Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

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sven23
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#21 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von sven23 » So 8. Mai 2022, 11:09

Ruth hat geschrieben:
So 8. Mai 2022, 10:31
Jedenfalls halte ich eine Gefängnisstrafe bei Geldschulden für nicht zielführend - eher das Gegenteil.
Er muß ja nicht ins Gefängnis, weil er Schulden gemacht hat, sondern weil er gegen das Insolvenzrecht verstoßen hat. Dabei kommt das engliche Insolvenzrecht dem Schuldner sogar noch mehr entgegen als das deutsche Insolvenzrecht.
Voraussetzung ist allerdings, dass der Schuldner sich ehrlich macht und die Hosen runterläßt gegenüber Gericht und Gläubigern. Wenn er die Kooperation verweigert, muß er mit den Konsequenzen leben. Und Becker hat wohl Vermögenswerte in erheblichem Umfang dem Gericht verschwiegen.


Ruth hat geschrieben:
So 8. Mai 2022, 10:31
Und BB lernt nicht, wie man es besser machen kann, sondern wird einfach eine Weile aus dem Verkehr gezogen ... um danach nicht schlauer zu sein, als vorher.
Wenn er nach der Haft nichts dazu gelernt hat, dann ist ihm auch nicht mehr zu helfen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Tree of life
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#22 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Tree of life » So 8. Mai 2022, 11:21

Naqual hat geschrieben:
Fr 6. Mai 2022, 18:52
Die Frage die mich gerade umtreibt ist: Was gibt einem Opfer einen Sinn?
Wenn man mein erstes Beispiel heran nimmt(gibt einen Status auf) um andren zu helfen, dann schon!
Ein simples Beispiel:
Ich kenne durchs Internet einen Mann auf Kreta, er ist ein sehr guter Dentist und hatte eigene sehr gut gehende Praxis und auch noch ein Lokal.
Dadurch finanzell sehr gut betucht und ein tolles Leben.
Auf Kreta (und auch wo anders) werden leider immer wieder Hunde ausgesetzt , oder jahrelang irgendwo angekettet und leiden sehr.
Das ging ihm so an die Substanz, dass er eines Tages sich dazu entschloss, seinen Job (und Luxus) aufzugeben, alles verkaufte und sein Erspartes und das Geld vom Verkauf der Güter, in ein sehr grosses Grundstück und Material investierte um den Tieren zu helfen und so enstand der Beginn eines Shelter.
Ihm war bewusst, dass da ein harter Weg auf ihn zukommt und er Arbeiten verrichten müsste, die nicht jedermans Sache ist.
Also er opferte etwas Zugunsten des Wohls dieser Tiere, denen es dort nun sehr gut geht.
Die Geschichte geht weiter, ich verfolge es seit 3 Jahren.
Und solche Geschichten gibt es zur genüge.

Was aber der Sinn darin ist, einem Gott Tiere zu opfern, erfass ich leider bis heute nicht so wirklich!
Es mussten ja bestimmte Tiere sein und ganz genau, wie(von Gott) angeordnet, befolgt werden, damit Gott es auch annimmt.

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Naqual
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#23 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Naqual » So 8. Mai 2022, 18:26

Ruth hat geschrieben:
Sa 7. Mai 2022, 21:47
Naqual hat geschrieben:
Fr 6. Mai 2022, 19:07
Also jemand ist Gott nah, wenn er ihm "innerlich", vom Herzen, nah ist.
Ja, so sehe ich das inzwischen auch. Dass ich jetzt an Gott glaube so wie ich es tue, ist aus der Erfahrung durch die Beziehung mit ihm entstanden.

Also- ich bin dahin gekommen, weil mir die Geschichte mit Jesus als Weg zu Gott den Anlass gegeben hat. Ich frage mich, ob ich Gott überhaupt gesucht hätte, wenn es nicht solch eine menschliche Geschichte gäbe?

Bleibt die Frage, was bewegt Menschen, dass sie sich Gott zuwenden - dass sie Gott überhaupt wahrnehmen?
So gesehen sind es doch die Religionen, die überhaupt die Gegenwart Gottes in den Mittelpunkt rücken. Meistens werden dann zwar die ganzen Regeln und Rituale in den Vordergrund gerückt. Aber Gott hat eben so auch einen Platz unter den Menschen - zu manchen näher und manchen eher in der Ferne.
Wenn ein Mensch nun eine Verbindung zu Gott gefunden hat, werden die Wege und Rituale zweitrangig oder manche auch unwichtig.

