Das Gute und das Böse brauchen einander ...

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
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Naqual
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#71 Das Gute und das Böse brauchen einander ...

Beitrag von Naqual » Sa 15. Mai 2021, 09:46

sven23 hat geschrieben:
Fr 14. Mai 2021, 20:29
Naqual hat geschrieben:
Fr 14. Mai 2021, 19:01
Aber: Genau dieser Satz wurde die Grundlage der Zwei-Welten-Lehre, die viel Gutes bewirkt.
Stammt die nicht von Platon?
Bei Platon wird die sinnlich-erfahrbare Welt von der Welt der Ideen (Vorstellungen) getrennt. Das ist genau genommen was anders, auch wenn der Begriff Zwei-Welten-Lehre gleich ist. Später in der Kirchengeschichte gab es dann die weltlichen Fürsten und Könige einerseits und den Klerus mit seinem Reich andererseits. Und da ging es weniger um religiöse Ideen, denn die hatten eigene Festungen und teils ganze Armeen, direkt dem Papst unterstellt. Da ging es dann um die Kooperation der beiden Reiche, teils mit Streitigkeiten und Kriege um die Vorherrschaft. Heute hat die Zwei-Welten-Lehre eine andere praktische Dimension, dürfte mit dem Humanismus zusammenhängen: Trennung der beiden Reiche und die Kirche soll in einem religiös neutralen Staat nichts zu sagen haben (in Deutschland anders wie in Frankreich sehr inkonsquent umgesetzt).

Übrigens hat Jesus auch einen jüdischen Gottesstaat herbei gesehnt, das wird gerne vergessen.
Woran machst Du das fest? (Aber bitte nicht am "Reich Gottes", denn das ist eine rein geistige Kategorie, exegetisch eindeutig.)

 
Naqual hat geschrieben:
Fr 14. Mai 2021, 09:29
Wie kommst Du darauf, dass die Kirche den Dualismus ablehnt?
Das hat sie doch schon immer getan. Dualismus wurde als Häresie verfolgt. Dualismus findet sich auch schon in der Gnosis und war wohl mit ein Grund, warum gnostische Literatur keinen Weg in den biblischen Kanon fand.
Die Gnostiker habe ich immer sehr gemocht. Gute Denker! Wobei die Kirche von den Gnostikern in den Jahrhunderten dauernden ideologischen (und militiärischen) Kämpfen sehr beeinflusst wurde. Denn den Dualismus hat sie von diesen übernommen. So wirkt es jedenfalls auf mich. Und zwar genau dort wo er verkehrt ist. z.B. in der Vorstellung des ewigen Kampfes des Teufels mit Gott um die Seelen der Menschen. Und Gott sich da (jedenfalls für einen erklärten Allmächtigen) sich da ziemlich hart tut, der Arme. Wenn der Kampf schon sol lange dauert. Also Aufweichung des Monotheismus durch einen Gegenspieler. Da waren die Gnostiker weniger dualistisch. Für die war der Schöpfer der Welt und des Menschen einfach ein eingebildeter arroganter Dummkopf. Kann man ja an seinem Produkt, der Welt, auch sehen. Und der gnostische Gott ("das Wahre") ist seither mit den Reparaturarbeiten beschäftigt mithilfe des göttlichen Funkens in jedem Menschen.

Also wenn einer nicht einmal weiß was Dualismus ist, so hat man den Eindruck die christlichen Kirchen (im Mainstream der Gläubigen). Die sind Opfer ihrer eigenen Feindpropaganda geworden, während sie Gedankengut des Gegners schon längst verinnerlicht hatten.

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Naqual
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#72 Das Gute und das Böse brauchen einander ...

Beitrag von Naqual » Sa 15. Mai 2021, 10:00

JackSparrow hat geschrieben:
Fr 14. Mai 2021, 20:31
Genau dieser Satz wurde die Grundlage der Zwei-Welten-Lehre, die viel Gutes bewirkt.
Die Grundlage der Zwei-Welten-Lehre schuf ein Mathematiker namens René Descartes mindestens 1500 Jahre nach Fertigstellung der Evangelien.
Ernsthaft wird das keiner behaupten können. Denn da war Platon nicht nur um ein paar Jahrhunderte schneller dran in der Denklinie um die Unterscheidung zwischen Materiellem und Immateriellem.

