Macht Religion die Menschen moralisch besser?

Säkularismus
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Sola
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#161 Re: Macht Religion die Menschen moralisch besser?

Beitrag von Sola » Mo 1. Jul 2013, 19:21

GanzBaff hat geschrieben:Ich verstehe an der Argumentation eines nicht, da wird hier zum Beispiel anhand des Kommunismus argumentiert, dass eine Ideologie - die Gott und Religion ausklammert - per se zum Scheitern verurteilt ist. Welche konkret atheistischen Ziele waren es denn, die im Falle des Stalinismus die Gulags füllten? Welche Verbrechen sind dort im Namen des Nicht-Glaubens begangen worden?

Bei Hitler und dem Nationalsolzialismus zieht das "ohne Religion gibts keine Moral"-Argument nicht. Hitler war gläubiger Katholik und genoss den Rückhalt der großen Kirchen. Atheisten hätten es in den Elitekadern des Reiches sehr schwer gehabt, denn damals schon wurde "Atheismus" mit "Kommunismus" gleichgesetzt. So sagte Hitler:

“Seit acht Monaten führen wir einen heroischen Kampf gegen die kommunistische Bedrohung unseres Volkes, die Verrottung unserer Kultur, Zersetzung unserer Kunst und Vergiftung unserer öffentlichen Moral. Der Leugnung von Gott, der Beschimpfung der Religion haben wir ein Ende gesetzt.”
Quelle: http://hpd.de/node/11820?page=0,0

Um also bei den kommunistischen Regimen zu bleiben: ALLE Weltanschauungen die nicht zu den Zielen des Kommunismus passten wurden als feindselig angesehen, egal ob diese auf Grundlage einer Religion oder auf einer säkularen Sicht beruhten. Die Argumentation warum es doch richtig ist hier andere Positionen mit dem Bild eines Diktators zu "schmücken" ist doch Folgende: Der Kommunismus ist eine atheistische Ideologie, im Namen des Kommunismus wurden zahllose Verbrechen begangen, also ist der Atheismus eine verbrecherische Ideologie.

Das hat meiner Ansicht nach mit "Theismus" oder "Atheismus" gar nichts zu tun, Menschen, die Macht haben, neigen (zumindest fast) alle dazu, diese zu missbrauchen und die Ideologie oder Religion als Unterdrückungswerkzeug einzusetzen, um die wirklichen Idealisten zu manipulieren und den Rest zu unterdrücken.
Keine Ideologie oder Religion macht den Menschen besser, nur dadurch, dass man sie zum "Staatsdogma" erhebt und für alle verpflichtend vorschreibt.
Das wäre ja so, als ob gute Gesetze Verhinderten, dass Verbrechen begangen werden.

Wenn jemand bereit ist, sich durch seinen Glauben (an Gott oder eine Idelogie) "umgestalten" zu lassen, sein Denken zu verändern und sein Handeln nicht durch Machtgelüste und Egoismus motivieren zu lassen, gelingt menschliches Zusammenleben, ohne dass die Schwachen untergebuttert werden - wie es dem "Naturgesetz" entspräche.

Aber je "idealistischer" eine Gesellschaftsform ausgerichtet ist, um so anfälliger ist für Missbrauch und Manipulation durch solche Menschen, die sich selbst der Ideologie nicht verpfllichtet fühlen und nur zum Schein mitmachen, um andere besser manipulieren zu können.
Oder glaubst du etwa im Ernst, Hitler wäre ein überzeugter Christ gewesen?

Bei einer reinen "Idee" als Motivationsgrundlage bleibt natürlich immer die Frage der Verbindlichkeit.
Wenn es wirklich "um die Wurst" geht, fühle ich mich dann der Ideologie mehr verpflichtet als meinen eigenen, unmittelbaren Bedürfnissen? Was ist mir näher, Jacke oder Hose?
Liebe Grüsse
Sola

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GanzBaff
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#162 Re: Macht Religion die Menschen moralisch besser?

Beitrag von GanzBaff » Mo 1. Jul 2013, 19:57

Sola hat geschrieben:Das hat meiner Ansicht nach mit "Theismus" oder "Atheismus" gar nichts zu tun, Menschen, die Macht haben, neigen (zumindest fast) alle dazu, diese zu missbrauchen und die Ideologie oder Religion als Unterdrückungswerkzeug einzusetzen, um die wirklichen Idealisten zu manipulieren und den Rest zu unterdrücken.
Ich bin da Deiner Meinung. Es gibt aber eben viele Glaubende die aber genauso argumentieren: Geschehen Verbrechen im Namen einer säkularen Ideologie, dann ist die Abwesenheit von Gott schuld. Geschehen Verbrechen jedoch im Namen der Religion, dann sind es immer "nur" die Menschen dahinter gewesen die ein böses Herz hatten. Daher auch:
Sola hat geschrieben:Oder glaubst du etwa im Ernst, Hitler wäre ein überzeugter Christ gewesen?
Warum soll er nicht überzeugter Christ gewesen sein, immerhin hat er das Christentum verteidigt und gefördert. Ich weiss aber worauf das hinausläuft: "Er ist eben kein wahrer Christ gewesen"

barbara hat geschrieben:Auf alle Fälle schützt die Abwesenheit von Religion nicht vor Gewalt.
Die Anwesenheit von Religion schützt hingegen vor Gewalt?

barbara
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#163 Re: Macht Religion die Menschen moralisch besser?

