Verbote, Gebote … und Gott

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
Ruth
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#1 Verbote, Gebote … und Gott

Beitrag von Ruth » Mi 16. Dez 2020, 11:37

Bei der Suche nach einem passenden Titel für dieses Thema kam mir zunächst der Gedanke: muss im Titel nicht „Gott“ an erster Stelle stehen?

Aber schnell kam ich zu dem Ergebnis: nein, denn gerade das IST das Thema, dass möglicherweise NICHT Gott der Ursprung der Gebote, Verbote und Strafankündigungen ist, sondern Gott einfach die Sprache und Rituale der (einzelnen) Menschen benutzt, um sie in seine Gegenwart einzuladen, Wege zu finden, mit Gott zu leben ... erweiterte Horizonte zu entdecken.

In den Religionen, in welchen es um Gott und dessen Präsenz in der Welt geht, wird Gott immer dort eingesetzt, wo Menschen sich uneinig sind, oder wo man etwas erklären will, was über die eigenen Grenzen hinaus geht.

Da mir persönlich das Christentum und die Bibel am besten bekannt ist, setze ich diese mal als Grundlage meiner Vorgaben zum Thema ein.

Ich denke, wenn man die Bibel mal „andersrum“ liest, als das, was vordergründig das Thema zu sein scheint, dann kann man viel besser eine Einheit erkennen, im Gegensatz zu dem, was die Christenheit damit verkörpert, mit den tausendfachen Aufsplitterungen und Uneinigkeiten. Ich meine damit, dass man Gott als denjenigen sieht, der sich den Menschen nähert, sie in deren „Sprache“ anspricht, um aus ihrem Chaos eine Harmonie zu schaffen.

In der Bibel wird Gott als derjenige dargestellt, der aufbaut und zerstört, Leben spendet und wieder nimmt. Die Menschen sind dabei eher nur Darsteller von dem, was Gott vorgibt. Daraus entstehen zwangsläufig die Fragen: „warum lässt Gott das zu? … oder … warum bekomme ich nicht das, was ich mir wünsche? … oder … wie kommt es, dass in der Welt scheinbar das Böse regiert und alles zerstört? … etc.

Ich denke, die Muster, nach denen die Menschheit Gott einsetzt, um etwas zu begründen, was sie nicht erklären können, sind die gleichen, wie damals, zu den Zeiten, als die Geschichten/Berichte der Bibel aufgeschrieben wurden. Man setzt alles, was „übersinnlich“ ist, auf die Karte „Gott“, und begründet es mit den eigenen Erklärungen, Erfahrungen, nach dem persönlichen Verständnis. Weil Gott der Macher für Alles ist, wird er auch dazu verpflichtet, die Menschen vor dem Bösen (was man darunter auch immer verstehen möchte) beschützen.

Um es „sicherer“ zu machen, wird der Absolutheitsanspruch festgelegt – nach dem Motto: je mehr Anhänger es gibt, desto stärker wird die Grundlage.


In der Bibel geht das erste Gebot von Gott aus: „du sollst nicht (von dem einen Baum essen). Als das scheitert, straft Gott dafür die ganze Menschheit, indem er die Menschen aus seiner Gegenwart entfernt … die welche anwesend sind, sowie die, welche noch kommen. Die ersten Opfer (als Versuch, Gott wieder näher zu kommen) enden damit, dass ein Mensch den anderen ermordet, weil die sichtbaren Zeichen ihm scheinbar vermitteln, dass Gott das Opfer des Bruders annimmt, während das eigene verworfen wird. (1. Mose, Kap. 1-4)

… und so geht das immer weiter. „Gott“ vernichtet Menschen (weil die nicht so wollen, wie Gott es will) startet weitere Versuche, die Menschen in die richtige Richtung zu weisen … und scheitert offensichtlich immer wieder an den eigenen Versuchen.

Ich lese diesen kurzen Abschnitt mal „andersrum“….(nach meinem Verständnis)..
Gott hat den Menschen in eine perfekte Welt/Schöpfung gesetzt (auf welche Weise auch immer) … und schickt immer mal wieder das Signal: „kommt her zu mir“ (redet mit mir, teilt mit mir, was euch erfreut, was euch bedrückt, wendet euch mir zu und lasst euch inspirieren). Und dort, wo Menschen das Angebot annehmen, schaffen sie das Leben so, dass es „gut“ ist, jeder auf seine ganz individuelle Art. Wobei das „Gut“ des Einen nicht unbedingt das Gleiche zu sein scheint, wie das des Anderen.

