Die Vorherrschaft der westlichen Kultur

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
Benutzeravatar
Janina
Beiträge: 7431
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:12

#11 Re: Die Vorherrschaft der westlichen Kultur

Beitrag von Janina » Sa 20. Sep 2014, 12:03

Pluto hat geschrieben:
Simplicius hat geschrieben:Was meinst Du denn, warum wir westlichen Staaten an der Spitze der Weltnahrungskette stehen?
Dafür gibt es komplexe Gründe, die aber alle nichts mit menschlicher Brutalität zu tun haben.

Im Altertum gehörten die großen wissenschaftlichen Erkenntnisse, sei es in Philosophie, in der Astronomie oder in der Medizin vor allem den Griechen, Arabern und Persern. Jahrhunderte lang waren sie damit den europäischen Völkern überlegen, die sich vor allem als Bauern betätigten. Mit der Verbreitung des Christentums in den ersten 200 Jahren unserer Zeitrechnung, wurden die alten heidnischen Mythologien verdrängt. Dies legte den Grundstein für die wahrscheinlich größte geistige Revolution unsere Kultur. Bereits im 11. Jh., also rund 500 Jahre vor Beginn der Aufklärung, als Kopernikus seine Idee der Heliozentrik veröffentlichte, waren bereits alle griechischen, arabischen und persischen Schriften ins Latein übersetzt. An den neu gegründeten Universitäten, von denen die meisten aber immer noch unter kirchlicher Leitung standen, setzte daraufhin ein noch nie da gewesener Lerneifer ein, angeführt vor allem von den Mönchen und Priestern der damaligen Kirche. Bald darauf, gegen Ende des 13. Jh. hatten die europäischen Völker dadurch die Führung in Wissenschaft und Technik übernommen, und diese westliche Vormachtstellung sollte bis Heute erhalten bleiben.
Kleine Korrektur:
Im Altertum gab es Philosophie, Medizin etc. Die Überlegenheit über die anderen europäischen Völker dauerte solange es diese Philosophie, Medizin und vor allem das organisierte Staatssystem der Römer gab, inklusive Bildung für alle (selbst Sklaven konnten lesen und schreiben). Ab 400-Grünkohl brachte die Vorherrschaft der Kirche den kulturellen Niedergang. Sämtliche Schriften, die wir aus der Antike haben, haben die Araber hinübergerettet, oder wir finden noch ausradierte Reste auf Papierbögen, die mit Augustinus' Ergüssen überkritzelt waren. Sogar zur Herstellung von Papier waren sie inzwischen zu blöd. Wissenschaftliche und medizinische Leistung war da nur im Ausland. Im "christlichen Europa waren sie 1000 Jahre lang = 0. Wenn es einen Grund gibt, warum die Menschheit aus dem schwarzen Loch der selbstverschuldeten Unmündigkeit herausgefunden hat, dann ist das nicht die Inquisition. Dass es zur Zeit recht wenig Hunger in der Welt gibt, liegt vielleicht an der guten Logistik, kann aber nur durch eine aufgeklärte Bevölkerungspolitik langfristig gesichert werden.
Das was du "Kultur" nennst, also ein herrschendes Kirchentum mit Kreuzzügen als Außenpolitik und Inquisition als Innenpolitik, das ist ungefähr das, was heute als "Islamischer Gottesstaat" in Erscheinung tritt.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#12 Re: Die Vorherrschaft der westlichen Kultur

Beitrag von sven23 » Sa 20. Sep 2014, 12:29

Janina hat geschrieben: Kleine Korrektur:
Im Altertum gab es Philosophie, Medizin etc. Die Überlegenheit über die anderen europäischen Völker dauerte solange es diese Philosophie, Medizin und vor allem das organisierte Staatssystem der Römer gab, inklusive Bildung für alle (selbst Sklaven konnten lesen und schreiben). Ab 400-Grünkohl brachte die Vorherrschaft der Kirche den kulturellen Niedergang. Sämtliche Schriften, die wir aus der Antike haben, haben die Araber hinübergerettet, oder wir finden noch ausradierte Reste auf Papierbögen, die mit Augustinus' Ergüssen überkritzelt waren. Sogar zur Herstellung von Papier waren sie inzwischen zu blöd. Wissenschaftliche und medizinische Leistung war da nur im Ausland. Im "christlichen Europa waren sie 1000 Jahre lang = 0. Wenn es einen Grund gibt, warum die Menschheit aus dem schwarzen Loch der selbstverschuldeten Unmündigkeit herausgefunden hat, dann ist das nicht die Inquisition. Dass es zur Zeit recht wenig Hunger in der Welt gibt, liegt vielleicht an der guten Logistik, kann aber nur durch eine aufgeklärte Bevölkerungspolitik langfristig gesichert werden.
Das was du "Kultur" nennst, also ein herrschendes Kirchentum mit Kreuzzügen als Außenpolitik und Inquisition als Innenpolitik, das ist ungefähr das, was heute als "Islamischer Gottesstaat" in Erscheinung tritt.

