Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

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Andreas
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#191 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von Andreas » Sa 29. Jul 2017, 17:52

closs hat geschrieben:"Neusprech" ist ja an sich kein Unwort, sondern nur dann, wenn es ideologischen Zielen dient
"Neusprech" ist ein Unwort, eben weil es sich darauf bezieht, dass es ideologischen Zielen dient - siehe Orwell. Das andere, nicht ideologische nennt man Sprachentwicklung.
closs hat geschrieben:WANN das der Fall ist, ist im Einzelfall oft schwer entscheidbar.
Wie leicht das an einem Einzelfall erkennbar ist, kann man sich ja mal an einem prominenten Beispiel ansehen. Ich wähle dazu den Einleitungstext zur Genesis aus der Einheitsübersetzung von 1980. Die neue habe ich noch nicht, vermute aber, dass es da nicht wesentlich besser geworden ist mit dem Neusprech. Ich markiere alles, was ich auf die Schnelle als bewusste ideologische Falschaussagen wider besseres Wissen und Neusprech entdecke:

Das erste der fünf Bücher Mose heißt in der griechischen und in der lateinischen Übersetzung Genesis (Entstehung), weil es von der Entstehung der Welt, der Menschheit und des Volkes Israel handelt. Die Juden nennen das Buch nach dem Anfangswort Bereschit (Im Anfang). Es gliedert sich in zwei Hauptteile: Urgeschichte (Kap. 1 - 11) und Patriarchengeschichte (Kap. 12 - 50). In der Patriarchengeschichte unterscheidet man: die Geschichte der Erzväter (Kap. 12 - 36) und die Geschichte der Söhne Jakobs (Kap. 37 - 50).
Die theologische Bedeutung des Buches liegt in seinen Aussagen über Gott als den Schöpfer der Welt und den Herrn der Geschichte. Wichtig ist dabei vor allem die Erschaffung der Welt durch das Wort Gottes, die Gottebenbildlichkeit des Menschen, die Erzählung von Paradies und Sündenfall, von der Sintflut und dem Bund mit Noach, von der gnadenhaften Erwählung Abrahams und seiner Nachkommen als Segensmittler für die ganze Menschheit, von den Verheißungen an die Patriarchen. Alles Handeln Gottes in der Geschichte ist nach dieser Sicht letztlich auf das Heil der Menschen ausgerichtet.
Das Buch Genesis verarbeitet älteste Überlieferungen Israels und seiner Nachbarvölker über die Urgeschichte der Menschheit und die Vorgeschichte Israels. Es wählt davon Ereignisse aus, die für die Menschheitsgeschichte charakteristisch sind, und zeigt an bestimmten Personen, wie Gott die Menschen zum Heil beruft, wie die Menschen das Heilsangebot Gottes ausschlagen und sich damit selbst immer tiefer ins Unheil stürzen; es zeigt aber auch, wie Gott in Abraham und seinen Nachkommen dem Fluch den unverdienten Segen entgegensetzt, an dem alle Menschen Anteil erhalten sollen (Gen 12,3).
Die Erzählungen der Urgeschichte sind weder als naturwissenschaftliche Aussagen noch als Geschichtsdarstellung, sondern als Glaubensaussagen über das Wesen der Welt und des Menschen und über deren Beziehung zu Gott zu verstehen. Die Geschichte der Erzväter und der Söhne Jakobs sind zwar in Einzelheiten ebenfalls nicht historisch nachprüfbar, doch stimmen die politischen, sozialen, rechtlichen, kulturellen und religiösen Zustände, die hier geschildert werden, weithin mit den Verhältnissen überein, wie sie die heutige Forschung für Palästina und seine Umwelt in der Zeit vor Mose, d. h. für die sog. Mittlere und Späte Bronzezeit, erschlossen hat.Man darf die Geschichtsdarstellung des Buches Genesis nicht an der modernen Geschichtsschreibung messen, sondern man muss sie als antike Geschichtsschreibung und als theologische Geschichtsdeutung beurteilen.
Der die Verfasser des Buches inspirierende Gott wollte uns nicht genaue Einzelheiten über die Entstehung der Welt und des Menschen mitteilen oder uns über den exakten Verlauf der Patriarchengeschichte unterrichten. Vielmehr wollte er an den erzählten Begebenheiten sein Heilsangebot und die typischen Reaktionen des Menschen darauf aufzeigen. Damit wollte er deutlich machen, dass er auch Sünder zu Trägern und Vermittlern von Segen und Heil erwählt.
So funktioniert Desinformation: Ein kleiner Teil Wahrheit (Blau) gemischt mit viel Unwahrheit (Rot). Die Menge macht es. Allein wegen der Häufigkeit des suggestiv verwendeten Wortes "Geschichte" in diesem Text, können dem die inhaltlich korrekten Inhalte die das Gegenteil "beteuern" nicht standhalten. Dazu kommen noch andere verwendete Begriffe, die eigentlich nur auf tatsächliches Geschehen anwendbar sind: Entstehung, Erschaffung, Ereignis, Handeln, Einzelheiten, Begebenheiten. Natürlich kommt es da auch auf den jeweiligen Kontext an.