Der Bibel selbst können wir an zahlreichen Stellen entnehmen, dass man damals "Geist" mit "Luft" gleichsetzte und die Autoren somit ein materielles Weltbild vertraten.
Ja das kommt heutzutage lustig rüber, vor allem wenn man sich eine Luftpumpe vorstellt.

Im politischen Bereich würde ich es auch nicht anders haben wollen und sehe keine Lösung mit dem NT: Böses mit Gutem zu überwinden.
Hier muss wohl mangelnde Lesekompetenz vorliegen. Im Neuen Testament werden neue Straftatbestände geschaffen sowie für bestehende Tatbestände die Strafmaße verschärft.
Die alles entscheidende Verschärfung bei Jesus war, dass er bereits das innerliche Begehren zur Erfüllung eines Straftatbestands machte. Das wäre so, als wenn Du einen Beitrag von mir liest, wütend wirst und mich umbringen willst und dann klopft die Polizei an der Tür um Dich wegen "gedachen Mordes" festzunehmen. Es war aber gleichzeitig bei Jesus der Grund beim Denken an Strafen recht weichherzig zu sein (bei der zu steinigenden Frau: wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein).

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#73 Das Gute und das Böse brauchen einander ...

Beitrag von Naqual » Sa 15. Mai 2021, 10:03

sven23 hat geschrieben:
Sa 15. Mai 2021, 06:02
Eusebius hat geschrieben:
Fr 14. Mai 2021, 22:10
Habe ich einen Grund, nun ausführlich zu erklären, wie und warum ich diese Bibelstellen verstehe? Ich denke nicht.
...... Bedenke: mit Amateurexegese läßt sich so gut wie alles in eine Richtung biegen, die man gerne hätte. Wem ist damit gedient? Der Wahrheit sicherlich nicht.
Mit Fachexegesen geht das auch (siehe professionelle Kirchen-Interpreten) Nur die Seitenzahl ist um Potenzen höher wegen der theoretisch fundierten Umwege.

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sven23
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#74 Das Gute und das Böse brauchen einander ...

Beitrag von sven23 » Sa 15. Mai 2021, 10:14

Naqual hat geschrieben:
Sa 15. Mai 2021, 09:46
sven23 hat geschrieben:
Fr 14. Mai 2021, 20:29
Übrigens hat Jesus auch einen jüdischen Gottesstaat herbei gesehnt, das wird gerne vergessen.
Woran machst Du das fest? (Aber bitte nicht am "Reich Gottes", denn das ist eine rein geistige Kategorie, exegetisch eindeutig.)
Exegetisch eindeutig ist, dass Jesus sich in der Erwartung der nahe bevor stehenden Zeitenwende geirrt hat, die ja untrennbar mit der Gottesherrschaft verbunden ist und mit dem unvermeidlichen göttlichen Endgericht.
Das apokalyptische Judentum dachte nun mal so. Auch zu sehen bei Johannes dem Täufer, dem "Vorbild und Lehrer" von Jesus.
Erst als sich das mehr und mehr als Irrtum herausstellte, versuchte man den Irrtum in christlicher Sichtweise umzudeuten. Die Tatsache, dass sich die Naherwartung schon bei Abfassung der Evanglien praktisch als Irrtum herausgestellt hat, ist ein deutliches Zeichen dafür, dass sie auf Jesus selbst zurückgeht, denn sie hätte zu diesem Zeitpunkt schwerlich erfunden werden können. Die Rücknahme der Naherwartung, bzw. Umdeutung (im späten Johannesevangelium spielt sie schon fast keine Rolle mehr) ist in einem heidenchristlichen Umfeld auch leichter zu vermitteln als in einem jüdischen.

Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.
Gerd Theißen

"...daß wir.....unbefangen, ehrlich, nüchtern und deutlich zugeben müssen, daß es bei Jesus wirklich eine zeitliche Naherwartung gegeben hat, die so....sich nicht erfüllt hat"
Karl Rahner

Es bedarf keines Wortes, daß sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat.
(Rudolf Bultmann, Das Urchristentum, S. 22)

Angespannte eschatologische Wachsamkeit über mehrere Generationen hin zu fordern, ist in sich widersinnig. Bei Jesus, wo das Motiv der Plötzlichkeit seinen ursprünglichen Sitz hatte, stand eine Naherwartung im Hintergrund, die das Ende noch innerhalb der jetzt lebenden Generation erwartete.
Erich Grässer

Es gibt kaum noch einen ernst zu nehmenden Exegeten, der den Irrtum der Naherwartung leugnet.
Aber es paßt ja auch gut zu dem Menschen Jesus: Irren ist nun mal menschlich.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#75 Das Gute und das Böse brauchen einander ...

Beitrag von Anthros » Sa 15. Mai 2021, 10:19

Ruth hat geschrieben:
Mi 12. Mai 2021, 11:10
Ist dort, wo man GUtes erkennt, IMMER auch ein Anteil von Bösem vorhanden? Kann man das Gute überhaupt ohne das Böse wahrnehmen?

Das erinnert an die Polizei oder gar an Supermann oder andere Helden, die ja nur existieren können, weil sich nicht ans Gesetz gehalten wird. Würden sich alle ans Gesetz halten, wären sie überflüssig.

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#76 Das Gute und das Böse brauchen einander ...

Beitrag von Ruth » Sa 15. Mai 2021, 10:40

sven23 hat geschrieben:
Sa 15. Mai 2021, 06:02
mit Amateurexegese läßt sich so gut wie alles in eine Richtung biegen, die man gerne hätte

Da stellt sich mir dann eher die Frage: wer ist "Amateur" und wer hat die Kompetenz bei solchen Themen ?

Ich persönlich sehe kompetente Menschen viel mehr solche, die von ihrem eigenen Erleben berichten können, als diejenigen, die irgendetwas ÜBER ein angelerntes Thema reden, das über die Beziehung(en) zwischen Gott und Mensch(en) redet.

Natürlich kann man viele Themen, die mit Menschen zu tun haben, in die eigene Richtung biegen. Das gilt aber nicht nur für Gläubige (woran auch immer), sondern bei allen Fragen, die über Beziehungen reden. Darum liegt das Problem eher daran, dass jeder, der was über irgendetwas und irgendwen zu wissen glaubt, seine eigene Definition als die einzige Wahrheit darstellt, und diese anderen aufdrängt.

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sven23
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#77 Das Gute und das Böse brauchen einander ...

Beitrag von sven23 » Sa 15. Mai 2021, 11:05

Ruth hat geschrieben:
Sa 15. Mai 2021, 10:40
sven23 hat geschrieben:
Sa 15. Mai 2021, 06:02
mit Amateurexegese läßt sich so gut wie alles in eine Richtung biegen, die man gerne hätte

Da stellt sich mir dann eher die Frage: wer ist "Amateur" und wer hat die Kompetenz bei solchen Themen ?
Die Kompetenz hat hier auf jeden Fall derjenige, der in der Lage ist, eine wissenschaftliche Methodik sauber anzuwenden, der die Sprache beherrscht, in der die Textquellen verfaßt wurden, der historisches und religionswissenschaftliches Hintergrundwissen hat usw.

Der Laie (und da zähle ich mich auch dazu) kann das nicht leisten, zumindest nicht vollumfänglich. Er kann nur prüfen, inwieweit die Argumentation der Forschung plausibel ist.
Denn Wissenschaft muss ja transparent machen, wie sie zu den Ergebnissen kommt.

Ruth hat geschrieben:
Sa 15. Mai 2021, 10:40
Ich persönlich sehe kompetente Menschen viel mehr solche, die von ihrem eigenen Erleben berichten können, als diejenigen, die irgendetwas ÜBER ein angelerntes Thema reden, das über die Beziehung(en) zwischen Gott und Mensch(en) redet.

An eigenem Erleben herrscht sicherlich kein Mangel. Siehe Spukgeschichten und anderes esoterisches Zeugs. Das geht aber mehr in Richtung Glaubensideologie, Esoterik usw. und hat mit seriöser Forschung nichts zu tun. Das sollte man sauber trennen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#78 Das Gute und das Böse brauchen einander ...