So könnte ich mir dann auch vorstellen, dass an der Geschichte von Jesus was dran ist, was auch von Gott gefördert wurde, damit Menschen sich ihm zuwenden und seine Spuren erkennen....ihn suchen und finden ... jeder auf seine Weise.

 Da ist m.E. ein schwieriges Thema involviert: Dogmen, Methoden (Wege) und Rituale.
Bezüglich Dogmen vertrete ich eine sehr radikale Meinung mittlerweile: sie sind schädlich und überflüssig, stiften Verwirrung und Beschäftigen rein das Kognitive. Tatsächlich geht es aber um das Herz (für andere und einen selbst). Ich denke, das Verhältnis zu Gott kann ohne jedes Dogma gefunden werden und ist im Menschen schon vorhanden. Ohne das er vorher etwas hören müsste. Methoden und Rituale halte ich für hilfreich (nicht aber notwendig in Bezug auf Gott, z.B. spontanes spirituelles Erleben). Dann dürfen die Methoden und Rituale aber nicht aus den Dogmen abgeleitet werden und nicht ihre Aufrechterhaltung als direktes oder indirektes Ziel haben. Methoden und Rituale also als "psychologische Hilfestellung" für die Nähe zu Gott. Ein Opferritual kann ich z.B. kognitiv ablehnen, weil Gott kein getötetes Tier braucht. Wozu auch. Das gleiche Opferritual kann aber psychologisch verstanden werden: also jemand gibt etwas, was ihm am Herzen liegt, das ihm kostet. In der aufrichtigen Bereitschaft hierzu entsteht die Gottesnähe, diese kann konkretisiert und daran "festgemacht" werden. (Mich persönlich stört dann das getötete Tier als "Kolateralschaden", aber die Wirksamkeit des Rituals wird damit nicht in Frage gestellt, vor allem wenn der Betreffende aus einem anderen Kulturkreis oder Zeitepoche kommt, in der es kein Problem damit gibt.)
Im Zentrum dieser Überlegungen sehe ich den Menschen als "mitfühlendes Wesen". Es gibt hier keine von Haus aus "Bösen und Guten", sondern einer hat mehr, der andere weniger. Beide können aber das Mitgefühl in sich für andere fördern. Und hier setzen die Methoden ein. z.B. praktizierte Hilfe für einen anderen ist bereits eine Methode zur Gottesnähe. Denn es wirkt positiv auf mich zurück. (Und wenn ich Jesus Aussagen - unabhängig von historischer Tatsächlichkeit und innerlicher dogmatischer Widersprüche in der biblischen Darstellung -betrachte kann ich ihn auch so interpretieren. Natürlich muss man es nicht, aber es ist eine Möglichkeit.)
Das ist auch eines meiner Probleme mit der stellvertretenden Todesstrafe Jesu (als Dogma), denn wenn ich es zulasse, dass ein anderer für mich leidet, mag ich zwar dankbar sein, das ein anderer für micht etwas tut, aber es fördert das Mitgefühl nicht. Im Gegenteil es stumpft ab dabei. Jemand anders für sich sterben zu lassen ist das Gegenteil von Mitgefühl. Wie edel der Gottessohn in dieser Vorstellung gehandelt haben mag, mag zwar tief beeindrucken, aber das lenkt vom eigentlichen Sachverhalt ab: man lässt einen anderen für sich leiden - für eigene Schuld und eigene Verantwortung.

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Naqual
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#24 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Naqual » So 8. Mai 2022, 18:35

Tree of life hat geschrieben:
So 8. Mai 2022, 11:21
Naqual hat geschrieben:
Fr 6. Mai 2022, 18:52
Die Frage die mich gerade umtreibt ist: Was gibt einem Opfer einen Sinn?
Wenn man mein erstes Beispiel heran nimmt(gibt einen Status auf) um andren zu helfen, dann schon!
Ein simples Beispiel:
...
Also er opferte etwas Zugunsten des Wohls dieser Tiere, denen es dort nun sehr gut geht.
Die Geschichte geht weiter, ich verfolge es seit 3 Jahren.

