"Neusprech" ist ein Unwort, eben weil es sich darauf bezieht, dass es ideologischen Zielen dient - siehe Orwell. Das andere, nicht ideologische nennt man Sprachentwicklung.closs hat geschrieben:"Neusprech" ist ja an sich kein Unwort, sondern nur dann, wenn es ideologischen Zielen dient
Wie leicht das an einem Einzelfall erkennbar ist, kann man sich ja mal an einem prominenten Beispiel ansehen. Ich wähle dazu den Einleitungstext zur Genesis aus der Einheitsübersetzung von 1980. Die neue habe ich noch nicht, vermute aber, dass es da nicht wesentlich besser geworden ist mit dem Neusprech. Ich markiere alles, was ich auf die Schnelle als bewusste ideologische Falschaussagen wider besseres Wissen und Neusprech entdecke:closs hat geschrieben:WANN das der Fall ist, ist im Einzelfall oft schwer entscheidbar.
So funktioniert Desinformation: Ein kleiner Teil Wahrheit (Blau) gemischt mit viel Unwahrheit (Rot). Die Menge macht es. Allein wegen der Häufigkeit des suggestiv verwendeten Wortes "Geschichte" in diesem Text, können dem die inhaltlich korrekten Inhalte die das Gegenteil "beteuern" nicht standhalten. Dazu kommen noch andere verwendete Begriffe, die eigentlich nur auf tatsächliches Geschehen anwendbar sind: Entstehung, Erschaffung, Ereignis, Handeln, Einzelheiten, Begebenheiten. Natürlich kommt es da auch auf den jeweiligen Kontext an.Das erste der fünf Bücher Mose heißt in der griechischen und in der lateinischen Übersetzung Genesis (Entstehung), weil es von der Entstehung der Welt, der Menschheit und des Volkes Israel handelt. Die Juden nennen das Buch nach dem Anfangswort Bereschit (Im Anfang). Es gliedert sich in zwei Hauptteile: Urgeschichte (Kap. 1 - 11) und Patriarchengeschichte (Kap. 12 - 50). In der Patriarchengeschichte unterscheidet man: die Geschichte der Erzväter (Kap. 12 - 36) und die Geschichte der Söhne Jakobs (Kap. 37 - 50).
Die theologische Bedeutung des Buches liegt in seinen Aussagen über Gott als den Schöpfer der Welt und den Herrn der Geschichte. Wichtig ist dabei vor allem die Erschaffung der Welt durch das Wort Gottes, die Gottebenbildlichkeit des Menschen, die Erzählung von Paradies und Sündenfall, von der Sintflut und dem Bund mit Noach, von der gnadenhaften Erwählung Abrahams und seiner Nachkommen als Segensmittler für die ganze Menschheit, von den Verheißungen an die Patriarchen. Alles Handeln Gottes in der Geschichte ist nach dieser Sicht letztlich auf das Heil der Menschen ausgerichtet.
Das Buch Genesis verarbeitet älteste Überlieferungen Israels und seiner Nachbarvölker über die Urgeschichte der Menschheit und die Vorgeschichte Israels. Es wählt davon Ereignisse aus, die für die Menschheitsgeschichte charakteristisch sind, und zeigt an bestimmten Personen, wie Gott die Menschen zum Heil beruft, wie die Menschen das Heilsangebot Gottes ausschlagen und sich damit selbst immer tiefer ins Unheil stürzen; es zeigt aber auch, wie Gott in Abraham und seinen Nachkommen dem Fluch den unverdienten Segen entgegensetzt, an dem alle Menschen Anteil erhalten sollen (Gen 12,3).
Die Erzählungen der Urgeschichte sind weder als naturwissenschaftliche Aussagen noch als Geschichtsdarstellung, sondern als Glaubensaussagen über das Wesen der Welt und des Menschen und über deren Beziehung zu Gott zu verstehen. Die Geschichte der Erzväter und der Söhne Jakobs sind zwar in Einzelheiten ebenfalls nicht historisch nachprüfbar, doch stimmen die politischen, sozialen, rechtlichen, kulturellen und religiösen Zustände, die hier geschildert werden, weithin mit den Verhältnissen überein, wie sie die heutige Forschung für Palästina und seine Umwelt in der Zeit vor Mose, d. h. für die sog. Mittlere und Späte Bronzezeit, erschlossen hat.Man darf die Geschichtsdarstellung des Buches Genesis nicht an der modernen Geschichtsschreibung messen, sondern man muss sie als antike Geschichtsschreibung und als theologische Geschichtsdeutung beurteilen.
Der die Verfasser des Buches inspirierende Gott wollte uns nicht genaue Einzelheiten über die Entstehung der Welt und des Menschen mitteilen oder uns über den exakten Verlauf der Patriarchengeschichte unterrichten. Vielmehr wollte er an den erzählten Begebenheiten sein Heilsangebot und die typischen Reaktionen des Menschen darauf aufzeigen. Damit wollte er deutlich machen, dass er auch Sünder zu Trägern und Vermittlern von Segen und Heil erwählt.
Die Erzählungen der Bibel selbst, machen ja nichts anderes als "historische Geschichte" zu erzählen, obwohl natürlich den Verfassern klar war, dass sie da zum großen Teil (bis weit in die Bücher der Könige hinein) keine historische Geschichte erzählten, sondern Mythen und Legenden erfanden.
Im Unterbewusstsein des Lesers wirkt die Häufigkeit mehr als alles andere und vor allem stärker als das Bewusstsein. Es geht um den möglichst großen Impact, wie es in der Werbebranche genannt wird. Wenn der Mensch etwas ca. 90 mal gehört hat, ist es drin - völlig egal, ob es wahr oder falsch ist. Dieses Phänomen ist in wissenschaftlichen Studien belegt worden. Was einmal so im Unterbewusstsein tief "drin" ist, im Menschen verankert wurde, ist prägend für diesen Menschen und beeinflusst sein Denken und Handeln. Deshalb werden Werbebotschaften oft wiederholt, weil bekanntlich Lernen nichts nützt - nur wiederholtes Lernen. Das Fatale daran ist, dass das Wiederholen entscheidender ist als das Verstehen. Egal ob Wahrheiten oder Unwahrheiten, wenn sie nur oft genug wiederholt werden, wirken sie.
Das wissen und nutzen auch Politiker und Eltern, allerdings übernehmen Kinder gleichermaßen das, was sie von ihren Eltern oft hören und an ihnen sehen, auch ihre Unarten. Das Rauchen zum Beispiel, und wirkt dann eben nicht 30 mal zu sagen, dass Rauchen nicht gut ist, wenn die Kinder im einem Jahr 3000 mal sehen, wie sich Mama eine ansteckt. Dem kann man sich kaum entziehen. Wenn an jedem Sonntag in der Messe beispielsweise die Bibel in die Höhe gehoben wird, mit den Worten: "Gottes Wort", kommt auf diese Weise relativ schnell ein sehr hoher Impact zusammen.