Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
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Savonlinna
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#2101 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Mo 9. Nov 2015, 12:41

Pluto hat geschrieben: Der zweite Teil, mit der Analogie eines Stücks Wachs belegt nur sein oberflächliches, von der Alchemie geprägten Wissens seiner Zeit. Heute kennen wir die Gesetze und Prozesse die zu Zustandsänderungen von Materie führen sehr viel besser.
Hier, Pluto, hast Du Descartes möglicherweise nicht verstanden. Er liefert da die Neubegründung der Wissenschaft.
Gerade die Stelle mit dem Wachs habe ich da ein paar Mal durchgelesen.
Er sagt: Egal, welche Form das Wachs hat: es ist das Denken, das erklärt, dass es unabhängig von der Form "Wachs" sei.
Und das ist bis heute in der Wissenschaft gültig: wir "definieren" Wachs, mit Hilfe des Verstandes.
Was Descartes nicht sagt, was ich daraus aber schlussfolgere: dass Wachs, wenn es verbrannt ist, nicht mehr als "Wachs" bezeichnet wird. Der Verstand würde es nicht mehr als Wachs bezeichnen.

closs hat geschrieben:Hätte man Descartes heute nicht vergessen, stünden wir erkenntnis-theoretisch woanders. - Unsere Zeit ist hinter Descartes und (in anderem Kontext) hinter Hiob zurückgefallen.
Welche Aussagen macht Descartes Deiner Meinung nach, die man "heute" vergessen hat?

closs hat geschrieben:Mich würde wirklich interessieren, wie man seine geistigen Aussagen widerlegen könnte. - Durch Physik??????
Welche geistigen Aussagen macht Descartes denn?
Wenn Du meinst, man kann sie nicht widerlegen, müsste man erst mal beschreiben, welche er macht.

Pluto hat geschrieben: Der Dualismus ist tot. — Ende der Diskussion.
Deine Weltanschauung versteht unter Monismus offenbar: der Materialismus hat den Idealismus eingesackt.
Das ist Wunschdenken. Beide sind nach wie vor dualistisch vorhanden.
Die Alternative wäre in meinen Augen eine Verbindung von beiden. Das ist aber eine reine philosophische Fragestellung.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Halten wir fest, der Vortrag ist gut, hat aber mit Dualismus nichts zu tun.
Ich meine eh, dass die Kernaussagen von Descartes nichts mit Dualismus zu tun haben - oder anders gesagt: Ich habe nie kapiert, welcher Dualismus widerlegt sein soll.

Wie interpretierst Du die beiden Kategorien "Ich bin " und "Anders andere könnte Täuschung sein". ---- Fällt das für Dich unter "Dualismus"?
Die Täuschung, von der Descartes spricht, wird von ihm ja nicht wirklich behauptet. Er weiß ja, dass es da keine Täuschung gibt.
Sein Grundgedanke ist:
Ich tu mal so, als ob es einen bösen Geist gibt, der mich darin täuscht, dass es Baum, Stein, Wachs, Irrtum gibt. Was bleibt dann übrig?
Übrig bleibt: man selber habe dennoch ein Bewusstsein davon, dass es das alles gibt. Egal also, ob es Täuschung ist: es muss jemand da sein, dem diese Täuschung widerfährt, und das ist die Person, die getäuscht wird.
Es ist die "mens", die "cogitatio" - das Denken, dass das alles existiert -, von der man nicht abstrahieren kann.

Darauf wollte Descartes hinaus, weil er die Wissenschaft neu begründen wollte.
Ein wenig erinnert mich seine Haltung an Husserl und dessen Phänomenologie.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn es jedoch auch nur prinzipiell möglich ist, dass der Geist und der Körper getrennt voneinander existieren, so können sie nicht identisch sein. Also muss es einen immateriellen Geist geben.
Pluto hat geschrieben:Du irrst, denn wie schon Münek schrieb, ist das die zentrale These von Descartes in seinen Mediationes de prima philosophia.
Ich glaube nicht, dass Descartes meint, dass der Körper ohne Geist leben kann.
Richtig. Descartes spielt nur einen methodischen Täuschungsgedanken durch, um die Arbeit des Denkens zu erkennen und zu beschrieben.