Was aber der Sinn darin ist, einem Gott Tiere zu opfern, erfass ich leider bis heute nicht so wirklich!
Es mussten ja bestimmte Tiere sein und ganz genau, wie(von Gott) angeordnet, befolgt werden, damit Gott es auch annimmt.

Ein gutes Beispiel dafür, dass ein Opfer dann einen Sinn erfüllt, wenn ES SELBST einen direkten Zweck zum Guten hin erfüllt. Das Opfer des Zahnarztes rettet Hunde!
Der Arzt tut es auch nicht für sich, sondern für andere (Lebewesen).

Beim religiösen Opfer steht im MIttelpunkt: ich will etwas für mich (das Wohlverhalten Gottes zu mir). Dafür töte ich auch. - Noch schlimmer wird es dann dadurch, dass man es ritualisiert tun soll auf Anordnung. Also man gewöhnt sich daran andere (Lebewesen) für sich selbst zu töten und hinterfragt es gar nicht mehr.

Das ist eine völlig andere Art von Opfer! Und keine gute.

Ruth
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#25 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Ruth » Mo 9. Mai 2022, 14:35

Naqual hat geschrieben:
So 8. Mai 2022, 18:26
Ich denke, das Verhältnis zu Gott kann ohne jedes Dogma gefunden werden und ist im Menschen schon vorhanden. Ohne das er vorher etwas hören müsste. Methoden und Rituale halte ich für hilfreich (nicht aber notwendig in Bezug auf Gott, z.B. spontanes spirituelles Erleben).
Ich denke auch, dass Gott ohne Dogmen gefunden werden kann. Aber wahrscheinlich nicht jeder Mensch findet Gott dann auch. In einer Welt, wo es auf "Beweise" ankommt, ist es schwieriger, als dort wo man außerirdisches Geschehen grundsätzlich für möglich hält. Und selbst dort, wo man mit außerirdischen Energien und Impulsen rechnet, scheinen die "Götter" ja ziemlich zahlreich und merkwürdig zu sein. Sicher ist es da schwierig, den Weg zu finden, der tatsächlich zu Gott führt. Jeder Mensch wird von äußeren Einflüssen geprägt. besonders von solchen, die aus dem eigenen Umfeld/Familie kommen. Ich denke, dabei gibt es vieles, was auch die Wahrnehmung von Gottes Spuren schwierig machen können.

Und darum könnte ich mir vorstellen, dass Gott auch die verschiedenen Religionen nutzt und vielleicht auch prägt, damit Menschen, die ihn suchen, die Möglichkeit haben, ihn auch zu finden. So eben auch mit Jesus. Ich halte es für einen Fehler, alles vom Tisch zu wischen, wenn man merkt, dass die Grundlage, die man erlernt hat, verschwindet. Vielleicht sollte man eher nach Dingen suchen, was einem selbst die Augen für die Spuren Gottes geöffnet hat. Und daran anknüpfen - so wie es Paulus mit "dem unbekannten Gott" tat.

Je mehr man darauf besteht, zu beweisen, dass altbekanntes Gedankengut falsch sei, desto mehr besteht auch die Gefahr, einen nach Gott suchenden Menschen, zum gänzlichen Unglauben zu animieren,

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Naqual
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#26 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Naqual » Mo 9. Mai 2022, 19:58

