Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
closs
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#2111 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Mo 9. Nov 2015, 16:45

Pluto hat geschrieben:Der Realismus wie auch die Ideenlehre (dass unsere Vorstellungen real sind) wurde als falsch erwiesen.
Das geht gar nicht, weil nicht falsifizierbar ist, ob Vorstellungen real sind. - Wenn jemand eine Vorstellung von Gott hat, kann es Gott als Realität geben.

Pluto hat geschrieben:Die "res cogitans" hat keine erkennbare Verbindung zur "res extensa".
Wenn etwas nicht erkennbar ist: Ist es dann faslifizierbar?

Pluto hat geschrieben:Wenn Körper und Geist als untrennbare Einheit gesehen werden, so kann das Eine nicht ohne das andere existieren
Das muss man differenziert sehen: Der Körper kann in der Tat nicht ohne Geist leben - aber der Geist kann sehr wohl ohne Körper leben. - Auch wenn dies nur eine These ist: Was ist daran falsifizierbar?

Pluto hat geschrieben:Im Gegenteil, im Laufe des 19. u. 20 Jahrhunderts hat sich der Nominalismus immer mehr durchgesetzt.
Weil sich der Materialismus durchgesetzt hat. - Die Durchsetzungsfähigkeit einer Weltanschauung für eine Zeit sagt doch nichts darüber aus, ob dies ein Fortschritt oder ein Rückschritt ist.

Pluto hat geschrieben:ergo stirbt die Seele mit dem Körper.
Die Voraussetzung/das Postulat ist falsch - somit ist auch das "ergo" falsch.

Pluto hat geschrieben:So kommen wir wieder zur Frage: Was existiert in der Wirklichkeit?
Noch weiter zurück: Was versteht man unter "Wirklichkeit"? - Die naturalistische Welt oder das, was wirkt?

Pluto hat geschrieben:Der "Beweis" liegt darin, dass viele (noch nicht alle) psychische Krankheiten heute genau wie physische Krankheiten behandelt und geheilt werden können.
Das ist auch nachvollziehbar, wenn man den Geist über die Materie stellt. - Denn wenn Geist darauf angewiesen ist, in der materiellen Welt intakte Materie vorzufinden, heisst dies umgekehrt, dass man die Äußerung von Geist fördern kann, wenn man schadhafte Materie repariert.

In anderen Worten: Jeder "geistige Mensch" würde zustimmen, dass man das Gehirn repariert, wenn es nicht richtig funzt. - Schwierig wird es allerdings, wenn nicht klar ist, ob der materielle Schaden materiell oder geistig bedingt ist - dann kann es kompliziert werden. - Aber das ändert nichts an der Grundaussage "materielle Schäden reparieren - JA".

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#2112 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Mo 9. Nov 2015, 17:06

Savonlinna hat geschrieben:Vom cartesianischen Dualismus habe ich gar nicht gesprochen. Dein Link betraf den Universalienstreit.
Der Universalienstreit ist eine Neben-Baustelle.
Es ging und geht hier schon lange um den Geist/Körper-Dualismus.Ob du es kindisch findest oder nicht ist hier nicht Thema. Er wurde durch die Physik falsifiziert.

Savonlinna hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Sieht für mich eher so aus, als gingen dir die Argumente aus und du die Tatsache nicht wahr haben willst, dass der cartesianische Dualismus tot ist.
Ich bin kein Mensch, dem die Argumente je ausgehen können, weil ich keine Ideologie habe.
Aha! :o :roll:

Nun hast du die Chance, die Fülle deine sachdienlichen Argumente anzuführen. ;)
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

SilverBullet
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#2113 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von SilverBullet » Mo 9. Nov 2015, 17:08

closs hat geschrieben:Ja - man kann Existenz so definieren, dass sie das ist, was man mit Methode x wahrnimmt
Ich denke, ich habe keine besondere Methode, sondern Kriterien für eine „Grenzziehung“ in der Beurteilung.

closs hat geschrieben:Ich definiere Existenz als das, was "ist" - egal, wie und auch ob ich es überhaupt wahrnehme
Genau das kannst du aber nicht.