Die Erzählungen der Bibel selbst, machen ja nichts anderes als "historische Geschichte" zu erzählen, obwohl natürlich den Verfassern klar war, dass sie da zum großen Teil (bis weit in die Bücher der Könige hinein) keine historische Geschichte erzählten, sondern Mythen und Legenden erfanden.

Im Unterbewusstsein des Lesers wirkt die Häufigkeit mehr als alles andere und vor allem stärker als das Bewusstsein. Es geht um den möglichst großen Impact, wie es in der Werbebranche genannt wird. Wenn der Mensch etwas ca. 90 mal gehört hat, ist es drin - völlig egal, ob es wahr oder falsch ist. Dieses Phänomen ist in wissenschaftlichen Studien belegt worden. Was einmal so im Unterbewusstsein tief "drin" ist, im Menschen verankert wurde, ist prägend für diesen Menschen und beeinflusst sein Denken und Handeln. Deshalb werden Werbebotschaften oft wiederholt, weil bekanntlich Lernen nichts nützt - nur wiederholtes Lernen. Das Fatale daran ist, dass das Wiederholen entscheidender ist als das Verstehen. Egal ob Wahrheiten oder Unwahrheiten, wenn sie nur oft genug wiederholt werden, wirken sie.

Das wissen und nutzen auch Politiker und Eltern, allerdings übernehmen Kinder gleichermaßen das, was sie von ihren Eltern oft hören und an ihnen sehen, auch ihre Unarten. Das Rauchen zum Beispiel, und wirkt dann eben nicht 30 mal zu sagen, dass Rauchen nicht gut ist, wenn die Kinder im einem Jahr 3000 mal sehen, wie sich Mama eine ansteckt. Dem kann man sich kaum entziehen. Wenn an jedem Sonntag in der Messe beispielsweise die Bibel in die Höhe gehoben wird, mit den Worten: "Gottes Wort", kommt auf diese Weise relativ schnell ein sehr hoher Impact zusammen.

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#192 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von Novas » Sa 29. Jul 2017, 18:38

Andreas hat geschrieben:
closs hat geschrieben:"Neusprech" ist ja an sich kein Unwort, sondern nur dann, wenn es ideologischen Zielen dient
"Neusprech" ist ein Unwort, eben weil es sich darauf bezieht, dass es ideologischen Zielen dient - siehe Orwell. Das andere, nicht ideologische nennt man Sprachentwicklung

Die materialistische Umdeutung und Aushöhlung von Begriffen dient ganz klar ideologischen Zielen. Dem Kapitalismus auf der einen Seite, entspricht die materialistische Weltsicht („Leben ist ein Produkt der Materie und darüber hinaus gibt es nichts“) und der Militarismus auf der anderen Seite (“Alles ist relativ und die einzige Wahrheit, die es gibt, ist jene Wahrheit, welche mit Macht durchgesetzt wird” ~ Pontius Pilatus lässt grüßen) wenn jede andere, nicht-materialistische Sichtweise von vornherein ausgeschlossen und offensiv bekämpft wird, dann weil in dieser Welt dahinter Machtinteressen stehen. Auf der Erde sind sowohl Dunkelmächte als auch Kräfte des Lichts am Wirken und der Konflikt zwischen beiden spiegelt sich im Umgang mit der Sprache.
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closs
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#193 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von closs » Sa 29. Jul 2017, 18:48