Ruth hat geschrieben:
Mo 9. Mai 2022, 14:35
Ich denke auch, dass Gott ohne Dogmen gefunden werden kann. Aber wahrscheinlich nicht jeder Mensch findet Gott dann auch. In einer Welt, wo es auf "Beweise" ankommt, ist es schwieriger, als dort wo man außerirdisches Geschehen grundsätzlich für möglich hält. Und selbst dort, wo man mit außerirdischen Energien und Impulsen rechnet, scheinen die "Götter" ja ziemlich zahlreich und merkwürdig zu sein. Sicher ist es da schwierig, den Weg zu finden, der tatsächlich zu Gott führt. Jeder Mensch wird von äußeren Einflüssen geprägt. besonders von solchen, die aus dem eigenen Umfeld/Familie kommen. Ich denke, dabei gibt es vieles, was auch die Wahrnehmung von Gottes Spuren schwierig machen können.
Erst einmal ist es ganz natürlicher Vorgang, dass man aus Erfahrenem Zusammenhänge und logische Strukturen bildet und das diese letztlich - wenn es komplexer wird zu "Dogmen" führen, die auch lehrreich sein können. Zu Lehraussagen gewordene Erfahrungen werden zum Austausch zwischen Menschen wichtig und nützlich. Den Begriff "Dogmen" verstehe ich jedoch strenger wie gerade beschrieben. Dogmen sind unanfechtbare Behauptungen religiöser Institutionen (denen naturgemäß das Rechthaben teil ihrer kollektiven Identität ist, weil sie sich durch diese Dogmen von der Konkurrenz unterscheiden. Und entsprechend vehement werden sie auch vertreten. Die Vermittlung von (unmittelbarer) Gotteserfahrung steht da gar nicht im Fokus. Und wenn Du die ersten zehn Dogmen nennst, die Dir in den Sinn kommen, wird es wohl so sein, dass alle zehn auch nicht Beweise ersetzen. Im Gegenteil, wenn ich einen Beweis habe, brauche ich kein Dogma mehr, da gibt es kein Dogma mehr.
Religiöse Erfahrungen sehe ich in einem Bereich, in dem ich erst einmal völlig ohne Beweise dastehe. Das ist - vermeintlich - eine Steillvorlage für diejenigen, die aus einer "Wissenschaftlichen Haltung" heraus diesen Bereich grundsätzlich ablehnen. Wobei das wissenschaftstheoretisch sogar naiv ist. Denn: wenn etwas nicht bewiesen werden kann, kann daraus nicht geschlussfolgert werden, dass es nicht existiert. Man kann nur konstatieren, dass es nicht streng wissenschaftlich ist. Ich kann z.B. nicht beweisen, welche Gedanken und Gefühle ich habe - aber ich lebe ständig damit und ohne jegliches Problem. Die Schlussfolgerung, dass Gedanken und Gefühle nicht da sind, weil ich sie nicht beweisen kann, ist sogar für jeden einsichtig abstrus. Man kann es schade finden, aber es gibt Bereiche, die wissenschaftlichen Aussagen nicht zugänglich sind. Das sagt aber nicht aus, dass es deswegen Quatsch ist.
Gotteserfahrung ist in einem sehr persönlichen Bereich, den man mit vorgeschriebenen Dogmen nicht hilft. Hilfreich wären hier eher "Methoden". Also was fördert das göttliche Erfahren? Also eine Art "Psychologie religiösen Erfahrens, spirtuellen Erfahrens". Bei den drei Buchreligionen (Überbetonung schriftlicher Überlieferung mit Dogmatisierung, also nicht wirklich hinterfragbar machender Kernaussagen), ist das schlicht in einer Außenseiternische dieser Religionen (z.B. Mystiker bei den Christen, Sufis im Islam, etc.) Absolut nicht zentral. Leider. Und das Interessante ist dann auch, dass die "Gotteserfahrungen" auf einmal 1:1 sich innerhalb der Dogmen bewegen. Schlicht weil die dogmatischen Vorstellungen die Erfahrungen formen (und damit verfälschen). Bei den bei uns eher verachteten Religionen Buddhismus und Hinduismus ist es (außer im naiven Volksglauben dort) anders. Der Buddhismus z.B. lässt Buddha selbst dazu auffordern selbst IHN zu hinterfragen. Es ist eher eine Ansammlung spiritueller Techniken mit einem eigenen hochabstrakten Fachvokabular als eine Religion (im engeren Sinn). Im Hinduismus ist das Yoga der Weg. Also Methode eng angelehnt an persönlicher Erfahrung.
Nur als ein paar Stichwortartige Gedanken zu der sehr komplexen Thematik.

Und darum könnte ich mir vorstellen, dass Gott auch die verschiedenen Religionen nutzt und vielleicht auch prägt, damit Menschen, die ihn suchen, die Möglichkeit haben, ihn auch zu finden. So eben auch mit Jesus. Ich halte es für einen Fehler, alles vom Tisch zu wischen, wenn man merkt, dass die Grundlage, die man erlernt hat, verschwindet. Vielleicht sollte man eher nach Dingen suchen, was einem selbst die Augen für die Spuren Gottes geöffnet hat. Und daran anknüpfen - so wie es Paulus mit "dem unbekannten Gott" tat.
Eine provozierende Frage: warum braucht Gott Religionen um mit Menschen zu kommunizieren? Er kann ja auch direkt und benötigt gar keinen "Mittler". M.E. ist man zumindest eine Zeitlang besser beraten, Gott nicht zu suchen, sondern den Filter wegzumachen, der ihn verschwinden lässt: also alle Dogmen und Vorstellungen die wir für so richtig erachten. Also uns "leer" machen von allem. Ein leeres Gefäß kann gefüllt werden, kein volles. Religionen stellen ein volles Gefäß hin.


