Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

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Pluto
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#101 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Sa 26. Sep 2015, 16:55

Savonlinna hat geschrieben:
Wikipedia hat geschrieben:Teleologie (altgriechisch τέλος télos „Zweck, Ziel, Ende“ und λόγος lógos „Lehre“) ist die Lehre, dass Handlungen oder überhaupt Entwicklungsprozesse an Zwecken orientiert sind und durchgängig zweckmäßig ablaufen.
https:/de.wikipedia.org/wiki/Teleologie
Der Wiki Artikel ist mir bekannt.
Das Problem in der Welt ist, dass Vieles in der Natur teieologisch entstanden zu sein scheint (Kommt seit Aristoteles in den besten kreationistischen Kreisen vor).

Es gibt aber auch evolutive Modelle, die ohne eine Zweck Oerientierung auskommen, und sich an den Notwendigkeiten des Lebens ausrichten.
Das Auge, z- Bsp. ist ein derart nützliches Organ, dass es mindestens 40 Mal in der Natur entstanden ist.
Ist das teleologisch?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

SilverBullet
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#102 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von SilverBullet » Sa 26. Sep 2015, 16:58

closs hat geschrieben:Wie Du zurecht sagst: "Technik".
Bestimmt täusche ich mich, aber mir kommt es so vor, als ob du die Technik (ich setze es nicht in Anführungszeichen) eher gering schätzt.

Aus meiner Sicht ist die Technik die Basis, d.h. alles was nicht auf die Technik zurückzuführen ist, ist entweder nicht so, wie man es vermutet oder es muss noch eine andere Technik geben.

So wie ich es sehe, kennen wir keine andere Wahrnehmungstechnik.
Evtl. gibt es gar keine andere Technik.

closs hat geschrieben:Das wäre wieder einmal einer dieser gefährlichen Momente, in denen das Instrument ("Technik") zu Weltanschauungen inspiriert.
Wenn man analysiert, wie etwas (in diesem Fall „Wahrnehmung“) funktioniert und technische Zusammenhänge den Umfang der Möglichkeiten einschränken, dann sehe ich darin keine Weltanschauung sondern einen vernünftigen und zielführenden Ansatz.

Dass ich im Alltag die praktischen Vorstellungsentwürfe des Gehirns verwende, versteht sich von selbst.

closs hat geschrieben:Sie sind es deshalb, weil Deine Aufteilung von "Realität" und "Nicht-Realität" den Eindruck erweckt, dass nicht sinnlich Wahrnehmbares nicht "real" sei.
Ich hoffe, dass dieser Eindruck „Spuren wie von einem Vorschlaghammer“ hinterlässt, denn die Sinneszellen sind die einzigen Nervenzellen, die auf etwas anderes als elektrische Impulse reagieren.
Nach den Sinneszellen kann man nur noch elektrische Impulse feststellen, die durchs neuronale Netz geschleust werden.

Da dies eine Datenverarbeitung ist, sind sämtliche Zusammenhänge virtueller Natur, d.h. sie liegen nicht real vor, sondern ergeben sich auf Basis der Schaltabläufe.

Wer hier andere Zusammenhänge vermutet, muss sich auf die Suche nach dem Ausgang und Wiedereingang (rund um diese Datenverarbeitung) begeben, denn die Muskeln werden durch Gehirnaktivität und Motoneuronen (elektrische Impulse) gesteuert.

closs hat geschrieben:Dann aber kollidiert man mit der Philosophie-Geschichte (es gab Jahrhunderte, in denen die "Realien" geistige Dinge waren) und mit dem Alltagsverständnis (Du wirst keinen Christen finden, der Gott als "nicht real" bezeichnen würde, weil es so klingt, als gäbe es ihn nicht).
Manchmal kollidieren neue Erkenntnisse mit alten Ansichten.
So funktioniert Wahrnehmung.
Neue Blickwinkel => bessere Vorstellung.

Was soll „Geist“ sein?

Wie es aussieht, kenne ich keinen Christen, der mir erklären könnte, was „Gott“ sein soll.

closs hat geschrieben:in Deinem Modell ist es tatsächlich so.
OK, „Butter bei die Fische“: Was ist dein Modell?