Der Begriff „Existenz“ bedeutet „das, was vom Wahrnehmungssystem als vorhanden eingeschätzt wird“ (die Einschätzung folgt festlegbaren Kriterien)
Die Wortkombination „das, was ‚ist’“ soll zwar für die „verursachenden Sachverhalte“ gelten, aber diesen unabhängigen Überblick kann niemand von uns einnehmen, also bedeutet es letztlich wieder „das, was vom Wahrnehmungssystem als vorhanden eingeschätzt wird“

Du sagst also letztlich: „Ich definiere Existenz als Existenz“
Das ist aber keine Definition, sondern eine Denktäuschung.

Dies zeigt sich auch, wenn du die Erscheinung von „Harvey“ klar als nicht existent einschätzt, während du die Erscheinung der „2000 Jahre alten Jungfrau Maria“ für möglich hältst.

Du operierst hier nach Kriterien, die ich nicht nachvollziehen kann.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben: Daraus ergibt sich ein deutlicher Unterschied.
Wahrscheinlich zugunsten von Harvey. - Tja, das kommt davon ...
Wieso?
Wie ich geschrieben habe: für „Harvey“ kann ich anfangen die Existenz einzuschätzen.
Wenn ich meine Kriterien anwende, werde ich wohl nicht von einer Existenz ausgehen können.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Doch, du zielst auf ein unsichtbares Weltkonzept ab.
Ich ziele darauf ab, dass unsere Wahrnehmung nicht das Maß dafür ist, was "ist". - Aus dieser logischen Aussage ("Sein"/"Realität" ist keine abhängige Größe von "Wahrnehmung") habe ich ein anderes Weltkonzept als Du.
Da du dich nicht von Wahrnehmung trennen kannst, kannst du damit keinerlei unabhängige Existenzaussagen machen.
Du kannst nur Kriterien für den Umgang mit Wahrnehmung aufstellen, mehr nicht.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Wenn du nicht sagen kannst, was da abläuft und was beteiligt ist, kannst nicht auf irgendwelches „Sein“ schliessen.
Wenn man feststellt, dass nur das Ich "Cogito" sagen kann, ist erst dann anerkannt, wenn man sagen kann, was da abläuft und was beteiligt ist?
Korrekt, denn anstatt eines „Ich“ kann man nur ein aktives Gehirn beobachten, das bei geeigneter Beeinflussung zu keinerlei Aussagen und Sich-Selbst-Analysen mehr beiträgt.
D.h. das Gehirn ist ein entscheidender Faktor. Da man neben dem Gehirn, keine weiteren Bestandteile feststellen kann und auch keine Schnittstellen findet, ist es sinnvoll davon auszugehen, dass nur das aktive Gehirn zu „Ich denke“ benötigt wird.
Wenn dies so ist, dann findet „Ich denke“ mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in der Körper-Wirklichkeit statt, sondern alleine in Ablaufzusammenhängen -> Virtualität.
In diesem Fall führt das Denken nicht zu einer sicheren Erkenntnis, denn es gibt kein „Ich“ und keinen „Denkvorgang“, sondern nur funktionale materiell/physikalische Abläufe.
Wenn diese Möglichkeit vernachlässigt wird, macht man unbewiesene Voraussetzungen.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Dualismus.
Die Tatsache, dass es "Ich" gibt, begründet den Begriff "Dualismus"
Aus meiner Sicht ja, denn das „Ich“ soll etwas anderes sein, als der materielle/physikalische Körper (die berühmte Nicht-XXXX-Strategie).

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:ich frage nach dem „Ich“, das den Ausgangspunkt irgendeiner Philosophierichtung festlegen soll.
Ist die logische Feststellung, dass Wahrnehmung nur durch das Ich geht, bereits eine Philosophie-Richtung?
Ja, denn die Anhänger dieser Idee kümmern sich offenbar nicht um einen Nachweis und auch nicht um das Gehirn, das nachgewiesen ist.

closs hat geschrieben:Muss man genau wissen, WAS das Ich in seiner ganzen Komplexität ist, um die Aussage tätigen zu können: "Der Mensch nimmt wahr über sein Ich“
Ja, wenn man die zusätzlichen „Existenz“-Annahmen macht, dann wäre das nicht schlecht, denn es sieht immer doof aus, wenn man am Ende nur etwas Anderes vorfindet (z.B. ein aktives Gehirn).

