closs hat geschrieben:Das, was hier "Geist" genannt werden soll, ist der Ursprung der Materie.
Was soll der „Ursprung“ der Materie sein? Was soll hier „Geist“ genannt werden?
Können Menschen einen „Geist“ haben, denn aus ihnen geht gar keine Materie hervor?
Wenn das Gehirn beschädigt ist, gibt es keinen „Geist“, der es wieder repariert.
Mit einem „Geist“, hätten Menschen einen direkten Zugang zur Materie, würden also das Gehirn gar nicht benötigen.
Nicht vergessen, laut einer Aussage von dir soll Materie aus „Geist“ bestehen.
Du hast aber auch gesagt, dass „Geist“ das Gehirn zum „Andocken“ braucht und nicht „durchdringt“ wenn es beschädigt ist.
Obendrein sind dir die Wechselwirkungen zwischen dem behaupteten „Geist“ und dem Gehirn unbekannt.
Aus meiner Sicht kann dieses Konstrukt nicht funktionieren. Ich würde sogar sagen, dass es keinen Sinn macht.
closs hat geschrieben:Das, was "ist", "ist" es unabhängig davon, ob wir es (auch wissenschaftlich) wahrnehmen können oder nicht
Unser einziger Zugang zu vorhandenen Dingen, ist die Wahrnehmung.
Wenn sich „etwas“ vor uns „versteckt“, haben wir lediglich unvollständige Vermutungen zur Verfügung, die wir nicht zu Vorstellungen ausbauen können.
Wenn wir eine wahrnehmbare Alternative herausfinden, dann hat diese automatisch eine viel höhere Qualität als die unvollständigen Vermutungen.
Wer dennoch an den unvollständigen Vermutungen festhält, handelt (meiner Meinung nach) unvernünftig, weil er die Qualitäten ausser Acht lässt.
closs hat geschrieben:Gott ist die Aufhebung jeglicher Dialektik.
Soll das heissen, dass man über „Gott“ rein gar nichts wissen kann?
Ergo gäbe es auch kein „Erleben“ einer Kommunikation, weil man dann ja darauf schliessen könnte, was „Gott“ (was auch immer das sein soll) gerade „gemacht“ hat (das wäre sozusagen ein konkretes Wissen, ein „Einfangen“).
Könnte diese komische Situation vielleicht daran liegen, dass „Gott“ ein inhaltsleeres Wort ist, das man lediglich vor dem Hintergrund von unvollständigen Vermutungen erfunden hat?
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Ich denke es sind gewisse Grundrätsel, die zum Aufstellen von unvollständigen Vermutungen und anschliessend zum Aufbau der Wunschhaltungen führen.
1.
Erschaffung der materiellen Welt
Man stellt den Verdacht auf, dass eine Absicht und ein Plan hinter der Materie stehen soll.
Rein über das Denken scheint man vor den Alternativen zu stehen:
-Materie wurde durch „jemand“ erschaffen
-Materie hat sich selbst erschaffen, ist aus dem Nichts entstanden
Weil die zweite Möglichkeit für „absurd“ gehalten wird, wählt man kurzer Hand Alternative 1 und leitet von der Erschaffungshandlung weitere ausgedachte Zusammenhänge ab.
Was hierbei leider ein wenig übersehen wird, ist die Qualität des menschlichen Denkens, mit dem die Alternativen aufgestellt werden.
Von unserer Wahrnehmungstechnik kann man ableiten, dass das Denken rein aus den, in den Sinnesdaten enthaltenen Zusammenhängen entstanden ist.
D.h. das Konzept von „Realität“, „Existenz“ und „Hier und Jetzt“ sind Hilfswerkzeuge im Verstehen unserer Umweltdatensituationen. Diese Werkzeuge haben einen praktischen Wert, wenn sie in der Umweltauflösung eingesetzt werden, in der sie entstanden sind.
Das bedeutet: zu den obigen zwei Möglichkeiten kommt eine Dritte hinzu:
Aus dem menschlichen Denken heraus, lassen sich die Zusammenhänge zur Entstehung von Materie und der materiellen Welt
nicht erschliessen.