Bitte nicht vergessen:
bei „meinem Modell“ können beliebig viele Menschen um das aktive Gehirn herumstehen, darauf zeigen und sagen „da ist es“.
Ich bin gespannt, ob dies bei „deinem Modell“ auch möglich ist.

closs hat geschrieben:Dann wäre aber die Frage: Wie würdest Du das nennen, was unabhängig davon, ob und wie wir etwas wahrnehmen, "ist" (bzw. sein kann).
Na ja, ich wurde in einem anderen Thema gefragt: „was ist Materie?“
Ich habe dann gesagt, dass ich nicht wissen kann, was etwas ist - ich kann nur sagen was etwas sein soll, d.h. welche Vorstellung ich habe.

Das Konzept von „sein/existieren“ gehört zuerst einmal nur in die Wahrnehmung, denn dort ist es entstanden.
In wie weit man das nach aussen tragen kann, muss sich erst beweisen.
Die Physik hat aktuell das Problem mit den Quantenzusammenhängen.
Irgendwie scheint unser Denken sehr gut in die Datenzusammenhänge unserer Weltauflösung zu passen, aber wenn man ins Detail „absteigt“, dann stimmt dieses Denken nicht mehr.
D.h. unsere Vorstellung von „Sein/Existenz“ müsste sich für diesen Bereich anpassen.

Das, was in unserer Weltauflösung unabhängig von der Wahrnehmung vorhanden sein könnte, würde ich als das „potentiell Wahrnehmbare bzw. die potentielle Realität“ bezeichnen, wenn es über unsere Sinne erfassbar ist (oder natürlich Messgeräte, die eine Art Umwandlung für die Sinne durchführen).

Wenn aber „etwas“ per Definition nicht wahrnehmbar sein soll, dann stellt sich die Frage
„Was soll es sein?“ und anschliessend „was soll ich damit zu tun haben?“.
(bitte die Reihenfolge beachten)

closs hat geschrieben:Nach DEREN Modell. - Aus meiner Sicht muss man hier tiefer schürfen.
Richtig: Nach DEREN „Modell“, dessen Bestandteile sinnlich beobachtbar/wahrnehmbar sind (also real).

Deine Sicht musst du unbedingt im Detail beschreiben.

closs hat geschrieben:Zustimmung. - Das war auch vom Prinzip her Descartes bewusst
Na ja, so wie ich Descartes Haltung kennen gelernt habe, soll dieses „Ich“ vermutlich kein Gehirnablauf sein - sondern eher „Geist“ (was auch immer das sein soll).

Und wie er in diesem Zusammenhang auf „Gott“ kommt, ohne zu erklären, was das sein soll, kann ich auch nicht nachvollziehen.

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Savonlinna
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#103 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Sa 26. Sep 2015, 17:21

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:No go.
Natürlich No Go. - Darf das davon abhalten, grundlegende Begriffe zu definieren?
Verstehst Du echt den Unterschied nicht, den Du doch selber Christenkritikern, die die HKM scheinbar benutzen, x-mal vorgehalten hast: dass sie das Ergebnis vorwegdefinieren wollen, indem sie ihre Prämissen als Ergebnisse auftischen?
Genau dasselbe machst Du. Der Begriff "Sein" soll untersucht werden, und Du willst ihn lieber definieren.
Das kann doch nicht wahr sein, dass Du den Unterschied plötzlich nicht mehr verstehst.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Du willst das Ergebnis definieren, das aus der semantischen Begriffsanalyse erst untersucht werden müsste?
Nein - siehe oben:
Savonlinna hat geschrieben:Außerdem will ich nicht das ERGEBNIS definieren, sondern die Begriffe, die zu erforschen sind.
Sage ich doch. Du willst das Erforschen der Begriffe überspringen, indem Du schon mal festlegst, was als Ergebnis rauszukommen habe.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wie erforscht ein Sprachwissenschaftler die Nutzung des Begriffes "Nation" im Laufe der Jahrtausende? Indem er schon mal selber definiert, wie man "Nation" verstanden hat? Nein.
Natürlich nicht - was hat das mit dem Thema zu tun?
Die Parallele ist:
Die einen wollen die Semantik des Begriffes "Nation" erforschen, die anderen wollen die Semantik des Begriffes "Sein" erforschen.
Egal, ob Nation oder Sein: das Ergebnis darf im Vorhinein durch Definition nicht unterwandert werden.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Meine Frage lautete: Wer hat das Wort "Sein" geprägt? :) Dein Zitat gibt auf diese Frage keine Antwort. Es wäre aber als allererstes zu klären, was dieser Begriff durch die Jahrhunderte bedeutet hat, wozu er benutzt wurde. Oder wann er zuerst für welchen Zweck benutzt wurde.
"Als allererstes" NICHT - wiewohl es ein interessantes Thema wäre.

