Göttliche Fügung und Determinismus

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sven23
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#41 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von sven23 » Fr 5. Dez 2014, 19:46

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das habe ich nie behauptet.
Aber impliziert.

Auch das nicht. Leid kommt ganz von allein, dazu braucht es keinen Gott, der dies fügt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#42 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von closs » Fr 5. Dez 2014, 19:54

sven23 hat geschrieben: Leid kommt ganz von allein, dazu braucht es keinen Gott, der dies fügt.
Moment - das lag vielleicht an einer Formulierung von mir: Gott fügt nicht das Leid, sondern er fügt etwas daraus, dass es Leid gibt - wäre vielleicht klarer.

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sven23
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#43 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von sven23 » Fr 5. Dez 2014, 20:00

closs hat geschrieben:Moment - das lag vielleicht an einer Formulierung von mir: Gott fügt nicht das Leid, sondern er fügt etwas daraus, dass es Leid gibt - wäre vielleicht klarer.

Häh, das ist doch im Ergebnis dasselbe.
Frage: gibt es irgend jemand hier im Forum, der dieses Fügungskonzept versteht?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Salome23
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#44 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von Salome23 » Fr 5. Dez 2014, 20:11

Frage: gibt es irgend jemand hier im Forum, der dieses Fügungskonzept versteht?
Gott fügt nicht das Leid an sich...
Er schuf eine Möglichkeit zum Leid
Beispiel: Gott fügte es so, dass A&E eine Möglichkeit hatten, vom Baum zu essen oder es lassen zu können...
Sie aßen aber davon, und so kam Leid als auch Vergänglichkeit in diese Welt
So verstehe ich closs Fügungskonzept

Pluto
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#45 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von Pluto » Fr 5. Dez 2014, 20:15

closs hat geschrieben:Natürlich ist Gott aus menschlicher Sicht unberechenbar, was sein Wirken in der Welt angeht.
closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Und an dieser Willkür scheitert selbst das vermeintlich gesicherte cogito ergo sum!
Das verstehe ich immer noch nicht: Wie kann ein stattfindendes Eigen-Bewusstsein kein Eigen-Bewusstsein sein, weil Gott nicht berechenbar wäre?
Oben schreibst du Gott sei unberechenbar. Glaubst du nicht, dass Gott die Gedanken beeinflussen könnte, wenn er denn wollte?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Was ist dann noch der Wert von Gedanken?
Das ist doch eigentlich die Grundlage von Augustinus und Descartes: Selbst wenn meine Gedanken alle Täuschungen wären, wäre die Tatsache, dass ich sie bewusst haben kann, der Beweis für meine Identität, aus der diese Gedanken kommen.
Und wenn Gott diese Gedanken vereiteln täte?
Unlogisch? — Da hast du meine volle Zustimmung! ... aber wir postulieren, dass Gott über der Logik steht und da ist für ihn auch das Unlogische möglich.

Sorry, hier gibt es keinen Ausweg. Ganz egal wie surreal es klingen mag, ein allmächtiger Gott der über der Logik steht, kann wirklich ALLES; sogar Gedanken beeinflussen, sofern wir ihm das Attribut "wohlwollend" absprechen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Der Unterschied: In meinem Weltbild sind Prämissen falsifizierbare Axiome, in Deinem jedoch sind sie Dogmen.
INNERHALB unserer Weltbilder (Ebene 2) ist das richtig - das, worauf unsere Weltbilder beruhen (Ebene 1), ist dagegen NICHT falsifizierbar.
Es gibt keine solchen Ebenen. Selbst das Postulat, dass es diese zwei Ebenen gibt ist so ein nicht nachweisbares, weltanschauliches Dogma.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Deshalb warnt Wikpedia: Dialektik ist ein uneinheitlich gebrauchter Ausdruck der westlichen Philosophie.
Das stimmt - wie fast immer. - Man müsste in unserem Kontext "hegelsche Dialektik" sagen.
Du weißt was in ich von Hegels verschnörkelter Philosophie halte. Die Tatsache, dass diese Dialektik von Hegel kommt, macht die Definition des Begriffs in meinen Augen nur noch nebulöser.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Gib mir ein Beispiel, und ich zeige dir wo der Denkfehler liegt.
Der Mensch ist Person - also ist nach dialektischer Logik auch Gott Person.
Da haben wir das Problem: Nicht einmal das kannst du wissen, so lange du Gott nicht beschreiben kannst.
closs hat geschrieben:Gott ist definiert als das Vollkommene...
Definieren kann man Gott erst wenn man ihn beschreibt. Was du vorschlägst, ist so als wollte man ein unidentifizierbares "Etwas" definieren oder beschreiben. Es ist ein Oxymoron.