Beitrag von barbara » Mo 1. Jul 2013, 20:03

GanzBaff hat geschrieben: Die Anwesenheit von Religion schützt hingegen vor Gewalt?

Ein sich durchziehendes Muster der Geschichte ist, dass sexuell repressive Gesellschaften mehr zu Gewalt neigen als sexuell liberale Gesellschaften.

Mit welchen Weltanschauungen das jeweils begründet wird, religiösen oder politischen oder sonst welchen, dürfte relativ irrelevant sein.

grüsse, barbara

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#164 Re: Macht Religion die Menschen moralisch besser?

Beitrag von Pluto » Mo 1. Jul 2013, 20:15

Sola hat geschrieben:Das hat meiner Ansicht nach mit "Theismus" oder "Atheismus" gar nichts zu tun, Menschen, die Macht haben, neigen (zumindest fast) alle dazu, diese zu missbrauchen und die Ideologie oder Religion als Unterdrückungswerkzeug einzusetzen, um die wirklichen Idealisten zu manipulieren und den Rest zu unterdrücken.
Danke Sola! Volle Zustimmung.
Oft sind diese Führer Psychopathen, wie es wahrscheinlich Hitler, Mussolini, Stalin oder Mao waren.

Wenn jemand bereit ist, sich durch seinen Glauben (an Gott oder eine Idelogie) "umgestalten" zu lassen, sein Denken zu verändern und sein Handeln nicht durch Machtgelüste und Egoismus motivieren zu lassen...
Richtig. Das entscheidende Wort ist hier aber "Wenn...". Doch leider hat sich in der Geschichte immer wieder herausgestellt, dass Machthaber in der Regel Ideologien und vor allem auch Religionen missbrauchten in dem sie dem Volk vorgaben, Gott hätte ihnen ihre Taten vermeintlich geduldet oder gar befohlen. Nicht umsonst marschierten die Kreuzritter unter einem Banner mit der Aufschrift Deus lo vult (Gott will es!). So mussten sie selbst im Falle schlimmster Gräueltaten nicht mit Gewissenbissen kämpfen.
Das zeigt sich nicht nur bei Adolf Hitler, der in "Mein Kampf" schrieb:
Adolf Hitler hat geschrieben:So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn.
sondern ebenfalls bei den Machthabern von heute. Nach dem Anschlag auf das WTC sagte er in einer Ansprache an die Nation:
Gott hat uns aufgerufen, unser Land zu verteidigen und die Welt zum Frieden zu führen. [...] Die Freiheit ist nicht Amerikas Geschenk an die Welt, sie ist Gottes Geschenk.
[George W. Bush - 2003, vor dem Einmarsch im Iraq]

Aber je "idealistischer" eine Gesellschaftsform ausgerichtet ist, um so anfälliger ist für Missbrauch und Manipulation durch solche Menschen, die sich selbst der Ideologie nicht verpfllichtet fühlen und nur zum Schein mitmachen, um andere besser manipulieren zu können.
Dem gibt es wirklich nichts hinzuzufügen!

Oder glaubst du etwa im Ernst, Hitler wäre ein überzeugter Christ gewesen?
Nein. Er wurde zwar katholisch erzogen, aber er hat Religion genutzt um seine Ziele durchzusetzen.

Es gibt viele Gründe warum Religion herhalten musste für die Gräueltaten der Machthaber, aber der Wichtigste ist wohl der Wahrheitsanspruch, die Identität des einzig wahren Gottes zu kennen.

Das beantwortet nicht direkt die Threadfrage, aber es könnte meines Erachtens in einer Welt ohne Religion sehr viel friedlicher zugehen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#165 Re: Macht Religion die Menschen moralisch besser?

Beitrag von Pluto » Mo 1. Jul 2013, 20:18

barbara hat geschrieben:Ein sich durchziehendes Muster der Geschichte ist, dass sexuell repressive Gesellschaften mehr zu Gewalt neigen als sexuell liberale Gesellschaften.
Es wäre schön, wenn du diese Behauptung auch sachlich begründen könntest.
Kannst du es?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#166 Re: Macht Religion die Menschen moralisch besser?

Beitrag von Sola » Mo 1. Jul 2013, 20:18

GanzBaff hat geschrieben:
Sola hat geschrieben:Oder glaubst du etwa im Ernst, Hitler wäre ein überzeugter Christ gewesen?
Warum soll er nicht überzeugter Christ gewesen sein, immerhin hat er das Christentum verteidigt und gefördert. Ich weiss aber worauf das hinausläuft: "Er ist eben kein wahrer Christ gewesen"

Ist das ernsthaft deine Meinung: Weil er das Christentum verteidigt und gefördert hat (wohl eher zu Schein, ich kannte einen Pfarrer der kein Blatt vor den Mund genommen hat und ständig höchst gefährdet gelebt hat, seine kirchliche Anstellung verlor und nur durch "seine" Bauern überlebt hat, viele andere Christen sin im KZ gelandet), kann er ruhig Millionen von Menschen umbringen lassen :devil: und ist in deinen Augen doch ein Christ?
Aber ich habe ja schon mitbekommen, dass du von Christen nicht mehr so viel hältst und ihnen so ziemlich alles zutraust :silent: :engel:
Liebe Grüsse
Sola

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#167 Re: Macht Religion die Menschen moralisch besser?

