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von michaelit » Mo 8. Dez 2014, 19:24
Meiner Ansicht nach ist die Bibelverehrung zu einem großen Teil Schuld an der Totalität mancher Anteile der christlichen Ideologie. Für mich stellt sich das so dar daß viele Bibelstellen unkritisch übernommen werden ohne daß genau geprüft wird, ist es gut und annehmbar was in der Bibel steht, oder ist es das nicht. Man hat die totalitären Stellen in der Bibel mitzunehmen mit dem Argument daß es zur Gerechtigkeit gehört alles in der Bibel zu glauben und daß man keine Rosinenpickerei zu veranstalten hat. Genau das ist aber falsch. Wenn ich mir eine politische Theorie anschaue, dann kann ich ja normalerweise alles darin prüfen und testen, um am Ende sagen zu können, die Theorie ist gut oder die Theorie ist nicht gut, bzw welche Teile der Theorie gut sind und welche schlecht sind. Dieselbe Vorgehensweise wird aber im Bezug auf die Bibel geächtet. Wenn ich nun etwa nachschaue was die Bibel über nachweislich harmlose und normale Dinge wie Homosexualität aussagt, dann finde ich einige Schriftstellen die die HS ächten ohne daß genau begründet wird warum sie das tut. Und als Christ hätte ich diese Bibelstellen zu respektieren ansonsten lebte ich außerhalb oder zumindest befände sich mein Glaubensleben außerhalb des Willens Gottes.
Der große Makel dieser Bibellektüre ist die Beharrung darauf daß die Bibel göttlich inspiriert und dabei noch unfehlbar ist. Das ist wirklich falsch denn so werden irrige Menschenmeinungen noch Jahrtausende nach ihrer Niederschrift für bare Münze genommen, akzeptiert, geglaubt und in der Religion als Direktive durchgesetzt. Hätte Jesus nicht ein paar wichtige Bemerkungen gemacht wie etwa die zu der Frau die beim Ehebruch gefaßt wurde und gesteinigt werden sollte, dann würden Steinigungen immer noch durchgeführt. Es fehlt das selbständige Denken des Menschen das sich unter das klar erkennbare Gute stellt wie man es in manchen Bibelstellen wiederfindet, in anderen aber eben nicht. Wenn man diese bestimmten guten Bibelstellen ernst nimmt, dann erklären sich die negativen Bibelstellen für nichtig. Etwa so, in den 10 Geboten steht, du sollst nicht töten. Wie kann man daher jemanden von Amts wegen hinrichten? Oder auch, du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst, wie kann nun ein liebender Mensch einen anderen Menschen töten, etwa im Krieg oder wiederum beim Thema Todesstrafe? Ebenso gilt, da ich meinen Gott lieben soll und da wir wissen was Liebe bedeutet, was kann das anderes heißen als daß Gott auch mich liebt? Und was kann das widerum anderes heißen als daß Gott auch die anderen Menschen liebt und nie jemanden in die Hölle werfen will? Und wenn es in der Bibel heißt daß Jesu' Opfergang am Kreuz für die ganze Welt gilt, wie kann dann jemand auf die Idee kommen daß Atheisten oder Muslime oder Buddhisten nicht gerettet werden wenn es doch Gott ist der uns rettet, und wenn die Erlösung nun einmal nicht von uns sondern von Gott abhängt?
Es fehlt für mich der Wille dazu daß der gute Wille Gottes ernstgenommen wird und daß ihm nicht mit altertümlichen und falschen Bibelstellen das Wasser abgegraben wird. Mein Taufspruch lautet so, "Der Herr ist freundlich und seine Güte währt ewiglich". So ein Bibelspruch verträgt sich etwa keineswegs mit der Geschichte von der Sintflut oder mit der Hiobsgeschichte. Da ich aber nun meinen Taufspruch ernst nehme sind die anderen zwei Bibelstellen für mich nichtig, oder, sagen wir es einmal so da das Buch Hiob doch große poetische und literarische Qualität hat, mein Taufspruch gehört zu den Generalstellen der Bibel der sich andere Stellen die mit ihm in Konflikt stehen, als höherwertig übergeordnet ist.
Wenn man die Bibel als menschengemacht ansieht, und dafür gibt es auch vielerlei Beweise aus der modernen theologischen Bibelwissenschaft, dann ist die Bibel genauso zu betrachten wie anderes das von Menschen gemacht wurde. Es wird gutes und richtiges und wahres in sich haben, doch aber auch Unsinn, Böses und Falsches. Wer die Bibel vollständig als wahr und gottinspiriert sieht und ihr folgt, der versucht eigentlich dasselbe was Paulus an den römischen Juden kritisiert die sich auf das Gesetz verlassen. Bist du in einem Detail schuldig, bist du am Großen und Ganzen Buch schuldig und daher schon verdammt. Glaubst du hingegen an Jesus und siehst das Neue an seiner Herrschaft und an seiner Auferstehung, dann wirst du frei vom sowieso fehlschlagenden Versuch Gott durch das Halten der ganzen Bibel gerecht werden zu wollen.
Der totalitäre Eindruck den viele Menschen von Gott haben liegt an der totalitären Unterwerfung unter die Bibel die von manchen Christen geleistet und gefordert wird. Wenn man nämlich die Bibel wegnimmt geht von Gott kein Schrecken mehr aus und man sieht ihn unter dem Eindruck unserer wunderbaren Welt, und man sieht Jesus unter dem Eindruck der Kernpunkte seines Lebens, nämlich Liebe, Vergebung und Heilung zu bringen, den eigenen Tod hinzunehmen um die Welt nicht zu richten, und uns an seiner Auferstehung teilhaben zu lassen damit wir keine Angst mehr vor dem Tod und vor der Hölle haben zu brauchen. Solange die Christenheit sich so deutlich der Bibel unterwirft, solange haben wir einen totalitären Gott, denn die Bibel und ihre Forderungen sind einfach totalitär, das kann man dann auch nicht mehr umdeuten. Ein Gott der so etwas wie die Sintflut bewirkt, der kann nur als totalitär verstanden werden. Da aber die Sintflut nachweislich nicht geschehen ist, und da wie oben schon gesagt die Bibel ein fehlerhaftes Menschenwerk ist das noch andere Fehler als die Sintflutgeschichte in sich hat, ist Gott eben nicht totalitär da er sich gar nicht mit diesen Bibelfehlern identifiziert.
So sehe ich das Thema.
LG
Daniel