closs hat geschrieben:Nach meinem Verständnis meint Descartes folgendes:
Man muss die "Res cogitans" (das denkende Ich) dualistisch getrennt sehen von dem, was sie zurecht oder zu unrecht glaubt wahrzunehmen ("Res extensa"). - Insofern ist die "Res cogitans" sicher ("Cogito"), aber bereits das nicht sicher, was man sieht, wenn man an sich runter-guckt und seinen Bauch, Arme und Beine wahrnimmt. - Die körperliche Welt könne also "Illusion" sein, weil sie Produkt des "Cogito" ("Geist") ist.
"Res cogitans" heißt übersetzt nicht "das denkende Ich", sondern "die denkende Sache" oder "das Denkvermögen".
Weiterhin: Descartes ist sich sehr wohl sicher, dass vieles, was er wahrnimmt, auch so existiert, wie er es wahrnimmt.
Er tut nur so, als sei das unsicher - damit er herauspräparieren kann, dass auf jeden Fall an einer Sache nicht gezweifelt werden kann: dass man selber davon überzeugt ist, dass das alles existiert.

closs hat geschrieben:DA ist die Trennung zwischen Körper und Geist. - Aber sicherlich nicht darin, dass der Körper unabhängig vom Geist lebensfähig sein könnte. - Meint Ihr, dass Descartes so verstanden wird? - Münek, Pluto und Closs laufen als Körper rum .... dann kommt lang nichts .... und dann "Ach so - sie könnten auch noch Geist sein - aber das juckt die körperlich Existenz nicht". ---- Meint Ihr wirklich, die Rezeption versteht Descartes SO?
Ganz sicher nicht. Die "Meditationen" sind da auch ganz eindeutig.

closs hat geschrieben:WENN das so wäre, dass man es so sieht (was aus meiner Sicht hochgradig albern wäre), dann verwunderte es nicht, dass es falsifizierbar ist. - Es wäre aber ein Spiegelgefecht, weil dies weder mit Christentum noch mit Descartes zu tun hätte (es sei denn, er hätte einen Ultra-Aussetzer gehabt, was ich mir in BEtracht seiner sonstigen SChriften - siehe den eingestellten Vortrag - nicht vorstellen kann).
Genau. Er hatte keinen Ultra-Aussetzer.

Ich hab ja schon mal weiter oben aus der "Übersicht" der Meditationen zitiert, bringe das nun noch mal:

Savonlinna hat geschrieben:Zur Frage der Täuschung schreibt Descartes in seiner den "Meditationen" vorgeschalteten "Übersicht" ("Synopsis") bezüglich der sechsten Meditation:
Descartes hat geschrieben:[...] Es werden alle Irrtümer der sinnlichen Wahrnehmung aufgezählt und zugleich die Mittel dargelegt, durch die man sie vermeiden kann, und schließlich alle Gründe vorgebracht, aus denen man auf das Dasein der materiellen Dinge schließen kann; nicht als ob ich sie für sehr nützlich hielte, um ebendas zu beweisen, was sie beweisen, nämlich dass es in der Tat eine Welt gibt, dass die Menschen Körper haben und dergleichen, woran niemals jemand mit gesundem Menschenverstand (nemo unquam sanae mentis) gezweifelt hat, sondern weil man bei der Erwägung dieser Gründe erkennt, dass sie nicht so fest und klar sind, wie die, durch die man zur Erkenntnis unseres Geistes und Gottes gelangt [...]

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#2102 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Mo 9. Nov 2015, 13:15

Savonlinna hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Der Dualismus ist tot. — Ende der Diskussion.
Deine Weltanschauung versteht unter Monismus offenbar: der Materialismus hat den Idealismus eingesackt.
Nein. Der Nominalismus hat den Realismus eingesackt, und schon vor langer Zeit, wie wir wissen. https://de.wikipedia.org/wiki/Universalienproblem

Der cartesianische Dualismus wurde durch den ersten Satz der Thermodynamik (Unmöglichkeit eines Perpetuum Mobile) "eingesackt". Das will Manchen einfach nicht einleuchten, ist aber so. Wer's nicht glaubt kann ja mal versuchen zu erklären, woher der Geist seine Energie zur Steuerung des Körpers nimmt.