Beitrag von GanzBaff » Mo 1. Jul 2013, 21:15

Sola hat geschrieben:Ist das ernsthaft deine Meinung
Nein, das ist nicht ernsthaft meine Meinung, kann es aber auch nicht ausschließen.
Sola hat geschrieben:kann er ruhig Millionen von Menschen umbringen lassen und ist in deinen Augen doch ein Christ?
Ich beurteile nicht wer Christ ist und wer nicht. Dafür gibt es keine Checkliste.

Sola hat geschrieben:Aber ich habe ja schon mitbekommen, dass du von Christen nicht mehr so viel hältst und ihnen so ziemlich alles zutraust
Nun... zum Einen würde ich gerne wissen auf welcher Grundlage Du glaubst dass ich "nicht mehr so viel von Christen halte" und zum Anderen würde mich interessieren was für Dich die Konsequenz daraus ist. Sprichst Du nun nicht mehr mit mir ;)

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#168 Re: Macht Religion die Menschen moralisch besser?

Beitrag von Sola » Mo 1. Jul 2013, 22:12

GanzBaff hat geschrieben: Nun... zum Einen würde ich gerne wissen auf welcher Grundlage Du glaubst dass ich "nicht mehr so viel von Christen halte" und zum Anderen würde mich interessieren was für Dich die Konsequenz daraus ist. Sprichst Du nun nicht mehr mit mir ;)
Sieht nicht so aus, als ob ich nicht mehr mit dir spreche, oder ;) ?
Wenn ich nur noch mit Christen und "Sympathisanten" sprechen würde, hätte ich wohl nicht mehr viele Gespräche :silent: ; ausserdem wäre mir das viel zu langweilig :o .
Zu der Schlussfolgerung (dass du nicht mehr so viel von Christen hältst) kam ich durch die viele Anklagen, die ich in deinen Beiträgen gelesen habe. Mir schien, als ob du den christlichen Glauben inzwischen für die Quelle von Gewalt und Ungerechtigkeit gegen Menschen betrachtest; vielleicht täuscht ja dieser Eindruck.

Ich beurteile nicht wer Christ ist und wer nicht. Dafür gibt es keine Checkliste.
Ich beurteile nach den "Früchten", an denen wir sie erkennen können - dazu gehört Massenmord definitiv nicht!
Liebe Grüsse
Sola

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#169 Re: Macht Religion die Menschen moralisch besser?

Beitrag von Pluto » Mo 1. Jul 2013, 22:33

Sola hat geschrieben:Zu der Schlussfolgerung (dass du nicht mehr so viel von Christen hältst) kam ich durch die viele Anklagen, die ich in deinen Beiträgen gelesen habe. Mir schien, als ob du den christlichen Glauben inzwischen für die Quelle von Gewalt und Ungerechtigkeit gegen Menschen betrachtest; vielleicht täuscht ja dieser Eindruck.
Man müsste hier vielleicht deutlicher zwischen Christen und Christentum unterscheiden.

Ich bin nicht Christ und lehne viele Doktrinen und Riten der Christen ab. Andererseits kann ich mich gut mit den meisten Christen unterhalten. Das kommt daher, weil ich zuerst den Menschen im Gegenüber sehe, und nicht seine Religion.
Es gibt allerdings auch eine Minderheit von radikal religiösen Menschen mit denen kommt man nicht klar.
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#170 Re: Macht Religion die Menschen moralisch besser?

Beitrag von Demian » Mo 1. Jul 2013, 22:42

Es gibt Grundbedürfnisse, die alle Menschen miteinander teilen. Grundlegend wären das eine erfüllte Sexualität, die Entfaltung und Erweiterung der eigenen Fähigkeiten, Selbst- und Welterkenntnis, die Anerkennung des eigenen Seins und Tun und ein ausreichendes Maß an stofflich-realem Reichtum, um alles das zu gewährleisten ( wozu auch freie Bildung gehört ). Auf gesellschaftlicher Ebene braucht es dazu eine partizipative Demokratie mit ausreichend Transparenz und Minderheitenschutz. ;)

Das wäre meine Konzeption einer "humanistischen" Ethik ( also prinzipiell eine Bedürfnisethik die den Glücksbegriff ins Zentrum rückt ), wenn man das überhaupt so nennen möchte. Die Bedürfnisse sind nicht ethisch determiniert und immer wieder neu - als Spielregeln der individuellen Möglichkeiten - unter den Mitgliedern einer Gesellschaft auszutarieren.

Sola hat geschrieben: Kannst du das genauer definieren? Vor allem die Definition von "real" würde mich interessieren ;) .

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