Der totalitäre Gott.

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sven23
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#121 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » Mo 8. Dez 2014, 10:19

ThomasM hat geschrieben:Warum sollte man sich von etwas trennen, wenn man in der Lage ist, den Hintergrund und die Ursache solcher Äußerung zu erkennen. Das nennt man Exegese.

Manchmal denke ich, diese Disziplin ist extra für die Bibel erfunden worden. Anders kommt man aus dem Textwirrwar nicht heraus.


ThomasM hat geschrieben: Aber wir leben in einem freien Land. Du darfst gerne die heilige Schrift nach Sven dem Propheten schreiben. Vielleicht wird ja auch eine Religion nach dir benannt.

So weit kommts noch. :lol:
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Savonlinna
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#122 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von Savonlinna » Mo 8. Dez 2014, 10:57

sven23 hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Fundamentalistische Christen gehen genauso wie Du vor: sie lesen nicht historisch und ignorieren die Entwicklung des Christentums.
Das ist falsch. Gerade, weil man historisch kritisch vorgeht, merkt man sehr schnell, daß da einiges nicht stimmen kann.
Ich kann jetzt nur von Dir reden, nicht von "man". Du merkst es offenbar eben gerade nicht, ich muss Dich immer darauf aufmerksam machen. Du beschreibst den "Bibelgott", als gäbe es ihn. Denn Du kennst seine Eigenschaften und findest die nicht okay.

sven23 hat geschrieben:Daß das heutige Christentum sich gewandelt hat, habe ich schon mehrmals anerkennend erwähnt.
Gut. Aber der Bibelgott hat sich - wenn ich Deine Worte richtig deute - nicht gewandelt. Der ist nach Deiner Erfahrung totalitär.
Ich lese einfach nur, was Du schreibst.
Zwar hast Du auch eingeräumt, dass man nicht über Gott selber sprechen kann, sondern nur über Gottesvorstellungen, aber das scheinst Du dann wieder aus dem Auge zu verlieren und "weist nach" - indem Du kritiklos Zitate aus der antiken Sicht als gültig für den "Bibel"gott bringst -, dass dieser Gott existiert.
Dass es keinen Bibelgott geben kann - weil Gott nicht identisch mit einer von Menschen gemachten Schriftensammlung sein kann - kannst Du, wenn ich Dich lese - offenbar nicht nachvollziehen.

sven23 hat geschrieben:Wenn man aber die Fehler der Vergangenheit leugnet und z. B. Inquisition als etwas lobenswertes hinstellt, dann muß man dazwischen gehen.
Zitierst Du mal den User, der Inquisition als etwas Lobenswertes dargestellt hat?
Und begründest, dass die heutigen Christen an einen totalitären Gott glauben?

Ich kann in Deinen Argumentationen keine logische Linie erkennen, das ist wohl das, warum ich Dir hier antworte. Ich wünschte mir da mehr Fachwissen, weniger blinde Gottgläubigkeit - auch wenn Du diesen Gott kritisierst. Aber glauben tust Du an ihn, Du personifizierst ihn sogar - was nicht einmal alle Christen tun.

Savonlinna hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: So wird de facto aber oft argumentiert. Man drückt beide Augen vor der Tatsache zu, dass viele moderne Christen gar nicht mehr an einen totalitären Gott glauben, es vielleicht sogar nie getan haben.
Das will man nicht hören, nicht wissen, nicht sehen.
Doch, wenn das so ist, ist das doch begrüßenswert. Der totalitäre Bibelgott (oder auch Islamgott) ist doch keine Erfindung der Kritiker, sondern eine nachweisbare Tatsache, die aber nur allzu gerne verdrängt wird.
Siehst Du? Da schreibst Du es doch selbst: der totalitäre Bibelgott sei "nachweisbar".
Nur weist Du seine Existenz eben nicht nach. Für Dich ist seine Existenz "pausibel", er ist bewiesen, weil Du ihn wahrnimmst.
Wenn es Dir nicht einmal selber gelingt, zu verstehen, dass es unmöglich einen Bibelgott geben kann, weil der von Dir oder anderen selber konstruiert wird -, wie willst Du dann das an anderen kritisieren?

