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Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
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sven23
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#111 Bild(er) von Gott

Beitrag von sven23 » Sa 24. Apr 2021, 14:58

Tree of life hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 12:23
Eusebius hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 11:38
Es wird in der Bibel klar gesagt, dass die Sexualität ausschließlich dem Zweck der Fortpflanzung dient und nichts anderem.
Kannst du mir bitte die Bibelstellen nennen, wo das steht?
Vielleicht verwechselt Eusebius das mit Aussagen der Kirchenväter Thomas von Aquin und Augustinus. Die haben diesbezüglich so einiges vom Stapel gelassen, dass es einer Sau graust.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Naqual
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#112 Bild(er) von Gott

Beitrag von Naqual » Sa 24. Apr 2021, 15:28

Eusebius hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 12:59
Ok. Ich versuche das mal aufzulösen.
So, wie Du das schreibst, sind beide im Grunde genommen negativ, das Es und das Über-Ich. Somit gibt es in Freuds Modell überhaupt kein spirituelles Selbst. Was Du da schreibst über die negativen Aspekte des Über-Ich, das würde ich dem Es zuordnen. Es ist eigentlich alles negativ, was sich im Unterbewußtsein abspielt, richtig? Ich fasse das, was ich dazu zitiert habe, eigentlich und wie gesagt anders auf. Ein "Anwalt des Strebens nach Vervollkommnung" ist für mich per se nichts Böses sondern das Gegenteil. Auch das Gewissen halte ich für etwas Gutes.
Eigentlich sind die beiden (Es und Über-Ich) neutral wie eine Reckstange in der Turnhalle. Außer man wiegt 150 kg, dann wird die Reckstange schnell negativ.
Die beiden helfen uns sogar. Sie entlasten unser Bewusstsein, das nur ganz wenig auf einmal verarbeiten kann. Grundsätzlich hast Du einen permanenten Fortpflanzungstrieb. Wäre der ständig bewusst.... Da braucht man wenig Vorstellung, wie das zur Qual würde. Also ist der zwar aktiv, aber eben nicht bewusst. Ebenfalls nicht bewusst ist Dir, wie das Über-Ich den Fortpflanzungstrieb unbewusst macht und lässt. Das wäre auch zuviel Arbeit das mitzuverfolgen. Also wieder eine Entlastung des Bewusstseins. Unter Umständen ist es aber sehr hilfreich sich Es und Über-Ich in einem bewusst zu machen. Da gibt's verschiedene Systeme. In der Gestalttherapie wird das sogar in "Theater-Form" erledigt und danach besprochen, z.B. da ist jemand freiwillig im Mittelpunkt der Gruppe und dann werden andere der Gruppe dazu aufgefordert, bestimmte Teile zu übernehmen, z.B. den bevormundenden Ehemann, oder das Über-Ich desjenigen selbst.... usw.

Das Gewissen ist wiederum "auch nur" das Über-Ich mit eine Art Anweisungen an das Bewusstsein. Und da sind die Werte auch wieder sehr kulturabhängig. Mein Lieblingsbeispiel: Bei Menschenfressern kriegt das KInd kein schlechtes Gewissen, weil es einen Menschen gegessen hat, sondern weil es auf dem Teller was von ihm übrig gelassen hat. Die Kultur von ihnen verbietet, etwas ehemals Lebendes, das sie getötet haben, ehrlos zu verschwenden und verrotten zu lassen.

