Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
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Savonlinna
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#1351 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » So 18. Okt 2015, 16:14

sven23 hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Unsere Träume in der Nacht: gehören die nach Deiner Vorstellung in das Diesseits oder in das Jenseits?
Natürlich sind sie von dieser Welt, was sonst?
Ich fragte, weil man zu ihnen keine Modelle machen kann, keine Voraussagen treffen kann.

Was ist mit den Gedanken? Gehören sie zum Diesseitigen und liegen "überprüfbar" vor uns?

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sven23
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#1352 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von sven23 » So 18. Okt 2015, 16:14

closs hat geschrieben: Das gefällt mir sogar sehr gut - aber es ist nicht falsifizierbar, ob es die Gesamtheit der Welt oder eine "Insel" ist. - Der Naturalismus/Materialismus jedoch setzt (!), es sei "die Welt" - diese Setzung ist Glaubens-Sache.
Wenn es diese Setzung gibt, dann stützt sie sich aber durchaus auf Beobachtung. Denn wir können nichts beobachten, was nicht von dieser Welt wäre. Für Dinge, die nicht von dieser Welt sind, gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte.

closs hat geschrieben: Es gibt keine naturwissenschaftlichen Modelle. - Philosophische Modelle gibt es zuhauf, nur dass man das nicht "Modell" nennt. -

Richtig, es sind keine Modelle im wissenschaftlichen Sinn. Böse könnte man sagen: es sind Hirngespinste oder sagen wir: es sind Fantasyprodukte.

closs hat geschrieben: Und erneut: Von der "Insel" aus kann man Dinge außerhalb der Insel methodisch nicht so angehen wie Dinge innerhalb der "Insel".
Kannst du irgendeinen Zeugen benennen, der innerhalb der Insel war?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#1353 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von sven23 » So 18. Okt 2015, 16:19

Savonlinna hat geschrieben: Ich fragte, weil man zu ihnen keine Modelle machen kann, keine Voraussagen treffen kann.
Och, die Gehirnforschung kann schon einiges zu Träumen sagen. Natürlich ist nicht vorhersagbar, was geträumt wird.

Savonlinna hat geschrieben: Was ist mit den Gedanken? Gehören sie zum Diesseitigen und liegen "überprüfbar" vor uns?
Wenn du dich in einen Kernspintomographen legst, kann man zumindest sehen, ob und welche Gehirnareale aktiv sind. Insofern sind sie überprüfbar, nicht die Inhalte.
Ich kenne überhaupt nichts, was nicht von dieser Welt wäre, du?
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#1354 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » So 18. Okt 2015, 16:23

Savonlinna hat geschrieben:Den Begriff habe ich eben gerade selber geprägt, ich wollte damit nur meine Beobachtungen zusammenfassen.
Das ist ok - dafür ist Sprache da.

Savonlinna hat geschrieben:Da ich wirklich völlig ahnungslos bin, was Du als "Gott" wahrnimmst, kann ich es zufriedenstellend nicht beantworten.
Das Wort "Gott" macht aus meiner Sicht überhaupt nur Sinn, wenn es definiert ist als das, aus dem alles kommt und das Person ist (hat was mit der Logik der Dialektik zu tun) - das verstehe ich unter "Gott". - Also eine nicht hinreichende, aber notwendige Defintion über eine Funktions-Beschreibung.

Savonlinna hat geschrieben:Gerade junge Leute - die, mit denen ich arbeite - bezeichnen sich wieder ... als gläubig, als gottgläubig.
Und da wäre interessant, ob diese Leute eine Funktions-Beschreibung dessen haben, was sie mit "Gott" meinen. - Verstehst Du: Ich möchte wissen, worauf sich "Religiosität" heute bezieht.

Savonlinna hat geschrieben:Auch im Mittelalter war dieser Konflikt schon da: der Rationalismus der Philosophie wurde gekontert von der Mystik
Wobei "Rationalismus" ganz richtig als "Ismus" bezeichnet wird - denn meines Wissens haben gerade die Mystiker nie den Eindruck erweckt, "irrational" zu sein - im Gegenteil: Sie haben der weltlichen Realität eine höhere Realität entgegengestellt (nicht nur in der Mystik).

Das gilt übrigens auch noch heute. Spätestens seit dem Beginn der Romantik und die sie (mit-)auslösende Ernüchterung über die Grenzen der menschlichen Ratio sollte diese Einsicht eigentlich Bildungs-Gemeingut sein.

Savonlinna hat geschrieben:Je mehr die Naturwissenschaft das alltägliche Leben beeinflusste, desto stärker wurden auch diese Bewegungen.
Dann wären sie wohl als Gegen-Bewegungen zu bezeichnen, gell?

Savonlinna hat geschrieben:uch die, die sich Christen nennen, fragen nach "Gott" wie nach einem Ding der Naturwissenschaft, das entweder da ist oder nicht da ist.
Ich kann nach wie vor meine Erkenntnis nicht revidieren, dass geistiges "Da-Sein" von etwas nur über menschliche Thematisierung (egal ob emotional oder intellektuell) geschehen kann.