Je mehr man darauf besteht, zu beweisen, dass altbekanntes Gedankengut falsch sei, desto mehr besteht auch die Gefahr, einen nach Gott suchenden Menschen, zum gänzlichen Unglauben zu animieren,
Ich kenne es vor allem von von Religionen Enttäuschten (ich gehöre ja auch dazu). Da hat man anfangs eine Phase die sehr aggressiv ist und direkt auf die Zerstörung falscher Dogmen zielt. Später wird man dann (in der Regel) "harmonischer" und versucht auch bei den Religionen mit größerer innerer Gelassenheit sowohl das Gute und auch das Böse zu sehen.
Ich selbst argumentiere gerne z.B. gegen ganz "Bibeltreue" und es verblüfft mich immer wieder mit welchen phantasievollen Gebilden da so einiges hochgehalten wird und auch so hochgehalten werden muss. Aber das ist wie ein Hobby für mich (und manchmal schon zwanghaft). Das ist die Ebene der Dogmen, der Religionen. MIttlerweile empfinde ich auch das als "Gottesferne". Denn der eigentliche Weg ist spiritueller Natur und entzieht sich diesen Diskussionen. Ja, und mit den Diskussionen darüber lenke ich mich von dem ab was schwerer ist als Argumente auszutauschen: in sich zu gehen und sich wirklich zu "leeren".

Ich bin mir sicher, Du wirst vieles davon gut nachvollziehen können, Ruth.
 

Ruth
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#27 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Ruth » Di 10. Mai 2022, 12:46

Naqual hat geschrieben:
Mo 9. Mai 2022, 19:58
Ich bin mir sicher, Du wirst vieles davon gut nachvollziehen können, Ruth.

Ja klar kann ich das .... haben wir doch schon früher viel über dieses Thema miteinander diskutiert. ;)

Du könntest dich sogar rühmen, dass du maßgeblich an meinem Umdenken beteiligt warst. Den Knoten gelöst hat bei mir eine deiner Aussagen, die so ungefähr lautete: "es kommt nicht darauf an, dass du das richtige glaubst, sondern dass du mit aufrichtigem Herzen glaubst, so wie du glaubst."

Naqual hat geschrieben:
Mo 9. Mai 2022, 19:58
Ich selbst argumentiere gerne z.B. gegen ganz "Bibeltreue" und es verblüfft mich immer wieder mit welchen phantasievollen Gebilden da so einiges hochgehalten wird und auch so hochgehalten werden muss. Aber das ist wie ein Hobby für mich (und manchmal schon zwanghaft). Das ist die Ebene der Dogmen, der Religionen. MIttlerweile empfinde ich auch das als "Gottesferne". Denn der eigentliche Weg ist spiritueller Natur und entzieht sich diesen Diskussionen. Ja, und mit den Diskussionen darüber lenke ich mich von dem ab was schwerer ist als Argumente auszutauschen: in sich zu gehen und sich wirklich zu "leeren".

Das sind die Punkte, worüber ich jetzt mehrfach nachdenke. Die Frage ist für mich dabei immer: ist es wirklich Gottesferne (wie du es nennst), wenn man an und in Dogmen glaubt, oder ist das einfach eine Form von echtem Glauben, für die Menschen, die es (im Moment) nur so verstehen können.
Ich war selbst auch eine sehr lange Zeit in diesem Millieu. Im Rückblick erkenne ich aber auch darin Gottesnähe, die mit wachsenden Erfahrungen meinen Glauben gestärkt hat. So sehr, dass ich in dem Moment, wo das Dogmen-Gebäude für mich eingestürzt ist, mein Glauben nicht gänzlich verloren ging, wie es bei vielen, von Religionen enttäuschten Menschen passiert. Zuerst dachte ich das zwar. Aber als ich länger darüber nachdachte und abgewogen habe, was ich entsorgen kann und was bleibt, ein festes Fundament in den persönlichen Erfahrungen mit Gott vorhanden war.