Würde man Deinen Weg gehen, gäbe es unendliche Diskussionen, die mit Sicherheit zu keinem Ergebnis führen würden - alleine schon deshalb, weil dazu ein Leben nicht reichen würde. - Es geht hier nicht um Philosophie-Geschichte, sondern um Substanz.
Es geht natürlich nicht um Philosophiegeschichte, sondern um Sprachgeschichte.

Solange Du Dich weigerst, zur Kenntnis zu nehmen, dass ein Begriff von Menschen für einen bestimmten Zweck entwickelt wurde, solange entziehst Du Dich dem Untersuchen.


closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Für mich ist "Sein" das, was "ist", egal ob wir davon wissen oder nicht und egal ob es stofflicher oder geistiger Art ist.

Was aber eine extrem unexakte Aussage ist
Warum ist es so schwer zu vermitteln, dass es etwas jenseits unserer Wahrnehmung etwas geben könnte? - Auch DAS ist ungenau formuliert - aber versteht man wirklich nicht die Substanz dieser Aussage? - Einfachste Dinge sind offensichtlich nicht mehr kommunizierbar.
Umgekehrt: Nicht mehr kommunizierbar ist Undurchdachtes.
Ich bin wirklich bereit, zwischen Deinen Zeilen zu lesen, damit ich verstehen kann, was Du meinst, auch wenn Du es apodiktisch ausdrückst.
Aber erwarten kannst Du nicht von mir, dass ich Kraut und Rüben als "einfachstes Ding" verstehen soll.

Denn wenn man über Monate oder gar ein Jahr nicht erreicht, dass man "einfachste Dinge" kommunizieren kann, dann kann es daran liegen, dass sich hinter diesen einfachsten Dingen eine Ideologie versteckt, die sich gewaschen hat.

Denn warum blockst Du stark ab, sobald man Deine Begriffe untersuchen will?
Warum versuchst Du dem schnell durch Eigendefinitionen zuvorzukommen?
Vor allem durch Definitionen, die mir ja bekannt sind.
Lass doch einfach mal zu, dass man auch an Deine Begriffe herangeht, wie man es bei jedem Sachautor machen würde.

Dieser Thread gibt die Chance, alles und jedes zu befragen.
Tun wir es gründlich, ohne Mogelei, dann kommen wir von alleine auf die richtigen Antworten.
Blockst Du aber ab, dann haben wir wieder allgemeines und unverständliches Geschwafele.

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#104 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Sa 26. Sep 2015, 17:31

Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
Wikipedia hat geschrieben:Teleologie (altgriechisch τέλος télos „Zweck, Ziel, Ende“ und λόγος lógos „Lehre“) ist die Lehre, dass Handlungen oder überhaupt Entwicklungsprozesse an Zwecken orientiert sind und durchgängig zweckmäßig ablaufen.
https:/de.wikipedia.org/wiki/Teleologie
Der Wiki Artikel ist mir bekannt.
Das Problem in der Welt ist, dass Vieles in der Natur teieologisch entstanden zu sein scheint (Kommt seit Aristoteles in den besten kreationistischen Kreisen vor).

Es gibt aber auch evolutive Modelle, die ohne eine Zweck Oerientierung auskommen, und sich an den Notwendigkeiten des Lebens ausrichten.
Das Auge, z- Bsp. ist ein derart nützliches Organ, dass es mindestens 40 Mal in der Natur entstanden ist.
Ist das teleologisch?
Ich überlege grad:

Solange man VERMUTET, dass es aus dem oder einem anderen Grund sich entwickelt haben könnte - und zwar als Privatmensch -, solange ist es vielleicht nur LATENT teleologisch. ;)
Wir Menschen können es kaum verhindern, etwas als Zweck für etwas anderes zu sehen.
Aber wenn man es fest behauptet, und vor allen Dingen so behauptet wie Du ->
Pluto hat geschrieben:Unser Gehirn hat sich nicht dazu entwickelt, um die Wahrnehmung zu verstehen, sonder um uns in der realen Welt zu dienen und zurecht zu finden.
dann erinnert mich das in seiner Argumentationsstruktur vollkommen an die mancher Christen:
'Gott hat etwas nicht darum gemacht, weil... sondern darum, weil...'

