Vorstellung eines allmächtigen Gottes

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
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sven23
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#31 Vorstellung eines allmächtigen Gottes

Beitrag von sven23 » Fr 2. Apr 2021, 07:17

sven23 hat geschrieben:
Do 1. Apr 2021, 19:35

Ja, aber ein gütiger und vorausschauender Gott hätte ja die Möglichkeit gehabt, den kleinen Adolf am Kindbettfieber sterben zu lassen, ....

Ich meinte natürlich nicht Kindbettfieber, sondern plötzlicher Kindstod. Die Mutter sterben zu lassen, hätte für den Verlauf der Weltgeschichte nichts gebracht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#32 Vorstellung eines allmächtigen Gottes

Beitrag von sven23 » Fr 2. Apr 2021, 08:18

Lena hat geschrieben:
Mo 29. Mär 2021, 10:39
Wo ein Bürger als gut angesehen wird, lebt er in Harmonie mit dem Gesetz des Landes. 
Wer um Nationalsozialismus Juden denunzierte und umbrachte, der galt als gut angsehen, weil er in Harmonie mit den Gesetzen des Landes lebte?
Die Frage wäre: bei wem war er gut angesehen?
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sven23
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#33 Vorstellung eines allmächtigen Gottes

Beitrag von sven23 » Fr 2. Apr 2021, 08:26

Punch hat geschrieben:
So 28. Mär 2021, 14:30
Das Drohen mit der Hölle und den Höllenstrafen (gegenüber den Nichtchristen aller Couleur)  ist ja nicht nur das Tagesgeschäft der christlichen Fanatiker und Fundamentalisten, auch Frieda-Lieblos und Karl-Krampfbeter können da oft nicht widerstehen, und üben sich gerne einmal in der Rolle des christlichen KZ-Kommandanten und der pervertieren Folterknechte, natürlich immer im Namen der Liebe zum Nächsten.
:lol:

In Glaubensfragen orientiere ich mich mittlerweile an dem französischen Schriftsteller André Gide:

Vertrauen Sie denen, die nach der Wahrheit suchen, und misstrauen sie denen, die sie gefunden haben.

Und nachdem die Kirche von sich sogar behauptet, im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein, könnte mein Mißtrauen nicht größer sein.
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Naqual
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#34 Vorstellung eines allmächtigen Gottes

Beitrag von Naqual » Fr 2. Apr 2021, 11:23

sven23 hat geschrieben:
Do 1. Apr 2021, 19:35
Nimmt man die Existenz eines Gottes aus der Betrachung heraus, dann löst sich das Theodizeeproblem in Luft auf.
Der Wermutstropfen dabei ist aber: das Leid bleibt trotzdem bestehen.
Das war schon alles richtig und konsequent was Du geschrieben hast. Nur an der Stelle bevorzugst Du die Problemlösung eines Atheisten: Gott gibt es nicht.
Es gibt aber viele andere Möglichkeiten. Theoretisch: wenn die Allwissenheit wegfällt, oder die Allmacht wegfällt. Oder die Vorstellung wegfällt, dass Gott in der Welt überhaupt (direkt) wirkt (z.B. in dem er nur über den Menschen wirkt). Oder abstrakter: wenn Gott gar nicht als Person gesehen wird.

Im übrigen hast Du bei der Hitler-Entgegnung eine nicht geahnte Wendung: Klar hätte Gott Hitler schon vorgeburtlich verhindern können. Nur: er kann ja Gründe gehabt haben, Hitler wirken zu lassen, weil die Alternative noch schrecklicher gewesen wäre.
Das Argument, Gottes Wege nicht verstehen zu können, ist theoretisch schon etwas, das ein wenig Wind aus den Segeln des Theodizeeproblems nimmt. Es ist nicht mehr zwingend. Aber es bleibt berechtigt: ein Problem.

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sven23
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#35 Vorstellung eines allmächtigen Gottes

Beitrag von sven23 » Fr 2. Apr 2021, 11:46

Naqual hat geschrieben:
Fr 2. Apr 2021, 11:23
sven23 hat geschrieben:
Do 1. Apr 2021, 19:35
Nimmt man die Existenz eines Gottes aus der Betrachung heraus, dann löst sich das Theodizeeproblem in Luft auf.
Der Wermutstropfen dabei ist aber: das Leid bleibt trotzdem bestehen.
Das war schon alles richtig und konsequent was Du geschrieben hast. Nur an der Stelle bevorzugst Du die Problemlösung eines Atheisten: Gott gibt es nicht.
Es gibt aber viele andere Möglichkeiten. Theoretisch: wenn die Allwissenheit wegfällt, oder die Allmacht wegfällt.
Ein Gott ohne Allmacht und Allwissenheit ist aber nicht kompatibel mit den Gottesvorstellungen der großen monotheistischen Religionen, auch nicht mit den Vorstellungen der antiken oder christlichen Philosophen.



Naqual hat geschrieben:
Fr 2. Apr 2021, 11:23
Oder abstrakter: wenn Gott gar nicht als Person gesehen wird.
Was könnte er denn sonst sein? Etwa ein abstrakter Mechanismus wie die Evolution?