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Was soll die „menschliche Identität/Existenz/das unverwechselbare Ich“ sein, dass „sie“ sich der Materie bedienen könnte?
Eine geistige Größe, die sich in und durch Materie zum Ausdruck bringt bzw darin zum Ausdruck gebracht wird.
„zum Ausdruck bringt“ und „zum Ausdruck gebracht wird“ sind nur Handlungsvermutungen. Du kannst damit nicht beschreiben, was „geistige Grösse“ sein soll.
Ich kann keine Vorstellung aufbauen.

closs hat geschrieben:Du versuchst momentan zu blocken, indem Du etwas scheinheilige Fragen stellst. - Ich vermute, Du siehst das, was ich Geist nenne, als unmittelbares Produkt des Gehirn. - Naheliegend wäre, dass Du dementsprechend keinen kategorialen Unterschied zwischen "Cogito" und Computer erkennst.
Wenn ich mit meiner Vermutung richtig liege: Das wäre Materialismus pur.
Ich habe keine Vorstellung von dem, was du „Geist“ nennst.
Ich habe keine Vorstellung welche „Kategorie“ du „Geist“ zuordnest.

In meiner Vermutung ist ausschliesslich das aktive Gehirn notwendig, damit es zu den Bewusstseinszusammenhängen kommt. Dieser Aktivität besteht aus meiner Sicht rein aus materiell/physikalischen Abläufen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Der Realismus wie auch die Ideenlehre (dass unsere Vorstellungen real sind) wurde als falsch erwiesen.
Das geht gar nicht, weil nicht falsifizierbar ist, ob Vorstellungen real sind. - Wenn jemand eine Vorstellung von Gott hat, kann es Gott als Realität geben.
Wenn jemand eine Vorstellung von „Harvey“ hat, kann es dann „Harvey“ geben?

Wenn ich mich richtig erinnere, hast du keine Vorstellung von „Gott“, sondern lediglich eine unvollständige Handlungsvermutung. Eine Vorstellung von „Gott“ konnte mir bisher noch nicht präsentiert werden. Kann „er“ dann trotzdem real sein?

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#2114 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Mo 9. Nov 2015, 17:57

closs hat geschrieben:Wenn jemand eine Vorstellung von Gott hat, kann es Gott als Realität geben.
Gegenfrage: Wenn Jemand eine Vorstellung von Punuckl hat, kann es Pumuckl als Realität geben?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die "res cogitans" hat keine erkennbare Verbindung zur "res extensa".
Wenn etwas nicht erkennbar ist: Ist es dann faslifizierbar?
Aber ja doch.
Die Frage nach der Existenz einer Schnittstelle ist eine körperliche (naturwissenschaftliche). Ohne Schnittstelle ==> keine Kommunikation; Ohne Kommunikation ==> kein Modell.

Descartes wusste das, also hat er die Zirbeldrüse dafür ausgemacht, aber das stellte sich als falsch heraus. U.a. ist das cartesianische Modell deshalb falsifiziert. Aber es gibt noch mehr Gründe, nicht an einen Dualismus zu glauben, und zwar der erste Hauptsatz der Thermodynamik.

closs hat geschrieben:Das muss man differenziert sehen: Der Körper kann in der Tat nicht ohne Geist leben - aber der Geist kann sehr wohl ohne Körper leben. - Auch wenn dies nur eine These ist: Was ist daran falsifizierbar?
Die Schnittstelle.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Im Gegenteil, im Laufe des 19. u. 20 Jahrhunderts hat sich der Nominalismus immer mehr durchgesetzt.
Weil sich der Materialismus durchgesetzt hat. - Die Durchsetzungsfähigkeit einer Weltanschauung für eine Zeit sagt doch nichts darüber aus, ob dies ein Fortschritt oder ein Rückschritt ist.
Welche Hinweise siehst du denn konkret für einen Rückschritt?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:So kommen wir wieder zur Frage: Was existiert in der Wirklichkeit?
Noch weiter zurück: Was versteht man unter "Wirklichkeit"? - Die naturalistische Welt oder das, was wirkt?
Ich würde sagen, alles was prinzipiell erkennbar ist.

Führt Wahrnehmung zur Erkenntnis der Wirklichkeit?
Der Mensch ist konditioniert, gewisse Dinge als real zu erkennen. Schlange ==> Gefahr; Hunger ==> Essen.
Die Werbung spielt mit unserer Wahrnehmung und unseren Träumen, und täuscht uns damit immer wieder.

