Abischai hat geschrieben:
Humanismus ist aber die Vergötzung des Menschen, denn der Mensch ist nicht um seiner selbst Willen, sondern um Gottes Willen da.
Unter diesem Aspekt gebührt die Ehre nicht dem Menschen und die Schutzbedürftigkeit des Menschen hat einen anderen Stellenwert.
Es geht nicht um den Menschen und seine Ehre, es geht um Gott und Gottes Ehre. Im Kielwasser dieser Gottesverehrung ist der Mensch als gottgewollt natürlich auch mit bedacht, aber an zweiter Stelle, nicht an erster.
Humanismus ist widergöttlich.
Ein starker Vorwurf, wenn es Christen gibt, die Humanisten sind.
Der Humanismus ist kein Atheismus. Er verhält sich in der Frage, ob es einen Gott gibt neutral, besser formuliert vielleicht, es ist außerhalb seines Anliegens. So wie ein Mediziner nicht widergöttlich ist, weil die Medizin den Menschen behandelt und nicht an einen Gott glaubt.
Mir ist zudem nicht klar, wie der Humanismus nach Dir den Menschen vergötzen soll und ihn so ziemlich als das Höchste sähe. Der Humanismus ist gewachsen aus grauenvollen Erfahrungen was Menschen mit Menschen machen. Denen waren die Begrenzungen des Menschen durchaus bewusst. Und genau aus dieser Erfahrung des Menschen als ein "gesellschaftliches Mangelwesen" hat er greifbare Sätze formuliert die gute Richtschnur für das menschliche Zusammenleben sind.
Für mich das Interessante ist immer wieder, wie die Kirchen (als organisiertes Christentum) ursprünglich vehement gegen humanistische Ideale verstoßen haben (die Kirche war im Mittelalter der größte Sklavenbesitzer in Europa überhaupt, und das Verbannen oder gar Töten von Andersdenkenden bzw. Andersgläubigen galt als völlig normal, usw.), dann massiv gegen den Humanismus kämpften und schließlich heute die humanistischen Werte derart verinnerlicht haben, dass wer diese nicht einhält kein richtiger Christ sei. Immer wenn man auf die konkrete Werte kommt und ihre Bedeutung im Verhältnis Mensch zu Mensch als auch Staat zu Mensch bestätigen sie diese Werte. Der Konkurrenz, z.B. dem Islam wird dann vorgeworfen (zu Recht), dass er gegen die Menschenwürde verstößt und diese werden dann gern breit aufgezählt. Aber das sind Dinge, die Jahrhunderte vorher und vor dem Humanismus auch hier als völlig normal galten, so gruselig wie es uns heute auch erscheint.
Die Frage, ob Religion den Menschen moralisch besser macht, müsste ich sehr differenziert antworten.
Wer an einen Gott glaubt, der ihm vollgesonnen ist, wenn er ein gottgefälliges Leben führt in Nächstenliebe, der wird wohl moralisch mit größerer Wahrscheinlichkeit aufmerksamer und insofern "besser" sein, als jemand dem dies nicht zur Verfügung steht. Andererseits zeigen die institutionalisierten und organisierten Formen der Religion, dass hier ein kontraproduktiver Prozess abläuft. Einer von Ausgrenzung und Nötigung bis hin zur Gewalt. Letztere ist dabei heute zwar um Klassen subtiler, aber noch spürbar da, für solche, die nicht die Mehrheitsreligion teilen.
Zum anderen kann die Moral verbessert werden durch gesellschaftliche (!) Konzepte wie den Humanismus. Also durch Mechanismen außerhalb von Religion. Die Religionen neigen nun dazu, diese dann zu verteufeln statt es besser zu machen und es als Herausforderung und Ansporn zu sehen. Schade.
Für mich der Gipfel, bei dem ich dann um Fassung ringen muss innerlich, wenn Leute soweit gehen und alles als Sch.... finden, wo nicht direkt der eigene Gott und die eigene Gottesvorstellung missioniert werden, weil alles andere sei ja unwichtig. Da wird dann sogar die Nächstenliebe sinnentleert, weil diese nur noch darin bestehen kann, den anderen zum rechten Glauben zu verhelfen. Und damit kann die viel Unangenehmes als letztendlich doch noch im Zeichen der Liebe begründet werden. Allerdings nicht mehr mit dem Humanismus. Diese Schwachstelle hat er nicht.