Sehr gute und treffende Analyse. :clap:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#13 Re: Die Vorherrschaft der westlichen Kultur

Beitrag von Pluto » Sa 20. Sep 2014, 13:59

Janina hat geschrieben:Das was du "Kultur" nennst, also ein herrschendes Kirchentum mit Kreuzzügen als Außenpolitik und Inquisition als Innenpolitik, das ist ungefähr das, was heute als "Islamischer Gottesstaat" in Erscheinung tritt.
der Islamismus ist mE eindeutig im Mittelalter steckengeblieben: Die Sharia, Die Bedeutunslosigkeit der Frau, die Belanglosigkeit des menschlichen Körpers... Gott sei Dank, kamen wir in Europa in den Genuss der Aufklärung, die mit der "kopernikaischen Wende" begann. Ein ähnlicher "Messias" fehlt dem Islam heute.

Der Punkt ist, wir zehren heute noch von der Akribie der mittelalterlichen Mönche, die das gesamte Wissen der Antike ins Latein übersetzten, so dass wir daraus lernen und aufbauen konnten. Diese Mönche hatten weder mit den Kreuzzügen noch mit der Inquisition zu tun; sie saßen fernab von den Machtzentren der Politik und taten nur das was sie interessierte.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

JackSparrow
Beiträge: 5501
Registriert: Mi 30. Okt 2013, 13:28

#14 Re: Die Vorherrschaft der westlichen Kultur

Beitrag von JackSparrow » Sa 20. Sep 2014, 15:51

Und brauten Bier.

Benutzeravatar
Janina
Beiträge: 7431
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:12

#15 Re: Die Vorherrschaft der westlichen Kultur

Beitrag von Janina » Sa 20. Sep 2014, 15:57

Pluto hat geschrieben:... Gott sei Dank, kamen wir in Europa in den Genuss der Aufklärung, die mit der "kopernikaischen Wende" begann. Ein ähnlicher "Messias" fehlt dem Islam heute.
Und das ist genau der Fehler. Aufklärung hat gar keinen Messias. Der Buddhist sagt: "Triffst du Buddha, töte ihn". Das heißt, wenn du einen Messias hast, ist das ein sicheres Zeichen, dass du auf dem Holzweg bist. Evolutionsbiologie hat ja auch nicht zum Inhalt, Darwin anzubeten. Der Inhalt von Aufklärung ist, selber zu denken, anstatt Messiassen nachzurennen.

Pluto hat geschrieben:Der Punkt ist, wir zehren heute noch von der Akribie der mittelalterlichen Mönche, die das gesamte Wissen der Antike ins Latein übersetzten...
Das Wissen der Römer war bereits Latein. Ins Lateinische übersetzen musste man aus dem Arabischen, das was dort aufbewahrt, hier aber vernichtet wurde. Letztlich ist die Kirche gerade NICHT ein Hort von Kultur gewesen. Aufstieg (in Sachen Wohlstand) lässt sich ja wohl anderswo lokalisieren.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#16 Re: Die Vorherrschaft der westlichen Kultur

Beitrag von Pluto » Sa 20. Sep 2014, 18:55

Janina hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:... Gott sei Dank, kamen wir in Europa in den Genuss der Aufklärung, die mit der "kopernikaischen Wende" begann. Ein ähnlicher "Messias" fehlt dem Islam heute.
Und das ist genau der Fehler. Aufklärung hat gar keinen Messias.
Messias war das falsche Wort. Die Aufklärung brauchte ihre Initianten, Rebellen und Vorreiter wie Brahe, Kepler, Galilei, Spinoza, Bruno, Diderot, Voltaire, Hume, Kant...


Janina hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Der Punkt ist, wir zehren heute noch von der Akribie der mittelalterlichen Mönche, die das gesamte Wissen der Antike ins Latein übersetzten...
Das Wissen der Römer war bereits Latein. Ins Lateinische übersetzen musste man aus dem Arabischen,
... und aus dem Griechischen, die Philiosophie, einschließlich der Naturphilosophie.
Was die Römer hatten, war eher militärisches Wissen: Flammenwerfer und ähnliches "Spielzeug".
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Janina
Beiträge: 7431
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:12

#17 Re: Die Vorherrschaft der westlichen Kultur

Beitrag von Janina » Sa 20. Sep 2014, 19:58

Pluto hat geschrieben:Messias war das falsche Wort. Die Aufklärung brauchte ihre Initianten, Rebellen und Vorreiter wie Brahe, Kepler, Galilei, Spinoza, Bruno, Diderot, Voltaire, Hume, Kant...
Wenn der Gedanke da ist, was fehlt denn dann noch? Außer dass jeder Einzelne die Aufklärung immer wieder für sich leisten muss...