Naqual hat geschrieben:
Mo 9. Mai 2022, 19:58
Eine provozierende Frage: warum braucht Gott Religionen um mit Menschen zu kommunizieren?

Nicht Gott braucht sie, sondern Menschen brauchen oft Vorgaben, wie man Gott verstehen kann. Eben weil Menschen nie Gott gänzlich verstehen oder gar erklären können. Das halte ich auch noch nicht mal für problematisch. Das wird es aber dadurch, wenn Glaubende ihre eigenen Erfahrungen als absolut allgemeingültig geltend machen wollen. Damit werden dann andere Menschen davon abgehalten, selbst den Kontakt zu Gott zu suchen und Glaubenserfahrungen zu machen. Wenn man immer nur eingeredet bekommt, dass nur Bibellesen und Dogmen zu Gott führen, wird mit Dogmen quasi das Herz verschlossen. Wenn aber immer auch signalisiert wird, dass man Gott selbst zu Wort kommen lassen kann - unabhängig von Schriften und Dogmen, dann kann man sich zunächst an Dogmen halten - und irgendwann erfahren, dass es auch noch Blicke über den Horizont hinaus möglich sind. So dass man dann irgendwann die ganzen erlernten Dogmen entsorgen kann.

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Naqual
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#28 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Naqual » Di 10. Mai 2022, 19:20

Ruth hat geschrieben:
Di 10. Mai 2022, 12:46
Du könntest dich sogar rühmen, dass du maßgeblich an meinem Umdenken beteiligt warst. Den Knoten gelöst hat bei mir eine deiner Aussagen, die so ungefähr lautete: "es kommt nicht darauf an, dass du das Richtige glaubst, sondern dass du mit aufrichtigem Herzen glaubst, so wie du glaubst."
Triffts! Wobei Du es jetzt erheblich besser formuliert hast, als ich es von mir - nur dumpf -  in Erinnerung habe. Die Formulierung muss ich mir merken.
Die Frage ist für mich dabei immer: ist es wirklich Gottesferne (wie du es nennst), wenn man an und in Dogmen glaubt, oder ist das einfach eine Form von echtem Glauben, für die Menschen, die es (im Moment) nur so verstehen können.
Ich war selbst auch eine sehr lange Zeit in diesem Millieu. Im Rückblick erkenne ich aber auch darin Gottesnähe, die mit wachsenden Erfahrungen meinen Glauben gestärkt hat. So sehr, dass ich in dem Moment, wo das Dogmen-Gebäude für mich eingestürzt ist, mein Glauben nicht gänzlich verloren ging, wie es bei vielen, von Religionen enttäuschten Menschen passiert. Zuerst dachte ich das zwar. Aber als ich länger darüber nachdachte und abgewogen habe, was ich entsorgen kann und was bleibt, ein festes Fundament in den persönlichen Erfahrungen mit Gott vorhanden war.
Ich könnte mir vorstellen, dass man ganz am Anfang "Dogmen" benötigt, später diese aber - zumindest bei einem eher spirituellen Weg - unwichtiger werden. So ähnlich wie wenn man eine Fremdsprache lernt und am Anfang ein Wörterbuch benötigt, das verbindlich für einen ist. Später stellt man dann fest, dass man die Sprachnuancen auf einmal wesentlich besser erkennt als es ein Wörterbuch widergeben kann, gerade auf der gefühlsmäßigen Ebene.
Das "feste Fundament", damit ist es so eine Sache. Also wenn man glaubt, Dogmen seien heilsrelevant, unterliegt man m.E. nicht nur einem ganz schweren Irrtum, sondern man klammert sich dann an diese, so dass man meint, den Boden unter den Füßen zu verlieren, wenn man hier abweicht, und gar von Gott verdammt werden würde hierfür. Umgekehrt habe ich persönlich es als befreiend erlebt, dass Gott einen nicht für dogmatische Unkorrektheit verdammt. Religiosität heute ist zu 90 Prozent dogmatisch geprägt und als Verhältnis von Kirche zum einzelnen. Religiosität sollte aber im Menschen selbst zentriert sein und nicht auf die institutionelle Schiene gehoben werden (und die damit verbundenen "Kreisbahnen" endloser dogmatischer Diskussionen und Reflektionen).
Der andere Gedankengang zu dem Du mich jetzt anregtest ist: was wäre ein notwendiges Mindestfundament im Glauben(s-leben? Hier kann ich nur persönlich antworten, und sogar in Anlehnung an das AT (das ich dogmatisch - aber nicht spirituell wegen der Anregungen - größtenteils ablehne) Er ist der er ist! Funktional betrachtet die Verbindung von Menschen zueinander und füreinander dazusein (der Begriff der Liebe kommt mir immer sehr altbacken und missverständlich rüber). Alles andere ist offen.
 