ThomasM
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#123 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von ThomasM » Mo 8. Dez 2014, 12:07

sven23 hat geschrieben: Manchmal denke ich, diese Disziplin ist extra für die Bibel erfunden worden. Anders kommt man aus dem Textwirrwar nicht heraus.
Nein eigentlich nicht.
Textanalyse ist ein allgemein gebräuchliches Mittel mit Texten umzugehen. Auch die Berücksichtigung der Denk- und Sichtweise des Autors ist eine übliche Methode der Geisteswissenschaft.
Die historisch-kritische Methode ist die Anwendung dieser Methoden auf eben die Bibel, das beinhaltet tatsächlich einige spezielle Rahmenbedingungen. So ist ein exegetisches Fundament eben die Annahme, dass es Gott gibt oder eben die Annahme, dass es Gott nicht gibt.

Im ersten Fall besteht die Aufgabe darin, das Reden Gottes in den Texten der Menschen herauszuhören.
Im zweiten Fall gibt es kein Reden Gottes und alles ist menschliche Konstruktion.

Verständlicherweise kommt man da zu völlig unterschiedlichen Auslegungen.

Wörtlich nimmt diese Texte niemand, insbesondere die Leute nicht, die behaupten, die Texte wörtlich zu nehmen.

Gruß
Thomas
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sven23
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#124 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » Mo 8. Dez 2014, 12:31

Savonlinna hat geschrieben:Ich kann jetzt nur von Dir reden, nicht von "man". Du merkst es offenbar eben gerade nicht, ich muss Dich immer darauf aufmerksam machen. Du beschreibst den "Bibelgott", als gäbe es ihn. Denn Du kennst seine Eigenschaften und findest die nicht okay.

Richtig, ich finde die in der Bibel beschriebenen Eigenschaften nicht ok. Nicht mehr und nicht weniger. Im Grunde üben wir hier Literaturkritik, d. h. wir (ich) kritisieren das in der Bibel vorgestellte Gottesbild.


Savonlinna hat geschrieben: Gut. Aber der Bibelgott hat sich - wenn ich Deine Worte richtig deute - nicht gewandelt. Der ist nach Deiner Erfahrung totalitär. .

Ich habe keine "Erfahrung" mit Gott, ich beschreibe nur, was geschrieben steht und was die Anhänger teilweise daraus machen.
Ob Gott sich geändert hat, kann ich nicht beurteilen. Laut Bibel geht das ja eigentlich nicht.


Savonlinna hat geschrieben: Dass es keinen Bibelgott geben kann - weil Gott nicht identisch mit einer von Menschen gemachten Schriftensammlung sein kann - kannst Du, wenn ich Dich lese - offenbar nicht nachvollziehen.

Doch, das ist doch gerade mein Punkt. Der grausame AT Gott wird doch sogar von vielen verteidigt, ja man will uns sogar seine Grausamkeiten als Werke der Liebe verkaufen. Da steht man halt nur noch kopfschüttelnd und ratlos da.

Savonlinna hat geschrieben: Zitierst Du mal den User, der Inquisition als etwas Lobenswertes dargestellt hat?

Ich will hier niemanden in die Pfanne hauen, aber es war wie so oft Catholic. :lol:
Sinngemäß sagte er, daß er froh darüber sei, daß es die Inquistion gegeben habe. Andere stimmten mehr oder weniger zu.

Savonlinna hat geschrieben: Und begründest, dass die heutigen Christen an einen totalitären Gott glauben?

Wie schon gesagt, ist heute der radikale Islam das größere Problem.
Denkt man aber an radikalisierte Evangelikale in USA, die die Todesstrafe befürworten und als Abtreibungsgegner selbst vor Mord an Ärzten nicht zurückschrecken, dann kann man hier schon Symphatie für einen totalitären Gott feststellen.