Aber es gibt Mittel, Wege, Möglichkeiten, das ist eine individuelle Sache, zumindest Teile davon in den Griff zu bekommen. Dann ist es etwas Gutes. Ich würde sogar sagen, das Denken ist entscheidend. 
Hier sehe ich es so, dass es zwar wichtig sein kann in einer konkreten Situation mit Denken die Gefühle im Griff zu haben. Aber: Denken wie Fühlen ist das, was uns ausmacht. Beides, es gehört zu uns einfach und die Gefahr besteht, mit Denken sich selbst (Gefühle) zu amputieren. Jedenfalls auf Dauer. Und dacht bricht es aus dem Menschen heraus, was er so unter der Oberfläche angestaut hat. Mit der Diktatur der Gedanken verkümmert auch das Gefühlsmäßige und wird flach(er). Will man das wirklich? Gehört es nicht auch zur Lebensqualität, wenn Gefühle auch mal ohne Dornenhalsband rumlaufen können? Ich sage das nur als jemand, der die "Diktatur" gut kennt. Und in Bezug auf das "spirituelle Selbst" gilt, dass man die Kontrolle (des Verstandes) sogar fallen lassen können muss.

Ein Christ, der "auch" an den grausamen, zornigen Rachegott des alten Testaments glaubt, ist dennoch auf die Werte des neuen Testaments ausgerichtet. Er hat keine Gesinnung, die dem alten Gott nacheifert sondern im Gegenteil. Die Christen verstehen Gott nicht wirklich so, wie er im alten Testament beschrieben wird. (Teils auch im neuen.) Sie nehmen das als einen Aspekt Gottes an, dem sie aber nicht huldigen sondern vor dem sie sich fürchten. Für viele Christen ist diese Akzeptanz und Integration des alten Gottesbildes eine Pflicht, eine Selbstverständlichkeit. Ansonsten müsste man ja das alte Testament weitgehend ausklammern und auch was das neue Testament betrifft ergäben sich daraus etliche Schwierigkeiten, was die Stimmigkeit betrifft
.
So sehe ich Christen auch. Aber so sehe ich auch das Problem. Gott (als spezifische persönliche Vorstellung) ist die höchste Instanz im Selbst (Idealfall), die mich beeinflusst. Was wird dann aus mir in meiner persönlichen Entwicklung (religiös: "Weg"), wenn dieser widersprüchlich ist? Also gnadeloser Rächer von versehentlichen Bagatell-Sünden bis hin zur ewigen Verdammnis für endliche Missgeschicke einerseits, und ein liebender, gnädiger Gott andererseits. Das hebt sich gegenseitig auf. Das wäre so als mit dem Auto zu fahren, während die beiden Pole der Batterie kurzgeschlossen sind. Oder es hebt sich nicht auf und man wird ein launisches Etwas. Denn da wird ein Gott beschrieben, der alles ist und letztlich auch nichts damit. Das ändert auch nichts daran wenn man erklärt, man konzentriert sich nur auf das NT.
Das andere ist, das Angst nur Sinn hat, wenn es uns von außen von einem Verhalten abhalten soll, dass wir von uns selbst aus sonst nicht tun würden. Das heißt aber wird sind dann innerlich böse. Angst dressiert äußerlich, verändert einen aber nicht innerlich. Die innere Veränderung geschieht durch Liebe. Und das AT ist großteils angstbasiert. Bei Jesus kreuzen sich da die Einflüsse, im besten Fall hat man ihm da einige Aussagen, die Angst erzeugen sollen, mit untergeschoben.
Vor Gott tiefen Respekt haben ist gut, Angst vor ihm haben ist sehr ungut. Wie soll dann auch "Christus mit dem Vater eins sein, wie auch wir eins in Christus sind", wenn man mit dem, mit dem man eins sein soll Grund panischer Angst ist?

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Naqual
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#113 Bild(er) von Gott

Beitrag von Naqual » Sa 24. Apr 2021, 15:30

Tree of life hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 13:10
Naqual hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 11:53
Ich bin Theist... :)
Und ich dachte immer, du wärst ein Mensch
Ja, das ist meine veraltete Raupenform, zum Schmetterling habe ich es allerdings noch nicht geschafft.