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#1355 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » So 18. Okt 2015, 16:25

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Es gibt keine naturwissenschaftlichen Modelle. - Philosophische Modelle gibt es zuhauf, nur dass man das nicht "Modell" nennt. -

Richtig, es sind keine Modelle im wissenschaftlichen Sinn. Böse könnte man sagen: es sind Hirngespinste oder sagen wir: es sind Fantasyprodukte.
Armes Deutschland. :(

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#1356 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » So 18. Okt 2015, 16:28

sven23 hat geschrieben:Wenn es diese Setzung gibt, dann stützt sie sich aber durchaus auf Beobachtung.
Nein. :lol: - Diese Setzung betrifft nicht die Insel, sondern eben das, was NICHT auf der Insel beobachtbar ist. - Der "normale Inselbewohner" kann NICHT beobachten, wohin diese "Insel" hingehört, weil er nicht einmal die Ränder der eigenen Insel betritt (am ehesten tut das die Quantenmechanik und die Mathematik).

sven23 hat geschrieben:Böse könnte man sagen: es sind Hirngespinste oder sagen wir: es sind Fantasyprodukte.
Es ist nicht böse, sondern offensiv beschränkt.

sven23 hat geschrieben:Kannst du irgendeinen Zeugen benennen, der innerhalb der Insel war?
Hä? - Hast Du das Bild nicht verstanden? - WIR leben auf dieser Insel. - Was meinst Du mit "innerhalb"???

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#1357 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von sven23 » So 18. Okt 2015, 16:40

closs hat geschrieben: - Diese Setzung betrifft nicht die Insel, sondern eben das, was NICHT auf der Insel beobachtbar ist. - Der "normale Inselbewohner" kann NICHT beobachten, wohin diese "Insel" hingehört, weil er nicht einmal die Ränder der eigenen Insel betritt (am ehesten tut das die Quantenmechanik und die Mathematik).
Du verstehst nicht. Wir können nichts beobachten, was nicht von dieser Welt wäre. Das wäre die Setzung des Materialismus. Gegenbeweise fehlen.

closs hat geschrieben: Es ist nicht böse, sondern offensiv beschränkt.
Offensiv ehrlich würde ich sagen. Manche meinen ja, es sei eine Tugend, sich selbst in die Tasche zu lügen. ;)

closs hat geschrieben: Hä? - Hast Du das Bild nicht verstanden? - WIR leben auf dieser Insel. - Was meinst Du mit "innerhalb"???
Das war deine Metapher:
"Von der "Insel" aus kann man Dinge außerhalb der Insel methodisch nicht so angehen wie Dinge innerhalb der "Insel"."
Deshalb noch mal die Frage: kennst du jemanden der weiß, wie man "innerhalb" der Insel methodisch herangeht?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1358 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » So 18. Okt 2015, 16:49

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Da ich wirklich völlig ahnungslos bin, was Du als "Gott" wahrnimmst, kann ich es zufriedenstellend nicht beantworten.
Das Wort "Gott" macht aus meiner Sicht überhaupt nur Sinn, wenn es definiert ist
Und für mich ist Definieren hier das Überflüssigste, was man machen kann.

Entweder man ist fähig, in irgendeiner Weise zu vermitteln, was konkret in einem abläuft, wenn man gläubig ist, oder ich nehme ihm nicht ab, dass da überhaupt etwas abläuft. Definitionen kann jeder machen, sie beeindrucken mich nicht.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Gerade junge Leute - die, mit denen ich arbeite - bezeichnen sich wieder ... als gläubig, als gottgläubig.
Und da wäre interessant, ob diese Leute eine Funktions-Beschreibung dessen haben, was sie mit "Gott" meinen. - Verstehst Du: Ich möchte wissen, worauf sich "Religiosität" heute bezieht.
Das bringst Du ja selber nicht rüber.
Du willst eine "Funktionsbeschreibung"?
Kontrolliert die Dein Gott an der Grenze, ob die richtige Definition drauf steht?
In was verrennst Du Dich eigentlich. "Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder..." steht irgendwo.

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#1359 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » So 18. Okt 2015, 17:05

sven23 hat geschrieben: Wir können nichts beobachten, was nicht von dieser Welt wäre. Das wäre die Setzung des Materialismus.
Richtig - genau das ist die materialistische Prämisse.

sven23 hat geschrieben: Gegenbeweise fehlen.
Diese KANN es nicht geben, weil es dann von dieser Welt wäre.

sven23 hat geschrieben: kennst du jemanden der weiß, wie man "innerhalb" der Insel methodisch herangeht?
Meinst Du: an das, was außerhalb ist? - Da gibt es eine Kohorte von Philosophen, die dies seit Jahrtausenden tut. - Nur ist diese Methodik keine Methode im Sinne Poppers, weil Popper ausdrücklich seine Methodik auf Objekte innerhalb bezieht und beschränkt.

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#1360 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » So 18. Okt 2015, 17:10

Savonlinna hat geschrieben:Entweder man ist fähig, in irgendeiner Weise zu vermitteln, was konkret in einem abläuft
Das ist eine GANZ andere Fragestellung.

Savonlinna hat geschrieben:Und für mich ist Definieren hier das Überflüssigste, was man machen kann.
Dann sollte man aber das Wort "Gott" ("gott-gläubig", etc.) tunlichst nicht verwenden, sondern einfach über seine eigenen inneren Vorgänge sprechen.

Savonlinna hat geschrieben:Kontrolliert die Dein Gott an der Grenze, ob die richtige Definition drauf steht?
Ganz und gar nicht. - An der Grenze wird die nord-koreanische Mutter, die mit Liebe und Leid ihre Kinder durchgebracht hat, aus meiner Sicht einen VIP-Stempel ;) bekommen, obwohl sie nie vom christlichen Gott etwas gehört hat.

Reden wir hier über einen Austausch von inneren Vorgängen unsererseits oder auf einer Meta-Ebene, von der aus wir nachdenken, was unter Gott oder Sein oder Wahrnehmung zu verstehen ist? - Zwei sehr interessante Themen - zwei komplett unterschiedliche Themen.

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