Savonlinna hat geschrieben: Ich kann in Deinen Argumentationen keine logische Linie erkennen, das ist wohl das, warum ich Dir hier antworte. Ich wünschte mir da mehr Fachwissen, weniger blinde Gottgläubigkeit - auch wenn Du diesen Gott kritisierst. Aber glauben tust Du an ihn, Du personifizierst ihn sogar - was nicht einmal alle Christen tun.

Da ich mich maximal als nicht gläubigen Agnostiker sehe, kann ich diesen Vorwurf überhaupt nicht verstehen. Wie kommst du darauf??????


Savonlinna hat geschrieben: Siehst Du? Da schreibst Du es doch selbst: der totalitäre Bibelgott sei "nachweisbar".
Nur weist Du seine Existenz eben nicht nach. Für Dich ist seine Existenz "pausibel", er ist bewiesen, weil Du ihn wahrnimmst.
Wenn es Dir nicht einmal selber gelingt, zu verstehen, dass es unmöglich einen Bibelgott geben kann, weil der von Dir oder anderen selber konstruiert wird -, wie willst Du dann das an anderen kritisieren?

Grandioses Mißverständnis.
Wenn ich von Nachweisen rede, dann anhand der Bibel, von der einige Glauben, sie sei das wortwörtliche Wort Gottes. Wenn dem so wäre, passen die Grausamkeiten nicht mit einem liebenden, gütigen Gott zusammen. Auf diesen Widerspruch mache ich aufmerksam, nicht mehr und nicht weniger.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#125 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » Mo 8. Dez 2014, 12:33

ThomasM hat geschrieben: Wörtlich nimmt diese Texte niemand, insbesondere die Leute nicht, die behaupten, die Texte wörtlich zu nehmen.

Gruß
Thomas

In vielen Fällen kann man ja auch froh darüber sein.
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#126 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von Salome23 » Mo 8. Dez 2014, 12:42

sven23 hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Zitierst Du mal den User, der Inquisition als etwas Lobenswertes dargestellt hat?
Ich will hier niemanden in die Pfanne hauen, aber es war wie so oft Catholic. :lol:
Sinngemäß sagte er, daß er froh darüber sei, daß es die Inquistion gegeben habe. Andere stimmten mehr oder weniger zu.
Na ich weiss nicht, ob du da nicht doch etwas "missverstanden" hast :geek:
Siehe diese Diskussion

ThomasM
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#127 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von ThomasM » Mo 8. Dez 2014, 12:59

Salome23 hat geschrieben: Na ich weiss nicht, ob du da nicht doch etwas "missverstanden" hast :geek:
Siehe diese Diskussion
Wie ich das sehe, kritisiert Sven, dass es die Inquisition überhaupt gegeben hat.
Während catholic betont, dass es immerhin einem rechtstaatlichem Prozess gefolgt ist, was damals bei weitem keine Selbstverständlichkeit war (dass sich die höchsten Häupter eines Staates auch Recht und Gesetz unterzuordnen hatten, ist eine Erfindung, die erst ein paar Jahrhunderte später gemacht wurde.)

Aber selbst, wenn man die Rechtsstaatlichkeit des Prozesses als irrelevant empfindet: Auch die persönliche Freiheit des einzelnen und das Verbot, die Gesinnung von jemanden zu überwachen, ist erst in neuerer Zeit erfunden worden und wird neuerdings wieder zunehmend in Frage gestellt (diesmal nicht von den Christen).

