Anthros hat geschrieben: ↑Do 10. Dez 2020, 13:59
Mirjam hat geschrieben: ↑Do 10. Dez 2020, 12:53
Sorry, in meinen Ohren klingt "Passivität" immer noch unpassend.
Es kann jeder Begriff mit persönlichen Gefühlen in Verbindung gebracht werden, die Kunst aber ist es, diese herauszulassen, sich nicht von ihnen beherrschen zu lassen, um so ihre Neutralität zu erkennen.
Hallo Anthros
Was meinst du mit "Neutralität erkennen"? Die Neutralität der Worte?
Ein Wort ist natürlich "neutral" auf der allgemeinsten semiotischen Betrachtungsebene.
Wenn es sich nicht gerade um ein Onomatopoetikum handelt, so ist es ja eine beliebige Laut- bzw. Zeichenfolge, die ihre spezifische Bedeutung nur aus einer Übereinkunft der Sprechenden in der jeweiligen Sprache gewinnt.
Wenn aber die Bedeutung eines Wortes nur durch die gewachsene und stets im Wandel befindliche Übereinkunft der Sprechenden geschaffen wird, dann kann man schwerlich von einer "neutralen" Bedeutung im Sinne einer objektiven, ursprünglichen Bedeutung sprechen, die frei sei von individuellen Assoziationen. Denn ohne die Summe der individuellen Assoziationen wäre es nur eine abstrakte Lautfolge.
Oder meinstest du "Neutralität" im Sinne der Abwesenheit von Emotionen? Da muss ich dich enttäuschen. Ich bin überzeugt, dass sich Sprache von Emotion nicht trennen lässt. Vereinfacht gesagt, um Sprache zu verstehen sind wir auf unsere Erinnerung angewiesen - Erinnerung an vorherige "Begegnungen" mit diesem Wort und dem Kontext, in dem wir in der Vergangenheit ein Verständnis dieses Wortes erworben haben. Erinnerung wiederum ist aufs engste mit unserer Gefühlswelt verknüpft.
Wenn du es weniger vereinfacht haben willst, kannst du z.B. hier nachlesen:
https://www.ifs.uni-hannover.de/fileadm ... _FINAL.pdf
Im vorliegenden Fall haben wir anscheinend einfach keine Übereinkunft zur Worbedeutung von "Passivität" und sollten uns zumindest bilateral auf eine Begriffsdefinition einigen.
Wir beide setzen Passivität als Gegenbegriff zu Aktivität ein, denke ich. Aber ich habe den Eindruck, dass wir dennoch verschieden definieren.
Ich vermute, dass du "aktiv" als "handelnd" und "passiv" als "nicht handelnd" verstehst, ist das korrekt?
Ich dagegen verstehe unter "aktiv" auch "handelnd", aber unter "passiv" verstehe ich "von einer Handlung betroffen".
Ich sehe den Gegensatz von aktiv und passiv in der veränderten Rolle von Subjekt und Objekt einer Handlung, aber vielleicht habe ich einfach schon zu viele
Nachhilfestunden in englischer und lateinischer Grammatik gegeben.
Bei dir scheint sich Aktivität und Passivität auf das selbe Subjekt zu beziehen, welches entweder handelt oder eben nicht handelt
Insoweit hättest du meine ursprüngliche Intention richtig verstanden, denn eben darum ging es mir:
Wenn Aktivität im Kontext dieses Threads bedeutet, dass man sich um eine Veränderung der eigenen Lebensverhältnisse und/oder eine
Veränderung und Entwicklung der eigenen Person bemüht: Dann wäre Passivität im Sinne eines "Nicht Handelns" das Verharren im Status Quo
der gewohnten Beziehungen und Tätigkeiten.
Genau das wollte ich ausdrücken. Veränderung bedeutet Energie aufzuwenden und Risiken einzugehen.
Es ist aber eine ganz natürliche menschliche (und tierische) Eigenschaft, eben dies zu vermeiden.
Um auf Ruths ursprünglichen Beitrag zurückzukommen, sie meinte ja, dass persönliche Veränderungen in Gegensätzen definiert seien. Dass man ein "Böses" erkennt und zum
"Guten" wenden will, oder aus einer Begrenzung in die Freiheit.
Ich aber glaube, dass Veränderung eine Frage der Motivation ist. Ruths Beobachtungen sind eher Folgen und Randerscheinungen dieses Phänomens.
Die "Ruhe" im Status Quo ist unser natürlichster Zustand, er bietet die Sicherheit des Gewohnten und erfordert keinen Energieaufwand für Lernen und Veränderung.
Wir verändern uns meist erst dann, wenn wir so sehr unter dem Status Quo leiden, dass es das Risiko einer Veränderung rechtfertigt.
Warum bleiben denn so viele Menschen in Beziehungen, die ihnen Leid verursachen? Die meisten doch deswegen, weil die Angst vor dem Unbekannten
immer noch größer ist als die Angst vor dem/der PartnerIn.
Meiner Erfahrung nach ist es nur eine Minderheit, die Veränderung und Entwicklung anstreben OBWOHL sie mit dem Status Quo an sich zufrieden sind. Diese schätzen
dann wohl den potentiellen Gewinn als groß genug ein, um das Risiko der Veränderung zu rechtfertigen.
Und mit dem Gesetz der Polarität hat das alles auch nur am Rande zu tun. Mag sein, dass wir aus dem erkennen und erforschen von Gegensatzpaaren neue Einsichten entwickeln. Aber warum sollten solch neue Einsichten zu einer entscheidenden Veränderung unserer Person oder unseres Lebens führen? Ich postuliere, dass für eine selbstgewählte Veränderung vor allem ein ausreichender Anreiz vorhanden sein muss.
Naja, aber das ist natürlich nur meine Einschätzung der Sache...
liebe Grüße
Mirjam