Savonlinna hat geschrieben:Das ist Wunschdenken. Beide sind nach wie vor dualistisch vorhanden.
Das Wunschdenken liegt bei denen die nicht wahrhaben wollen, dass die menschliche Seele sterblich sein könnte.

Savonlinna hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass Descartes meint, dass der Körper ohne Geist leben kann.
Richtig. Descartes spielt nur einen methodischen Täuschungsgedanken durch, um die Arbeit des Denkens zu erkennen und zu beschrieben.
Er glaubte, so verstanden ihn jedenfalls seine Anhänger und Kritiker gleichermaßen, an eine vom Körper unabhängigen Seele. Sein Dualismus war ein Modell, wie die Kommunikation zwischen Beiden funktionieren könnte. Leider war sein Verständnis von Physik nicht so weit, sonst hätte er vermutlich selbst seine These verworfen, und es wäre vielen tausend Menschen unsägliches Leid erspart geblieben.

Savonlinna hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Meint Ihr wirklich, die Rezeption versteht Descartes SO?
Ganz sicher nicht. Die "Meditationen" sind da auch ganz eindeutig.
Natürlich besitzt jeder (normale und gesunde) Mensch ein Bewusstsein. Das wurde auch niemals bestritten.

Savonlinna hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Es wäre aber ein Spiegelgefecht, weil dies weder mit Christentum noch mit Descartes zu tun hätte (es sei denn, er hätte einen Ultra-Aussetzer gehabt, was ich mir in BEtracht seiner sonstigen SChriften - siehe den eingestellten Vortrag - nicht vorstellen kann).
Genau. Er hatte keinen Ultra-Aussetzer.
Stimmt. Descartes hatte keine solchen "Aussetzer".
Wie sich 300 Jahre später herausstellte, hat er einfach auf das falsche "Pferd" (Modell des Menschen) gesetzt und verloren. Irren ist menschlich.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#2103 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Mo 9. Nov 2015, 13:56

Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Der Dualismus ist tot. — Ende der Diskussion.
Deine Weltanschauung versteht unter Monismus offenbar: der Materialismus hat den Idealismus eingesackt.
Nein. Der Nominalismus hat den Realismus eingesackt, und schon vor langer Zeit, wie wir wissen. https://de.wikipedia.org/wiki/Universalienproblem
Egal, wie viel Du "nur spielen" willst oder im Ernst glaubst, dass philosophischer Dualismus durch irgendwelche naturwissenschaffliche Fakten widerlegt werden kann:
mir ist das zu kindisch, um darauf noch einzugehen.

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#2104 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Mo 9. Nov 2015, 14:14

Savonlinna hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Deine Weltanschauung versteht unter Monismus offenbar: der Materialismus hat den Idealismus eingesackt.
Nein. Der Nominalismus hat den Realismus eingesackt, und schon vor langer Zeit, wie wir wissen. https://de.wikipedia.org/wiki/Universalienproblem
Egal, wie viel Du "nur spielen" willst oder im Ernst glaubst, dass philosophischer Dualismus durch irgendwelche naturwissenschaffliche Fakten widerlegt werden kann:
mir ist das zu kindisch, um darauf noch einzugehen.

Nachtrag:
In den von Dir verlinktem Wikipedia-Artikel steht unter anderem:

Wikipedia hat geschrieben: Das Grundproblem wird in abgewandelter Form auch in der Gegenwart erörtert. So beschäftigt sich die Sprachphilosophie mit der Frage, ob Eigenschaften („Röte“) und Klassen („Lebewesen“) eigenständig existieren. In der Philosophie der Mathematik wird darüber diskutiert, ob logische Klassen, Zahlen, Funktionen eine eigenständige Existenz haben, was im Platonismus beziehungsweise im semantischen Realismus bejaht wird. Abgelehnt wird diese Sicht von Vertretern der konstruktiven Mathematik und des Intuitionismus. Während Peirce, Husserl, Russell und in der jüngeren Zeit David Armstrong einen Universalienrealismus vertraten, zählen Wittgenstein, Carnap, Quine, Strawson, Nelson Goodman oder Wilfrid Sellars zu den Vertretern eines Nominalismus. Der zeitgenössische Soziologe Pierre Bourdieu nimmt Aspekte des Realismus und des Nominalismus in seine Theorie auf und versucht, beide Anschauungen miteinander zu verbinden.

