closs hat geschrieben:Demnach gibt es ein traditionelles Geist-Verständnis, demnach Geist nicht Folge von Materie, sondern Materie von Geist ist - reine Glaubenssache, beide Setzungen sind nicht falsifizierbar. - Die Interaktion zwischen Materie und Geist sind zwar neurowissenschaftlich beobachtbar, nicht aber die Frage nach "Henne und Ei" beantwortbar.
Ein „Geist“-Verständnis, ohne sagen zu können, was „Geist“ sein soll?
Natürlich ist das nicht falsifizierbar, es fehlt ja die konkrete Vorstellung.
Ohne eine konkrete Vorstellung kann ich keine Haltung dazu aufbauen, denn es stellt sich sofort die Frage, zu „was“ ich eine Haltung aufbauen soll.
Vermutete Zusammenhänge zwischen „Geist“ und „Materie“ helfen da nicht weiter.
Glaubensrichtungen, die diese Zusammenhänge mal so oder so voraussetzen, haben im Grunde keine Bedeutung, solange sie nicht sagen können, an was sie bei „Geist“ glauben.
closs hat geschrieben:„Robust" ist sie, weil es diese (m)eine Festlegung seit ewigen Zeiten gibt und auch noch in 1000 Jahren geben wird - weil es eine Grundsatz-/Glaubens-Frage und keine wissenschaftliche Frage ist.
„Ewige Zeiten/1000Jahre“ ist keine Argumentationsgrundlage und die Robustheit kann ich erst bestätigen, wenn ich eine konkrete Festlegung prüfen kann.
closs hat geschrieben:"Nach Hegel" wäre vielleicht weiterführend
Das habe ich schon vermutet. Bestimmt steckt der „hegelsche Gottesbeweis“ dahinter (wobei ich den nicht kenne).
closs hat geschrieben:Gott ist NICHT dialektisch - in der Tat (falls Du das meinst).
Ob „Gott ist“, kann ich erst ab dem Moment einer brauchbaren Festlegung prüfen.
closs hat geschrieben:Geht mindestens auf Th.v.Aquin zurück, der meint, es sei leichter zu sagen, was Gott NICHT ist, als was Gott "ist". - Das hat damit zu tun, dass "Gott" als unerkennbar (= jenseits unseres Horizonts) zu verstehen ist, so dass nur indirekte Annäherung möglich ist ("Gott ist NICHT SilverBull"/"Gott ist NICHT weltlich"/etc.)
Wenn man sagt, dass „Gott“ etwas nicht ist, dann schränkt man lediglich den Suchumfang ein wenig ein.
Da aber gleichzeitig mit „unerkennbar/jenseits unseres Horizontes“ argumentiert wird, öffnet man diesen Suchumfang auf ???
Was übrig bleibt ist lediglich eine Denktäuschung.
closs hat geschrieben:Es gibt ganz wesentliche Unterschiede zwischen naturwissenschaftlicher und geistiger Erkenntnis-Wege.
Welche wären das und wie ist die Qualität vor dem Hintergrund der Wahrnehmungstechnik einzuschätzen?
closs hat geschrieben:Wenn Subjekt ("Forscher") und Objekt ("Forschungs-Gegenstand") in gleicher Dimension sind, ist Naturwissenschaft immer das Mittel der Wahl - aber genau das ist bei "Geist" nicht der Fall. - "Geist" wäre in diesem Bild ein ins Dasein Hineinreichende, das aber selbst seinen Ursprung nicht in der Dimension des Daseins hat.
Es handelt sich immer um denselben Definitionsansatz:
„Geist“ ist nicht das, was die Naturwissenschaften analysieren können, "ist nicht der gleichen Dimension", "ragt aber hinein".
Was „Geist“ sein soll und wie die Hineinragkonstellation möglich sein soll, wird nicht gesagt. Das wäre aber das Wesentliche.
closs hat geschrieben:Mir (und wahrlich nicht nur mir) ist es einige Male im Leben passiert, dass man sich gegenseitig geistig "erkannt" hat - man schaut sich an und ist nach 5 Minuten geistig weiter als woanders nach 2 Jahren oder nie. - Egal, ob diese Begegnungen um die Ecke oder in Kasachstan stattfinden - der jeweils andere ist drauf oder nicht.
Das Gehirn hat eine sehr grosse Mustererkennungsfähigkeit (sogar fast einen Zwang), die allerdings oft auch ins Leere läuft.
closs hat geschrieben:Meine Nachfrage beruht darauf, dass nicht selten kolportiert wird, es könne etwas nicht "sein", wenn es nicht wahrnehmbar ist.
Wie oft ist bei diesen Fällen festgelegt, um was es bei „etwas“ gehen soll?
Ohne Festlegung, die zu einer konkreten Vorstellungen führt, erübrigt sich jegliches Nachdenken über Existenzen.
closs hat geschrieben:Das heisst: Es gibt aus Deiner Sicht nur Modelle, die eine Berührung von Subjekt und Objekt voraussetzen ("Ich kann Dich wahrnehmen, und dazu verwende ich folgendes Modell") - richtig?