Man tut so, als wüsste man voll Bescheid, warum Gott oder die Natur dies gemacht und jenes nicht gemacht hat.
Teleologisch ist es in beiden Fällen, da man den Zweck des Ganzen ja voll zu durchschauen behauptet.

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#105 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Pluto » Sa 26. Sep 2015, 18:03

Savonlinna hat geschrieben:Wir Menschen können es kaum verhindern, etwas als Zweck für etwas anderes zu sehen.
Ja. Das ist ein Problem. Deshalb können wir mit Hilfe der Wissenschaft überprüfbare Modelle erstellen, und dies durch Beobachtung verifizieren.
Aus teleologischer Sicht gibt es keine Modelle die das "wie" beschreiben.


Savonlinna hat geschrieben:Man tut so, als wüsste man voll Bescheid, warum Gott oder die Natur dies gemacht und jenes nicht gemacht hat.
Teleologisch ist es in beiden Fällen, da man den Zweck des Ganzen ja voll zu durchschauen behauptet.
Das ist ein Problem im Forum. Hier ist nicht der geeignete Ort um eine wissenschaftliche Studie durchzuführen, also begrenzt man sich auf die wesentlichen Erkenntnisse.
Der Unterschied zwischen Teleologie und Erkenntnis wird deutlich, wenn man den Weg der Erkenntnis untersucht.
Teleologisch sagt man: "Es ist wie es ist". Die Wissenschaft bemüht sich zu verstehen wie es dazu kam, dass etwas ist wie es ist.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#106 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Sa 26. Sep 2015, 19:21

Pluto hat geschrieben:Unsere Wahrnehmung ist für den Alltag völlig ausreichend.
Absolut - auf dieser Ebene hast Du recht.

Pluto hat geschrieben:Wir sind gezwungen, Erkenntnisse anderer auf Vertrauensbasis anzunehmen.
Ein echtes Problem, weil damit die Manipulationsgefahr unendlich hoch ist - aber wohl nicht zu ändern.

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#107 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von NIS » Sa 26. Sep 2015, 19:28

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Unsere Wahrnehmung ist für den Alltag völlig ausreichend.
Absolut - auf dieser Ebene hast Du recht.

Pluto hat geschrieben:Wir sind gezwungen, Erkenntnisse anderer auf Vertrauensbasis anzunehmen.
Ein echtes Problem, weil damit die Manipulationsgefahr unendlich hoch ist - aber wohl nicht zu ändern.
SO ist es, Closs, oder? :wave: :Herz:
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#108 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Sa 26. Sep 2015, 20:09

SilverBullet hat geschrieben:Bestimmt täusche ich mich, aber mir kommt es so vor, als ob du die Technik (ich setze es nicht in Anführungszeichen) eher gering schätzt.
Da täuscht Du Dich tatsächlich - Dein Instinkt ist trotzdem ganz gut: Es mißfällt mir manchmal, wenn Ebenen verwechselt werden. - So kam es hier auf dem Forum des öfteren vor, dass bspw. "Methodik" mit "Philosophie" verwechsellt wurde.

SilverBullet hat geschrieben:dann sehe ich darin keine Weltanschauung sondern einen vernünftigen und zielführenden Ansatz.
Da hast Du ja auch recht - - Die Technik-Ebene ist nicht das Problem.

SilverBullet hat geschrieben:Ich hoffe, dass dieser Eindruck „Spuren wie von einem Vorschlaghammer“ hinterlässt, denn die Sinneszellen sind die einzigen Nervenzellen, die auf etwas anderes als elektrische Impulse reagieren.
Unbenommen. - Halten wir also fest: Du definierst "Realität" als das, was über Wahrnehmung nachweisbar ist - einverstanden?

SilverBullet hat geschrieben:Neue Blickwinkel => bessere Vorstellung.
Das ist eine Wertung, die umgekehrt genauso stimmt. - Ich sehe in den heutigen Blickwinkeln keinen Fortschritt, sondern neutral eine Verlagerung der Perspektive.

SilverBullet hat geschrieben:Was soll „Geist“ sein?
Aus heutig vorherrschender Perspektive ein Ergebnis von Schaltabläufen. - Aus anderer Perspektive die Grundlage der materiellen Welt - also ganz diametral.