Andreas hat geschrieben:Im Unterbewusstsein des Lesers wirkt die Häufigkeit mehr als alles andere und vor allem stärker als das Bewusstsein. Es geht um den möglichst großen Impact, wie es in der Werbebranche genannt wird. Wenn der Mensch etwas ca. 90 mal gehört hat, ist es drin - völlig egal, ob es wahr oder falsch ist. Dieses Phänomen ist in wissenschaftlichen Studien belegt worden. Was einmal so im Unterbewusstsein tief "drin" ist, im Menschen verankert wurde, ist prägend für diesen Menschen und beeinflusst sein Denken und Handeln.
Natürlich ist das alles richtig - was schließen wir daraus?

Sicherlich darf man daraus schließen, dass die RKK IHRE Version des Bibel-Verständnisses vermitteln will - völlig egal, ob wir es als wahr oder falsch empfinden. - Ist die Betonung von "Geschichte" falsch? Ansichtssache, denn: Was IST Geschichte? Der eine versteht darunter die Aneinanderreihung und Verknüpfung von Geschehnissen, die "real" stattgefunden haben. - Der andere versteht darunter den weltlichen Ableger von Heilsgeschichte (irgend eine Unterlage braucht die Heilsgeschichte schließlich). - Wieder ein anderer (Goethe) meint: "Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis" - also auch "Geschichte".

Das sind ziemlich komplizierte und tiefgehende Gedanken, die wahrscheinlich schwer vermittelbar sind. - Wo aber steht der von Dir zitierte Text? Am Anfang der "Einheitsübersetzung". - Was ist die "Einheitsübersetzung"? Ein Werk fürs Volk. - Was kann man dem Volk zumuten? Sicherlich nicht komplizierte theologische Gedanken. - Was macht man dann? Man konzentriert den Sprach-Duktus auf den Wahrnehmungs-Horizont des "Volkes" - möglichst viel sollen etwas verstehen. - Was versteht das Volk? Das Wort "Geschichte", weil es bekannt ist und auf ein "So war es" hinweist. - Ist dies Täuschung? Was ist NICHT Täuschung? Wie könnte man es besser machen, ohne den Wahrnehmungs-Horizont "des Volkes" zu überdehnen?

Wie würdest Du es machen?

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Andreas
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#194 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von Andreas » Sa 29. Jul 2017, 18:52

Novalis hat geschrieben:Die materialistische Umdeutung und Aushöhlung von Begriffen dient ganz klar ideologischen Zielen. Dem Kapitalismus auf der einen Seite, entspricht die materialistische Weltsicht („Leben ist ein Produkt der Materie und darüber hinaus gibt es nichts“) und der Militarismus auf der anderen Seite (“Alles ist relativ und die einzige Wahrheit, die es gibt, ist jene Wahrheit, welche mit Macht durchgesetzt wird” ~ Pontius Pilatus lässt grüßen) wenn jede andere, nicht-materialistische Sichtweise von vornherein ausgeschlossen und offensiv bekämpft wird, dann weil in dieser Welt dahinter Machtinteressen stehen. Auf der Erde sind sowohl Dunkelmächte als auch Kräfte des Lichts am Wirken und der Konflikt zwischen beiden spiegelt sich im Umgang mit der Sprache.
Stimmt. Neusprech ist ja kein spezifisch christliches Phänomen sondern ein ideologisches und durchdringt alle Bereiche des Lebens. Ich kehre halt vor der eigenen Haustür. Die Christianisierung des Gebietes und der Menschen wo heute Deutschland ist, ist kein Problem für Christen, obwohl sie damals die bestehende Kultur vernichteten. Aber schon die angebliche Islamisierung Deutschlandes ruft bei manchen Deutschen größte Empörung aus. Das eine war tatsächlich so "normal" wie das andere utopischer Weise "normal" wäre. Die "Geschichte" gehört eben nur scheinbar "uns", vermutlich aber allein der Zeit, deren blinde Passagiere wir sind.