Beitrag von Ruth » Sa 15. Mai 2021, 12:01

sven23 hat geschrieben:
Sa 15. Mai 2021, 11:05
.....Das geht aber mehr in Richtung Glaubensideologie, Esoterik usw. und .hat mit seriöser Forschung nichts zu tun. Das sollte man sauber trennen.

Da kommt es darauf an, warum man überhaupt von so etwas miteinander redet.

Was die wissenschaftliche Forschunung angeht, kann ich denen gleich sagen: sie werden keine Beweise über solche Dinge finden. Warum solche "Forscher" (ob Laie oder Profi) sich darüber seitenlang auslassen, um zu beweisen, dass es das, was Glaubende als Erfahrung miteinander teilen nicht wirklich gibt, verstehe ich sowieso nicht. Aber ich gehöre natürlich in deren Augen zu denen, die keine Ahnung haben, von dem was Glaubende erleben.

Komischerweise sehe ich es genau anders herum. Ich war früher der Meinung, jeder könne über den Glauben Dinge aus der "unsichtbaren Welt" erleben, wenn man es zulassen würde. Eine meiner wichtigen Erfahrungen im Austausch mit Nicht-Glaubenden war diese, dass ich erkannte, dass es tatsächlich Menschen gibt, die nicht in diese Sphäre hinein finden KÖNNEN ... selbst wenn sie es wollen. Für mich ist das, wenn ich ÜBER deren Nichtkönnen reden/schreiben würde, ein Mangel derjenigen, die es eben nicht können. Ich finde es dann schade und habe sogar ein wenig Mitleid mit ihnen. Aber glücklicherweise wissen diese ja nicht, dass sie etwas nicht können ... und vermissen demnach auch nichts. Das ist ungefähr so, wie bei einem Blindgeborenen, der über das Sehen reden will.

Das Problem in beiden Fällen - der Glaubenden und Nichtglaubenden - liegt eher darin, dass keiner von denen erkennt, dass die Menschen in diesem Sektor unterschiedlich leben und erleben. Und dann verkündigt jeder seine eigene Wahrnehmung als das, was die einzige Wahrheit sei ... und bestimmen, dass der "Andere" darüber nicht so reden dürfe, als sei es die Wahrheit. Darum sind die Diskussionen zwischen Glaubenden und Nichtglaubenden meistens unendliche Geschichten, in denen jeder den Anspruch hochhält, dass er/sie die Wahrheit kennt (wodurch auch immer) - und alles andere falsch sei.

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#79 Das Gute und das Böse brauchen einander ...

Beitrag von Eusebius » Sa 15. Mai 2021, 12:29

sven23 hat geschrieben:
Sa 15. Mai 2021, 06:02
Gründe wirst du immer finden, aber hast du auch die Kompetenz dazu?
Bedenke: mit Amateurexegese läßt sich so gut wie alles in eine Richtung biegen, die man gerne hätte. Wem ist damit gedient? Der Wahrheit sicherlich nicht.

Ach Sven. Ich habe es Dir doch schon geschrieben. Du kannst mich nicht provozieren.

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#80 Das Gute und das Böse brauchen einander ...

Beitrag von sven23 » Sa 15. Mai 2021, 13:36

Ruth hat geschrieben:
Sa 15. Mai 2021, 12:01
sven23 hat geschrieben:
Sa 15. Mai 2021, 11:05
.....Das geht aber mehr in Richtung Glaubensideologie, Esoterik usw. und .hat mit seriöser Forschung nichts zu tun. Das sollte man sauber trennen.

Da kommt es darauf an, warum man überhaupt von so etwas miteinander redet.

Was die wissenschaftliche Forschunung angeht, kann ich denen gleich sagen: sie werden keine Beweise über solche Dinge finden. Warum solche "Forscher" (ob Laie oder Profi) sich darüber seitenlang auslassen, um zu beweisen, dass es das, was Glaubende als Erfahrung miteinander teilen nicht wirklich gibt, verstehe ich sowieso nicht. Aber ich gehöre natürlich in deren Augen zu denen, die keine Ahnung haben, von dem was Glaubende erleben.
Ich denke, da liegt ein grundlegendes Mißverständnis vor.
Es geht in der neutestamentlichen Forschung nicht darum, Glaubensinhalte oder Götter zu beweisen oder zu widerlegen, was eh nicht möglich ist.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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