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Naqual
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#114 Bild(er) von Gott

Beitrag von Naqual » Sa 24. Apr 2021, 15:41

sven23 hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 14:58
Tree of life hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 12:23
Eusebius hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 11:38
Es wird in der Bibel klar gesagt, dass die Sexualität ausschließlich dem Zweck der Fortpflanzung dient und nichts anderem.
Kannst du mir bitte die Bibelstellen nennen, wo das steht?
Vielleicht verwechselt Eusebius das mit Aussagen der Kirchenväter Thomas von Aquin und Augustinus. Die haben diesbezüglich so einiges vom Stapel gelassen, dass es einer Sau graust.
Man kann das aus dem AT schon rausinterpretieren wenn man sich viel Mühe gibt, dann kommt man darauf, dass die Fortpflanzung allerdings dem Volk Israel gilt, und nicht der Weitergabe einer persönlichen genetischen Note. Also da durfte kein Tropfen des Mannes (z.B. Onan) verschwendet werden und sei es im Wüstensand. Deswegen gab es umgekehrt eher so etwas wie einen Zwang zur Sexualität (!) Natürlich waren da Rabbis auch verheiratet (alles andere ist so was ähnliches wie Vaterlandsverrat).
Wir haben ja die Ängste auch in Deutschland: die Moslems vermehren sich einfach besser und schneller (stimmt allerdings nur in den ersten zwei Generationen)!
Also ich finde, wir bräuchten vor den Moslems keine Angst haben.... Bei der erotischen Dauerberieselung in den Medien!

Tree of life
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#115 Bild(er) von Gott

Beitrag von Tree of life » Sa 24. Apr 2021, 15:49

Naqual hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 15:41
Also da durfte kein Tropfen des Mannes (z.B. Onan) verschwendet werden und sei es im Wüstensand.
Stell dir vor, es gäbe keine Verhüterli oder die Pille.
Alter Verwalter, es wäre kein Platz mehr auf dem Planeten. :g222:

Oder man würde weniger vögeln, weil zu große Angst vor eventuellem Nachwuchs und man würde wieder Astlöcher(oder Couchrillen) aufsuchen.
Abgesehn davon, wieviele Tropfen gehen denn so ab, ohne der Absicht zu ejakulieren ;)
Vergeudeter Saft?

JackSparrow
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#116 Bild(er) von Gott

Beitrag von JackSparrow » Sa 24. Apr 2021, 17:34

Eusebius hat geschrieben:
Fr 23. Apr 2021, 21:43
Es könnte ja auch einfach etwas neutrales, interessiertes, freundliches, nachgebendes, (nicht nur rethorisch) nachfragendes, sachliches etc. sein. Ein Kommentar muss nicht unbedingt offensiv sein, oder vorwurfsvoll, anklagend, provozierend etc...
Hauptsächlich muss mir er Freude bereiten - warum sonst sollte überhaupt irgendjemand irgendwas kommentieren... Was nun meine Mitmenschen über meine Kommentare denken, stellt hauptsächlich das Problem meiner Mitmenschen dar und tangiert mich persönlich nur relativ marginal.

Das bedeutet, es gibt für Dich auch Gläubige, die Dir nicht wie Heuchler vorkommen bzw. die Du nicht so beurteilst?
"Gott will es so" ist ja kein echter Glaube. Ich labere nur irgendwas nach, was ich mal irgendwo gelesen habe. Hätte dort das genaue Gegenteil gestanden, würde ich ebenfalls behaupten es zu glauben.

Mit "Gott will es so" lässt sich alles begründen. Aber in Wirklichkeit bedeutet es doch bloß, dass ich weder davon überzeugt bin noch jemals ernsthaft drüber nachgedacht habe.

Du meinst eine Lebens- / Existenzgrundlage, eine Lebensnotwendigeit.
Ich meine etwas, das nicht unbedingt in diese Kategorie fällt aber dennoch - offen oder verborgen - als Veranlagung in allen Menschen steckt.
Menschen schauen Horrorfilme, fahren Achterbahn, gehen Bergsteigen, spielen Computerspiele oder sagen provozierende Dinge, weil sie nicht nach Harmonie streben. Menschen mögen Stress, solange sie das Gefühl haben ihn kontrollieren zu können.