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#2105 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Mo 9. Nov 2015, 14:20

Savonlinna hat geschrieben: Die Wissenschaft macht nicht die Setzung, dass unsere Welt real ist. Sie ist real für jedermann.
Moment: Das sind aber zwei paar Stiefel:

Du meinst damit, dass für den Menschen alles real ist, was er erlebt - richtig? - Wenn ja: Zustimmung. - Die Naturwissenschaft sagt, nur das intersubjektiv Nachweisbare sei real. - Das ist etwas anderes.

Savonlinna hat geschrieben: Es gäbe objektiv keinen Unterschied, ob man das eine oder das andere glaubt.
Von dem, was ich "Sein" nenne, wäre es selbstverständlich kein Unterschied. - Meine Aussage war aber:
Savonlinna hat geschrieben: Aber es wäre objektiv schon ein Unterschied, ob das Wahrgenommene mit einem stirbt oder nach dem eigenen Tod noch existiert.

Savonlinna hat geschrieben:Ich vermute eher, dass man sich selber auf diese Weise überzeugen will und darum so verzweifelt an diesen Konstrukten hängt.
Lass uns die Logik abschaffen???

Man muss/sollte ja nicht verkopft leben - aber WENN schon rum-philosophiert wird (und genau das passiert, wenn der Naturalist sagt, seine Weltanschauung käme ohne Setzung aus, (bspw.) das Christentum aber nicht, dann muss man schon mal klarstellen, dass dies nicht richtig ist. - Und da ist Descartes als Testimonial gut geeignet - der ja übrigens für "Aufklärung" steht.

Savonlinna hat geschrieben:Welche Aussagen macht Descartes Deiner Meinung nach, die man "heute" vergessen hat?
Eben die gerade angesprochene: Außer dem "Cogito" gibt es keine Erkenntnis ohne Prämisse.

Wenn Du jetzt sagen solltest, dass man das heute sehr wohl wisse, glaube ich Dir das - jedoch ändert dies nichts daran, dass die Gesellschaft gegenteilig formatiert wird.

Savonlinna hat geschrieben:Welche geistigen Aussagen macht Descartes denn?
Außer dem "Cogito" gibt es keine Erkenntnis ohne Prämisse. (Ich weiss, dass er es wörtlich NICHT so sagt - aber er sagt es inhaltlich so)

Savonlinna hat geschrieben:Die Alternative wäre in meinen Augen eine Verbindung von beiden. Das ist aber eine reine philosophische Fragestellung.
Das wäre die christliche Version - Stichwort: "Geistleib".

Savonlinna hat geschrieben:Er weiß ja, dass es da keine Täuschung gibt.
Nein - er glaubt es - ist sich dessen gewiss. - "Wissen" tut er es nicht - und das sagt er auch (siehe Vortrag via Halman). - Er zweifelt nicht daran, dass es so ist.

Savonlinna hat geschrieben:Ich tu mal so, als ob es einen bösen Geist gibt, der mich darin täuscht, dass es Baum, Stein, Wachs, Irrtum gibt. Was bleibt dann übrig?
Übrig bleibt: man selber habe dennoch ein Bewusstsein davon, dass es das alles gibt. Egal also, ob es Täuschung ist: es muss jemand da sein, dem diese Täuschung widerfährt, und das ist die Person, die getäuscht wird.
Genau so.

Savonlinna hat geschrieben: Descartes ist sich sehr wohl sicher, dass vieles, was er wahrnimmt, auch so existiert, wie er es wahrnimmt.
Richtig - es liegt ihm komplett fern, so etwas Ähnliches wie eine "esoterische" Richtung einzuschlagen. - Er will einfach nur sagen: "Leute, wenn Ihr grundlegend denkt, ist nur das "Cogito" prämisse-frei wissbar - Alles andere ist wissbar nur unter der Prämisse, dass man nicht getäuscht wird - denn selbst wissen, ob man getäuscht wird oder nicht, kann man nicht (Münchhausen).