Was die Herstellung von Materie betrifft sind wir genauso klug, wie „fünf Meter Feldweg“.
Wer festlegen will, dass er den Überblick hat und eindeutig auf einen „Schöpfer“ schliessen kann, hat schlicht die Technik von Wahrnehmung und die abgeleiteten Zusammenhänge nicht begriffen.
Die Forschung zeigt eindeutig die aktuellen Grenzen des menschlichen Denkens auf:
-ein sich ausdehnendes Universum, für das man nicht fragen kann, worin es sich ausdehnt.
-ein Ursprung von Raum und Zeit, für den man nicht fragen kann, was davor war oder worin bzw. woraus die Entstehung geschehen ist.
-eine Dualität von Welle/Teilchen
-eine sich, im Kleinen, scheinbar auflösende Materie
2.
Das Bewussstein
Was unterscheidet einen lebenden von einem toten Körper?
Was ist dieser Verstand aus Gedanken, Emotionen, Vorstellungen usw.?
In der Menschheitsgeschichte gab es keine Ansatzpunkte, um diese Dinge zu erklären.
Also hat man den Verdacht aufgestellt, dass es einen unsichtbaren Teil im Menschen geben müsste. Dies ist nur eine unvollständige Vermutung, denn niemand kann aus dem Denken heraus sagen, was dieser „unsichtbare Teil“ sein soll. Stattdessen haben sich wilde Spekulationen und Denktäuschungen aufgebaut (-> „Geist“)
Die Forschung ist hingegen schon viel weiter gekommen.
-das aktive Gehirn ist eine Datenverarbeitung, deren virtuelle Zusammenhänge man nur explizit verlassen kann. Es wurde aber keine Schnittselle zu einem „Geist-Teil“ gefunden.
-das aktive Gehirn ist an allen Bewusstseinsvorgängen beteiligt.
-bei Krankheiten, Verletzungen und Betäubungen am Gehirn, hat dies direkte Auswirkungen auf das Bewusstsein.
Ich vermute, das Bewusstsein ist eine notwendige Zusammenhangs-Berechnung, über die der Einfluss von vielen parallel ablaufenden Gehirnaktivitäten abgestimmt/koordiniert wird.
Das Bewusstsein hat keine Eigenständigkeit und damit auch keinen freien Willen. Es ist kein „anderer Teil“, sondern der Zusammenhang, der sich im aktiven Gehirn ergibt, wenn er explizit berechnet wird.
Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft, lassen sich konkrete Vorstellungen zum Bewusstsein aufstellen, so dass die unvollständigen Vermutungen nicht länger benötigt werden.
3.
Überlegenheit des Menschen
Der Mensch hat sich in der Tierwelt eine Sonderstellung erkämpft. Durch abstraktes Denken und das Werkzeug Sprache und saubere Analyse- und Prüftechniken versucht er die Umwelt zu dominieren.
Dieser Umstand verführt ein wenig dazu, den Menschen als besonders „auserwählt“ darzustellen. Sozusagen zum „göttlichen Ebenbild“ zu erklären (was auch immer „göttlich“ sein soll). Unterstützt wird diese Überheblichkeit von der unvollständigen Vermutung, dass nur der Mensch mit einem „Geist“ (was auch immer das sein soll) ausgestattet ist.
Auch hier hat die Forschung einiges beizutragen:
-Unsere Wahrnehmungstechnik haben wir mit allen mehrzelligen Lebewesen gemeinsam (Wurm und Schnecke arbeiten auch mit elektrischen Impulsen und neuronaler Auswertung)
-die Gehirne von Säugetieren haben alle die gleiche Aufteilung. Man untersucht viele Tiergehirne, um Erkenntnisse über das menschliche Gehirn zu gewinnen.
-der Nobelpreis für Medizin 2014 (GPS im Gehirn) wurde für die Analyse von Rattengehirnen vergeben.