SilverBullet hat geschrieben:Wie es aussieht, kenne ich keinen Christen, der mir erklären könnte, was „Gott“ sein soll.
Manche können es schon gut erklären - unabhängig davon wird Gott als reale Macht verstanden (in anderer Definition von "real", als Du sie vorziehst).

SilverBullet hat geschrieben:Was ist dein Modell?
Soweit sind wir noch nicht (wird sonst OT). - Mir ging es um die Aussage, dass Antworten zur Frage x abhängig sind vom Modell, mit dem man sie beantwortet.

SilverBullet hat geschrieben:D.h. unsere Vorstellung von „Sein/Existenz“ müsste sich für diesen Bereich anpassen.
Vorstellungen, also Wahrnehmungen, können und sollen sich auch ändern. - Die Frage wäre: Glaubst Du, dass sich damit DAS ändert, worüber man seine Vorstellungen ändert?

SilverBullet hat geschrieben:Richtig: Nach DEREN „Modell“, dessen Bestandteile sinnlich beobachtbar/wahrnehmbar sind (also real).
Im Sinne Deines Systems ist das absolut richtig.

SilverBullet hat geschrieben:Ich bin gespannt, ob dies bei „deinem Modell“ auch möglich ist.
Wahrscheinlich NICHT, weil es dort keinen vergleichbaren methodischen Schulterschluss gibt wie bei Dir. - Methodisch wird Dein Weg aller Voraussicht nach intersubjektiv nachvollziehbarer sein.

Dies hat damit zu tun, dass wir Unterschiedliches untersuchen. - Dein Objekt ist per Definition immer im Zugriffsbereich wissenschaftlicher Methodik - dies ist bei spirituellen Fragestellungen NICHT der Fall. - Somit stellt sich ein ganz anderes Feld zwischen "Sein" und "Wahrnehmung" dar.

SilverBullet hat geschrieben:Das, was in unserer Weltauflösung unabhängig von der Wahrnehmung vorhanden sein könnte, würde ich als das „potentiell Wahrnehmbare bzw. die potentielle Realität“ bezeichnen, wenn es über unsere Sinne erfassbar ist (oder natürlich Messgeräte, die eine Art Umwandlung für die Sinne durchführen).
Und wenn NICHT?

SilverBullet hat geschrieben: so wie ich Descartes Haltung kennen gelernt habe, soll dieses „Ich“ vermutlich kein Gehirnablauf sein - sondern eher „Geist“ (was auch immer das sein soll).
Das ist wohl so. - Das Problem ist davon unabhängig: "Wie kann man per Wahrnehmung ("Subjekt") feststellen, ob Wahrgenommenes ("Objekt") ) Projektion des eigenen Bewusstseins oder unabhängig vom eigenen Bewusstsein Seiendes ist?".

Du wirst sehen: Dieses Problem ist nicht lösbar - außer durch Glauben ("Ich glaube, dass das, was ich beobachte, 'echt' ist").

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#109 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Sa 26. Sep 2015, 20:29

Savonlinna hat geschrieben:Der Begriff "Sein" soll untersucht werden, und Du willst ihn lieber definieren.
Wie willst Du etwas untersuchen, was Du nicht vorher definiert hast? Das ist so ähnlich wie "Setzen Sie sich schon mal, der Stuhl kommt später".

Savonlinna hat geschrieben: Du willst das Erforschen der Begriffe überspringen
Natürlich - es geht hier rein ums Handwerkszeug, ohne das man nicht kommunizieren kann.

Savonlinna hat geschrieben:Die Parallele ist: Die einen wollen die Semantik des Begriffes "Nation" erforschen, die anderen wollen die Semantik des Begriffes "Sein" erforschen. Egal, ob Nation oder Sein: das Ergebnis darf im Vorhinein durch Definition nicht unterwandert werden.
Ich verstehe Dich schon - aber wir haben doch hier einen ganz anderen Fall.

Hier reden wir über "Wahrnehmung" und "Sein", wobei mit "Sein" DAS gemeint ist, was Ziel und Zweck der Wahrnehmung ist (wenn man will, kann man "Sein" streichen und dafür "Objekt" sagen - Worte sind Schall und Rauch). - Und da steht zum Beispiel die Frage im Raum, ob Wahrgenommenes in seinem Wesen abhängig davon ist, ob und wie es wahrgenommen wird. - Das ist die eigentliche und unbeantwortete Frage - nicht die Rezeptions-Geschichte des Wortes "Sein" ("Entität", etc) - selbst wenn das sehr interessant ist. - Wir würden es aber nicht schaffen, weil - über Stichwörter-Wissen hinaus - dieses Feld für uns nicht qualifiziert überschaubar ist.