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#2106 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Mo 9. Nov 2015, 14:35

Pluto hat geschrieben: Der Nominalismus hat den Realismus eingesackt, und schon vor langer Zeit, wie wir wissen. https://de.wikipedia.org/wiki/Universalienproblem
Nein - der Nominalismus hat sich lediglich durchgesetzt, weil die Zeit so war. - Andererseits gibt es auch heute noch Platoniker und Christen, die das ganz anders sehen - es ist kein "Fortschritt", sondern lediglich die Durchsetzung einer Weltanschauung.

Pluto hat geschrieben:Der cartesianische Dualismus wurde durch den ersten Satz der Thermodynamik (Unmöglichkeit eines Perpetuum Mobile) "eingesackt".
Auch das ist nicht korrekt. - Korrekt wäre: Eine bestimmte Interpretation von Decartes wurde eingesackt - das vermutlich zu Recht (das glaube ich unbesehen). - Aber das erkenntnis-theoretische Modell von Descartes ("Res cogitans"/"Res extensa") wurde nicht eingesackt - wie sollte das gehen?

Pluto hat geschrieben:Das Wunschdenken liegt bei denen, die nicht wahrhaben wollen, dass die menschliche Seele sterblich sein könnte.
Das ist aus menschlicher Wahrnehmungs-Sicht vollkommen offen. - Beides ist möglich.

Pluto hat geschrieben:Er glaubte, so verstanden ihn jedenfalls seine Anhänger und Kritiker gleichermaßen, an eine vom Körper unabhängigen Seele.
Das tun Christen ebenso - aber doch nicht zur Zeit unserer "natürlichen" Existenz. - Unterm Strich ist mein Eindruck, dass ein falsches Verständnis falsifiziert wurde.

Pluto hat geschrieben:Wie sich 300 Jahre später herausstellte, hat er einfach auf das falsche "Pferd" (Modell des Menschen) gesetzt und verloren.
WAS hätte sich herausgestellt? - Selbst wenn sich Descartes in manchen Dingen getäuscht hat ("Zirbeldrüse"), sind doch seine grundlegenden Aussagen nicht falsifiziert.

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#2107 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Mo 9. Nov 2015, 14:51

Savonlinna hat geschrieben:Egal, wie viel Du "nur spielen" willst oder im Ernst glaubst, dass philosophischer Dualismus durch irgendwelche naturwissenschaffliche Fakten widerlegt werden kann:
mir ist das zu kindisch, um darauf noch einzugehen.
Du meinst dies sei ein Spiel?
Sieht für mich eher so aus, als gingen dir die Argumente aus und du die Tatsache nicht wahr haben willst, dass der cartesianische Dualismus tot ist.

Descartes war einer der frühesten Wissenschaftler; er war vor allem ein begnadeter Mathematiker.
Seinen Dualismus hat er als wissenschaftliche Erklärung für den "Geist in der Maschine" propagiert. Seine Theorie war sehr überzeugend... so überzeugend, dass es immer noch Anhänger gibt, die den Gedanken einer vom Körper unabhängigen Seele nicht aufgeben wollen.

Leider wurde Descartes' Theorie von Gilbert Ryle (in seinem Hauptwerk "The Philosophy of Mind" -1949) falsifiziert weil der Dualismus den ersten Satz der Thermodynamik verletzt. So gut hatte Descartes seine Theorie "verkauft", dass es leider noch 50 Jahre dauerte, bis die Meisten von Descartes' Befürwortern überzeugt waren.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#2108 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von NIS » Mo 9. Nov 2015, 14:57

Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Egal, wie viel Du "nur spielen" willst oder im Ernst glaubst, dass philosophischer Dualismus durch irgendwelche naturwissenschaffliche Fakten widerlegt werden kann:
mir ist das zu kindisch, um darauf noch einzugehen.
Du meinst dies sei ein Spiel?
Sieht für mich eher so aus, als gingen dir die Argumente aus und du die Tatsache nicht wahr haben willst, dass der cartesianische Dualismus tot ist.

