Die Anatomie des Willens

Säkularismus
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closs
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#111 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Mo 14. Okt 2013, 15:20

Magdalena61 hat geschrieben: Aber der Mensch entscheidet, wie weit er sich auf "unbekanntes Terrain" vorwagt, wie weit er sich auf Gott einlässt... und wie viel an Erkenntnis er zulassen will.
Da hakt's noch. - Wenn Dir jemand das Dir (vermutlich) "unbekannte Terrain" Buddhismus vor die Nase halten würde und er Dir Deine Entscheidung, diesbezüglich keine "Erkenntnis zuzulassen", zum Vorwurf machen würde, würdest Du Dich auch nicht schuldig fühlen.

Genau so empfindet aber der Agnostiker/Atheist/Moslem/Buddhist/etc., wenn er sich nicht auf das "unbekannte Terrain" des Christentums einlässt. - Jeder meint, er habe die rechte Erkenntnis mit SEINER Version. - Jeder "will" zu dieser Version stehen - weil das andere nicht überzeugend klingt. - Ich komme mit dem Begriff "Wille" nach wie vor nicht zurecht, wenn man ihm mehr als die Funktion eines Handwerkszeugs zugesteht, das in die Hand genommen wird, NACHDEM man erkannt hat, dass es sich lohnt, weiter zu graben.

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Naqual
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#112 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Naqual » Mo 14. Okt 2013, 18:57

Hm, irgendwie sitze ich bei dem Threadthema beim Überlegen auf einem ganz anderen Ast.

Ich finde die Einzahl des Begriffs "Willen" schon irreführend.
Der Normalzustand ist ein Konklomerat divergierenden als auch harmonisierenden Wollens.
Beispiele für divergierend:
Ich will körperlich starke Muskeln haben, ich will mich aber nicht bewegen, sondern geruhsam einfach Faulsein genießen.
Ich will gesunder Nichtraucher sein, will aber auch die Zigaretten genießen.
Ich will frei sein, bin aber auch manchmal froh, wenn mir einer Entscheidungen abnimmt,
Ich will das es anderen gut geht, will aber nichts von mir dafür investieren, usw.

Der Wille kann dann sinnvollerweise auf sich selbst bezogen werden. Also der Wille ist es, ein Wollen sekundär zum andern sein zu lassen.
Gehorsam ist eigentlich die Negierung des eigenen Willens zugunsten eines fremden Willens. Wer also Gott gehorsam sein möchte, kann dies nur, weil er einen anderen Willen hat. Die Gottesferne ist hier die Voraussetzung für den Gehorsam, während der Wille zum Gehorsam schon wieder Gottesnähe ist. Also das innerlich zerteilte und zerissene Subjekt statt eine harmonische Einheit als Individuum, das der himmlische Idealzustand wäre.

closs
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#113 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Mo 14. Okt 2013, 19:37

Naqual hat geschrieben: Also das innerlich zerteilte und zerissene Subjekt statt eine harmonische Einheit als Individuum, das der himmlische Idealzustand wäre.
Dia-bollei - der Diabolus. Das, was die Einheit trennt so wie das geworfene Messer eine Holzscheibe in verschiedene Teile spaltet. - Oder das, was das runde Stück Holz spaltet in Scheite (scheitan - der Satan). - Das Prinzip der Trennung von Bewusstsein zu Gott hin und Bewusstsein zum Ich hin.

Warum das? - Weil (wie ich glaube) Gott will, dass der Mensch über das Ich bewusst Gott erkennt - dass sich also der Mensch ebenbildlich entfaltet. - Und dazu bedarf es der Spaltung/Trennung zwischen Gott und Mensch - denn als Embryo In Gott (Paradies) lernt der Mensch nicht laufen. - Insofern: Was hat Wille überhaupt mit Erkenntnis zu tun?