closs hat geschrieben:Gott wirkt NICHT in seinem Wesen selbst, jedoch auf Ebenen, die wirkungs-fähig (Zeit) sind - was ist daran nicht logisch?
Sobald Gott in unsere Welt hinein wirkt ist er nicht mehr "Überzeitlich". Um das zu können was du vorschlägst, muss Gott demzufolge auch über der Logik stehen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Kann er NICHT, wenn Gott es ihm nur vortäuscht.
Das ist nicht vortäuschbar.
Doch, doch.
Ein Gott der über der Logik steht, kann ALLES, selbst das.
Das ist doch das Problem: Unterstellst du Gott, Allmacht über die Logik, ist nichts mehr gesichert; auch Descartes' "cogito" nicht.
Lies dazu mal den Artikel über das Allmachtsparadoxon

closs hat geschrieben:Uns als Publikum kann man vortäuschen (Turing-Test), ob das Gegenüber "ich" ist oder nur "ich" vortäuscht - aber das Ich kann nicht sich selbst vortäuschen, fälschlicherweise Ich zu sein. - Wie soll das gehen?
Ich habe ehrlich gesagt, keine Ahnung wie das gehen soll. Ich muss es auch nicht wissen. Wenn Gott aber über der Logik steht, gehe ich davon aus, dass er es weiß.

closs hat geschrieben:mir fällt eigentlich seit dem 20. Jh. so gut wie keine Philosophie ein, die NICHT realistisch ist.
Stimmt. Stichwort Wiener Kreis.
Was ist denn eigentlich daran so schlecht, wenn die Philosophie endlich festen Boden unter den Füßen bekommt?

closs hat geschrieben:hier geht es darum, dass wir Aussagen "an sich" überprüfen (egal, ob sie von Descartes, Bob the Plumber oder Mick Jagger kommt) - also nicht im Kontext mit dem Autor.
Wir überprüfen nicht Aussagen, sondern die Prämissen eines Autors (Descartes). Genau gesagt, geht es um Descartes' Prämissen, für seine "cogito" Aussage. Er setzt sicher nicht aus Jux und Tollerei einen "wohlwollenden" Gott voraus. :o
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Andreas
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#46 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von Andreas » Fr 5. Dez 2014, 20:16

sven23 hat geschrieben:Frage: gibt es irgend jemand hier im Forum, der dieses Fügungskonzept versteht?
Klar. Ich füge mich der Fügung. Ist kinderleicht, kannst nix falsch machen. Geburtsort, Stunde, Junge oder Mädchen, sexuelle Ausrichtung, Eltern ...
Wie hast du das gemacht?

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#47 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von closs » Fr 5. Dez 2014, 21:27

Salome23 hat geschrieben:So verstehe ich closs Fügungskonzept
Ja - danke. :thumbup: - Auch, dass in Voraussicht, dass A&E essen, danach alles weitere gefügt wird - also das, was Gott vorgesetzt wird, zu etwas hingelenkt wird.

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#48 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von Salome23 » Fr 5. Dez 2014, 21:35

closs hat geschrieben:
Salome23 hat geschrieben:So verstehe ich closs Fügungskonzept
Ja - danke. :thumbup: - Auch, dass in Voraussicht, dass A&E essen, danach alles weitere gefügt wird - also das, was Gott vorgesetzt wird, zu etwas hingelenkt wird.
Du drückst dich zeitweise so umständlich aus, dass es eben dazu führt, dass man(che) deinen Gedankengefüge nicht mehr folgen können :?
Probiers nochmal, denn so formuliert, passt es nicht ;)

closs
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#49 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von closs » Fr 5. Dez 2014, 21:54

Pluto hat geschrieben: Glaubst du nicht, dass Gott die Gedanken beeinflussen könnte, wenn er denn wollte?
Natürlich - aber wie sollte das im Fall "Cogito" geschehen?