Descartes war einer der frühesten Wissenschaftler; er war vor allem ein begnadeter Mathematiker.
Seinen Dualismus hat er als wissenschaftliche Erklärung für den "Geist in der Maschine" propagiert. Seine Theorie war sehr überzeugend... so überzeugend, dass es immer noch Anhänger gibt, die den Gedanken einer vom Körper unabhängigen Seele nicht aufgeben wollen.
Ich lieb Dich, Pluto! ;) :thumbup:
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#2109 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Mo 9. Nov 2015, 15:04

Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Egal, wie viel Du "nur spielen" willst oder im Ernst glaubst, dass philosophischer Dualismus durch irgendwelche naturwissenschaffliche Fakten widerlegt werden kann:
mir ist das zu kindisch, um darauf noch einzugehen.
Du meinst dies sei ein Spiel?
Da Du selber gesagt hast, dass Du gerne spielst, habe ich darauf verzichtet, das unterscheiden zu wollen.

Sieht für mich eher so aus, als gingen dir die Argumente aus und du die Tatsache nicht wahr haben willst, dass der cartesianische Dualismus tot ist.
Ich bin kein Mensch, dem die Argumente je ausgehen können, weil ich keine Ideologie habe. Ich habe halt Philosophie studiert und möchte einfach nur den Stand der Dinge wissen. Und die Vermischung von Naturwissenschaft und Philosophie ist halt kindisch, darauf gehe ich gar nicht ein.
Vom cartesianischen Dualismus habe ich gar nicht gesprochen. Dein Link betraf den Universalienstreit.

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#2110 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Mo 9. Nov 2015, 16:30

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Der Nominalismus hat den Realismus eingesackt, und schon vor langer Zeit, wie wir wissen. https://de.wikipedia.org/wiki/Universalienproblem
Nein - der Nominalismus hat sich lediglich durchgesetzt, weil die Zeit so war.
Der Realismus wie auch die Ideenlehre (dass unsere Vorstellungen real sind) wurde als falsch erwiesen. Ich sehe keinen Ansatz der den Realismus wieder aufkommen ließe. Im Gegenteil, im Laufe des 19. u. 20 Jahrhunderts hat sich der Nominalismus immer mehr durchgesetzt.

closs hat geschrieben: Aber das erkenntnis-theoretische Modell von Descartes ("Res cogitans"/"Res extensa") wurde nicht eingesackt - wie sollte das gehen?
Sehr einfach: Die "res cogitans" hat keine erkennbare Verbindung zur "res extensa". Das ist natürlich falsifizierbar

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das Wunschdenken liegt bei denen, die nicht wahrhaben wollen, dass die menschliche Seele sterblich sein könnte.
Das ist aus menschlicher Wahrnehmungs-Sicht vollkommen offen. - Beides ist möglich.
Nein, denn der Geist/Seele Dualismus wurde widerlegt. Wenn Körper und Geist als untrennbare Einheit gesehen werden, so kann das Eine nicht ohne das andere existieren; ergo stirbt die Seele mit dem Körper.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Er glaubte, so verstanden ihn jedenfalls seine Anhänger und Kritiker gleichermaßen, an eine vom Körper unabhängigen Seele.
Das tun Christen ebenso - aber doch nicht zur Zeit unserer "natürlichen" Existenz. - Unterm Strich ist mein Eindruck, dass ein falsches Verständnis falsifiziert wurde.
So kommen wir wieder zur Frage: Was existiert in der Wirklichkeit?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wie sich 300 Jahre später herausstellte, hat er einfach auf das falsche "Pferd" (Modell des Menschen) gesetzt und verloren.
WAS hätte sich herausgestellt? - Selbst wenn sich Descartes in manchen Dingen getäuscht hat ("Zirbeldrüse"), sind doch seine grundlegenden Aussagen nicht falsifiziert.
Der "Beweis" liegt darin, dass viele (noch nicht alle) psychische Krankheiten heute genau wie physische Krankheiten behandelt und geheilt werden können.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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