Atheismus- und Gotteswahn

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sven23
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#81 Re: Atheismus- und Gotteswahn

Beitrag von sven23 » Sa 5. Okt 2013, 07:20

Magdalena61 hat geschrieben: Extreme Niedertrach!, wie es das Christentum - besonders die RKK - in ihrer langen Geschichte bis in die jüngste Zeit gezeigt hat, muss kompromisslos bekämpft werden.
Ich weiß nicht, ob Deschner irgendwo mal gesagt hat, daß das Christentum selbst bekämpft werden muß. Aber der oben stehende Satz gibt das grammatikalisch und inhaltlich nicht her.
Das Subjekt des Satzes ist "Niedertracht". Diese soll bekämpft werden, nicht das Christentum.
(des Christentums=Genitiv).
Und daß es diese Niedertracht gab, muß wohl nicht bezweifelt werden, wenn man an Inquisition und Hexenprozesse denkt.
Es ist so ähnlich wie Pluto schreibt, daß nämlich die Radikalisierung von Religionen bekämpft werden muß, was aber nicht bedeutet, Religionen also solche zu bekämpfen.
Ich denke, so viel Textgenauigkeit muß schon sein.
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sven23
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#82 Re: Atheismus- und Gotteswahn

Beitrag von sven23 » Sa 5. Okt 2013, 07:31

Demian hat geschrieben: Die Inquisition war extrem repressiv, entmündigend und eben die - nach damaligen Maßstäben - religiöse Gestapo. Was gibt es da noch zu reden? .

So ist es. Ich verstehe auch nicht, warum manche diese unbestreitbaren Verbrechen heute noch relativieren wollen. Was für eine Motivation steckt dahinter?
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Martinus
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#83 Re: Atheismus- und Gotteswahn

Beitrag von Martinus » Sa 5. Okt 2013, 08:45

Magdalena61 hat geschrieben: Es ist nicht fair, sich ausschließlich auf die Vergehen der RKK in der Vergangenheit zu fokussieren und dabei zu ignorieren, dass auch an den Händen anderer, die vor uns auf dieser Erde wirkten: Protestanten, Atheisten, Kommunisten, Royalisten, Sozialisten... Rebellen jeglicher Couleur....(jede Menge) Blut klebt.
LG

Fair ist es nicht. Fair war die RKK auch noch nie. Ihr Anspruch ist die legitime Kirche Gottes zu sein. Das haben die anderen von Dir genannten Gruppen nicht unbedingt. Aus dem Grund stehen sich Anspruch und Kirchengeschichte entgegen.
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sven23
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#84 Re: Atheismus- und Gotteswahn

Beitrag von sven23 » Sa 5. Okt 2013, 08:52

Mal was Grundsätzliches zur Inquisition.
Ist nicht schon allein die Vorstellung, den Glauben anderer bestimmen und kontollieren zu wollen, auch mit brutalster Gewalt, eine Wahnvorstellung und Perversion an sich?
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Lamarck
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#85 Re: Atheismus- und Gotteswahn

Beitrag von Lamarck » Sa 5. Okt 2013, 09:15

Hi Catholic!

Catholic hat geschrieben: das ist historisch so nicht richtig.
Die Kirche hatte keineswegs ein Problem damit,dass Martin Luther die Bibel ins Deutsche übersetzte,denn das hatten Andere bereits vor ihm getan.
Und Luther richtete seine Übersetzung auch nicht an "das gemeine Volk",dieses war nämlich schlicht nicht in der Lage,sie zu lesen,von recht wenigen Zeitgenossen einmal abgesehen.

Nein, was Du äußerst, ist historisch so und nicht anders nicht richtig ... .

Luther war nicht die erste deutsche Übersetzung, aber aufgrund der technischen Mittel (und damit eines günstigen Preises) die erste, die weite Verbreitung erfuhr. Die Kirche hatte generell Probleme mit Übersetzungen in die Landessprache. Wenn eine Übersetzung vorlag, musste diese vor Verbreitung der Übersetzung im Auftrag des apostolischen Stuhls von autorisierten Personen geprüft werden und das Lesen einer Übersetzung in Landessprache erforderte eine entsprechende Erlaubnis - war also top secret. Wer sich nicht daran gehalten hat, hatte die heilige Inquisition zu fürchten ... .

Noch 1747 wurde der "letzte Märtyrer der Schweiz", Jakob Schmidlin, als Bibelverbreiter gehängt und sodann zusammen mit einer Lutherbibel verbrannt.