Nein, es gibt bestimmt viele „Modelle“, aber da wir bestimmte Erkenntnisse über das Gehirn haben, ist es ein Qualitätsmerkmal, wenn ein „Modell“ diese Zusammenhänge erklären kann.
closs hat geschrieben:Die Gravitationswellen hat noch keiner gemessen (wahrgenommen) und trotzdem kümmert man sich (sicherlich mit gutem Grund) drum - will heißen: Es gibt auch Modelle ohne Bezug zu physikalischen Wahrnehmungs-Nachweisen. - Oder nicht?
Ich weiss nicht, wie Wissenschaftler mit bisher nicht bewiesenen Zusammenhängen umgehen. Ich tendiere dazu, diesen Vermutungen nicht die „volle Punktzahl“ zu geben.
Wenn also jemand sagt, dass es keine Gravitationswellen gibt und die Wirkungen auf astronomische Objekte (und sonstige Zusammenhänge) anders erklärt werden können, dann sehe ich darin eine Chance die Wahrnehmung zu verbessern. Das sollte geprüft werden und bei einer tatsächlichen Verbesserung hätte jeder was davon.
closs hat geschrieben:Das würden Christen genauso sagen, die ja nur in Ausnahmefällen an irgendwelchen theoretischen Gedanken interessiert sind. - Man stellt als Christ dann fest, dass es anderen genauso geht, darf es aber nicht "intersubjektiv" nennen, weil es nicht jeden betrifft.
Die Frage ist aber: wird die Wahrnehmung von „christlichen Inhalten“ von aussen angeregt oder handelt es sich um eine Art Autosuggestion?
(Wenn ich es richtig verstehe, wird die Beteiligung von Sinneszellen von niemandem behauptet)
closs hat geschrieben:Dieses Problem wird gängigerweise dadurch gelöst, dass man sich auf die methodische Ebene zurück-verkriecht und sagt: "Nicht nachweisbar, ALSO NICHT RELEVANT". - Lass Dir diesen Satz mal auf der Zunge zergehen
Nun, ich habe es bereits geschrieben, dass ich, als Teil eines Wahrnehmungssystems, nur mit Vorstellungen umgehen kann.
Wenn es um einen Sachverhalt geht, der lediglich aus einer unvollständigen Vermutung besteht, dann kann ich keine Vorstellung aufbauen. Dadurch stellt sich die Frage nach der Relevanz (auf Basis von Nachweisbarkeit) gar nicht.
closs hat geschrieben:Im Alltag bin ich voll auf Deiner Seite - bei Grundsatz-Diskussionen muss man meines Erachtens anders vorgehen, nämlich wirklich prinzipiell denken (auf keine Fall utilitaristisch). - Also nicht "Wozu etwas gut ist", sondern "Ob etwas sauber gedacht ist".
Das „saubere Denken“ kann ich nicht bestätigen, wenn die „Was-soll-das-sein“-Fragen offen bleiben und die eindeutig feststellbaren materiellen Umstände nicht einbezogen werden.
Wenn der Umfang des „sauberen Denkens“ keine Verbindung zur Realität hat, dann ist meist ein erhebliches Täuschungsrisiko in den Voraussetzungen enthalten.
closs hat geschrieben:Allerdings muss ich Dir zustimmen, dass Menschen/Religionen dazu neigen, in Vertretung eines Absoluten zu meinen und sich so darzustellen, als hätte es auf sie abgefärbt.
Genau, z.B. beim Verdacht, „jemand“ hätte das Universum erschaffen. Es wird nicht in Frage gestellt, ob unsere Denkmechanismen „dort“ eine Gültigkeit besitzen.
Da wird festgelegt, dass alles eine Ursache haben muss, also gibt es den Erschaffer, der natürlich selbst eine Ausnahme ist und nicht erschaffen wurde – logisch.
Ich nehme mich bei der Ursprungsfrage sehr stark zurück und sage: „moment mal, wieso soll mein Gehirn, das in einer natürlichen Erdsituation entstanden ist, für den Ursprung des gesamten Universums eine vernünftige Datenauswertung liefern?“
closs hat geschrieben:Denn substantiell kann Wissenschaft zu geistigen Fragen (im obigen Sinn von "Geist") nichts beitragen - Wissenschaft hat bei geistigen Fragen allenfalls eine Hilfsfunktion
Was sollen „geistige Fragen“ sein?
closs hat geschrieben:Selbstverständlich gehen auch geistige Vorgänge nicht spurlos am Gehirn vorbei, können also dort nachgewiesen werden (wir haben nur mal nichts anderes als unser Gehirn, um zu denken und Empfindungen anzuzeigen).
Was sollen „geistige Vorgänge“ sein?
Wie wirken „geistige Vorgänge“ auf das Gehirn ein?
Wie wirkt das Gehirn auf „geistige Vorgänge“ ein?
Was ist die Aufgabe des Gehirns?
Warum brauchen „geistige Vorgänge“ ein Gehirn?