen nur die Stichworte: die verschiedenen Götter sind letztlich nur Erscheinungsformen des Einen. Wechselseitige Verwiesenheit von Atman und Brahman zu dem Einen, ähnlich (nicht gleich) dem christlicher Mystiker.
Aber ich bin jetzt nicht der Fachmann für Hinduismus, eher ein "Überflieger", denke aber das ich das System besser verstanden habe, wie so mancher Yoga- oder Bagwan-Fan der 70er und 80er Jahre.


 

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#40 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Naqual » Do 12. Mai 2022, 17:03

Ruth hat geschrieben:
Do 12. Mai 2022, 11:20
Auch die "Predigten" von Jesus kann man dann auf diese Weise verstehen, wenn man alle erlernten Vorgaben mal ausblendet. zB bei der sogenannten Bergpredigt, von der behauptet wird, dass Jesus die Gesetze strenger gemacht hat, als es in dieser Zeit verstanden wurde. Ich verstehe es so, dass Jesus zunächst einen Spiegel vorgehalten hat, wie es wäre, wenn man buchstäblich nach den Gesetzen leben würde. Dann würden nämlich auch die besonders Frommen nicht mehr so gut dabei wegkommen, weil kein Mensch fähig ist, buchstäblich nach den Gesetze zu leben. Letztendlich würden alle verdammt werden, nach ihrem eigenen Verständnis.
Ohne zu widersprechen: :-)
In der Predigt treibt es Jesus ja auf die Spitze. Auf gewisse Art führt er ja das Gesetz als solches ad absurdum, wobei er gleichzeitig klarstellt, dass es nicht so einfach ist, wie es einfach fallen zu lassen. Im Gegenteil, Beispiel: ("Codewort" stets: "ich aber sage euch") Im Gesetz steht, wer tötet, gehört vor ein Gericht. Jesus nun: wer seinem Bruder innerlich nur zürnt gehört bereits bestraft.
Das ist der Kern an der Sache: Es geht nicht etwa darum, bestimmte Vorschriften einzuhalten, es geht um die innere Einstellung. Diese ist wichtig. Jesus nimmt quasi die Perspektive des Herzens ein. Und worin besteht denn auch die "Gottesnähe" (bevorzuge ich zur antiken Terminologe von Himmel und Hölle)? Gott nahe sein können wir nicht räumlich, sondern nur mit unserer inneren Haltung (egal wie schwankend dies auch sein mag, was in der Natur des Menschen liegt). In heutiger Wortwahl könnte man sagen, Jesus geht die ganze Problematik psychologisch an und die damals hatten nur eine etwas derbe Art ("höllisches Feuer") darüber zu reden ohne die heutige Wortwahl zu kennen.
Jesus sagt auch in dieser Predigt immer wieder "selig sind" (heutiges Kirchenverständnis, wenn auch falsch: "selig im Himmel sein...eines Tages".) Jesus sieht das im HIer und Jetzt. Selig, sind die.... Also selig (froh und glücklich sein) in Gottesnähe bereits im Vollzug des Geforderten! Das wird m.E. immer übersehen. Und wenn es heißt "selig sind die Sanftmütigen, denn ihnen wird die Welt gehören" dann ist die eine "spirituelle Denke", denn machtpolitisch kommt nur Murks dabei heraus. Aber man muss tatsächlich einige meditative Hirnarbeit verrichten um es geradezurücken, zu verstehen. Versuch mal! Ist eine interessante Denksportaufgabe :-)

Ich sehe darin sogar einen Vorwurf von Jesus an die Schriftgelehrten. Sie glaubten, Gott zu kennen, durch die Schriften. Und verkündigten dem Volk ihre eigene Interpretation, genau so, dass sie selbst dabei gut wegkamen, aber das Fußvolk büßen müsse.
Jesus drückt das so aus, dass er erst einmal das in Frage stellt, was die Schriftgelehrten glaubten zu beherrschen: die Schriften, die sie als Gottes Gesetz verkündigten, aber selbst nicht wirklich verstanden oder eingehalten haben.
Für mein Verständnis lehrte Jesus eine "innere Spiritualität" statt das äußerliche Befolgen von Ritualen und Vorschriften. (Letztere heben das erstere auch nicht auf, im Gegenteil kann sehr nützlich sein, wenn wir heute auch - im Wissen weiterentwickelt - viele Rituale und Vorschriften anders regeln würden.)
Die organisierten Kirchen vielen eigentlich wieder auf das "Niveau", oder besser den Blickwinkel, der Schriftgelehrten zurück. Der Kardinalfehler, weil die "innere Spiritualität" nebensächlich wurde. Die höchste Perversion dieses Prozesses kann man dann im mittelalterlichen Ablasshandel sehen. Da standen selbst die Schriftgelehrten im Vergleich noch gut da.