Erst durch Papst Leo XIII. wurden Bibeln in Landessprache - nach Prüfung durch die Glaubenskongregation - zulässig (Imprimatur).




Cheers,

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Lamarck
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#86 Re: Atheismus- und Gotteswahn

Beitrag von Lamarck » Sa 5. Okt 2013, 10:19

Hi Pluto!

Pluto hat geschrieben: 1.) In dem Buch erfährt man nichts Neues. Dawkins wiederholt nur alte Kirchenkritik in elegant formulierter Rhetorik.

Gewiss. Aber Religionskritik ist nicht deshalb schlecht, weil die Argumente 'alt' sind, oder?




Pluto hat geschrieben: 2.) Er schreibt nur zerstörerisch. Es ist immer einfacher niederzureissen als aufzubauen.

Dawkins ist Humanist. Was also soll an Religion gut sein?




Pluto hat geschrieben: 3.) Andere Autoren (z. Bsp. Dennett) geben sich die Mühe, in die Zukunft zu blicken und Lösungsvorschläge anzubieten.

Dennett ist Humanist. Ich sehe in seiner Religionskritik keinen wesentlichen Unterschied zu Dawkins, er schreibt nur für eine andere Zielgruppe.




Pluto hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Du äußerst hier eine Meinung und ich sage Dir voraus, diese wirst Du nicht hinreichend begründen können ... .
Meinungen hat man. Man muss sie nicht begrüden.

Verzeihe mir, ich habe Dich hier rhetorisch gehörig hereingelegt ... . ;)




Pluto hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Es zählt nicht, aus welchen Standpunkt heraus Dawkins argumentiert und ob dies sich nun konstruktiv und differenziert zu anderen Meinungen verhält. Er liegt entweder richtig oder er liegt falsch. Und nur das ist zu benennen, nicht aber, ob er es jedem recht machen kann.
Was für mich zählt, ist dass er zwar mit brillianter polemischer Rhetorik argumentiert aber niemals in seiner Kritik konkret wird. Er will keine Diskussion in Gang bringen, sondern nur lästern, spotten... niederreissen.

Bitte gib mir doch mal ein betreffendes Beispiel.




Pluto hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Wenn also Deschner "gefühllos in der Geschichte des Christentums wühlt", dann sagst Du damit, dass die Form des Gefühls und sonst nichts darüber entscheidet, ob die Phlogistonhypothese zutrifft oder nicht?!
Nein.
Ein Autor hat die Pflicht auch konstruktiv vorzugehen, und nicht alle Menschen zu vermeintlichen Gegnern zu machen. Kritik ja, aber Pauschalurteile wie "das Christentum ist schlecht" sollten nicht sein.

Konstruktiv vorzugehen, heißt, sich nicht festzulegen. Mithin hat ein Autor geradezu die Pflicht, nicht 'konstruktiv' vorzugehen, sondern über die 'Sache' zu schreiben, die Gegenstand des Sachbuchs ist.




Pluto hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Die alte Welt verdankt ihre Kultur der Demokratie und der Aufklärung trotz Christentum ...
Das Fundment dazu lieferten aber die Mönche in den Klöstern der Kirche. Bereits im 11. Jh., also rund 500 Jahre vor Beginn der Aufklärung, als Kopernikus seine Idee des Heliozentrismus veröffentlichte, waren bereits alle griechischen, arabischen und persischen Schriften ins Latein übersetzt, und standen so anderen Gelehrten in ganz Europa zur Vefügung. Vergiss nicht, Latein war so was wie das Esperanto des Mittelalters.

Das Christentum hatte im Mittelalter das Monopol auf Bildung und wusste das für ihre Zwecke auszunutzen. Wer nicht den Adel angehörte, musste sich also hierzu der Kirche anschließen. So wurdest Du als Kind im Kloster abgegeben und wurdest dann Kleriker. Menschen, die nicht lesen konnten, konnten nicht Priester werden.




Pluto hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Das Christentum avancierte sich als Instrument der Macht,
Ja. Getrieben durch eine kleine machthungrige Gruppe an der Spitze. Das ist aber noch lange keine Grund, alle Christen in Sippenhaft zu nehmen. Würdest u es gerne sehen, wenn man sagen würde "alle Deutschen sind Nazis".

Ja, hinterher waren immer alle Freiheitskämpfer ... . Ohne Aufklärung und Demokratie wäre Europa ein christlicher Gottesstaat.