Aber das, was uns im Kern ausmacht, ist gleich.
Das Streben nach Nahrungsaufnahme und Fortpflanzung. Wenn wir das nicht geerbt hätten, würden wir nicht existieren, weil es dann auch unsere Vorfahren nicht gehabt hätten.

Sein Gehirn war bis auf die lebenserhaltenden Teile vollständig außer Betrieb.
Wenn er dies als Neurochirurg ernsthaft in seinem Buch behauptet, kann man sich die Zeit zum Lesen sicherlich guten Gewissens sparen.

Tree of life
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#117 Bild(er) von Gott

Beitrag von Tree of life » Sa 24. Apr 2021, 17:52

JackSparrow hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 17:34
Wenn er dies als Neurochirurg ernsthaft in seinem Buch behauptet, kann man sich die Zeit zum Lesen sicherlich guten Gewissens sparen.

Im Krankenhaus wurde eine bei Erwachsenen praktisch unbekannte Form von Meningitis diagnostiziert.
Kolibakterien griffen das Hirn an und legten es lahm.
Angesichts des fast siebentägigen Komas bescheinigte der behandelnde Arzt Scott Wade in einem Gutachten eine „Mortalität von über 97 Prozent“
https://www.welt.de/vermischtes/article ... erten.html

Tree of life
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#118 Bild(er) von Gott

Beitrag von Tree of life » Sa 24. Apr 2021, 19:43

JackSparrow hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 17:34
Menschen gehen Bergsteigen, ..... weil sie nicht nach Harmonie streben.
Menschen mögen Stress...
Menschen tanzen am Eis, das ist Stress und doch harmonieren sie zusammen und in ihren Bewegungen


Eusebius
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#119 Bild(er) von Gott

Beitrag von Eusebius » Sa 24. Apr 2021, 23:29

Naqual hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 15:28
Vor Gott tiefen Respekt haben ist gut, Angst vor ihm haben ist sehr ungut. Wie soll dann auch "Christus mit dem Vater eins sein, wie auch wir eins in Christus sind", wenn man mit dem, mit dem man eins sein soll Grund panischer Angst ist?

Ja, ich denke auch, ein Gott, den man liebt, fürchtet man nicht. Ich habe sowieso nicht diese Anschauung. Für mich sind das unterschiedliche Entitäten. Es gibt einen Zusammenhang, beide Kräfte gibt es meinem Glauben nach, aber es ist nicht ein und das selbe. Wie es genau in den Menschen aussieht, die diese beiden Götter zusammenfassend sehen, weiß ich nicht. Ich denke aber, sie wissen nicht wirklich, wie widersprüchlich das ist. Ich denke auch nicht, dass Angst bei solchen Christen eine dominante Emotion ist und vermute, dass die tatsächliche Grausamkeit und der entsetzliche Charakter des Gottes im alten Testament nicht richtig wahrgenommen wird. Etwas in ihnen lässt es einfach nicht zu, dass sie das sehen können. Ich habe mal jemanden darauf hingewiesen mit ganz krassen Bibelstellen, der ist dann wirklich wahnsinnig aggressiv geworden und wollte nie wieder was mit mir zu tun haben. (War ein feiner Kerl übrigens.) Im Grunde, wenn man genau hinschaut, lässt es sich nicht vereinbaren. Was man dann hört, wie das geglättet und passend gemacht wird, das wird den Geschichten im AT einfach nicht gerecht.
Naqual hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 15:28
Die beiden helfen uns sogar. Sie entlasten unser Bewusstsein, das nur ganz wenig auf einmal verarbeiten kann. Grundsätzlich hast Du einen permanenten Fortpflanzungstrieb. Wäre der ständig bewusst....