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lovetrail
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#114 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von lovetrail » Mo 14. Okt 2013, 20:15

Magdalena61 hat geschrieben:am Anfang steht nicht überzeugende "Erkenntnis", bei den meisten Leuten nicht, sondern rationale Überlegungen, der Intellekt.
In eher seltenen Fällen offenbart sich Gott durch Träume oder Visionen, als Einstieg in den Glauben. Von solchen Erlebnissen hört man beispielsweise von Menschen in Ländern, in denen die Bibel nicht bekannt ist und das Evangelium nicht gepredigt werden darf, z.B. von Muslimen.
Hallo Magdalena!

Meinst du nicht auch, dass die rationale Überlegung, der Intellekt mit dem Evangelium überfordert ist?
Den "Griechen", welche sich für weise halten, ist der Gekreuzigte meist eine Torheit.

Magdalena hat geschrieben:Der Impuls, sich mit Fragen des Glaubens auseinander zu setzen kommt von Gott (der Vater "zieht"). Hier wird jeder Mensch gleichermaßen "betreut", da Gott möchte, "dass alle Menschen errettet werden".
Aber nur diejenigen, die sich- willentlich- dafür entscheiden, der Sache nachzugehen und auf den Ruf Gottes bereitwillig zu reagieren, zu antworten, werden mit zunehmender (wahrer Gottes-) Erkenntnis gesegnet. So verstehe ich z.B. Joh. 14,21.
Jesus sagt:
Alles, was mir der Vater gibt, wird zu mir kommen, und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen;(Joh.6,37: Elb.)
Da antwortete Jesus und sprach zu ihnen: Murrt nicht untereinander! Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht; und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag. Es steht in den Propheten geschrieben: "Und sie werden alle von Gott gelehrt sein." Jeder, der von dem Vater gehört und gelernt hat, kommt zu mir.(Joh.6,43-45; Elb.)
Am Rande sei erwähnt, dass alle von Gott gelehrt sein werden und deshalb auch zum Sohn kommen werden und er wird sie nicht hinausstoßen.
vgl: Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen. (Joh.12,32)

Das sind Aussagen die sind für die rationale Überlegung wahrlich schwer zu erfassen.

lg lovetrail
Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, so wird Christus dich erleuchten!

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lovetrail
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#115 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von lovetrail » Di 15. Okt 2013, 08:33

Magdalena hat geschrieben:Aber nur diejenigen, die sich- willentlich- dafür entscheiden, der Sache nachzugehen und auf den Ruf Gottes bereitwillig zu reagieren, zu antworten, werden mit zunehmender (wahrer Gottes-) Erkenntnis gesegnet. So verstehe ich z.B. Joh. 14,21.
Guten Morgen!

15 Wenn ihr mich liebt, so werdet ihr meine Gebote halten;
16 und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit,
17 den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht noch ihn kennt. Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.
18 Ich werde euch nicht verwaist zurücklassen, ich komme zu euch.
19 Noch eine kleine Weile, und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich: Weil ich lebe, werdet auch ihr leben.
20 An jenem Tag werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch.
21 Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden; und ich werde ihn lieben und mich selbst ihm offenbaren.(Joh.14,15-21; Elb.)


Folgende Dinge fallen mir hierbei auf: Die Apostel haben den heiligen Geist noch nicht.
Man kann Vers 15 und 21 "konditional" (bedingend) oder deskriptiv(beschreibend) lesen oder auch konsekutiv (als Folge).
Ich denke, um Jesus wirklich lieben zu können, braucht es eine geistlich gewirkte Einsicht, wer Er denn überhaupt ist, wofür sein Name überhaupt steht.
Aber es ist möglich, dass dies in einer Art "step-by-step" Verfahren offenbart wird. Das heißt man bekommt mal eine kleine Ahnung und wird von dieser Ahnung angezogen. Da kommt der freie Wille ins Spiel, der sich in einem gewissen Rahmen sträuben kann. Doch prinzipiell steht mE dieser "freie Wille", der ja eigentlich beim verlorenen Menschen ein Eigenwille ist, eher im Weg.
Darum wählt mE Gott auch gerne die Schwachen und die "Nichtse" aus, da jene auch einen schwachen Eigenwillen haben.