Naqual hat geschrieben:
Mo 9. Mai 2022, 19:58
Eine provozierende Frage: warum braucht Gott Religionen um mit Menschen zu kommunizieren?
Nicht Gott braucht sie, sondern Menschen brauchen oft Vorgaben, wie man Gott verstehen kann....

Ausgangspunkt meiner Frage war der Blickwinkel, dass Gott direkt auf den Menschen einwirken kann (und umgekehrt) - er ist bereits in uns und das ständig. Insofern Religion überllüssig ist, zumindest verstanden als vermittelnde Institution. Also was wir wirklich bräuchten wäre die Hilfe in Richtung, wie man den Filter (der durch die Institutionen geschaffen wurden) wieder wegnimmt. Also den Trennvorhang zum Allerheiligsten zerreist wie bei der Kreuzigung im Tempel. Ich sehe es als spirituellen Weg, bei dem man eigentlich einen persönlichen Anleiter bräuchte (und den ich leider nie hatte). Nicht Unterricht der Massen mit Lehrmeinungen. Letztlich bin ich (vor längerer Zeit) bei einem Punkt angekommen, der eigentlich simpel ist "Gott als Liebe". Es ist auch der einzige Punkt, der mir Sicherheit gibt - in einer (fast) fundamentlosen Gedankenwelt (fast) ohne dogmatische Strukturen. Aber so sehr wie ich "Dogmenlosigkeit" mag, natürlich drücke ich manche Sachen für mich so aus, dass man sie auch dogmatisch als Lehrmeinung (wenn auch nicht mit der Absicht der Verbindlichkeit für alle) betrachten könnte. Also wenn ich z.B. weiter oben schreibe "Gott ist in uns und ständig" steht dahinter die Vorstellung, dass eine Trennung von Gott gar nicht möglich ist. Die "biblische Heimkehr zum Vater" sehe ich "nur" als Richten der bewussten Aufmerksamkeit auf Ihn. Aber egal in welcher Richtung ich aufmerksam bin, er ist da (und verbunden).
Du siehst, offen gesagt, das Dilemma mit den Dogmen kann ich nicht vollständig bezwingen. Spielt aber in der Praxis nicht die große Rolle, weil ich (anders wie Instituitionen) meine spirituelle Haltung nicht für alle anderen verbindlich sehe. Jeder hat seinen Weg (wenn es auch Gemeinsamkeiten und Überschneidungen geben muss).
 

Ruth
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#29 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Ruth » Mi 11. Mai 2022, 10:48

Naqual hat geschrieben:
Di 10. Mai 2022, 19:20
Das "feste Fundament", damit ist es so eine Sache. Also wenn man glaubt, Dogmen seien heilsrelevant, unterliegt man m.E. nicht nur einem ganz schweren Irrtum, sondern man klammert sich dann an diese, so dass man meint, den Boden unter den Füßen zu verlieren, wenn man hier abweicht, und gar von Gott verdammt werden würde hierfür. Umgekehrt habe ich persönlich es als befreiend erlebt, dass Gott einen nicht für dogmatische Unkorrektheit verdammt.

Das war auch für mich ein Punkt, an dem ich angeregt wurde, die altbekannten Dogmen zu hinterfragen. In einem Moment, wo ich dachte, ich habe es jetzt mit Gott verscherzt und sein nun einfach auf seine (unberechenbare) "Gnade" angewiesen, zeigte mir Gott (für mich war es eine Gottesbegegnung) dass er mir nichts anlastet, sondern mich immer noch genauso liebt und annimmt, wie zuvor. Interessant war für mich auch im Nachhinein, dass ich das Wort "Gnade" eher als ein Urteil empfand, als Befreiung. Auch das signalisierte mir, dass irgendetwas an der ganze Lehre um das "Evangelium" so nicht passt.