Dass diese Kräfte nicht nur negativ auf uns einwirken sondern uns in bestimmten Situationen, Fällen, in bestimmter Hinsicht auch unterstützen, davon bin ich vollkommen überzeugt. An ihrer Natur, ihren Eigenschaften ändert das aber nichts. Und Unbewusstheit halte ich für absolut nicht erstrebenswert. Natürlich können wir nicht alles zu jederzeit kontrollieren, was in uns abläuft. Aber das, was wir erleben, ist ja eher das Gegenteil. Die meisten Handlungen, Gedanken, Gefühle und Vorstellungen in uns geschehen teils oder ganz unbewusst. Das muss so nicht sein. Nicht alles, was diese Kräfte "uns abnehmen", ist bei ihnen in guten Händen. Ich halte es für besser, wenn man in der Lage ist, zu jederzeit zu kontrollieren und überwachen, was da mit uns, durch uns geschieht. Weil ich vor allem dem dunklen und negativen Anteil weder traue noch folgen will.

Naja. Hier erkenne ich einen sehr wichtigen Punkt, in dem wir uns stark unterscheiden. Du redest so, als würdest Du Freuds Modell richtig finden und als ob Du es in Deine Weltanschauung integriert hast, ist das so? Für Dich und für Freud sind diese Kräfte ein Teil des Selbst. Sie gehören zu Dir, zum Menschen. Sie sind ein Teil der Persönlichkeit. Stimmt das? Du sagst im Grunde: Das ist mein Fortpflanzungstrieb. Ich aber sehe es anders. Für mich ist es nichts, was zu mir, zu meinem Ich gehört. Damit meine ich nichtmal das spirituelle Selbst, das mit Trieben nicht das geringste zu tun hat. Ich meine mein eigenes Ich. Die Persönlichkeit, die mich ausmacht, vor allem mental. Diese Triebe gehören nicht zu mir. Ich distanziere mich davon. Diese Kräfte sind zwar in mir aber ich bin jemand anderes. Ich muss überhaupt nicht triebhaft sein. Ich muss keinen Appetit haben, keine Lust, weder auf Essen noch Trinken, Schlaf oder sonstwas. Ich empfinde das vielleicht, aber das gehört nicht zu mir. Es ist kein Teil meines Ichs. Ich kann all das annehmen, dann wird es auch ein Teil von mir. Aber ich kann es auch abgrenzen. Dann ist es zwar da, aber es ist etwas Fremdes. Es erfüllt einen Zweck, sofern das der Fall ist. Natürlich. Aber diese "Triebe" gehen tendentiell doch weit weit und immer weiter über das Ziel hinaus. Der "Fortpflanzungstrieb" dient einem Zweck: Der Fortpflanzung. Es macht keinen Sinn, rund um die Uhr diesen Trieb zu empfinden. Man kann sich nicht rund um die Uhr fortpflanzen. Gott wäre ein Dummkopf oder ein Quälgeist, wenn er dem Menschen einen Trieb gegeben hätte, der so über alle Maßen alles übersteigt, was sinnvoll und zweckmäßig ist.

Davon abgesehen: Wer sagt, dass der Mensch triebhaft sein muss, um sich fortzupflanzen? Der Akt kann auch wie ein technischer Vorgang geplant und durchgeführt werden. Das funktioniert auch in vielen Fällen. Jedenfalls liegen die Chancen so besser als wenn man einfach loslegt. Es macht auch keinen Sinn zu sagen, der Mensch würde sich ohne diesen Trieb nicht fortpflanzen. Das würde er natürlich, weil wir grundsätzlich ein Interesse daran haben, hier in Gemeinschaften zu leben, wo wir uns gegenseitig unterstützen. Wir wären dabei nur umsichtiger und würden uns nicht unbedingt in dem Maße vermehren, wie das der Fall ist. Was, denke ich, vielleicht sogar ein viel besseres Ergebnis brächte. So gesehen halte ich diesen Fortpflanzungstrieb sogar für überflüssig oder mehr als das: Eine Last. Man kann - wenn man es unbedingt will - eine Sache auch "genießen", ohne dabei einem Trieb nachzugeben.