Gott könnte tatsächlich den Menschen halluzinieren lassen, dass er ein Zebra ist - das geht - "ich bin ein Zebra". - Aber wie soll das gehen mit Satz "Ich bin" (egal, was)? - Wenn Gott den Menschensagen ließe "Ich bin", obwohl der Mensch kein bewusstes Wesen wäre, würde Gott den Beobachter täuschen, aber nicht den Menschen, den e "ich-bin" sagen lässt - denn dieser würde es gar nicht mitkriegen, wenn er nicht "ich-bin" ist. - Verstehst Du?

Pluto hat geschrieben:aber wir postulieren, dass Gott über der Logik steht
Das tust Du - ich sage, dass Gott prinzipiell über dem stehen kann, was wir Logik nennen - aber ich habe bisher noch keinen Anlass gesehen, dass dies nötig wäre.

Pluto hat geschrieben:Es gibt keine solchen Ebenen.
DAS zum Beispiel wäre ein Dogma. :idea:

Pluto hat geschrieben: Selbst das Postulat, dass es diese zwei Ebenen gibt ist so ein nicht nachweisbares, weltanschauliches Dogma.
Vielleicht auch nur ein Axiom, weil es ja in Ebene 1 nachweisbar ist. - Ansonsten ist natürlich richtig, dass es auf Ebene 2 nicht falsifizierbar ist - andererseits ist es auf entsprechender geistiger/hermeneutischer/dialektischer/individual-empirischer Ebene plausibel.

Pluto hat geschrieben:Die Tatsache, dass diese Dialektik von Hegel kommt, macht die Definition des Begriffs in meinen Augen nur noch nebulöser.
Dann nimm als Hilfsmittel die Integral-Rechnung her: die Funktion f(x) ist eine Ableitung der Stammfunktion F(x). - Dialektik ist so etwas Ähnliches wie die Überführung der Funktion in ihre Stammfunktion. - Als Nicht-Mathematiker möchte ich diese Analogie nicht weiter bemühen - jedenfalls war es bei mir so, dass ich über die Hegelsche Dialektik überhaupt erst die Integral-Rechnung verstanden habe. - Trägt dies zur Auflösung des Nebulösen bei?

Pluto hat geschrieben: Nicht einmal das kannst du wissen
Doch: WENN der dialektische Weg der richtige ist, folgt dieses zwingend.

Pluto hat geschrieben:Was du vorschlägst, ist so als wollte man ein unidentifizierbares "Etwas" definieren oder beschreiben. Es ist ein Oxymoron.
Gott ist schon definierbar - nur halt nicht von uns - wir müssen uns an das halten, was wir davon greifen können. - Vergleiche es mit Archäologen/Anthropologen, die aus kleinsten Hinweisen weitführende Schlussfolgerungen ziehen können.

Pluto hat geschrieben:Sobald Gott in unsere Welt hinein wirkt ist er nicht mehr "Überzeitlich".
Moment: Gott ist und bleibt in seinem Wesen über-zeitlich. - In der zeitlichen Welt offenbart er sich in zeitlicher Gestalt. - Es ist nicht Gott, der im Dasein erscheint, sondern ist sind dessen Offenbarungen (Engel des Herrn/Wolke/Jesus/etc.), die im Dasein tätig werden - genau aus diesem Grund. - Das verstößt aus meiner Sicht nicht gegen die Logik.

Pluto hat geschrieben:Was ist denn eigentlich daran so schlecht, wenn die Philosophie endlich festen Boden unter den Füßen bekommt?
Es ist für die Philosophie schon schlecht, wenn sie sich nur dadurch vor ihrer Selbstabschaffung rettet, indem sie ihre Inhalte ändert. - Eigentlich sind die Philosophien der letzten 100 Jahre Erkenntnis-Theorien, Sprach-Theorien, Ich-Theorien, Methodologien, etc. - es ginge also auch, ohne das Wort "Philosophie" zu benutzen.

Pluto hat geschrieben:Wir überprüfen nicht Aussagen, sondern die Prämissen eines Autors (Descartes).
Sehe ich anders: Wir nehmen Descartes' Satz auf und überprüfen, ob er wahr ist oder nicht - wir wollen doch im Hier und Jetzt weiter kommen - alles andere würde in das Feld der Philosophie-Geschichte gehören.

closs
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#50 Re: Göttliche Fügung und Determinismus

Beitrag von closs » Fr 5. Dez 2014, 21:55

Salome23 hat geschrieben:Probiers nochmal, denn so formuliert, passt es nicht
Irgendein Einflugwinkel wird irgendwann passen - aber jetzt qualme ich erst mal eine. ;)

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