Andererseits ist unser Wissen von der Welt schon sehr fortgeschritten, wenn wir Mars-Roboter bauen können, die uns Informationen darüber liefern. Woher kommt diese Wissen, wenn Wahrnehmung tatsächlich nichts mit der Realität zu tun hat?

closs hat geschrieben:Denn wenn Geist darauf angewiesen ist, in der materiellen Welt intakte Materie vorzufinden, heisst dies umgekehrt, dass man die Äußerung von Geist fördern kann, wenn man schadhafte Materie repariert.
Frage:
Warum braucht der Geist so ein komplexes Organ wie das Gehirn, wenn Letzteres nur Befehle empfangen und weiterleiten soll?

closs hat geschrieben:In anderen Worten: Jeder "geistige Mensch" würde zustimmen, dass man das Gehirn repariert, wenn es nicht richtig funzt. - Schwierig wird es allerdings, wenn nicht klar ist, ob der materielle Schaden materiell oder geistig bedingt ist - dann kann es kompliziert werden. - Aber das ändert nichts an der Grundaussage "materielle Schäden reparieren - JA".
So weit würde ich nicht gehen, aber unter gewissen Umständen sind psychische Schäden heute heilbar.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#2115 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Anton B. » Mo 9. Nov 2015, 18:02

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Bzw. bestehst darauf, die Methoden zum Wissenserwerb könnten einen Gott in der Realität nicht ausschließen.
Das ist aber doch logisch: Wahrnehmungs-Methodik hat keinen Einfluss darauf, ob Gott in der Realität "ist" oder nicht. - Es sind einfach zwei völlig disparate Dinge.
Es ist logisch, wenn auf der Setzung einer Realität logische Konstrukte erbaut werden.

Die Existenz von "Realität" ist aber weder logisch, noch sonst irgendwie wirklich begründet. So, wie Du es sagst, ist es überhaupt nicht logisch.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Fakt ist, Gott bekommt, wie alles andere Wissen, erst mit den entsprechenden Begründungen im "Wissen" Kontur.
Moment - um ganz genau zu sein: Es ist nicht Gott, der Kontur bekommt, sondern unser Wissen (ich würde lieber sagen: unsere Vorstellung) bekommt Kontur.
Weil Du einfach so eine Realität setzt und dann vertrittst, das "Wissen" solle die Realität nachkonturieren. Da "Realität" aber keine Begründungsbasis hat, ist es nur wieder Deine eigene Position.

Kannst Du eigentlich als Botschafter der "Realität" mehr tuen, als sie einfach "setzen"?
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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#2116 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Mo 9. Nov 2015, 20:11

SilverBullet hat geschrieben:Der Begriff „Existenz“ bedeutet „das, was vom Wahrnehmungssystem als vorhanden eingeschätzt wird“
Es könnte also Realität geben, die nicht als Existenz bezeichnet werden darf. - Findest Du das befriedigend?

SilverBullet hat geschrieben:Dies zeigt sich auch, wenn du die Erscheinung von „Harvey“ klar als nicht existent einschätzt, während du die Erscheinung der „2000 Jahre alten Jungfrau Maria“ für möglich hältst.
Das sind Glaubensfragen - nach dem Muster: Welche formal mögliche Existenz/Realität könnte tatsächlich Exstenz/Realität sein?

SilverBullet hat geschrieben:Da du dich nicht von Wahrnehmung trennen kannst, kannst du damit keinerlei unabhängige Existenzaussagen machen.
Also wäre Nicht-Wahrnehmbares automatisch nicht-existent? - Wären alle Menschen blind: Wäre dann der Mond nicht-existent?

SilverBullet hat geschrieben:Du kannst nur Kriterien für den Umgang mit Wahrnehmung aufstellen, mehr nicht.
Ja und? - Und was ist mit dem, wofür ich keine Kriterien aufstellen kann, das aber real ist?

SilverBullet hat geschrieben:Korrekt, denn anstatt eines „Ich“ kann man nur ein aktives Gehirn beobachten
Wenn ich bei Dir vorbei kommen würde und sagen würde "Ich bin Closs". - Würdest Du mich dann erst mal zur Sicherheit in ein Forschungszentrum zwecks Nachprüfung meiner Aussage "Ich" schicken?

SilverBullet hat geschrieben:Aus meiner Sicht ja, denn das „Ich“ soll etwas anderes sein, als der materielle/physikalische Körper (die berühmte Nicht-XXXX-Strategie).
"Anderes" ist falsch. - Es geht bei Descartes darum, dass das "Ich" prinzipiell nicht wissen kann, ob sein Körper real ist oder Täuschung.