Anton B.
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#195 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von Anton B. » Sa 29. Jul 2017, 19:04

closs hat geschrieben:Ist die Betonung von "Geschichte" falsch? Ansichtssache, denn: Was IST Geschichte? Der eine versteht darunter [...]
Sehe ich genau so. Andreas verwendet einen sehr speziellen Geschichtsbegriff. Gerne mache ich in diesem Zusammenhang auf diesen Aspekt des Geschichtsbegriffs aufmerksam.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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Andreas
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#196 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von Andreas » Sa 29. Jul 2017, 19:28

closs hat geschrieben:Sicherlich darf man daraus schließen, dass die RKK IHRE Version des Bibel-Verständnisses vermitteln will - völlig egal, ob wir es als wahr oder falsch empfinden
Ich halte es eher für wahrscheinlich, dass den Kirchen die Leute in Schaaren davonlaufen, weil sie diese Version des Bibelverständnisses als falsch empfinden, was es ja auch nachweislich ist. Da liegt also nicht bloß ein Irrtum des Volkes vor und es ist auch keine Geschmacksfrage. Bei der EKD ist es übrigens auch nicht anders und deshalb schieben beide das dem Zeitgeist des 21. Jahrhunderts in die Schuhe - wie du ja auch.

closs hat geschrieben:Ist die Betonung von "Geschichte" falsch? Ansichtssache, denn: Was IST Geschichte? Der eine versteht darunter die Aneinanderreihung und Verknüpfung von Geschehnissen, die "real" stattgefunden haben.
Stimmt. Das ist Ansichtssache. Zur Zeit der Entstehung des Christentums herrschte ein anderes Verständnis von Geschichte. Kein Problem damit. Wenn man aber heutigen Menschen das Geschichtsverständnis damaliger Menschen als Geschichte verkauft, ist man heute unglaubwürdig. Ein unglaubwürdiger Glaube funktioniert halt nicht - schon gar nicht wenn man sich mit dem Anspruch hinstellt die Wahrheit zu verkündigen. Wenn diese Wahrheit dann noch offensichtlich falsch ist, aber man ihr krampfhaft festhält, schießt man sich selbst ins Knie.

closs hat geschrieben:Der andere versteht darunter den weltlichen Ableger von Heilsgeschichte (irgend eine Unterlage braucht die Heilsgeschichte schließlich).
Hier machst du selbst wieder Neusprech. In anderen Religionen ist Anbindung an historische Geschichte überhaupt kein Thema, weil Mythen dort Mythen sind. Würdest du einen Inder danach befragen ob es Krishna tatsächlich als reale Person gegeben habe, würde er dich wegen deiner Dummen Frage auslachen. Diese angeblich notwendige geschichtliche Unterfütterung um Glaubwürdigkeit zu generieren ist spiritueller Nonsens. Was soll denn deine Heilsgeschichte sein? Sie beginnt mit dem Sündenfall Adam und Evas im Paradies ... Sesamstraße. Das kaufen dir nur noch ungebildete Menschen ab. Ich würde mir ein Christentum wünschen, dessen Markenzeichen eine überdurchschnittliche Intelligenz oder besser Bildung ihrer Angehörigen wäre.

closs hat geschrieben:Was kann man dem Volk zumuten? Sicherlich nicht komplizierte theologische Gedanken. - Was macht man dann? Man konzentriert den Sprach-Duktus auf den Wahrnehmungs-Horizont des "Volkes"
Jesus ist vorangegangen. Wer dem Volk immer nur hinterherrennt, darf sich nicht wundern wenn er nur dessen Hintern sieht. Außerdem ist dieser vermittelte Kinderglaube überhaupt nur mit den kompliziertesten theologischen Gedanken am Leben zu erhalten - nicht für das Volk, sondern vor allem für die eigenen "Eliten".