Was die Nahrung betrifft, ist es ähnlich. Wir brauchen eigentlich nur sehr wenig Nährstoffe. Viele Menschen essen viel zu viel. Es ist erschreckend, mit wie wenig Nahrung wir noch ganz gut auskommen könnten. Wie auch bei der S. geht es bei der Ernährung in hohem Maße um den Genuß. Auch da denke ich klar, dass ein Trieb nicht nötig wäre. Wir wissen ja sehr gut, was wir brauchen. Das könnte man auch nüchtern planen. Man müsste nichtmal essen. Man kann sich auch flüssig gut ernähren. Das ist ganz einfach, wenn man es will. Gut schmecken müsste es auch nicht. Man kann sich einen Plan machen, wann man was trinkt und das ist alles. Man braucht da keine Gier, kein Verlangen nach Geschmack, Empfindungen auf der Zunge etc. - völlig unnötig. Man kann daraus eine Kultur oder einen Kult machen, kann man. Das kann eine schöne Sache sein. Man kann es auch genießen. Aber das muss man nicht. Niemand würde ohne diesen Trieb sterben. Vielleicht würde man zu wenig essen, aber auch oder vor allem mit Trieb gestalten sich die Ernährungsgewohnheit oft zum Nachteil. Besser zu wenig als zu viel.
Naqual hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 15:28
Bei Menschenfressern kriegt das KInd kein schlechtes Gewissen, weil es einen Menschen gegessen hat, sondern weil es auf dem Teller was von ihm übrig gelassen hat. Die Kultur von ihnen verbietet, etwas ehemals Lebendes, das sie getötet haben, ehrlos zu verschwenden und verrotten zu lassen.

Das Kind ist noch nicht fähig dazu, aufgrund des Körpers, der längst nicht ausgewachsen ist, um diese Impulse anzunehmen.

Das Problematische daran ist in diesem Fall auch nicht das Essen sondern das Töten. Natürlich ist daran (am Essen) prinzipiell nichts bösartig.

Die Frage ist, ob ein Mensch, der jemand andern aus Egoismus, Gier etc. umbringt, sich dabei wirklich völlig unschuldig fühlt, auch in einer Kultur, in der das als normal gilt und nicht bestraft wird. Immerhin sieht er sein Opfer vermutlich und es sollte ihm einigermaßen klar sein, was er da tut. Ich weiß es nicht aber ich würde mal annehmen, dass das auch dann einen Menschen, dessen Herz nicht völlig versteinert ist, irgendwie betrifft und berührt, auf unangenehme Art, egal welcher Kultur er abstammt.
Naqual hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 15:28
Denken wie Fühlen ist das, was uns ausmacht.

Mein wahres Ich ist für mich mein höchstes, spirituelles Selbst. Aber auf der "Ich" Ebene sehe ich viele Gedanken und Gefühle in mir, mit denen ich mich nicht identifiziere, von denen ich mich klar abgrenze.




 

Eusebius
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#120 Bild(er) von Gott

Beitrag von Eusebius » Sa 24. Apr 2021, 23:41

Tree of life hat geschrieben:
Sa 24. Apr 2021, 14:40
dt 9,11 Denn nicht in der Übermacht liegt deine Kraft, und deine Herrschaft ruht nicht auf den Starken, sondern du bist ein Gott der Erniedrigten, ein Helfer der Geringen, ein Beistand der Schwachen, ein Beschützer der Verachteten und ein Retter der Hoffnungslosen!

Ja, aber Gott will doch, dass wir mutig und stark sind, damit es uns gut geht und wir in seinem Sinne agieren können.

Mut und Stärke schließen eine demütige, gottergebene, dienende Haltung nicht aus. Im Gegenteil, sie werten sie auf.

Gott kümmert sich um die Schwachen, Erniedrigten, Geringen, Verachteten, Hoffnungslosen. Aber er will, dass sie stark werden, hoffnungsvoll, großartig und beachtet. Denn dann können sie Gott auch am besten dienen in dieser Welt.

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