SilverBullet hat geschrieben:
Nun, frag dich mal selbst, was dafür spricht, dass du richtig liegst.
1. Objektiv?: nichts (das sagst du bereits selbst)
2. vom Ablauf her?: nichts (du bist gar nicht selbst und unabhängig darauf gekommen)
3.von irgendwelchen Wechselwirkungen her?: nichts (da du es als „Zufall“ bezeichnest, bist du dir bewusst, dass du es lediglich „günstig“ deutest)
Was spricht also dafür?
1. Subjektive Erfahrungen können richtig sein.
2. Auf fast alles, was ich gelernt habe in der Schule und in der Uni, bin ich nicht selbst gekommen. Trotzdem ist das Meiste richtig.
3. Damit etwas richtig ist, muss man in der Lage sein, es wahrzunehmen. Das erfordert eine Wechselwirkung. Wenn wir nicht wissen, wie diese Wechselwirkung zustande kommt, bezeichnen wir diese als Zufall oder Gottes Fügung, je nachdem, wie unsere Weltsicht ist. Der Fakt selbst bleibt derselbe.
SilverBullet hat geschrieben:
4. Tatsache ist:
Das Phänomen der Farben ist um ein Vielfaches realer, wirkungsvoller, als das Resultat aus den „Zufalls-Deutungen“ Richtung "Gottesverdacht". Solange die Menschen nicht wussten, dass es eigentlich um Licht (also Strahlung) geht, war „Farbe“ unzweifelhaft ein, vom Menschen unabhängig existierender Bestandteil der Umwelt.
Obwohl wir zu „Farben“ einen hervorragend existenziellen Zugang haben, sind sie gar nicht „da draussen“ – „Farbe scheint letztlich etwas anderes zu sein, vielleicht sogar gar nichts Dingliches/Objekthaftes, vielleicht nur eine Art 'Wirkung' auf Basis von Bedeutungszusammenhängen“.
Farben haben genauer gesagt zwei Komponenten.
Einmal die dingliche Komponente, das Medium, über das Farben übertragen werden. Das ist das Licht und diese dingliche Komponente kann man messen.
Dann die Wirkung der Farben auf uns, etwas, was man unter Farbpsychologie versucht zu beschreiben. Das ist nicht messbar und auch nicht eindeutig. Das ist subjektiv. Es kann auch nicht übertragen werden, so schaue ich immer etwas skeptisch, wenn jemand behauptet, wie grünes Licht ihn ruhiger macht.
Trotzdem ist der Effekt real und ich akzeptiere ihn problemlos, selbst wenn ich ihn nicht nachempfinden kann.
SilverBullet hat geschrieben:
5. Obwohl wir also offensichtlich die Fähigkeit haben, mit Dingen unzweifelhaft existenziell umzugehen, kann diese zentrale Fähigkeit bei der so genannten „Wahrheit“ nicht eingesetzt werden.
Warum eigentlich nicht?
Warum sollte exakt die wichtigste Funktion von Wahrnehmung nicht zur Anwendung kommen?
Wozu wird es entwickelt und dann aber nicht verwendet?
Aber sie kommt doch zur Anwendung.
Es gibt keinerlei Volk oder Ethnie, die nicht in irgendeiner Form Vorstellungen von Gott oder Göttern entwickelt haben. Die Existenz von Göttern war allen Menschen zu allen Zeiten sonnenklar. Nur im technologischen Jahrhundert des Westens wird diese Wahrnehmung unterdrückt.
Das liegt meines Erachtens daran, dass wir ein Umfeld geschaffen haben, das solche Wahrnehmungen gezielt aberzieht. Nicht, dass sie bewusst unterdrückt werden, aber die Kinder werden so sehr in Richtung des "nehme nur wahr, was du mit den grauen Zellen wahrnehmen kannst" erzogen, dass die Wahrnehmung von Gott darunter leidet.
Es ist so, als würden die Kinder mit einer Augenbinde aufwachsen. Da leidet die Fähigkeit zu sehen auch.
SilverBullet hat geschrieben:
6. Bist du auf einen komplett revolutionäres „Gottesverständnis“ gekommen, so dass man sagen könnte „das liegt schon sehr nahe an einer einheitlichen weltweiten Rätsellösung“?
Nun, vermutlich hältst du dich relativ genau an die lokalen „kulturellen Vorgaben“ – also eher nichts Neues.
Wenn du selbst urteilen müsstest, spricht dann mehr für deine Haltung oder mehr dagegen?
(vielleicht kommst du sogar zu unterschiedlichen Urteilen, je nachdem, ob du als Gläubiger oder als Wissenschaftler vorgehst)
Einer der Kernpunkte der modernen Wissenschaft ist, dass sie aufeinander aufbaut. Ich muss nicht alle Experimente selbst machen, ich muss nicht alle Berechnungen selbst durchführen. Ich kann auf dem aufbauen, was andere erarbeitet haben.
So gehe ich auch an den Glauben heran. Ich lese und erfahre, wie meine Vorfahren Gott gesehen und erfahren habe. Dann wäge ich kulturelle und zeitbedingte Fakten dagegen, dann vergleiche ich das mit meinen eigenen Erfahrungen und mit dem, was ich von meiner zeitbedingten Kultur sehe.
Dabei bin ich ein Kind meiner Zeit. Ich akzeptiere, dass es zeitbedingte Aspekte gibt, die ich auch lebe.
Wesentlich ist: Ich urteile selbst, aber ich bin nicht alleine. Das ist normales Vorgehen auch und gerade in den Naturwissenschaft.
SilverBullet hat geschrieben:
Was soll „Gott“ deiner Meinung nach sein, von dessen Existenz du überzeugt bist?
Gott ist der Schöpfer, der liebende Vater, der gerechte Richter, der Erschaffer, der Ursprung, das Ziel, der unbewegte Beweger, der Sinn, ...
Gott zu charakterisieren heißt, die Wirkung, die er auf uns hat zu charakterisieren. Und das ist nicht unabhängig von mir und meiner Zeit. Aber es ist typisch für nicht-Naturwissenschaften. In der Naturwissenschaft hat man das mathematische Modell, das als Kommunikationsform benutzt werden kann, hier haben wir das nicht.
Also müssen wir Alltagssprache benutzen. Das müsstest du auch, wenn du Gott charakterisieren wolltest, selbst wenn du es als kulturelles Einbildungsphänomen siehst.
Das Thema des threads ist "Warum fordern Atheisten Beweise".
Deine Fragen gehen genau dahin. Ich beantworte sie dir so gut ich kann, auch wenn ich sehr gut weiß, dass du sie nicht als Beweis siehst.
Aber eine Antwort auf die threadfrage würde ich trotzdem gerne wissen. Warum forderst du Beweise?
Es gibt sehr viele Dinge im täglichen Leben, die nimmst auch du einfach hin. Die hast du gelernt, empfindest sie wie deine Freunde, hinterfragst sie nicht, akzeptierst sie einfach. Weil du auch weißt, dass sie nicht beweisbar sind.
Warum also in dieser einen Frage diese Forderung?
Und dann auch noch in einer Art, die klar macht, dass du niemals Beweise für diese Frage akzeptieren würdest?
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.