-Viele Forscher untersuchen das Bewusstsein von Tieren und stellen erstaunliche Fähigkeiten fest, so dass heute nicht mehr gilt, dass nur der Mensch über Bewusstsein verfügt.
Wenn meine Vermutung stimmt, dass das Bewusstsein eine notwendige Berechnung ist, dann bedeutet dies, dass dieser Vorgang auch in kleinen Gehirnen mit mehreren Sinnesdaten und Auswertungen notwendig ist. Also haben auch viele Tiere ein Bewusstsein – darunter vielleicht sogar einige Versionen mit ähnlichen „phänomenalen Inhalten“.
Für die Überheblichkeit, dass dem Menschen ein „besonderer Zweck“ zukommt, besteht kein Grund.
4.
„Warum, was ist der Sinn?“
Aus dem menschlichen Denken heraus werden Umweltkonstellationen auf Zusammenhänge hinterfragt. Sobald sich aus der Mustererkennung heraus ein Verdacht für einen Zusammenhang bildet, stellen sich Menschen die Frage nach den Hintergründen: „warum ist das so?“, „wer steckt dahinter?“ „wer will das so?“
Sowohl die Mustererkennung als auch die Fragestellungen sind Fähigkeiten des Gehirns.
Wichtig: es sind Fähigkeiten, die nur in Verbindung mit einem Gehirn vorkommen.
Wer die Warum/Absichts-Fragen für Zusammenhänge aufstellt, an denen man nicht die Beteiligung eines Gehirns nachweissen kann, der handelt unvernünftig.
Dazu gehören Fragen wie…
“Warum gibt es etwas und nicht nichts?“
„Welchen Sinn hat das Universum?“
„Was ist der Sinn des Lebens?“
„Warum habe ich das Pech, dass ein Baum umgefallen ist?“
In der Interaktion mit denkenden Lebewesen ist das „Warum“ sinnvoll, weil man daraus auf Denkzusammenhänge schliessen kann.
In der Interaktion mit Umweltbereichen, die nicht über ein Gehirn und somit eine Wahrnehmung verfügen, macht das „Warum, also die Frage nach einer Absicht“ keinen Sinn.
Wie ich schon mal angedeutet habe ist es sehr einfach, in fünf Minuten so viele Fantasien zu diesen Rätseln zu entwickeln, dass die Naturwissenschaft sehr lange braucht, um die tatsächlichen Zusammenhänge zu analysieren und zu funktionierenden Vorstellungen zu gelangen.
Aber genau das, was die Naturwissenschaft so erfolgreich macht, ist Wahrnehmung.
Sie stellt Vorstellungen auf, die durch immer neue Blickwinkel und Kreuzzusammenhänge einen praktischen Nutzen beweisen.
Ich denke, dass sich genauso „Farben“, „Töne“ usw. „gebildet“ haben – auf Basis des praktischen Einsatzes in der Umwelt.
„Ich“ bin Teil eines Wahrnehmungssystems, das sich an die Zusammenhänge in den Sinnesdaten anpasst und sich ständig optimieren möchte, also die Vorstellungen verbessern möchte. Genau zu diesem Zweck gibt es die Neugierde.
Ich halte es für unvernünftig, wenn man als Teil eines Wahrnehmungssystems auf Zusammenhänge in nicht wahrnehmbaren „Vermutungspfahlbauten“ vertraut und dabei die konkret wahrnehmbaren Zusammenhänge vernachlässigt oder gering schätzt.
Aus meiner Sicht sind hierbei die Prioritäten falsch gesetzt.
Es gibt sozusagen eine Aufgabe für das Wahrnehmungssystem.
Diese Aufgabe kann nicht darin bestehen, sich auf Verdachtsmomente zu verlassen, zu denen es keine Möglichkeit der wahrnehmbaren Erfassung gibt.
Wenn eine Welt-Zusammenhangs-Fantasie die zentrale Funktion eines Wahrnehmungssystems blockiert, dann sollte man sich fragen, ob dies überhaupt eine korrekte Basis sein kann.