Ohne Gott keine Moral?

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#211 Re: Ohne Gott keine Moral?

Beitrag von closs » Mi 27. Mai 2015, 12:49

Queequeg hat geschrieben: Ich dachte immer, die Erkenntnis von Gut und Böse haben wir der herrlich anzusehenden Schlange zu verdanken
Durch sie wurde das möglich, was wir Dualismus bzw. Dialektik nennen. - Vorher gab es keine These und Antithese - Du hast richtig gedacht.

Queequeg hat geschrieben:allerdings unter der Voraussetzung, des dieses sagen wir ruhig - göttlich inspirierte Gewissen allgemeingültig für die Menschheit wäre.
Das wird schwer nachweisbar sein, weil jeder Mensch immer nur mehr oder weniger diesem Ideal entspricht.

EIN ganz praktischer Ansatz könnte sein: Wenn man 3Jährige aus allen Kulturen dieser Welt auf einem Spielplatz versammeln würde, würden sie sich in kürzester Zeit verstehen - da könnte man einen Ansatz für "Allgemeingültigkeit" finden.

Queequeg hat geschrieben: Hier ergänzend und als Beispiel erklärt, die Gewissens-Definition eines Zen-Buddhisten unterscheidet sich schon gewaltig von der eines Christen unter konfessionellen Fuchteln.
Nicht, wenn man Röm. 2,14f miteinbezieht. - Praktisch stimme ich Dir zu: Die christliche Praxis war (und ist oft auch heute noch) nicht an Röm. 2,14 orientiert - da hat man gerne so getan, als sei der Mensch ein Vakuum, das durch die Bibel erst gefüllt werden müsse - verheerend.

Aber das ist nicht "das Christentum", sondern dessen Missverständnis.

Benutzeravatar
Savonlinna
Beiträge: 4300
Registriert: So 2. Nov 2014, 23:19

#212 Re: Ohne Gott keine Moral?

Beitrag von Savonlinna » Mi 27. Mai 2015, 13:02

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Daraus ist aber nicht schließbar, dass es auch Gott gibt, obwohl man ihn nicht sieht.
Das tut ja auch keiner. - Die Aussage ist, dass Gott, WENN es ihn gibt, es ihn unabhängig davon gibt, ob wir ihn wahrnehmen oder nicht. - Mehr ist eigentlich mit der kategorialen Trennung von "Sein"/"Realität" und "Wahrnehmung"/"Messung" nicht gemeint.
Was Du wie ein Berseker verteidigst.
Darum verliere ich die Lust daran.
Mich interessieren solche leeren Behauptungen nicht, die immer gleich letztlich wiederholt werden.
Es ist eine reine Kopfgeburt, und anderes kannst Du nicht verstehen.
Das zeigt dieser Dein Beitrag ebenfalls.
Du hast nichts von dem verstanden, was ich geschrieben habe, hast nur im Kopf, was Du am Ende formulierst:

closs hat geschrieben:Deskriptiv ist das alles richtig. - Die Frage die bleibt, ist, ob es ein Normativ dahinter gibt - sozusagen DIE ideale "Ethik" und was deren Quelle wäre.
Ich habe darauf klar geantwortet - heute oder früher -, dass wir nicht wissen, was mit dem Menschen entstanden ist.
Wir können nur durch Beobachtung feststellen, wie der Mensch funzt.
Dir reicht das nicht, Du willst irgendeine Antwort erfinden, die Du dann auch noch für wahr hältst und alle anderen Überlegungen daran misst, ob es mit Deinem Konstrukt übereinstimmt oder nicht.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#213 Re: Ohne Gott keine Moral?

Beitrag von closs » Mi 27. Mai 2015, 13:33

Savonlinna hat geschrieben:Ich habe darauf klar geantwortet - heute oder früher -, dass wir nicht wissen, was mit dem Menschen entstanden ist.
Mit dem "nicht wissen" rennst Du bei mir offene Türen ein - menschliches Wissen ist immer nur System-Wissen, also Sicheres auf Basis einer unsicheren Setzung.

Letztlich läuft die Frage darauf raus: Warum spricht man ÜBERHAUPT über Dinge, die über die tägliche Notdurft hinausgehen?

Benutzeravatar
Savonlinna
Beiträge: 4300
Registriert: So 2. Nov 2014, 23:19

#214 Re: Ohne Gott keine Moral?