Weiters ist zu fragen, ob denn die "johanneische Perspektive" für die Juden nicht ein anderes "setting" darstellt, als die "paulinische Situation" mit den (vorwiegend) Heiden.
Bei Paulus erscheint die Perspektive radikalisiert. Schöpfer-Schöpfung. Leben-Tod. Adam-Christus. Dunkelheit-Licht. Alle haben gesündigt und verfehlen die Herrlichkeit. Da hilft kein Gebote halten mehr. Da hilft nur mehr der Glaube an die Gerechtigkeit Gottes, welche in Jesu Sühneopfer erschienen ist.

lg lovetrail
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Magdalena61
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#116 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Magdalena61 » Di 15. Okt 2013, 09:59

closs hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben: Aber der Mensch entscheidet, wie weit er sich auf "unbekanntes Terrain" vorwagt, wie weit er sich auf Gott einlässt... und wie viel an Erkenntnis er zulassen will.
Da hakt's noch. - Wenn Dir jemand das Dir (vermutlich) "unbekannte Terrain" Buddhismus vor die Nase halten würde und er Dir Deine Entscheidung, diesbezüglich keine "Erkenntnis zuzulassen", zum Vorwurf machen würde, würdest Du Dich auch nicht schuldig fühlen.
Im Buddhismus findet man viele Parallelen zum Christentum; ähnliche Werte.
"Wer den Willen meines Vaters tut...."-- überlassen wir es Jesus, wie er die Leute beurteilen wird, die reinen Herzens sind. Fehlende Informationen kann man immer noch updaten, das sollte für Gott kein Problem sein.

Was Gott sagt, das gilt doch für alle Menschen:
Spr 8,17 (Luther): Ich liebe, die mich lieben, und die mich suchen, finden mich.
Das ist doch nicht nur exklusiv für Juden und für Christen. Sollten wirklich alle Menschen, die das Pech hatten, am falschen Ort geboren worden zu sein, verloren gehen, weil niemand ihnen sagte, was sie tun müssen, um in den Genuß der Barmherzigkeit Gottes zu kommen? Lässt sich ein solches Denken mit der Gerechtigkeit Gottes vereinbaren?
closs hat geschrieben:Genau so empfindet aber der Agnostiker/Atheist/Moslem/Buddhist/etc., wenn er sich nicht auf das "unbekannte Terrain" des Christentums einlässt. -
Mir ging es nicht um Vereinsmeierei, sondern um die Gotteserkenntnis.
Wahre Gläubige... verhalten sich ähnlich, mit denen kann man auch reden, demütige Muslime z.B. respektieren meinen Glauben und versuchen nicht, mich "zu bekehren".
closs hat geschrieben:Jeder meint, er habe die rechte Erkenntnis mit SEINER Version. - Jeder "will" zu dieser Version stehen - weil das andere nicht überzeugend klingt.
Jeder muß nach bestem Wissen und Gewissen handeln.
Ich glaube, dass wir auch nicht alles richtig verstehen, obwohl wir die Bibel haben. Alleine innerhalb des Christentums gibt es ja schon viele unterschiedliche Lehren und Gemeinschaften, die sich teilweise nicht sehr grün sind.
closs hat geschrieben:Ich komme mit dem Begriff "Wille" nach wie vor nicht zurecht, wenn man ihm mehr als die Funktion eines Handwerkszeugs zugesteht, das in die Hand genommen wird, NACHDEM man erkannt hat, dass es sich lohnt, weiter zu graben.
Der Wille steuert die Bereitschaft, zu hören... und sich danach auszurichten.

Wenn du das anders siehst, gibt es ein großes Problem. Wenn man annimmt, der Wille des Menschen sei ferngesteuert, dann muß man gleichzeitig Gott die Verantwortung für die Sünde des Menschen anlasten. Das widerspricht aber dem Zeugnis der Bibel total.
LG
God bless you all for what you all have done for me.