Die Menschen haben im Laufe der Zeit, alle Geschehnisse in „Gut und Böse“ unterteilt. „Gut“ steht für das, was Gott ist, und „Böse“ für das, was Menschen tun. Leben funktioniert aber nur mit beidem im Einklang.

In Verbindung mit Gott schaffen es Menschen, Beides im Einklang zu leben, ohne dass man am „Bösen“ verzweifeln muss, indem man das Böse mit Gutem überwindet.

Man kann das Thema jetzt beliebig ausweiten. Ich merke gerade, dass meine Gedanken ausufern, so dass sie unübersichtlich werden können. Darum mache ich hier erst mal einen Schnitt, und warte ab, wohin eure Gedanken das führen.

Darum möchte ich anregen, dass jeder, den das Thema interessiert, mal versucht „andersrum“ zu denken, als gewohnt … unabhängig davon, ob man eher in christlicher Richtung geprägt ist, oder sich als Gegner dieser Religion versteht. … oder irgendwo dazwischen.

Das Ergebnis eurer Gedanken wäre vielleicht ein guter Ausgangspunkt, neue Richtungen zu wagen …
...ist zumindest erst einmal ein Versuch von mir.

Auch weiterführende Fragen wären hilfreich ...
….ich bin gespannt ….

Anthros

#2 Totalitarismus

Beitrag von Anthros » Mi 16. Dez 2020, 14:10

Ruth hat geschrieben:
Mi 16. Dez 2020, 11:37
muss im Titel nicht „Gott“ an erster Stelle stehen?

Du setzt ein absolutes Wissen darüber voraus, was "Gott" sei, was er zu sein hat. Es ist aber das, wie du es siehst. Deine Sicht ist es, die totalitär ist.

Darauf baut sich nicht nur in diesem Thema alles auf.

Ruth
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#3 Re: Totalitarismus

Beitrag von Ruth » Mi 16. Dez 2020, 14:25

Anthros hat geschrieben:
Mi 16. Dez 2020, 14:10
Ruth hat geschrieben:
Mi 16. Dez 2020, 11:37
muss im Titel nicht „Gott“ an erster Stelle stehen?

Du setzt ein absolutes Wissen darüber voraus, was "Gott" sei, was er zu sein hat.

Wo? Deshalb, weil ich mich frage, wo bei meiner Überschrift "Gott" stehen soll?

Anthros hat geschrieben:
Mi 16. Dez 2020, 14:10
Es ist aber das, wie du es siehst. Deine Sicht ist es, die totalitär ist.

Darauf baut sich nicht nur in diesem Thema alles auf.

Ja und ? ... das habe ich nun ja schon selbst mehrmals angemerkt, dass es meine Gedanken sind ... andere Gedanken aber willkommen sind.
Gut, dass du es nun auch gemerkt hast. Hast du noch mehr dazu zu sagen, oder war das schon alles?
Zuletzt geändert von Ruth am Mi 16. Dez 2020, 14:50, insgesamt 1-mal geändert.

Lena
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#4 Re: Verbote, Gebote … und Gott

Beitrag von Lena » Mi 16. Dez 2020, 14:50

Gott ist die Liebe
Gemeinschaft entsteht durch sie

Gott ruft zu sich
damit wir Liebe werden
Gemeinschaft leben können

Menschliche Eigenschaften 
lassen Gemeinschaft nicht zu

Verbote Gebote Vorschriften 
kitten nur äusserlich zusammen

Ein neuer Geist muss her

das alte vergehen 


 
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

Helmuth
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#5 Re: Verbote, Gebote … und Gott

Beitrag von Helmuth » Do 17. Dez 2020, 06:40

Lena hat geschrieben:
Mi 16. Dez 2020, 14:50
Menschliche Eigenschaften 
lassen Gemeinschaft nicht zu
Warum nicht? Du lässt nicht zu, dass ich mit dir Gemeinschaft habe? Ich schon. Ich bin sicher, dass du das anders gemeint hast, denn es gibt zwei Hauptgebote:

- Du sollst Gott ... lieben
- Du sollst deinen Nächsten lieben ...

An diesen zwei Geboten hängen das ganze Gesetz und die Propheten.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

Lena
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#6 Re: Verbote, Gebote … und Gott

Beitrag von Lena » Do 17. Dez 2020, 11:12

Helmuth hat geschrieben:
Do 17. Dez 2020, 06:40
Warum nicht?
Die menschlichen Eigenschaften lassen herzliche Gemeinschaft nicht zu, 
wegen derer es Verbote, Gebote und Gesetze braucht. Obwohl sie auch 
nicht genügen. 
 