Beitrag von Savonlinna » Mi 27. Mai 2015, 14:42

closs hat geschrieben:Letztlich läuft die Frage darauf raus: Warum spricht man ÜBERHAUPT über Dinge, die über die tägliche Notdurft hinausgehen?
Da gibt es viele Antworten.
Man will Leute leimen; sie ummodeln, damit man selber Recht bekommt - sprich: unlautere Rhetorik -, oder man will seinen Schmerz ausdrücken, auch den inneren Schmerz. Oder sein Glück ausdrücken, seine Bewunderung von Schonheit.
Oder man will alles, was einen durch den Kopf geht, notieren - aus Gründen der Selbsterkenntnis,

Beim Smalltalk kann es um Zeitvertreib gehen, oder es geht um Angeberei, und man bläht sich mittels der Sprache auf.
Oder es geht um Kontaktsuche, wo das Reden über Wetter nur der Oberflächentext ist und der Subtext eben das Bemühen um Kontakt ist.

Man kann das grob zweiteilen: a. um sich mitzuteilen bzw. sich einer Sache bewusst zu werden, b. um andere sich in irgendeiner Form gefügig zu machen.
a. und b. sind aber auch wieder zweigeteilt:
zu b. man kann die Sprache auch benutzen, um Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, dass andere von inneren und äußeren Zwängen befreit werden.
zu a. Man kann sich und andere betrügen - bewusst oder unbewusst -, um sich selber vor sich selber zu verschleiern.

Auf den Punkt gebracht:
Sprache kann und will verschleiern.
Sprache kann und will wirksam vorhandene Mechanismen herausfinden.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#215 Re: Ohne Gott keine Moral?

Beitrag von Pluto » Mi 27. Mai 2015, 17:11

Queequeg hat geschrieben:Es gab und gibt immer auch eine Moral, eine Ethik der Henker, egal ob sie Juden in das Gas schicken, Systemgegner in den Gulag oder Ketzer zu Tode martern. Die einen beriefen sich auf Hitler, die anderen auf Stalin und andere wieder auf Gott, um das Krepieren, Schinden und Foltern zu legitimieren. Und sie alle folterten und massakrierten ihre Opfer im Namen und der Moral eines Gottes, egal auch hier, ob dieser Gott im Himmel thront, oder in irgendeinem Palast dieser Welt.
Diese sehr einseitige Sicht der Moral ist zwar richtig, aber man muss nicht gleich an Folter und Mord denken.
Man kann sich auch die Fürsorge einer Mutter für ihren Nachwuchs anschauen, und daraus lernen. Oder man kann mal eine Beziehung heute und vor 50 Jahren ansehen, um zu verstehen wie sich unsere moralischen Standards mit der Zeit verändern.

Queequeg hat geschrieben:Deine Antwort gleicht einem Feigenblatt, und auf diesem Feigenblatt steht - ich nicht geschrieben.
Für die Diskussion Irrelevant.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Queequeg
Beiträge: 1259
Registriert: Mi 13. Mai 2015, 14:08

#216 Re: Ohne Gott keine Moral?

Beitrag von Queequeg » Mi 27. Mai 2015, 17:36

Pluto hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben:Es gab und gibt immer auch eine Moral, eine Ethik der Henker, egal ob sie Juden in das Gas schicken, Systemgegner in den Gulag oder Ketzer zu Tode martern. Die einen beriefen sich auf Hitler, die anderen auf Stalin und andere wieder auf Gott, um das Krepieren, Schinden und Foltern zu legitimieren. Und sie alle folterten und massakrierten ihre Opfer im Namen und der Moral eines Gottes, egal auch hier, ob dieser Gott im Himmel thront, oder in irgendeinem Palast dieser Welt.
Diese sehr einseitige Sicht der Moral ist zwar richtig, aber man muss nicht gleich an Folter und Mord denken.
Man kann sich auch die Fürsorge einer Mutter für ihren Nachwuchs anschauen, und daraus lernen. Oder man kann mal eine Beziehung heute und vor 50 Jahren ansehen, um zu verstehen wie sich unsere moralischen Standards mit der Zeit verändern.

Selbstverständlich.

Ich gehe da auch mit Savonlinnas Beitrag (Seite 21, 10:14) konform.

Aber ich sehe diese Welt auch mit den Augen eines Menschen, der einige Zeit in Mittelamerika zugebracht hat und im Gegensatz zu den Satten und in relativer Sicherheit und Frieden lebenden Deutschen erlebt man dort Dantes Inferno hautnah.