Pluto hat geschrieben:Was die Römer hatten, war eher militärisches Wissen: Flammenwerfer und ähnliches "Spielzeug".
Was die Römer hatten, was angewandter Wohlstand.
Und was haben sie je für uns getan? - Den Aquädukt, die sanitären Einrichtungen, die Straßen, medizinische Versorgung, Schulwesen, den Wein, die öffentlichen Bäder, die öffentliche Sicherheit, und jede Frau kann es wagen, nachts die Straße zu überqueren, den Frieden gebracht... ALLES davon hat man unter klerikaler Herrschaft vergebens gesucht. Du sammelst die paar Schriften zusammen, die sie nicht geschafft haben zu zerstören, weil sie mit der Zerstörung anderer Bibliotheken beschäftigt waren, und preist sie als deren Überlieferungsleistung? Das ist doch ähnlich absurd, wie Lobeshymnen auf Adolf Hitler, dass er die Gründung des Staates Israel angeregt hat.
Zuletzt geändert von Janina am Sa 20. Sep 2014, 20:07, insgesamt 1-mal geändert.

R.F.
Beiträge: 6664
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:20

#18 Re: Die Vorherrschaft der westlichen Kultur

Beitrag von R.F. » Sa 20. Sep 2014, 20:00

Janina hat geschrieben: - - -
Der Inhalt von Aufklärung ist, selber zu denken...
- - -
Bild

Wie sagte doch Rainer Kunze: Unwissende, damit ihr unwissend bleibt, werden wir euch schulen...

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#19 Re: Die Vorherrschaft der westlichen Kultur

Beitrag von closs » Sa 20. Sep 2014, 20:55

Janina hat geschrieben:ALLES davon hat man unter klerikaler Herrschaft vergebens gesucht.
Das ist für Deine Verhältnisse äußerst undifferenziert.

Das Römische Reich fiel ja in sich selbst zusammen - sicherlich nicht wegen des Christentums. - Dann kam erst einmal die Zeit der Völkerwanderungen, während denen erst mal so ziemlich alles in Europa in Unordnung war. - Daraus erst hat sich dann nach und nach etwas entwickelt, was dann zum Christlichen Abendland geführt hat.

Im Aufbau desselben hat sich dann eine Zivilisation entwickelt, die der römischen in nichts nachstand. - Merke: Die Königszeit des Römischen Reichs behand so um die 750 v.Chr. - bis Augustus, also dem Höhepunkt, hat es etwa 750 Jahre gedauert. - Setzt man den Beginn des verfassungsmäßig greifbaren "Christlichen Reichs" mit ca. 800 n.Chr. (Karl der Große), muss man ca. 1500 n.Chr mit der Augustus-Zeit vergleichen - und bis dahin ist zivilisatorisch wirklich einiges passiert.

Natürlich war der Weg dahin ein anderer - während das Römische Reich eigentlich nie irgendwie transzendent war (die Götter waren da, aber eigentlich hat es sich mehr um einen säkularen Staat gehandelt), war das Christliche Abendland in der Tat stark religiös geprägt. - Das kann man kritisieren, wenn man will.

Das ändert aber nichts daran, dass etwa die städtische Kultur ab dem Mittelalter große zivilisatorische Leistungen erbracht hat - gemessen am Nullpunkt der Völkerwanderungen. - Hinzuzufügen ist, dass wir hier von Mitteleuropa sprechen, das nie auf die bereits von den Römern geschaffene Infrastruktur südlich der Alpen profitieren konnte.

Es wäre heute dasselbe: Lass mal nur den Strom für 100 Jahre ausfallen - die Menschen müssten ganz neu lernen, selber Kartoffeln anzubauen, um nicht zu verhungern. - Mit weltanschaulichen (hier: christlichen) Fragen hat der Übergang vom kaputten römischen Reich in ein neues mitteleuropäisches Reich Karls des Großen erst mal wenig zu tun.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#20 Re: Die Vorherrschaft der westlichen Kultur

Beitrag von Pluto » Sa 20. Sep 2014, 21:05

Janina hat geschrieben:Du sammelst die paar Schriften zusammen, die sie nicht geschafft haben zu zerstören, weil sie mit der Zerstörung anderer Bibliotheken beschäftigt waren, und preist sie als deren Überlieferungsleistung?
Aber doch nicht von den Römern.
Ich rechne den Mönchen des Mittelalters zu, dass sie das arabische, phönizische und griechische Wissen (Sternkunde, Zeitmessung, Schifffahrt, Philosophie, Naturkunde) festgehalten und überliefert haben.

PS:
Wusstest du, dass heute noch 80% der von bloßem Auge sichtbaren Sterne arabische Namen tragen? Sirrah (sirrat al-faras), Rigel (Ar-Rijl), Betelgeuse (Ibet al-Jauza')...
Hier eine (fast) vollständige Liste: http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_Arabic_star_names
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Antworten