Naqual hat geschrieben:
Di 10. Mai 2022, 19:20
Der andere Gedankengang zu dem Du mich jetzt anregtest ist: was wäre ein notwendiges Mindestfundament im Glauben(s-leben?
Für mich wurde das (Er-)Leben ein Fundament. Weil ich mir den vielen kleinen und große "Zeichen" der Liebe Gottes und sein "Reden", welches mein Herz getroffen habe, die (für mich) sichtbar und spürbar waren, sicher bin. Das sind zwar Dinge, die ich nicht beweisen kann, so dass auch andere sich auf dieses Fundament stützen könnten. Aber auch das wurde mir dadurch klar, dass Gott keine "Massenbekehrungen" sucht, sondern die persönliche Beziehung zu den einzelnen Menschen. Welche sich dann natürlich auch für gemeinsame Aktionen zusammentun könnten. Aber der zentrale Punkt, um den sich alles dreht, ist und bleibt Gott selbst. Darum sage ich heute nur zu Menschen, die Gott suchen: Gott findest du nur bei Gott selbst ... alles andere sind bestenfalls Spuren und Zeichen davon, dass Gott am Werk ist und war. Aber Glauben an Gott ist nicht übertragbar.

Naqual hat geschrieben:
Di 10. Mai 2022, 19:20
Letztlich bin ich (vor längerer Zeit) bei einem Punkt angekommen, der eigentlich simpel ist "Gott als Liebe". Es ist auch der einzige Punkt, der mir Sicherheit gibt - in einer (fast) fundamentlosen Gedankenwelt (fast) ohne dogmatische Strukturen. Aber so sehr wie ich "Dogmenlosigkeit" mag, natürlich drücke ich manche Sachen für mich so aus, dass man sie auch dogmatisch als Lehrmeinung (wenn auch nicht mit der Absicht der Verbindlichkeit für alle) betrachten könnte. Also wenn ich z.B. weiter oben schreibe "Gott ist in uns und ständig" steht dahinter die Vorstellung, dass eine Trennung von Gott gar nicht möglich ist. Die "biblische Heimkehr zum Vater" sehe ich "nur" als Richten der bewussten Aufmerksamkeit auf Ihn. Aber egal in welcher Richtung ich aufmerksam bin, er ist da (und verbunden).

Das klingt auch für mich sehr schön und schlüssig ... besonders auch auf meine eigenen Erfahrungen im Leben bezogen.
Trotzdem wirft es auch gleichzeitig neue Fragen auf. Wie zB, warum nur (scheinbar) so wenig Menschen das wahrnehmen können (?)
Ich denke, die ganzen Religionen sind deshalb entstanden, weil Menschen mit dem "Bösen", dem Leiden und Sterben nicht umgehen konnten. An manchen Stellen wird man in der Menschheit quasi vom Bösen überrollt, und es scheint stärker zu sein, als das Gute. Leiden, Angst und Schmerzen zeigen den Menschen allzu sehr ihre eigenen Grenzen, die schwer überwindbar zu sein scheinen. Es ist da schon verständlich, wenn man überirdischen Mächten Gutes oder Böses zuordnen möchte, um dann im Bunde mit der "richtigen Seite" versuchen die Grenzen zu überwinden. Und wenn dann einzelne Menschen tatsächlich Gott finden und Gottes Spuren "lesen" können, dann verleitet so etwas natürlich schnell dazu, dass man meint, Gott und sein Handeln zu verstehen, damit im Griff zu haben - und damit eine "Formel", wie man dahin kommt.

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#30 Strafen - oder bessere Wege als Lösung der Probleme zu suchen

Beitrag von Tree of life » Mi 11. Mai 2022, 11:46

Ruth hat geschrieben:
Mi 11. Mai 2022, 10:48
Ich denke, die ganzen Religionen sind deshalb entstanden, weil Menschen mit dem "Bösen", dem Leiden und Sterben nicht umgehen konnten.
Und wie kam man dann auf die 12 olympischen Götter und deren Eigenschaften?
Oder Amor in der römischen Mythologie: Amors Pfeil traf mich und hat in mir die "Liebe" erweckt.
Viellleicht, weil man nach Erklärungen suchte, warum und wieso etwas ist, wie es ist

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