Dort ist der Alltag, in vielen Ländern, eben Mord, Folter und eigentlich mehr ein anarchistisches Chaos, als eine "Staatsform", auch hier gibt es natürlich Mütter, die sich rührend um ihren Nachwuchs kümmern und im nächsten Moment von einer verirrten Kugel zu Tode getroffen neben ihren weinenden Kindern sterben. Viele elternlose Kinder leben buchstäblich im Müll und selbst um diesen Müll, um die Verwertung dieses Mülls entbrennt täglich ein Kampf, der dann auf den stinkenden Müllhalden so manch entstellte Kinderleiche zurück lässt, es ist das alltägliche Grauen in Worten nicht mehr zu fassen. Ich könnte dir Geschichten erzählen, die glaubtest du mir nimmer.

Warum erzähle ich davon?

Weil auch hier die gewissenlosen Verbrecher, die das alles zu verantworten haben, täglich in den Medien ihre Moral und Ethik auf den Podest stellen. Weil hier die Moral und Ethik der Ausbeuter nur als Fassade dafür dient, um jede nur denkbare Bestialität eben im Namen Gottes, der Freiheit, der Demokratie und eben der darauf fussenden Moral zu legitimieren.

Moral und Ethik an fürsorgenden Müttern festzumachen ist ja ganz nett, aber es gibt auch genug Mütter, die ihre Kinder in die Sklaverei verkaufen, an Zuhälter verhökern, ihre Kinder selbst auf die Straße schicken, das diese dann "anschaffen", oder auf dem europäischen "Kindermarkt" feilbieten oder einfach ihren Nachwuchs abschlachten, weil es ein Mädchen ist, diese Aufzählung ist unvollständig.

Benutzeravatar
Scrypt.on
Beiträge: 394
Registriert: Mi 22. Apr 2015, 15:07

#217 Re: Ohne Gott keine Moral?

Beitrag von Scrypt.on » Mi 27. Mai 2015, 19:03

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Ich habe darauf klar geantwortet - heute oder früher -, dass wir nicht wissen, was mit dem Menschen entstanden ist.
Mit dem "nicht wissen" rennst Du bei mir offene Türen ein - menschliches Wissen ist immer nur System-Wissen, also Sicheres auf Basis einer unsicheren Setzung.
Deine Aussage impliziert lediglich und ausweichend einmal mehr, dass die Feststellung, zu wissen dass der Mond existiert gleichwertig ist wie die Behauptung, zu wissen dass Gott existiert, weil du ja beides nicht (absolut) wissen könntest.
Damit negierst du auf Fakten bezogene Feststellungen auf die Ebene deiner Glaubensvorstellungen heruntern.

Tatsache aber ist, ob dir das nun gefällt oder nicht: Wissen (das, was wir von dir Welt erfahren) ist nicht Glaube und steht auf einer gänzlichst anderen Ebene.
Glaube bleibt weiterhin identisch mit Nicht-Wissen.

:)

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#218 Re: Ohne Gott keine Moral?

Beitrag von Novas » Do 28. Mai 2015, 05:25

closs hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben:denn hier ist kein Sinn, keine wirkliche Substanz, keine inhaltliche Linie und auch keine Aussage zu erkennen
Doch, prinzipiell schon: Du hast "Gewissen" als Quelle der Moral genannt, und ich würde jetzt gerne wissen, was aus Deiner Sicht Quelle des Gewissens ist.

Das Bewusstsein ... und woher kommt das? :)

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#219 Re: Ohne Gott keine Moral?

Beitrag von Novas » Do 28. Mai 2015, 07:44

Pluto hat geschrieben:Oder man kann mal eine Beziehung heute und vor 50 Jahren ansehen, um zu verstehen wie sich unsere moralischen Standards mit der Zeit verändern

Erstaunlich ist, dass es überhaupt soetwas gibt. Denn die Erfahrung lehrt uns, dass von nichts nichts kommt...und wie dann menschliches Bewusstsein mit "moralischen Standards"... :wave:

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#220 Re: Ohne Gott keine Moral?

Beitrag von Novas » Do 28. Mai 2015, 07:47

Savonlinna hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Letztlich läuft die Frage darauf raus: Warum spricht man ÜBERHAUPT über Dinge, die über die tägliche Notdurft hinausgehen?
Da gibt es viele Antworten.
Man will Leute leimen; sie ummodeln, damit man selber Recht bekommt - sprich: unlautere Rhetorik -, oder man will seinen Schmerz ausdrücken, auch den inneren Schmerz. Oder sein Glück ausdrücken, seine Bewunderung von Schonheit.
Oder man will alles, was einen durch den Kopf geht, notieren - aus Gründen der Selbsterkenntnis,

Weil Bewusstsein seine Erfahrungen mitteilen möchte? Weil wir mit anderen verbunden und andere Reflexionen unsres Selbst sind? Weil die Wirklichkeit dem Gesetz der Liebe (Beziehung) folgt? Weil es ein Spiel ist und Spaß macht?

Antworten