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

SilverBullet
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#7 Re: Verbote, Gebote … und Gott

Beitrag von SilverBullet » Do 17. Dez 2020, 14:59

Ruth hat geschrieben: Ich denke, die Muster, nach denen die Menschheit Gott einsetzt, um etwas zu begründen, was sie nicht erklären können, sind die gleichen, wie damals, zu den Zeiten, als die Geschichten/Berichte der Bibel aufgeschrieben wurden. Man setzt alles, was „übersinnlich“ ist, auf die Karte „Gott“, und begründet es mit den eigenen Erklärungen, Erfahrungen, nach dem persönlichen Verständnis. Weil Gott der Macher für Alles ist, wird er auch dazu verpflichtet, die Menschen vor dem Bösen (was man darunter auch immer verstehen möchte) beschützen.
Dieser Schutzgedanke steckt, glaube ich schon im "Vater unser" drin:
...sondern erlöse uns von dem Bösen

Ruth hat geschrieben:Ich lese diesen kurzen Abschnitt mal „andersrum“….(nach meinem Verständnis)..
Gott hat den Menschen in eine perfekte Welt/Schöpfung gesetzt (auf welche Weise auch immer) … und schickt immer mal wieder das Signal: „kommt her zu mir“ (redet mit mir, teilt mit mir, was euch erfreut, was euch bedrückt, wendet euch mir zu und lasst euch inspirieren). Und dort, wo Menschen das Angebot annehmen, schaffen sie das Leben so, dass es „gut“ ist, jeder auf seine ganz individuelle Art. Wobei das „Gut“ des Einen nicht unbedingt das Gleiche zu sein scheint, wie das des Anderen.
OK, es könnte sein, dass sich gewisse Unterscheide in dem ergeben, das man als "Gut" ansehen möchte (müsste man genauer anschauen), aber ich wage es zu behaupten, dass "das Gute" jeweils eine anziehende Wirkung hat.
Wir haben dies ja in einem anderen Thread schonmal etwas angesprochen.

Wenn die eine Richtung "Verbote, Gebote -> das Gute ("Gott")" umfasst, dann würde die Umkehrrichtung mit der Anziehung des "Guten" starten.
Dies wäre dann auch für einen Nicht-Gläubigen wie mich in Ordnung, denn die Anziehung ist genauso für mich vorhanden, ich verwende nur das Wort "Gott" nicht und nehme keine entsprechende Haltung (und Jenseits-Hoffnung) ein.

Damit habe ich vermutlich nicht wirklich eine neue Richtung gewagt, denn dies ist eine Haltung, die sich vor langer Zeit geformt hat und im Grunde die Umkehrrichtung der christlichen Texte darstellt, zumindest wenn man sie direkt versteht, denn die Anziehungskraft, die auf mich wirkte, entstammt letztlich einer gewissen Aufbereitung der christlichen Aussagen - es steckt quasi schon irgendwie drin, aber man sieht es ohne Interpretation nicht unbedingt.

Natürlich bedeutet "Anziehung", dass man etwas erkennen und auch verstehen können muss, d.h. in uns ist bereits eine gewisse Eignung enthalten - was auch tatsächlich der Fall ist.
Die christlichen Texte, direkt verstanden, setzen eher nicht auf diese Eignung, sondern sie fordern und zwingen.

Habe ich dein Thread-Thema damit "in etwa" erfasst?

Helmuth
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#8 Re: Verbote, Gebote … und Gott

Beitrag von Helmuth » Do 17. Dez 2020, 16:05

Lena hat geschrieben:
Do 17. Dez 2020, 11:12
Die menschlichen Eigenschaften lassen herzliche Gemeinschaft nicht zu, 
wegen derer es Verbote, Gebote und Gesetze braucht. Obwohl sie auch 
nicht genügen.
Das ist deine Meinung. D.h. du brauchst also das Gebot, damit du mit mir herzliche Gemeinschaft hast? Wie gesagt das ist deine Meinung, aus der Bibel lese ich das nicht heraus. Die kannst nicht von dir aus auf die gesamte Menschheit schließen.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

Lena
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#9 Re: Verbote, Gebote … und Gott

Beitrag von Lena » Do 17. Dez 2020, 16:53

Helmuth, Du schreibst total an meinen Worten vorbei. 
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

Ruth
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#10 Re: Verbote, Gebote … und Gott

Beitrag von Ruth » Do 17. Dez 2020, 19:33

SilverBullet hat geschrieben:
Do 17. Dez 2020, 14:59
Dieser Schutzgedanke steckt, glaube ich schon im "Vater unser" drin:
...sondern erlöse uns von dem Bösen
Genau genommen umfasst dieser Gedanke das ganze "Evangelium", welches das Christentum verkündigen. Man geht davon aus, dass der Mensch von Grund auf böse ist, und deshalb Gott braucht, um überhaupt Gutes erfahren zu können.

