Noch ein paar allgemeine Anmerkungen und Antworten auf dein letztes Post, bevor es weitergeht.
Wenn ich hier schreibe, dann schreibe ich natürlich über meine Überzeugungen und wie ich denke, dass sich die Dinge verhalten nach meinem besten Wissen und Gewissen. Damit erhebe ich aber natürlich nicht den Anspruch, unumstößliche Wahrheiten von mir zu geben oder auch nur unumstößliche Überzeugungen, die ich niemals revidiere. Im Gegenteil verstehe ich gemeinsames philosophisches Arbeiten gerade nicht als ein stures Beharren auf den eigenen Standpunkt. Schon gar nicht bei einem so komplexen Thema, wie dem unseren in diesem Thread, für das es nach wie vor keine
eindeutige Lösung gibt, die von allen (Fachphilosophen und Experten) geteilt würde. Dennoch gibt es philosophische Fortschritte (z.B. im Ausschluss von Denkwegen, die schlicht als gescheitert angesehen werden müssen, weil sie so viele Probleme mit sich bringen). Ich bin also grundsätzlich immer bereit eigene Ansichten zu revidieren,
wenn ich den Eindruck habe, dass ein starkes Argument vorgebracht wurde. Das stellt für mich dann keine persönliche Niederlage dar, denn ich vertrete hier keinen Glauben, sondern nur Überzeugungen zu einem philosophischen Thema nach dem Stand meines aktuellen Wissens. Ich vertrete nicht einmal eine bestimmte Weltanschauung.
Die Methode, mit der ich philosophisch arbeite, ist die der
analytischen Philosophie, weil sie meiner Ansicht nach die begrifflich und logisch saubersten, anspruchsvollsten und stärksten Argumente hervorbringt. Diese methodische Vorgehensweise muss man aber nicht teilen. In der Philosophie gibt es diverse methodische Vorgehensweise (hermeneutische, phänomenologische, sprachanalytische, existenzialontologische bzw. existenzialistische, dialektische usw.). Allen diesen philosophischen Methoden ist gleichwohl gemeinsam, dass sie rein vernünftig einsehbare Argumentationen hervorbringen müssen (um als philosophisch gelten zu können), die prinzipiell für jeden Menschen
vernünftig nachvollziehbar sein müssen. Ich kann also Kant, Hegel, Schelling, Kierkegaard, Camus, Sartre, Husserl u.v.a. durchaus für sehr gute Philosophen halten und ihren Ideen viel abgewinnen, obwohl ich eine sprach-logische Analyse bevorzuge.
Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit den Antworten in diesem Forum, ist bislang hier noch nie wirklich anspruchsvoll philosophisch argumentiert und gearbeitet worden, was zugegeben auch sehr anstrengend ist, vermutlich einiges Fachwissen voraussetzt und ein hohes Maß an Konzentration auf die Sache erfordert (oder mir sind die entsprechenden Posts bisher entgangen). So habe ich den Eindruck, dass stichhaltiges philosophisches Argumentieren von vielen gar nicht als solches erkannt wird und zumeist eher die Haltung eingenommen wird:
"Du hast deine Meinung, ich habe meine Meinung. Das sind schon einmal zwei Meinungen und niemand kann so recht sagen, welche die richtige ist."
Das hat mit philosophischer Argumentation aber nichts zu tun. Philosophische Argumente müssen wirklich
überzeugen, und wenn sie nachweislich stark sind, dann muss man ihnen auch folgen! Aber nicht, weil man totgequatscht wurde und einfach klein beigibt, sondern weil man die Überzeugung gewinnt, dass es wirklich überzeugende Argumente sind. Deshalb ist es mir wichtig, dass andere meinen Überlegungen wirklich ernsthaft folgen, weil sie sehen, dass es gute Argumente sind. Ich will also wirklich überzeugen, nicht überreden!
SilverBullet hat geschrieben:
Das Problem ist hierbei natürlich die Grobheit, denn letztlich könnte man auch sagen „das Universum hat diese Fähigkeiten“, was nicht verkehrt ist, denn der Mensch hat sie (irgendwie).
Nein, das denke ich nicht. Wenn ich sage,
Menschen haben gewisse mentale Fähigkeiten, dann sage ich eben nicht, das Universum habe diese Fähigkeiten (nur, weil der Mensch im Universum existiert). Auch ein Tisch hat gewisse Eigenschaften. Das sind aber keine Eigenschaften des Universums, obwohl der Tisch natürlich irgendwo im Universum existiert. Das Universum kann keine Beiträge lesen, verstehen und darauf antworten. Menschen können das, aber nicht das Universum und auch nicht ein Schimpanse oder Delphin.
SilverBullet hat geschrieben:
Das ist somit als Einleitung sehr nett, aber du musst natürlich später eindeutig darauf hinweisen, wenn du zu nützlicheren Verfeinerungsstufen übergehst – insbesondere, wenn du mit „Ich-Instanzen“ operierst – ansonsten kann ich nicht nachvollziehen, ob du vom Lebewesen oder von anderen Existenzen sprichst.
Ich versuche die ominöse Ich-Instanz zunächst einmal gar nicht näher zu bestimmen, sondern einfach nur aufzuzeigen, was Menschen alles
können. Dass sie es können, ist alltäglich beobachtbar (z.B. Beiträge in diesem Forum zu lesen, zu verstehen und sinnvoll darauf zu antworten). Es scheint mir im alltäglichen Umgang mit Menschen auch eher schwer bestreitbar, dass sie sich ganz bewusst, bei dem, was sie tun und denken, beobachten können. Ein schlichter Meditations- oder Yogakurs wäre bereits unmöglich, wenn man den Teilnehmern solcher Kurse abspräche, dass sie sich ganz bewusst auf sich selbst konzentrieren können. Damit ist natürlich noch nicht festgemacht, wie das überhaupt möglich ist: sich selbst bewusst beobachten zu können.
Hierüber kann man dann ja wohlfeil streiten.
SilverBullet hat geschrieben:
Ein bisschen Vorsicht ist allerdings beim Wort „mental“ geboten, weil es die angesprochenen Fähigkeiten eigentlich mit einer konkreten Vermutung in Zusammenhang bringt.
Warum sollte bereits das Wörtchen
mental problematisch sein? Denkleistungen sind mental, Emotionen, Wünsche, Hoffnungen, Befürchtungen, die Fähigkeit zu rechnen, Überzeugungen zu haben, das Verstehen von Texten, Interpretationen der Odyssee, die Kopenhagener Interpretation der Quantenphysik, Kreuzworträtsellösen oder die Auslegng von Gesetzestexten vor Gericht usw. Das alles ist ganz normaler alltäglicher Kram.
Eine andere Frage ist es natürlich, wie diese allenthalben beobachtbaren mentalen Fähigkeiten erklärt werden können.