SilverBullet hat geschrieben:denn die Anhänger dieser Idee kümmern sich offenbar nicht um einen Nachweis und auch nicht um das Gehirn, das nachgewiesen ist.
Ist das nicht eine logische Frage und keine wissenschaftliche? - Was hat das mit "Nachweis" zu tun?

Falsifiziere, dass Du mit Dir wahrnimmst.

SilverBullet hat geschrieben:denn es sieht immer doof aus, wenn man am Ende nur etwas Anderes vorfindet
Ich versuche ja weitestgehend auf Deine (wahrscheinlich modernen) Gedankengänge einzugehen: Aber manchmal reicht sogar das nicht.

Wenn man DEIN Gehirn vorfindet: Wer außer Dir könnte damit wahrnehmen?

SilverBullet hat geschrieben:Ich kann keine Vorstellung aufbauen.
Das ist ein methodisches Problem. - Meinst Du, dass sich Realität darum schert, ob wir methodische Probleme haben?

SilverBullet hat geschrieben:ch habe keine Vorstellung von dem, was du „Geist“ nennst. Ich habe keine Vorstellung welche „Kategorie“ du „Geist“ zuordnest.
Und Du sagst mir, Descartes sei ego-orientiert.

Aber wahrscheinlich kommen wir hier auf dem Punkt. - Ich Christlichen (ich transponiere es einmalö dorthin) geht es NICHT darum, ob jemand einem nachweisen kann oder einer erkennen kann, was "Ich" bin oder geistig erkenne, sondern es geht darum, dass man es selber erkennt. - Streng genommen ist das Christentum eine Veranstaltung zwischen Mensch und Gott - woraus allerdings dann das Gebot entsteht "Liebe Deinen Nächsten". - Aber eben "woraus" - aus "etwas - nämlich dem Erkenntnisstand des Menschen in Bezug auf Gott.

Der Materialismus ist eher primär "publikums-orientiert": "Wie kann dieses oder jenes intersubjektiv nachweisen?". - Keine Kritik, aber etwas anderes.

Insofern kommen ich aufgrund Deiner Anregungen tatsächlich zum Schluss: Es ist buchstäblich DEIN Problem, ob Du Vorstellungen hast oder nicht. - In dem Moment, wo es "da" ist, hat sich diese Frage eh erledigt.

SilverBullet hat geschrieben:In meiner Vermutung ist ausschliesslich das aktive Gehirn notwendig, damit es zu den Bewusstseinszusammenhängen kommt.
So weit sind wir erstmal nicht auseinander - auch unter geistigen Gesichtspunkten wird im Daseins-Leben das Hirn als Werkzeug gebraucht, um Bewusstseinszusammenhänge herzustellen. - Die "geistige Fraktion" braucht dasselbe Gehirn genauso wie es die "materialistische Fraktion" braucht.

SilverBullet hat geschrieben:Dieser Aktivität besteht aus meiner Sicht rein aus materiell/physikalischen Abläufen.
Die Abläufe sind materiell/physikalisch - auch für mich. - Die Gretchenfrage bleibt:

Entsteht das Gehirn, weil es einen Geist gibt - oder entstecht der Geist, weil es ein Gehirn gibt.

SilverBullet hat geschrieben:Wenn jemand eine Vorstellung von „Harvey“ hat, kann es dann „Harvey“ geben?
Es kann ihn auch ohne Vorstellung geben, weil die Vorstellung eine Wahrnehmungs-Größe und die Existenz eine Seins-Größe ist. - Dasselbe gilt für Gott.

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#2117 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Mo 9. Nov 2015, 20:18

Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Vom cartesianischen Dualismus habe ich gar nicht gesprochen. Dein Link betraf den Universalienstreit.
Der Universalienstreit ist eine Neben-Baustelle.
Es ging und geht hier schon lange um den Geist/Körper-Dualismus.Ob du es kindisch findest oder nicht ist hier nicht Thema. Er wurde durch die Physik falsifiziert.
Ich kann Dir Deine Überzeugung sowieso nicht nehmen. Glaub es, wenn Du nicht anders kannst.

Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Sieht für mich eher so aus, als gingen dir die Argumente aus und du die Tatsache nicht wahr haben willst, dass der cartesianische Dualismus tot ist.
Ich bin kein Mensch, dem die Argumente je ausgehen können, weil ich keine Ideologie habe.
Aha! :o :roll:

Nun hast du die Chance, die Fülle deine sachdienlichen Argumente anzuführen. ;)
Habe ich längst gemacht. Aber Du willst ja nur spielen und keine posts lesen.

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#2118 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Mo 9. Nov 2015, 21:06

Pluto hat geschrieben: Wenn Jemand eine Vorstellung von Punuckl hat, kann es Pumuckl als Realität geben?
Auch ohne Vorstellung kann es das - wobei diese Anmerkung bei Pumuckl theoretischer Natur ist - aber wir wollen ja diszipliniert sein.

In Bezug auf Gott ist diesbezüglich auffällig, dass alle menschlichen Kulturen sich mit "sowas" beschäftigen (für Pumuckl gilt das nicht). - Es wäre aus meiner Sicht eine überraschende Fehlleistung der Evolution, wenn nichts dran wäre.

Pluto hat geschrieben:Aber ja doch.
Wie bitte? - Man muss nur nichts wissen, und schon kann man etwas falsifizieren?

Pluto hat geschrieben:Aber es gibt noch mehr Gründe, nicht an einen Dualismus zu glauben, und zwar der erste Hauptsatz der Thermodynamik.
Nach wie vor gehe ich davon aus, dass bei Ryle ein spezielles Verständnis von "Dualismus" vorliegt.

Pluto hat geschrieben:Die Schnittstelle.
Verstehe einmal das Daseins-Leben nach Deinem Modell (untrennbare Verbindung von Geist und Materie) - wo wäre da die Schnittstelle? - Da braucht es keine, wirst Du sagen. - Vielleicht ist es ja beim geistigen Modell (aufs Dasein bezogen) genauso.

Pluto hat geschrieben:Welche Hinweise siehst du denn konkret für einen Rückschritt?
Der Perspektiven-Wechsel. - Von top-down zu bottom-up.

Um es in einem sehr einfachen und sicherlich nicht perfekten, aber sehr praktischen Beispiel der Gegenwart zu zeigen:
Auch früher hat ein erfahrener Personaler Zeugnisse und Lebenslauf angeguckt - aber interessiert hat ihn der Mensch, der vor einem stand:
* Wie tickt er?
* Welchen Eindruck macht er?
* Wie wirkt er nach außen?
* Was sagt meine Lebenserfahrung?
* etc.
Das ist top-down.

Heute müssen Kandidaten zum Teil furchtbar idiotische Tests machen, zu denen es dann schon wieder Coaches gibt, die zu den Leuten sagen, welche Verhaltensmuster sie in den Tests zeigen sollen. - Dafür gibt es Punkte, weil das nach "objektiv" aussieht. - Am Ende wird der Punkt-Beste ausgewählt und der heutige Personaler sichert sich damit ab, weil er im Fall eines Versagens des Eingestellten seine Hände in Unschuld waschen kann ("Es war objektiv der/die BEste"). - Würde er persönlich zu einem anderen Ergebnis kommen als der Test, würde er inzwischen mit eigener Wahrscheinlichkeit sagen: "So kann man sich täuschen" (statt zu sagen: "Was sind das für beschissene Tests.
Das ist bottom-up. - Und das ist aus meiner Sicht "Rückschritt".

Nun ist das nicht gerade ein sehr philosophisches Beispiel - aber das macht gar nichts, denn: Paradigmenwechsel im Denken nisten sich mit der Zeit überall ein.

Im Großen könnte man verallgemeinert anführen, dass der Mensch überhaupt keine eigene Urteils-Fähigkeit schult, weil er auf Modell-Objektivität (die ja auch höchst subjektiv insofern ist, dass es nur ein Modell ist) setzt statt auf die innere Stimme.

Pluto hat geschrieben: Woher kommt diese Wissen, wenn Wahrnehmung tatsächlich nichts mit der Realität zu tun hat?
Tut sie selbstverständlich. - In technischen Fragen (im weiteren Sinne des Wortes) ist die Naturwissenschaft nach wie vor unschlagbar - daran will auch die "geistige Fraktion" nichts geändert sehen.

Pluto hat geschrieben:Warum braucht der Geist so ein komplexes Organ wie das Gehirn, wenn Letzteres nur Befehle empfangen und weiterleiten soll?
Nein - Materie kann doch selber beseelt sein - sie macht alles selbst, weil sie es aufgrund ihrer Beseelung kann. - Ich glaube nicht, dass der Satz "Liebe Deine Feinde" mechanistisch programmierbar ist (zumal er eh der Evolutions-Theorie widerspricht) - da liegt die Annahme einer (universal tickenden) Seele für viele näher.