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kamille
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#117 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von kamille » Di 15. Okt 2013, 10:30

Magdalena61 hat geschrieben:Der Wille steuert die Bereitschaft, zu hören... und sich danach auszurichten.
Hallo Magdalena.
Der Wille ist eine stumme Kraft, eine Feder im Wind, und da wo der Wind hinbläst, fliegt auch die Feder.
Der Wind im Menschen stellt seine Liebe dar. Auch wenn es nur ein Gefallen an etwas ist, oder nur ein Interesse oder eine Neigung, so reicht es meistens aus, dass der Wille ebenfalls diese Richtung annimmt.
Große Leidenschaften stellen dann schon einen Liebessturm dar.
Es mag wohl oft innere Kämpfe geben, wo die Seele oder das Gemüt sagt, .." lass das, gib es auf..", aber wenn die Liebe oder das noch so kleine Gefallen an etwas nicht völlig abgeödet ist, also weg ist, dann kann die Seele sich nicht lange beherrschen und bei der nächsten Gelegenheit verfällt sie ihrer Liebschaft und der Wille somit auch.

Der Wille hat also keine Ohren um zu hören und sich auszurichten, denn er ist stumm und ohne Entscheidungsmöglichkeit, weil er dafür auch kein Denkvermögen hat. Allein die Seele entscheidet , ist aber von ihrer Liebe zu irgend etwas abhängig.

Gruß kamille
Jesus Christus spricht:..Siehe, ich bin bei euch alle Tage.....

closs
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#118 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von closs » Di 15. Okt 2013, 11:01

Magdalena61 hat geschrieben:Sollten wirklich alle Menschen, die das Pech hatten, am falschen Ort geboren worden zu sein, verloren gehen, weil niemand ihnen sagte, was sie tun müssen, um in den Genuß der Barmherzigkeit Gottes zu kommen? Lässt sich ein solches Denken mit der Gerechtigkeit Gottes vereinbaren?
Eben nicht - da sind wir uns einig.

Magdalena61 hat geschrieben:Wenn man annimmt, der Wille des Menschen sei ferngesteuert
Nein - meine ich nicht. - Er ist von der eigenen wahren oder unwahren Erkenntnis gesteuert, die einem gegeben ist oder nicht: (Deut. 29,3) "Aber einen Verstand, der wirklich erkennt, Augen, die wirklich sehen, und Ohren, die wirklich hören, hat der Herr Euch bis zum heutigen Tag nicht gegeben".

Magdalena61 hat geschrieben:dann muß man gleichzeitig Gott die Verantwortung für die Sünde des Menschen anlasten.
Es ist meiner Ansicht nach vollkommen egal, wer die "Verantwortung" für die Sünde hat - das ist mir zu "aufgeklärt" gedacht - als ginge es darum. - Es geht darum, dass das zur Erkenntnis notwendige Irren seinen Weg zurückfindet zu Gott.

Wahrscheinlich gehst Du im Gegensatz zu mir nicht davon aus, dass der Sündenfall notwendig war.

Magdalena61 hat geschrieben:Das widerspricht aber dem Zeugnis der Bibel total.
Welchem konkret? - Gibt es ein biblisches Zeugnis, das den Sündenfall als vermeidbar darstellt?

Lena
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#119 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von Lena » Di 15. Okt 2013, 11:10

Von Natur aus ist der Wille oft unfrei durch Triebe und Süchte gehemmt. Ein Mensch der durch Gottes Gnade befreit wurde, der will Gottes Willen tun, weil er mit seinem Verstand, seiner Vernunft, seinem Willen, seinen Gefühlen, also mit seinem ganzen Menschsein erkennt: Der Wille Gottes ist der allerbeste. Also will ich.... :D...was Er will.... :Herz: Dazu wurde uns der freie Wille gegeben um zu dieser Erkenntnis zu gelangen.
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

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kamille
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#120 Re: Die Anatomie des Willens

Beitrag von kamille » Di 15. Okt 2013, 11:36

Lena hat geschrieben:Also will ich.... ...was Er will.... Dazu wurde uns der freie Wille gegeben um zu dieser Erkenntnis zu gelangen.

Hallo Lena.
Frage, warum kann der Wille dann nicht was er will ??

Weil seine Liebe zu etwas noch nicht abgeödet ist. Erst wenn dieser Vorgang beendet ist, dann ist der Wille frei.
Jesus Christus spricht:..Siehe, ich bin bei euch alle Tage.....

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