Savonlinna hat geschrieben:Solange Du Dich weigerst, zur Kenntnis zu nehmen, dass ein Begriff von Menschen für einen bestimmten Zweck entwickelt wurde, solange entziehst Du Dich dem Untersuchen.
Genau das tue ich doch auch: für einen Zweck sprachliches Handwerkszeug sammeln.

Savonlinna hat geschrieben:Denn warum blockst Du stark ab, sobald man Deine Begriffe untersuchen will? Warum versuchst Du dem schnell durch Eigendefinitionen zuvorzukommen?
Weil dann ganz andere Fragestellungen rauskämen - das heisst: Das sprachliche Handwerkszeug wird umgeschmiedet und man kann nicht mehr projekt-bezogen kommunizieren.

Savonlinna hat geschrieben:Lass doch einfach mal zu, dass man auch an Deine Begriffe herangeht, wie man es bei jedem Sachautor machen würde.
Ich sehe die Gefahr der Thema-Verfehlung. - Ein Beispiel: Wenn ein Neurowissenschaftler an den Begriff "Geist" herangeht, wird er diesem Begriff die Definition SEINES Systems geben und dementsprechende naturwissenschaftliche Antworten geben - komplett vorbei an der Intention einer Fragestellung.

In der Literatur findet sich oft der Satz "Der Autor a benutzt den Begriff x ganz anders als der Autor b" - mit anderen Worten: Begriffe werden oft für konkrete und spezielle Fragestellungen adaptiert - da nützt es nichts, wenn man nachweist, dass derselbe Begriff woanders ganz anders besetzt ist. - Das ist eh die Regel.

Wäre es in Deinem Sinne besser, wenn man die Frage so stellt:
"Ist der Gegenstand der Wahrnehmung abhängig oder unabhängig von der Wahrnehmung?"

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#110 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von SilverBullet » Sa 26. Sep 2015, 21:39

closs hat geschrieben:Halten wir also fest: Du definierst "Realität" als das, was über Wahrnehmung nachweisbar ist - einverstanden?
Nein, Wahrnehmung kann die Realität nicht aus sich heraus nachweisen.

Wahrnehmung wird durch Realität „angestossen“ – im Falle des Gehirns kommen Eingabedaten von aussen (physikalische Phänomene lösen elektrische Impulse aus).

Genauso ist es aber möglich, dass Teile des Wahrnehmungssystems Inhalte generieren und von anderen Teilen als „äusserliche Realität“ aufgefasst werden.
Das Wahrnehmungssystem kann sozusagen die Aktivität der Sinneszellen nicht überprüfen.

Ein Hilfsmittel hierfür ist der Abgleich mit anderen Wahrnehmungssystemen und/oder die punktgenaue Messung an den Sinneszellen, also das eindeutige Feststellen von Eingabedaten.

closs hat geschrieben:Ich sehe in den heutigen Blickwinkeln keinen Fortschritt, sondern neutral eine Verlagerung der Perspektive.
Eine Annäherung an die tatsächliche Funktionsweise des Körpers, in diesem Falle des Gehirns, ändert das Selbstverständnis – warum sollte das kein Fortschritt sein?

closs hat geschrieben:Aus heutig vorherrschender Perspektive ein Ergebnis von Schaltabläufen. - Aus anderer Perspektive die Grundlage der materiellen Welt - also ganz diametral.
In dieser Vermischung des Begriffes „Geist“ sehe ich ein Problem.
Bei Schaltabläufen und den dortigen Zusammenhängen steht das Gehirn im Mittelpunkt (hierfür ist der Begriff „Geist“ nicht notwendig).

Für den „alten“ Begriff „Geist“ wird damit sogar aufgezeigt, dass er inhaltsleer sein könnte – deshalb frage ich, was „es“ sein soll.