Pluto hat geschrieben:So weit würde ich nicht gehen, aber unter gewissen Umständen sind psychische Schäden heute heilbar.
Natürlich - und das ist auch unter geistigen Gesichtspunkten ein Fortschritt. - Jetzt müsste man allerdings in die Frage differenzierend einsteigen, ob eine psychische Störung exogen, reaktiv oder endogen bedingt ist - die Antworten wären dementsprechen unterschiedlich.

closs
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#2119 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Mo 9. Nov 2015, 21:17

Anton B. hat geschrieben:Die Existenz von "Realität" ist aber weder logisch, noch sonst irgendwie wirklich begründet.
Moment: Es ist logisch, dass man sie nicht ausschließen war - das war mein Satz. - Denn könnte man sie ausschließen, hieße dies im Umkehrschluss, dass man alles erkennt, was Realität sein kann. - Und das wird kaum jemand behaupten.

Anton B. hat geschrieben:Da "Realität" aber keine Begründungsbasis hat, ist es nur wieder Deine eigene Position.
Wenn das einer von der "geistigen Fraktion" sagen würde, wäre das erste Wort, das fiele: "Du Esoteriker".

Außerdem scheint es hier immer wieder dasselbe Missverständnis zu geben:
Ich behaupte nicht, dass ich wüsste, was Realität sei, sondern dass Realität unabhängig von Wahrnehmung ist. - Mehr nicht.

Aber allein diese Behauptung scheint angezweifelt zu werden, was mich sehr, sehr wundert. - Und wenn das Wort "Realität" schlecht gewählt wäre, sagen wir halt: "Das, was ist, ist unabhängig davon, ob wir es wahrnehmen (können)". - Mehr nicht.

Aber allein dieser Satz kollidiert mit Weltanschauungen, die Poppers methodische Irrelevanz des Nicht-Wahrgenommenen zu einer philosophischen/ontologischen Irrelevanz machen - im Sinne von: "Kennen wir nicht - gibt's nicht".

Anton B. hat geschrieben:Kannst Du eigentlich als Botschafter der "Realität" mehr tuen, als sie einfach "setzen"?
Eigentlich meine ich, ist schon viel getan, wenn man sie nicht als abhängige Größe von Wahrnehmung darstellt. - Nötig scheint es zu sein.

Außerdem: Was soll man "mehr" tun, wenn in diesem Stadium überhaupt noch nicht die Rede davon ist, um WELCHE konkrete Realität es gehen soll? - Soweit sind wir doch noch gar nicht. - Nach 200 Seiten. :lol:

Anton B.
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#2120 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Anton B. » Mo 9. Nov 2015, 22:10

closs hat geschrieben:Ich behaupte nicht, dass ich wüsste, was Realität sei, sondern dass Realität unabhängig von Wahrnehmung ist. - Mehr nicht.

Aber allein diese Behauptung scheint angezweifelt zu werden, was mich sehr, sehr wundert. - Und wenn das Wort "Realität" schlecht gewählt wäre, sagen wir halt: "Das, was ist, ist unabhängig davon, ob wir es wahrnehmen (können)". - Mehr nicht.
Dich wundert das. Klar, weil es für Dich selbstverständlich ist. Aber begründen kannst Du es nicht.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Kannst Du eigentlich als Botschafter der "Realität" mehr tuen, als sie einfach "setzen"?
Eigentlich meine ich, ist schon viel getan, wenn man sie nicht als abhängige Größe von Wahrnehmung darstellt. - Nötig scheint es zu sein.
Nötig wäre, dass Du mal nicht etwas im Sinne von behaupten "darstellst", sondern etwas vernünftig begründest.

closs hat geschrieben:Außerdem: Was soll man "mehr" tun, wenn in diesem Stadium überhaupt noch nicht die Rede davon ist, um WELCHE konkrete Realität es gehen soll? - Soweit sind wir doch noch gar nicht. - Nach 200 Seiten. :lol:
Du hast uns jetzt hier so lange mit Deiner "Realität" traktiert. Bitte tu' uns den kleinen Gefallen und begründe vernünftig die Existenz von "Realität"!
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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