Wenn Jesus dann auch manchmal geraten hat: "sündige hinfort nicht mehr", dann hat er im Grunde nur vor den menschlichen Gesetzesgebern gewarnt. Weil beim nächsten Mal vielleicht niemand da sein würde, der sie davon retten könnte vor dem Urteil der Gesetzesgebern.
Auch hier würde ich "verinnerlichen" (spirituell sehen). Die Folge vom Sündigen ist, dass man die Herrschaft über sich selbst verliert und sich in seinen Leidenschaften verirrt und abhängig wird (Gleichzeitig ist Leidenschaft aber auch positiv - es ist ja ein innerer Geisteszustand).

Trotzdem bin ich noch nicht ganz fertig mit der Frage, warum Gott solche Systeme und Handlungen "im Namen Gottes" so lange schon zulässt (?)
Gott nutzt scheinbar das ganze Drumherum der Versuche der Menschen, Gott in den Griff zu bekommen, um eine Beziehung zu einzelnen Menschen herzustellen. Es scheint so, als würde er die menschlichen Systeme und Hierarchien damit bestätigen.

Hier wird's schwierig, vor allem im Abstraktionsgrad und dem was wir uns vorstellen können. Ich möchte mir auch nicht anmaßen eine umfassend befriedigende Antwort zu geben. Ich kann nur Gedankengänge von mir wiedergeben, die an dieser Stelle alles andere als beendet sind.

Voraussetzung für das aufgezeigte Problem ist die Gottesvorstellung. Man stellt sich Gott wie ein menschliches Wesen, wie eine menschliche Persönlichkeit vor, nur das er allmächtig ist und quasi wie ein Geist überall auftauchen kann. Eine unabhängige Entität die quasi im astralen Raum schwebt und seine Kraft im hiesigen Raum-Zeit-Gefüge materialisieren lässt.
Diese Vorstellung ist falsch. Wohl in allen Punkten. Die Frage - und hier wird es erst schwierig und übersteigt schnell die Vorstellungskraft - ist wie man Gott nun richtig beschreiben kann. Bei aller Limitiertheit der Ausdrucksweise und des kognitiven Erfassens. Und zu allem Überfluss gibt es da auch mehrere Vorstellungen und Möglichkeiten. Ich bin da vorsichtig, weil es schnell ins Spekulative geht, aber solang man seine Gedanken nicht allgemeinverbindlich machen will, kann man ja dem Nachgehen auf der Suche nach einem besseren Verständnis für sich selbst. Einige schlagwortartige Brocken aus meiner "Gedankenwelt", und da kämpfe ich auch schon um Formulierungen, weil ich es innerlich deutlicher sehe (als Möglichkeit) als ich es ausdrücken kann. Gott ist keine Person (ist aber andererseits alles andere als "unpersönlich"). Gott kann nicht wie Thor einen Hammer schwingen und mal einen Wikinger platt schlagen. Gott ist in uns (allen Menschen, glaubensunabhängig) und wirkt hier heraus. Wir sind mit ihm und er mit uns untrennbar verbunden, in jedem Moment und egal wo wir sind. Gott wirkt durch (lebende) Wesen und nur so. Deswegen können Mystiker z.B. die Einheit feststellen (unio mystica), wobei auch dieses sicher nur ein Schatten des Tatsächlichen ist. Im "Normalzustand" möchten wir nur nicht, dass er ständig bei uns ist. Wir möchten unser eigenes Ding drehen. Also wird er - aber nur "psychologisch" entfernt. Die "Heimkehr zum Vater" bei Jesus wäre dann z.B. der umgekehrte Prozess. So wie es sich - eigentlich - gehört. Es geht immer um "Bewusstseins-Zustände" (aus denen heraus dann sicherlich gehandelt und "realisiert, manifestiert" wird). Ungefähr nachvollziehbar?

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