„Grundlage der materiellen Welt“ hört sich lediglich nach einer unvollständigen Vermutung an. Du beschreibst nicht „Geist“ sondern eine vermutete „Auswirkung“ – das kenne ich vom Begriff „Gott“.

closs hat geschrieben:Manche können es schon gut erklären
Die Leute, die „Gott“ erklären können, haben sich bisher vor mir versteckt – ich bin aber weiterhin gespannt.

closs hat geschrieben:Soweit sind wir noch nicht (wird sonst OT). - Mir ging es um die Aussage, dass Antworten zur Frage x abhängig sind vom Modell, mit dem man sie beantwortet.
Das hat natürlich einen Schwachpunkt:
Du sprichst von „Modell“, aber ich weiss nicht, wie dieser Begriff einzuordnen ist.
Dafür brauche ich Alternativbeispiele.
Ich kann also deine Aussage nicht bestätigen – vielleicht sind die sogenannten „Antworten“ qualitativ sehr unterschiedlich bzw. vielleicht sind es keine Antworten, weil manche „Modelle“ keine Verbindung zur Realität haben.

closs hat geschrieben:Die Frage wäre: Glaubst Du, dass sich damit DAS ändert, worüber man seine Vorstellungen ändert?
Das menschliche Wahrnehmungssystem ist eine Sensortechnik mit anschliessender Verarbeitung von Daten.
Die einzig mögliche Einwirkung auf äussere Sachverhalte bestünde im direkten Kontakt zu den Sensoren (z.B. Berührung).

Das Aufbauen von Vorstellungen, also die Datenverarbeitung im Gehirn hat sicherlich keine Auswirkungen auf den anfänglichen äusseren Sachverhalt.

closs hat geschrieben:Wahrscheinlich NICHT, weil es dort keinen vergleichbaren methodischen Schulterschluss gibt wie bei Dir. - Methodisch wird Dein Weg aller Voraussicht nach intersubjektiv nachvollziehbarer sein.
Vorsicht:
durch fehlende Verbindung zur Realität leidet die Qualität des „Modells“.

closs hat geschrieben:Dies hat damit zu tun, dass wir Unterschiedliches untersuchen. - Dein Objekt ist per Definition immer im Zugriffsbereich wissenschaftlicher Methodik - dies ist bei spirituellen Fragestellungen NICHT der Fall. - Somit stellt sich ein ganz anderes Feld zwischen "Sein" und "Wahrnehmung" dar.
Das hat mit Definition nichts zu tun. Das aktive Gehirn kann man wahrnehmen und analysieren, niemand hat es definiert.

Ich kenne spirituelle Fragestellungen eigentlich nur ohne Verbindung zur Realität.
Wenn hier „etwas“ untersucht werden soll, dann ist zuerst erforderlich, dass gesagt wird, was „es“ sein soll.
Erst danach kann man entscheiden, ob eine qualitativ gleichwertige Alternative vorliegt.

closs hat geschrieben:Und wenn NICHT?
Bei einem „Nicht-Wahrnehmbaren“ kann ich keine Vorstellungen aufbauen bzw. nur Fantasien und an eine Verbesserung durch unterschiedliche Blickwinkel ist nicht zu denken.

Der vernünftigste Umgang lautet dann:
Das Denken über dieses „Nicht-Wahrnehmbare“ (was auch immer das sein soll) ist mir ohne Vorstellung nicht möglich und hat somit erst einmal nichts mit mir zu tun – es bleibt maximal eine Vermutung (im Idealfall eine vollständige Vermutung).

closs hat geschrieben:"Wie kann man per Wahrnehmung ("Subjekt") feststellen, ob Wahrgenommenes ("Objekt") ) Projektion des eigenen Bewusstseins oder unabhängig vom eigenen Bewusstsein Seiendes ist?"
Wie ich geschrieben habe, könnte ein Wahrnehmungssystem eine komplette Welt-Simulation nicht durchschauen.

Aber: es gibt Qualitätsmerkmale für eine wirklich gut gemachte Welt-Simulation, die sich bzgl. der Fähigkeiten des Wahrnehmungssystems nicht von einer „wirklichen Welt“ unterscheidet.

1.
Viele verschiedene stimmige Blickwinkel.
2.
Viele unterschiedliche, in sich stimmige Sinneserfahrungen (am besten gleichzeitig)
3.
Eindeutige Feststellung der Erzeugung von Eingabedaten, also ein Ausschliessen von Illusionen
4.
Gleichzeitige Erfahrungen desselben Sachverhaltes durch mehrere Wahrnehmungssysteme
5.
Ein "Erleben" ohne vorherige Informationen (also ohne Suggestion)
6.
Ein genaues Feststellen der Eingabedaten und deren Ursprung

Erfüllt dies dein „Modell“?

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