Hier, Pluto, hast Du Descartes möglicherweise nicht verstanden. Er liefert da die Neubegründung der Wissenschaft.Pluto hat geschrieben: Der zweite Teil, mit der Analogie eines Stücks Wachs belegt nur sein oberflächliches, von der Alchemie geprägten Wissens seiner Zeit. Heute kennen wir die Gesetze und Prozesse die zu Zustandsänderungen von Materie führen sehr viel besser.
Gerade die Stelle mit dem Wachs habe ich da ein paar Mal durchgelesen.
Er sagt: Egal, welche Form das Wachs hat: es ist das Denken, das erklärt, dass es unabhängig von der Form "Wachs" sei.
Und das ist bis heute in der Wissenschaft gültig: wir "definieren" Wachs, mit Hilfe des Verstandes.
Was Descartes nicht sagt, was ich daraus aber schlussfolgere: dass Wachs, wenn es verbrannt ist, nicht mehr als "Wachs" bezeichnet wird. Der Verstand würde es nicht mehr als Wachs bezeichnen.
Welche Aussagen macht Descartes Deiner Meinung nach, die man "heute" vergessen hat?closs hat geschrieben:Hätte man Descartes heute nicht vergessen, stünden wir erkenntnis-theoretisch woanders. - Unsere Zeit ist hinter Descartes und (in anderem Kontext) hinter Hiob zurückgefallen.
Welche geistigen Aussagen macht Descartes denn?closs hat geschrieben:Mich würde wirklich interessieren, wie man seine geistigen Aussagen widerlegen könnte. - Durch Physik??????
Wenn Du meinst, man kann sie nicht widerlegen, müsste man erst mal beschreiben, welche er macht.
Deine Weltanschauung versteht unter Monismus offenbar: der Materialismus hat den Idealismus eingesackt.Pluto hat geschrieben: Der Dualismus ist tot. — Ende der Diskussion.
Das ist Wunschdenken. Beide sind nach wie vor dualistisch vorhanden.
Die Alternative wäre in meinen Augen eine Verbindung von beiden. Das ist aber eine reine philosophische Fragestellung.
Die Täuschung, von der Descartes spricht, wird von ihm ja nicht wirklich behauptet. Er weiß ja, dass es da keine Täuschung gibt.closs hat geschrieben:Ich meine eh, dass die Kernaussagen von Descartes nichts mit Dualismus zu tun haben - oder anders gesagt: Ich habe nie kapiert, welcher Dualismus widerlegt sein soll.Pluto hat geschrieben: Halten wir fest, der Vortrag ist gut, hat aber mit Dualismus nichts zu tun.
Wie interpretierst Du die beiden Kategorien "Ich bin " und "Anders andere könnte Täuschung sein". ---- Fällt das für Dich unter "Dualismus"?
Sein Grundgedanke ist:
Ich tu mal so, als ob es einen bösen Geist gibt, der mich darin täuscht, dass es Baum, Stein, Wachs, Irrtum gibt. Was bleibt dann übrig?
Übrig bleibt: man selber habe dennoch ein Bewusstsein davon, dass es das alles gibt. Egal also, ob es Täuschung ist: es muss jemand da sein, dem diese Täuschung widerfährt, und das ist die Person, die getäuscht wird.
Es ist die "mens", die "cogitatio" - das Denken, dass das alles existiert -, von der man nicht abstrahieren kann.
Darauf wollte Descartes hinaus, weil er die Wissenschaft neu begründen wollte.
Ein wenig erinnert mich seine Haltung an Husserl und dessen Phänomenologie.
Richtig. Descartes spielt nur einen methodischen Täuschungsgedanken durch, um die Arbeit des Denkens zu erkennen und zu beschrieben.closs hat geschrieben:Münek hat geschrieben:Wenn es jedoch auch nur prinzipiell möglich ist, dass der Geist und der Körper getrennt voneinander existieren, so können sie nicht identisch sein. Also muss es einen immateriellen Geist geben.Ich glaube nicht, dass Descartes meint, dass der Körper ohne Geist leben kann.Pluto hat geschrieben:Du irrst, denn wie schon Münek schrieb, ist das die zentrale These von Descartes in seinen Mediationes de prima philosophia.
"Res cogitans" heißt übersetzt nicht "das denkende Ich", sondern "die denkende Sache" oder "das Denkvermögen".closs hat geschrieben:Nach meinem Verständnis meint Descartes folgendes:
Man muss die "Res cogitans" (das denkende Ich) dualistisch getrennt sehen von dem, was sie zurecht oder zu unrecht glaubt wahrzunehmen ("Res extensa"). - Insofern ist die "Res cogitans" sicher ("Cogito"), aber bereits das nicht sicher, was man sieht, wenn man an sich runter-guckt und seinen Bauch, Arme und Beine wahrnimmt. - Die körperliche Welt könne also "Illusion" sein, weil sie Produkt des "Cogito" ("Geist") ist.
Weiterhin: Descartes ist sich sehr wohl sicher, dass vieles, was er wahrnimmt, auch so existiert, wie er es wahrnimmt.
Er tut nur so, als sei das unsicher - damit er herauspräparieren kann, dass auf jeden Fall an einer Sache nicht gezweifelt werden kann: dass man selber davon überzeugt ist, dass das alles existiert.
Ganz sicher nicht. Die "Meditationen" sind da auch ganz eindeutig.closs hat geschrieben:DA ist die Trennung zwischen Körper und Geist. - Aber sicherlich nicht darin, dass der Körper unabhängig vom Geist lebensfähig sein könnte. - Meint Ihr, dass Descartes so verstanden wird? - Münek, Pluto und Closs laufen als Körper rum .... dann kommt lang nichts .... und dann "Ach so - sie könnten auch noch Geist sein - aber das juckt die körperlich Existenz nicht". ---- Meint Ihr wirklich, die Rezeption versteht Descartes SO?
Genau. Er hatte keinen Ultra-Aussetzer.closs hat geschrieben:WENN das so wäre, dass man es so sieht (was aus meiner Sicht hochgradig albern wäre), dann verwunderte es nicht, dass es falsifizierbar ist. - Es wäre aber ein Spiegelgefecht, weil dies weder mit Christentum noch mit Descartes zu tun hätte (es sei denn, er hätte einen Ultra-Aussetzer gehabt, was ich mir in BEtracht seiner sonstigen SChriften - siehe den eingestellten Vortrag - nicht vorstellen kann).
Ich hab ja schon mal weiter oben aus der "Übersicht" der Meditationen zitiert, bringe das nun noch mal:
Savonlinna hat geschrieben:Zur Frage der Täuschung schreibt Descartes in seiner den "Meditationen" vorgeschalteten "Übersicht" ("Synopsis") bezüglich der sechsten Meditation:
Descartes hat geschrieben:[...] Es werden alle Irrtümer der sinnlichen Wahrnehmung aufgezählt und zugleich die Mittel dargelegt, durch die man sie vermeiden kann, und schließlich alle Gründe vorgebracht, aus denen man auf das Dasein der materiellen Dinge schließen kann; nicht als ob ich sie für sehr nützlich hielte, um ebendas zu beweisen, was sie beweisen, nämlich dass es in der Tat eine Welt gibt, dass die Menschen Körper haben und dergleichen, woran niemals jemand mit gesundem Menschenverstand (nemo unquam sanae mentis) gezweifelt hat, sondern weil man bei der Erwägung dieser Gründe erkennt, dass sie nicht so fest und klar sind, wie die, durch die man zur Erkenntnis unseres Geistes und Gottes gelangt [...]