Naqual hat geschrieben:
Fr 2. Apr 2021, 11:23
Im übrigen hast Du bei der Hitler-Entgegnung eine nicht geahnte Wendung: Klar hätte Gott Hitler schon vorgeburtlich verhindern können. Nur: er kann ja Gründe gehabt haben, Hitler wirken zu lassen, weil die Alternative noch schrecklicher gewesen wäre.
Na ja, damit kann man jede Schrecklichkeit relativieren, indem man behauptet, es hätte ja noch viel schrecklicher kommen können.
Meiner Meinung war der 2. Weltkrieg mit all den Völkermorden schlimm genug, um die Vorstellung, ein liebender und gütiger Gott würde in das Weltgeschehen zugunsten seiner Schöpfung eingreifen, obsolet werden zu lassen.
Ich denke, Bultmann hatte schon Recht, wenn er meinte, dass es kein übernatürliches Zerreissen geschichtlicher Wirkungszusammenhänge gibt.
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Naqual
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#36 Vorstellung eines allmächtigen Gottes

Beitrag von Naqual » Fr 2. Apr 2021, 16:12

sven23 hat geschrieben:
Fr 2. Apr 2021, 11:46
Ein Gott ohne Allmacht und Allwissenheit ist aber nicht kompatibel mit den Gottesvorstellungen der großen monotheistischen Religionen, auch nicht mit den Vorstellungen der antiken oder christlichen Philosophen.
Mit Ausnahme des Judentums sind die großen monotheistischen Religionen schnell Mogelpackungen in Bezug auf den Monotheismus. Das Christentum behauptet, es sei monotheistisch. Aber ist dem auch so?
Das kursiert die Vorstellung von einem Satan der seit Jahrtausenden Gott die Butter von der Semmel, bzw. die Seelen vor dem Himmeltor, klaut. Also dieser Satan hat eine enorme Macht. Sosehr, dass er ein Widersacher Gottes ist (wenn als astrales Wesen verstanden). Damit haben wir aber keinen Monotheismus mehr. Es gibt auf einmal zwei Götter, nur Zeus ist eben stärker wie ein anderer aus dem Olymp.
Im Judentum wird das Böse als von Gott kommend beschrieben. Das ist jetzt allerdings ein komplexes Thema und im christlichen Denken tut man sich da anfangs recht schwer. Also das Judentum hat für mich ein "monotheistischeres" Bild als das Christentum.
Mit Teufel kann man natürlich auch beim Theodizeeproblem rummachen.... Vielleicht war das auch eines der Gründe. Man musste für Unerklärliches einen Gott einsetzen. In diesem Fall einen bösen.

Naqual hat geschrieben:
Fr 2. Apr 2021, 11:23
Oder abstrakter: wenn Gott gar nicht als Person gesehen wird.
Was könnte er denn sonst sein? Etwa ein abstrakter Mechanismus wie die Evolution?
z.B. die Vorstellung, dass wir Gott sind, allerdings in Raum und Zeit punktuell verfangen (siehe auch im ursprünglichen HInduismus: Brahman und Atman). Im Gleichnis: Gott ist das materielle Meer (Bewusstsein), Mensch ist die in Raum und Zeit geformte Welle. Bleibt aber Teil des Gesamten. In der Vorstellung gibt es allerdings auch keine (bleibende) Seele mehr.
Eine andere Möglichkeit wäre es den "selbsterläuternden Satz" bei der jüdischen Gottesvorstellung herzunehmen: "Ich bin der ich bin". SEIN. Gott ist das Sein. MIr persönlich ist dieser gedankliche Weg aber zu abstrakt-philosophisch. Aber: wer's mag. :-)

Ich denke, Bultmann hatte schon Recht, wenn er meinte, dass es kein übernatürliches Zerreissen geschichtlicher Wirkungszusammenhänge gibt.
Genau so formuliert, könnte ich es auch unterschreiben.

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sven23
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#37 Vorstellung eines allmächtigen Gottes

Beitrag von sven23 » Fr 2. Apr 2021, 19:32

Naqual hat geschrieben:
Fr 2. Apr 2021, 16:12
Also das Judentum hat für mich ein "monotheistischeres" Bild als das Christentum.
Auf jeden Fall. Das Christentum hat sich mit der Vergottung eines Menschen ein neues Problem eingehandelt, was man dann theologisch durch die Trinitätslehre lösen wollte.
Das ist aber naturgemäß mehr schlecht als recht gelungen. Bei 3 Gottheiten sind für einen echten Monotheismus 2 zu viel.