Gruß
Thomas
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#128 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von Pluto » Mo 8. Dez 2014, 13:25

Savonlinna hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Daß das heutige Christentum sich gewandelt hat, habe ich schon mehrmals anerkennend erwähnt.
Gut. Aber der Bibelgott hat sich - wenn ich Deine Worte richtig deute - nicht gewandelt. Der ist nach Deiner Erfahrung totalitär.
Ich lese einfach nur, was Du schreibst.
Zwar hast Du auch eingeräumt, dass man nicht über Gott selber sprechen kann, sondern nur über Gottesvorstellungen, aber das scheinst Du dann wieder aus dem Auge zu verlieren und "weist nach" - indem Du kritiklos Zitate aus der antiken Sicht als gültig für den "Bibel"gott bringst -, dass dieser Gott existiert.
Dass es keinen Bibelgott geben kann - weil Gott nicht identisch mit einer von Menschen gemachten Schriftensammlung sein kann - kannst Du, wenn ich Dich lese - offenbar nicht nachvollziehen.
Naja...
Wenn man (wie es die meisten Christen tun) davon ausgeht, dass die Bibel "Gottes Wort in Menschenhand" ist, dann sieht man schon sehr deutliche Veränderungen. Dazu sah ich einmal eine sehr schöne Analogie:

Der Bibelgott des AT ist wie ein gewaltiger, zerklüfteter und kantiger Berg in den Alpen: Das AT zeichnet uns einen sehr autoritären Gott des Zorns und der Rache. Dies entspricht dem Zeitgeist der damaligen Zeit Noahs und Abrahams. Wenn man das NT betrachtet, so ist es zwar in seinen Konturen immer noch derselbe, inzwischen aber stark verwitterte Berg: Er gleicht einem Hügel wie im Schwarzwald. Immer noch dominierend und mächtig aber mit sanften Flächen zum genießen und ausruhen. Er hat sich zu einem Gott der Liebe gewandelt, ganz so wie Ihn Jesus zeichnet.

Und Heute?
Wenn man die evangelischen Landeskirchen betrachtet ist von dem einst mächtigen, die Landschaft dominierenden, Berg nur wenig zu erkennen: Wo einst maächtige Felsen und gefährliche Abgründe standen, erheben sich hie und da noch einige kleine Hügel, an denen der Berg nur noch schemenhaft zu erkennen ist. So wie dieser Berg sich im Lauf der Zeit verändert hat, hat der "Zahn der Zeit" (die Menschenhand) an dem Glauben genagt, ihn geschliffen und gehobelt (geprüft, und das Gute erhalten?). Er hat sich in die Landschaft eingegliedert: Keine Ecken, Klippen und Schluchten mehr. Er hat sich gewandelt und vom einst mächtigen Berg ist nur noch wenig zu erkennen.

Dass viele Christen bei diesem Bild, Gott wieder in voller Pracht auferstehen sehen möchten, ist daher für mich sehr verständlich und auch nachvollziehbar.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#129 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » Mo 8. Dez 2014, 13:43

Salome23 hat geschrieben: Na ich weiss nicht, ob du da nicht doch etwas "missverstanden" hast :geek:
Siehe diese Diskussion

Ich meinte auch eher diese Stelle hier:

Catholic schrieb:
"Dann sollte sich mancher Zeitgenosse mal Gedanken machen,wo der Fehler liegen könnte--bei den historischen Erkenntnissen oder bei seiner eigenen materialistischen Weltsicht.
Ich bin jedenfalls froh,dass es die Inquisition im Mittelalter gab."

Ps. Ich bin übrigens nicht froh darüber.
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#130 Re: Der totalitäre Gott.

Beitrag von sven23 » Mo 8. Dez 2014, 13:47

ThomasM hat geschrieben: Wie ich das sehe, kritisiert Sven, dass es die Inquisition überhaupt gegeben hat.

Richtig, aber auch, daß sie heute immer wieder mal verharmlost und relativiert wird.

ThomasM hat geschrieben: Aber selbst, wenn man die Rechtsstaatlichkeit des Prozesses als irrelevant empfindet: Auch die persönliche Freiheit des einzelnen und das Verbot, die Gesinnung von jemanden zu überwachen, ist erst in neuerer Zeit erfunden worden und wird neuerdings wieder zunehmend in Frage gestellt (diesmal nicht von den Christen).

Auch das ist richtig, aber aus anderen Motiven. (NSA usw.)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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