closs hat geschrieben:
Manchmal hat man hier den Eindruck, das Christentum habe sich in ein gemachtes Nest der römischen Zivilisation gesetzt und diese Zivilisation dann versaut - das ist historisch vollkommen falsch.
So ist es.
Viele römische Städte wurden durch die Gewaltexzesse während der Völkerwanderungszeit und das Fehlen einer ordnenden Macht schlichtweg entvölkert. Zerfall, sowohl kulturell, als auch moralisch, waren die Folge, Handel und Wandel kamen weitgehend zum Erliegen.
Beispielsweise für Rom, Köln und Trier ist historisch und archäologisch nachgewiesen, dass bei Angriffen marodierender Stammeskrieger und Räuber die Menschen ständig aus der Stadt flüchteten, die Stadt selbst stark zerstört wurde. Einzig allein die Bischöfe in den Städten hatten eine gewisse Autorität, um die Verteidigung zu organisieren. Darum wuchs ihnen im Laufe der Zeit quasi "zwangsweise" auch weltliche Macht zu. Die Bischofsstädte waren deshalb auch wieder die ersten Ansiedlungen, in denen kulturelles und einigermaßen sicheres Leben stattfand. In ihnen etablierten sich auch als erstes Adelsgeschlechter oder königliche Instanzen, die dann die weltliche Macht meist erneut durch Gewalt wieder übernahmen.
Christentum, Kirche oder Kleriker als Ursache des "finsteren" Mittelalters anzunehmen (ein Terminus, der in der Zeit der Aufklärung entstanden ist, in der Absicht diese Zeit noch heller erstrahlen zu lassen) ist in dieser Pauschalität schlichtweg falsch und zeugt von mangelnder Geschichtskenntnis (muss in solcher Deutlichkeit einfach gesagt werden). Vielmehr waren es gerade Kleriker und Ordensleute, die nach dem kulturellen Untergang wieder Akzente in Bildung und Wissenschaft setzten.
Will man überhaupt von Hemmnissen in der Bildung von Menschen sprechen, die von der "Amtskirche" verursacht wurden, sollte man eher ab dem 14. Jahrhundert und während der Zeit der Renaissancepäpste suchen, die allerdings auch nur Kinder ihrer Zeit waren. Als Gegenbewegung findet man dann aber in der Kirche ab dem 16. Jahrhundert wieder Strömungen, die gerade im sozialen und ethischen Bereich, sowie in der Bildung für die Menschen große Fortschritte brachten (man denke nur an den hl. Philipp Neri, hl. Don Bosco oder die Piaristen des hl. José de Calasanz).
Servus