closs hat geschrieben:Wie würdest Du es machen?
Bildung die nicht mit der Konfirmation oder Firmung ihr Ende hat - also vor allem Weiterbildung. Als ich begann mich intensiver mit dem Christentum zu beschäftigen, suchte und suche ich noch heute händeringend nach christlicher Bildung im Alltagsleben. Entweder sind Vorträge schweineteuer weil sie in exquisiten Ambiente inkl. Übernachtungen angeboten werden - die kann ich mir nicht leisten, kenne die Inhalte daher auch nicht - oder es sind vom Niveau her Kindergartenveranstaltungen die zu 95 % von Senioren besucht werden. Ich bin da mit fast 60 regelmäßig der Jüngste und oft auch der einzige Mann. Geh auf eine beliebige Website christlicher Gemeinden: Kindergruppen, Jugendfreizeiten und Angebote für Senioren und alles was nicht nach Altersgruppen sortiert ist, wird von Senioren dominiert.
Zuletzt geändert von Andreas am Sa 29. Jul 2017, 19:49, insgesamt 1-mal geändert.

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#197 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von Andreas » Sa 29. Jul 2017, 19:39

Anton B. hat geschrieben:Sehe ich genau so. Andreas verwendet einen sehr speziellen Geschichtsbegriff.
Nein, das tue ich nicht. Mir geht es darum, dass man überhaupt keine geschichtliche Untermauerung oder Begründung für Glauben braucht. Ob die biblischen Erzählungen in irgendeiner Form geschichtlich zu verstehen sind, halte ich für die spirituell wesentlichen Inhalte für völlig irrelevant, wenn nicht gar irreführend. Was aber nachweislich historisch falsifiziert ist, korrigiert doch den Glauben in eine positive Richtung anderenfalls endet man halt beispielsweise im Kreationismus. Das kann es doch auch nicht sein.
Anton B. hat geschrieben:Gerne mache ich in diesem Zusammenhang auf diesen Aspekt des Geschichtsbegriffs aufmerksam.
Finde ich gut, passt, null problemo.

Für meinen Glauben ist es völlig unwichtig, ob Gott die Welt erschaffen hat, oder ob Jesus je gelebt hat. Wenn sich morgen rausstellen würde, das nicht, würde das meinen Glauben nicht tangieren. Wenn aber daran die Kirchen zugrunde gehen würden, würde es doch nur ihre spirituelle Armut beweisen. Vermutlich wäre das das Beste was den Kirchen passieren könnte, denn von selbst scheinen sie aus ihrer selbst gemachten Bredouille nicht heraus zu finden. Was sagte Jesus doch gleich? Denkt um!
Zuletzt geändert von Andreas am Sa 29. Jul 2017, 20:07, insgesamt 6-mal geändert.

R.F.
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#198 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von R.F. » Sa 29. Jul 2017, 19:59

Andreas hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Sicherlich darf man daraus schließen, dass die RKK IHRE Version des Bibel-Verständnisses vermitteln will - völlig egal, ob wir es als wahr oder falsch empfinden
Ich halte es eher für wahrscheinlich, dass den Kirchen die Leute in Schaaren davonlaufen, weil sie diese Version des Bibelverständnisses als falsch empfinden, was es ja auch nachweislich ist.
- - -
Der großen Mehrheit fehlen die Kenntnisse und das Interesse, die Aussagen der Schrift mit den Auffassungen der HKM-Vertreter und den naturalistisch orientierten Naturwissenschaften zu vergleichen...

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#199 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von sven23 » Sa 29. Jul 2017, 20:04

R.F. hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
R.F. hat geschrieben: Du weißt ganz genau, dass das so nicht geschrieben steht. Was steht hintern Deinen Aversionen gegen die Schriften der Bibel? Etwa die Angst, dass gewisse Vorhersagen Hand und Fuß haben könnten, denen zufolge Orwells Welt geradezu harmlos wirkt?
Kennst du die Bibel nicht?