Naqual hat geschrieben:
Fr 2. Apr 2021, 11:23
z.B. die Vorstellung, dass wir Gott sind, allerdings in Raum und Zeit punktuell verfangen
Dann wäre auch Hitler ein Gott?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Naqual
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#38 Vorstellung eines allmächtigen Gottes

Beitrag von Naqual » Fr 2. Apr 2021, 21:09

sven23 hat geschrieben:
Fr 2. Apr 2021, 19:32
Naqual hat geschrieben:
Fr 2. Apr 2021, 16:12
Also das Judentum hat für mich ein "monotheistischeres" Bild als das Christentum.
Auf jeden Fall. Das Christentum hat sich mit der Vergottung eines Menschen ein neues Problem eingehandelt, was man dann theologisch durch die Trinitätslehre lösen wollte.
Das ist aber naturgemäß mehr schlecht als recht gelungen. Bei 3 Gottheiten sind für einen echten Monotheismus 2 zu viel.
Die Trinitätslehre lebt davon, dass ihr wesentlicher Punkt (die Dreieinigkeit) normiert ist ohne ihren Gegenstand (Inhalt) erklären zu können.
Also die Dreifaltigkeit kann man erklären. Da gibts eben den Vater (Schöpfer), den Geist und den Sohn.
Aber die Dreieinigkeit kann man nicht erklären: worin soll die Einigkeit denn nun bestehen? Was macht die drei zu eins?

Ansonsten stinkts natürlich zu Himmel wenn der entsprechende Konzil unter dem Einfluss (oder sogar Vorsitz) stand von dem Nichtchristen Kaiser Konstantin (und die Römer liebten TRIumvirate), der auf Münzen prägen ließ "Kaiser Konstantin, Sohn Gottes" (!). Der auch so konsquent war die Frau seines politischen Widersachers in ihrer eigenen Badewanne zu Tode zu sieden, bevor er den Konkurrenten umbringen ließ. Der dann am Totenbett "getauft" wird, aber die kirchliche Geschichtsschreibung vergisst zu erwähnen, der Priester der taufte, war nicht etwa vom Vorläufer der kath. Kirche, sondern war Gnostiker. Also diejenigen, gegen die ein eigener Kreuzzug geführt wurde.

sven23 hat geschrieben:
Fr 2. Apr 2021, 19:32
Naqual hat geschrieben:
Fr 2. Apr 2021, 11:23
z.B. die Vorstellung, dass wir Gott sind, allerdings in Raum und Zeit punktuell verfangen
Dann wäre auch Hitler ein Gott?
Gute Frage. Im Moment habe ich dafür keine befriedigende Antwort, wobei es in diesem Denksystem auch schwierig ist. Also die Frage ist schon außerhalb des Denksystems formuliert. Hitler ist eher eine bloße Form in Raum und Zeit (die Welle die das Urwasser Gott nutzt und ist) und die sich täuscht ("Maja" in den fernöstlichen Systemen). Also in Bezug auf das Erfahrbare (Welt der Formen) ist er sogar sehr vergänglich. In diesem System wirds dann aber hoch abstrakt (monistisches Denken) und kaum mehr darstellbar. Um die Formen wahrnehmen zu können, muss diese sich abheben von dem was sie (die Welle) nicht ist. Genau dies gibt ihr ja Form. Also das Gute benötigt das Böse um Gestalt zu gewinnen. Also wenn die Wellen weg sind verbleibt die ruhige Oberfläche des Wassers. Da gibt es kein gut und böse mehr. - Aber wie gesagt, da tue ich mich hart.

JackSparrow
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#39 Vorstellung eines allmächtigen Gottes

Beitrag von JackSparrow » Sa 3. Apr 2021, 20:56

sven23 hat geschrieben:
Fr 2. Apr 2021, 19:32
Dann wäre auch Hitler ein Gott?
Nicht nur Hitler. Auch Hitlers Nachbar, Hitlers Hund und Hitlers Darmflora.


Naqual hat geschrieben:Im Moment habe ich dafür keine befriedigende Antwort,
Wie wärs mit einer befriedigenden Frage: Hat es irgendeinen praktischen Nutzen, beliebige Menschen als Götter zu bezeichnen, oder handelt es sich hier lediglich um inhaltsleeres philosphisches Geschwurbel?

Also die Frage ist schon außerhalb des Denksystems formuliert.
Um zu fragen, ob mein Nachbar vielleicht ein Huhn ist, muss ich mich durchaus bereits innerhalb eines Denksystems befinden, in dem alle Menschen als Hühner zu gelten haben.

Also in Bezug auf das Erfahrbare (Welt der Formen) ist er sogar sehr vergänglich.
In welcher Welt ist Hitler nicht vergänglich und inwiefern kann Vergänglichkeit ausschließen, dass Hitler ein Gott ist?

Tree of life
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#40 Vorstellung eines allmächtigen Gottes

Beitrag von Tree of life » Sa 3. Apr 2021, 21:46

JackSparrow hat geschrieben:
Sa 3. Apr 2021, 20:56
Nicht nur Hitler. Auch Hitlers Nachbar, Hitlers Hund und Hitlers Darmflora.
Hitler war zwar kein transzendenter Gott, jedoch der Ansicht, er habe den "Größten" und er war machtgeil, was wohl auf seinen Hund und seine Darmflora nicht zutreffen würde, ausser man will es so sehn...

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