closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:
Am Ende sind da nie Gehirne, Am Ende sind da immer nur Bewusstseine mit Geist.
Du hast es kursiv geschrieben. - Ist das eine Text von Dir oder ein Zitat? - Wie auch immer: sehr interessant (steckt auch einiges von Descartes drin).
Nein, kein Zitat, aber ich hätte besser zitieren sollen (und zwar Kant), denn so habe ich mich durch die Formulierung
"Bewusstseine mit Geist" leider missverständlich und am Ende auch völlig falsch ausgedrückt, weil man dabei unwillkürlich wieder an Descartes res cogitans als ein eigenständiges Ding denkt.
Was ich meine, ist aber etwas anderes, nämlich das
transzendentale Subjekt, welches
alle meine Vostellungen immer schon begleiten können muss und welches
die Einheit der Apperzeption gewährleistet. Einheit der Apperzeption bedeutet, dass meine sinnlichen Eindrücke immer schon eine Struktur und Ordnung in Raum und Zeit aufweisen (und kein einfaches Chaos einströmender elektro-chemischer Impulse sind) und auch immer schon
auf etwas bezogen sind, nämlich Mich, als Wahrnehmendes. Das transzendentale Subjekt ist also kein Ding, sondern eine
Aktivität, die es ermöglicht, den Wahrnehmungsstrom als
Meinen geordneten Wahrnehmungsstrom zu empfinden.
Man spricht hier besser nicht von Geist, wie ich es getan habe, sondern vom "Ich denke". Es handelt sich beim transzendentalen Subjekt/transzendentales Ego nicht um ein Spukgebilde im Gehirn, sondern um etwas, das zweifellos vom Gehirn hervorgebracht wird. Gleichzeitig ist es aber auch bei jedem Neurowissenschaftler immer schon längst vorhanden, bevor der sich auch nur seinem ersten Gehirn zugewendet hat, um es wissenschftlich zu untersuchen. Das meine ich damit, wenn ich oben schreibe, dass der Geist immer schon da ist, also das transzendentale Subjekt, das "Ich denke", immer schon da ist.
»Durch dieses Ich, oder Er, oder Es (das Ding), welches denket, wird nun nichts weiter, als ein transzendentales Subjekt der Gedanken vorgestellt = x, welches nur durch die Gedanken, die seine Prädikate sind, erkannt wird, und wovon wir, abgesondert, niemals den mindesten Begriff haben können; um welches wir uns daher in einem beständigen Zirkel herumdrehen, indem wir uns seiner Vorstellung jederzeit schon bedienen müssen, um irgend etwas von ihm zu urteilen« (KrV, Î’ 404).
»Das: Ich denke, muß alle meine Vorstellungen begleiten können; denn sonst würde etwas in mir vorgestellt werden, was gar nicht gedacht werden könnte, welches eben so viel heißt, als die Vorstellung würde entweder unmöglich, oder wenigstens für mich nichts sein.« (KrV, Î’ 131f.)
Das 2. Zitat kommentiert Markus Gabriel in seiner Erkenntnistheorie so:
"Das »Ich denke« ist freilich keine vom Bewußtseinsstrom unabhängige, außerhalb seiner existierende Entität und insbesondere keine Cartesische substantìa cogitam, sondern lediglich der Name für die Aktivierbarkeit des Selbstbewußtseins in Bezug auf alle Vorstellungen. Diese Einheit des Selbstbewußtseins ist Kant zufolge eine Aktivität, die Vorstellungen zu Vorstellungen »hinzusetzt« (KrV, Î’ 133) und dadurch einen Bewußtseinsstrom strukturiert und aufrechterhält. Die Einheit dieser Aktivität bringt alle Vorstellungen als bestimmte Vorstellungen von etwas hervor, indem sie Zusammenhänge stiftet." (Gabriel, Die Erkenntnis der Welt, S. 287)
closs hat geschrieben:
- Jedoch ist MEIN Punkt immer noch nicht geklärt - siehe folgendes:
Thaddäus hat geschrieben:. Wie kann das sein? Es kann sein, wenn die Komplexität des physisch-neuronalen Gehirns etwas hervorbringt, das über die physischen Grundlagen des Gehirns hinausgeht als emergentes Phänomen.
"Hervorbringt" kann bedeuten
a) "primär erzeugt" oder
Kein "oder". Es bedeutet
erzeugt. Das Gehirn erzeugt die Aktivität, die das
Ich denke ist, welches alle meine Vorstellungen begleiten können muss.
closs hat geschrieben:
b) Ist Gehirn ein Träger ("Zur-Geltung-Bringer") von "Geist"?
Nein.
closs hat geschrieben:
Das "Schnittstellen-Problem" und den Energie-Erhaltungssatz können wir dabei getrost vergessen, weil b) auch heißen könnte, dass "Geist" immanent in Materie ist -
Nein, was sollte das bedeuten? Wo sollte der Geist denn in der Materie stecken? Irgendwo zwischen Atomkern und Elektronenhülle?
Und wenn er da stecken sollte, warum kann man ihn nicht messen? Und wenn er von dort kausal wirkt, dann steckt er zwar in der Materie, verletzt aber immer noch den Energieerhaltungssatz, wenn er auch nur
kausal wirken sollte auf irgendwas. Diese Auffassung zu haben bedeutet nicht die Überwindung des Cartesischen Substanzdualismus, man steckt den Geist nur in die Materie.