Mt 11,19 Der Menschensohn ist gekommen, isst und trinkt, und sie sagen: Siehe, dieser Mensch ist ein Fresser und Weinsäufer, ein Freund der Zöllner und Sünder! Und doch ist die Weisheit gerechtfertigt worden aus ihren Werken.

Lk 7,34 Der Menschensohn ist gekommen, isst und trinkt; und ihr sagt: Siehe, dieser Mensch ist ein Fresser und Weinsäufer, ein Freund der Zöllner und Sünder!
Der Vollständigkeit halber wollen wir Matthäus 11,18-19 (Luther] zitieren:

Johannes ist gekommen, aß nicht und trank nicht; so sagen sie: Er hat den Teufel.
Des Menschen Sohn ist gekommen, isst und trinkt; so sagen sie: Siehe, wie ist der Mensch ein Fresser und ein Weinsäufer, der Zöllner und der Sünder Geselle ! Und die Weisheit muss sich rechtfertigen lassen von ihren Kindern.

Damit wird klar, was genau gemeint ist.
Jesus musste sich in diesen Kreisen bewegen, um aus diesen welche ja zur Umkehr zu bewegen. Das deuteten Seine Feinde natürlich um mit dem Ziel, Seinem Ansehen im Volk zu schaden. Jesu Nachfolger wussten, dass Fressen und Saufen unordentlicher Lebenswandel ist, und verboten dies selbstverständlich der Gemeinde.
Du meinst, der jüdische Apokalyptiker hat sich durch Fress- und Saufgelage im Dienste seines Auftrags aufgeopfert? :lol:
Vielleicht war er aber auch als arbeitsloser und nicht sesshafter Bauhelfer froh, mal was ordentliches zwischen die Kiemen zu bekommen. Von Luft und Liebe wird man halt auch nicht satt. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#200 Re: Wie aktuell ist heute George Orwells "1984"?

Beitrag von closs » Sa 29. Jul 2017, 20:49

Andreas hat geschrieben: In anderen Religionen ist Anbindung an historische Geschichte überhaupt kein Thema, weil Mythen dort Mythen sind. Würdest du einen Inder danach befragen ob es Krishna tatsächlich als reale Person gegeben habe, würde er dich wegen deiner Dummen Frage auslachen. Diese angeblich notwendige geschichtliche Unterfütterung um Glaubwürdigkeit zu generieren ist spiritueller Nonsens.
Nicht unbedingt. - Aus der christlichen Logik ist Jesus die Person, die aus dem Dasein ("Geschichte") heraus durch seine Doppelfunktion als "wahrer Gott und wahrer Mensch" die Kluft zwischen irdischer Welt ("Geschichte") und göttlichem Sein überwindet - er MUSS also historisch sein, um seine spirituelle Funktion auszuüben.

Andreas hat geschrieben:Was soll denn deine Heilsgeschichte sein? Sie beginnt mit dem Sündenfall Adam und Evas im Paradies ...
In der biblischen Chiffrierung ist das so - richtig (und das muss nichts mit "Geschichte" zu tun haben). - Vor allem beginnt sie aber im einzelnen Menschen mit dessen Bewusstwerdung im Dasein ("Geschichte") und schreibt fortan die menschliche Entwicklung im Geist.

Andreas hat geschrieben:Für meinen Glauben ist es völlig unwichtig, ob Gott die Welt erschaffen hat, oder ob Jesus je gelebt hat. Wenn sich morgen rausstellen würde, das nicht, würde das meinen Glauben nicht tangieren. Wenn aber daran die Kirchen zugrunde gehen würden, würde es doch nur ihre spirituelle Armut beweisen.
Zu Ende gedacht würde ich Dir zustimmen, da das Ende ohne jegliche "Story" ist, sondern nur sprachfreies Sein ist - aber im Dasein bedarf es der Darstellung des Seins/Gottes durch Offenbarungen, die sich durch Verständlichkeit durch den Menschen definieren - eine dieser Offenbarungs-Chiffren ist "Geschichte".

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