Pluto hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Wissen ist Macht - besonders in Latein ... .
In einer Zeit wo die allermeisten Menschen ohnehin Analphabeten waren, ist die Sprache des geschriebenen Wortes nicht Mittel zum Machterhalt, sondern zur Kommunikation.

Und weil dies der Kommunikation gar so dienlich ist, haben die Päpste den Bibelverbreitern die Inquisition auf den Hals geschickt?!




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#87 Re: Atheismus- und Gotteswahn

Beitrag von closs » Sa 5. Okt 2013, 10:29

Im Grunde läuft die Diskussion auf die Grundfrage heraus, ob die Erringung von immer mehr Menschen-Maß (Aufklärung) ein Fortschritt ist oder nicht.

In diesem Kontext ist die Frage der Inquisition zu verstehen, die ja nicht nur ein weltliches Machtspiel war, sondern auch inhaltlich unterlegt war.

Wenn dieser Urkonflikt seit Adam und Eva als Grundlage verstanden ist, kann man kritisch hinterfragen, wie mit dem Thema umgegangen wurde. Man wird dann selbstverständlich zum Ergebnis kommen können, dass die Inquisition sich im Lauf ihrer Zeit zu einer Verbrecher-Organisation ausgebildet hat (hat sie auch meiner Meinung nach).

Aber so zu tun, als wären hier Inquisiteure und da Freiheitskämpfer, wäre zu kurz gesprungen.

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sven23
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#88 Re: Atheismus- und Gotteswahn

Beitrag von sven23 » Sa 5. Okt 2013, 10:44

closs hat geschrieben:Im Grunde läuft die Diskussion auf die Grundfrage heraus, ob die Erringung von immer mehr Menschen-Maß (Aufklärung) ein Fortschritt ist oder nicht.

Eindeutig "Ja". Das Gottesmaß hat über 2000 Jahre zu wenig Gutem geführt.


closs hat geschrieben: In diesem Kontext ist die Frage der Inquisition zu verstehen, die ja nicht nur ein weltliches Machtspiel war, sondern auch inhaltlich unterlegt war.


Jetzt müßtest du aber korrekterweise belegen, mit welchen Inhalten sie unterlegt war.
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barbara
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#89 Re: Atheismus- und Gotteswahn

Beitrag von barbara » Sa 5. Okt 2013, 11:42

sven23 hat geschrieben: Eindeutig "Ja". Das Gottesmaß hat über 2000 Jahre zu wenig Gutem geführt.

Wohingegen explizit atheistische Regimes wie das von Stalin und Mao nur wenige Jahrzehnte benötigten, um Millionen von Toten, Gefangenen, Gefolterten zu produzieren.

Man darf sich fragen: Was sagt der politische Gebrauch einer Idee X oder Y zur Unterdrückung von Menschen über die Qualität der Idee X oder Y aus? - genau: gar nichts.

Ich könnte jetzt im Namen von sven23 auf die Strasse gehen und ein paar Leute umlegen, immer mit expliziter und lauter Referenz auf sven23 und dessen Willen, den ich erfülle. Kann daraus geschlossen werden, dass sven23 ein echt bösartiger Typ sein muss? - natürlich nicht.

zu den Hexenverbrennungen: hier ein Text von einer wicca-Seite (also keine christliche Seite), die die Rolle der Inquisition durchaus differenziert betrachtet, mit dem Schluss: an Hexenverbrennungen waren mehr weltliche als kirchliche Gerichte beteiligt:
http://www.wurzelwerk.at/thema/noreiadieeule40.php

grüsse, barbara

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sven23
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#90 Re: Atheismus- und Gotteswahn

Beitrag von sven23 » Sa 5. Okt 2013, 12:19

barbara hat geschrieben:
Wohingegen explizit atheistische Regimes wie das von Stalin und Mao nur wenige Jahrzehnte benötigten, um Millionen von Toten, Gefangenen, Gefolterten zu produzieren.

Also Stalin und Mao waren mit Sicherheit keine Kinder der Aufklärung und des Humanismus. Im Gegenteil sehe ich Parallen zum psychopathischen Kontrollwahn der Inquisition.

barbara hat geschrieben: http://www.wurzelwerk.at/thema/noreiadieeule40.php

grüsse, barbara

Das mag wohl so sein, aber die Kirche hat den Stein ins Rollen gebracht, hat die Büchse der Pandora geöffnet, hat versucht, den Glaubenskontrollwahn zu institutionalisieren, wenn auch, das muß man zugeben, mit textlicher und programmatischer Unterstützung durch die Bibel.
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