SilverBullet hat geschrieben:
Do 17. Dez 2020, 14:59
Wenn die eine Richtung "Verbote, Gebote -> das Gute ("Gott")" umfasst, dann würde die Umkehrrichtung mit der Anziehung des "Guten" starten.

An dem Begriff "Anziehung" habe ich mich erst einmal ein wenig verheddert, weil mir mir spontan dazu ein "Magnet" einfiel.
Ich hatte ein wenig Mühe damit, den gemeinsamen Nenner (oder wie man heute sagt: die "Schnittmenge") zu dem, was ich dem Begriff "Gott" zuordne, zu finden.

Bei dem Begriff "Anziehung" als Ausgangspunkt erscheinen mir die Folgerungen (das Gute) eher wie die Steuerung von Marionetten.

Wobei ich im Leben mit Gott ihn eher als weitsichtigen Anleiter verstehe, der Unterstützung und Hilfe gibt, damit Menschen das Leben selbstständig meistern können.

SilverBullet hat geschrieben:
Do 17. Dez 2020, 14:59
... ich wage es zu behaupten, dass "das Gute" jeweils eine anziehende Wirkung hat.
Scheinbar aber auch nicht grundsätzlich ... wenn man sieht, dass Menschen oft geneigt sind, das "Böse" (zB Lieblosigkeit, Hass etc) dem Guten vorzuziehen. Du hast allerdings Recht, dass sich die meisten Menschen gerne als "Gut" verstanden haben möchten. Aber meistens ist das Gute, nach dem man spontan strebt, eher egoistisch.

SilverBullet hat geschrieben:
Do 17. Dez 2020, 14:59
Damit habe ich vermutlich nicht wirklich eine neue Richtung gewagt, denn dies ist eine Haltung, die sich vor langer Zeit geformt hat und im Grunde die Umkehrrichtung der christlichen Texte darstellt, zumindest wenn man sie direkt versteht, denn die Anziehungskraft, die auf mich wirkte, entstammt letztlich einer gewissen Aufbereitung der christlichen Aussagen - es steckt quasi schon irgendwie drin, aber man sieht es ohne Interpretation nicht unbedingt.

Die neue Richtung geht für mich von den Geboten/Verboten (mit Androhung von Strafen) -> in die Richtung: wer mit Gott in Verbindung ist, der/die strebt natürlicherweise zum Guten hin (wobei dazu dann wieder die "Anziehung" passen würde). Das kommt dann aber daher, weil Gott demjenigen, der sich Gott zuwendet (der ohnehin gegenwärtig ist), erst einmal Liebe spendet, für den Menschen selbst, bis dieser genug "gespeichert" hat, so dass er/sie quasi überfließen kann ... diese Liebe weitergeben kann.

Man strebt dann nach dem Guten, weil man es tun WILL ... nicht, weil man gar nicht anders kann ... was für mein Empfinden den Unterschied zur Anziehung (Magneten) machen würde. Das bedeutet für mich zB inspiriert werden von Gott selbst.

SilverBullet hat geschrieben:
Do 17. Dez 2020, 14:59
Natürlich bedeutet "Anziehung", dass man etwas erkennen und auch verstehen können muss, d.h. in uns ist bereits eine gewisse Eignung enthalten - was auch tatsächlich der Fall ist.
In der Bibel gibt es eine Aussage in Prediger 3,11, dass Gott den Menschen "die Ewigkeit ins Herz gelegt" habe.
So ungefähr verstehe ich diese Eignung, die du ansprichst. Es ist sozusagen der Gegenpol, oder das Verbindende, was das Ergebnis von dem, was aus der Verbindung zu Gott entsteht, wenn Gott ein Herz mit Liebe füllt
SilverBullet hat geschrieben:
Do 17. Dez 2020, 14:59
Habe ich dein Thread-Thema damit "in etwa" erfasst?

ja super ... passt und ist inspirierend :thumbup:

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